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Bericht der

ständeräthlichen Kommission über Traktandum Nr. 12, Hebung der Landwirthschaft.

(Vom 9. März 1884.)

I. Verfassungsmäßigkeit der Unterstützung.

Ehe und bevor wir auf das Sachliche der bundesräthlichen Anträge eintreten, müssen wir dorn auch im Schöße des Ständerathes aufgeworfenen Bedenken begegnen , als ob der Bund nicht b e r e c h t i g t wäre, Ausgaben zu Gunsten der Landwirthschaft zu dekretiren.

Es hat der Bund durch die Bundesverfassung von 1874 allerdings keine Verpflichtungen nach dieser Richtung hin übernommen.

Es ist auch in der Bundesverfassung kein spezieller Paragraph aufgenommen , welcher dem Bunde eine daherige Wirksamkeit anweist. Dagegen steht dem Bunde, resp. der Bundesversammlung trotzdem unbedingt das Recht zu, über die Finanzen des Bundes zu verfügen und da, wo sie es im Interesse des Landes erachtet, Ausgaben zu beschließen. Der Staat und auch der Bundesstaat hat die Verpflichtung, da helfend und unterstützend einzuschreiten, wo der Einzelne mit seinen Kräften nicht auszukommen vermag.

Der Staat kann sein Ohr den sozialen Fragen nicht verschließen.

Es werden diese Fragen immer mehr und näher an uns herantreten, und es ist Aufgabe des modernen Staates, sich deren anzunehmen.

Es wäre ein rein eitles Unterfangen, ihnen entgegentreten zu wollen.

Sie sind mächtiger als wir. Die Doktrin , daß der Staat sich mit der Förderung des materiellen Wohls des Volkes nicht zu befassen habe, gilt nicht mehr.

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Diesen Standpunkt hat die Bundesversammlung auch schon seit Langem eingenommen. Es wäre uns ein Leichtes, eine Menge derartiger Beschlüsse aus früherer und jüngerer Zeit zu citiren, auch solche, welche auf gar keinen Paragraphen der Bundesverfassung sich stützen können. Wir begnügen uns, darauf hinzuweisen, daß der Bund schon zu wiederholten Malen für Industrieausstellungen ganz namhafte Beiträge votirte. Er unterstützte mit Beiträgen den Bau der katholischen Kirche in Bern und der reformirten in Luzern.

An verschiedene Vereine verabfolgte er jährliche Beiträge. An's Winkelrieddenkmal dekretirte er eine bestimmte Summe etc. etc.

Der Bundesrath hat hiefür in seinem Berieht sich auf eine Stelle in Blumer's Staatsrecht berufen. In Ergänzung dessen wollen wir eine nach unserer Ansicht noch zutreffendere Stelle desselben Rechtslehrers citiren: Unter dem Titel : ,,Sorge für die gemeine Wohlfahrt zu verschiedenen gemeinnützigen Zwecken" säet Blumer : ,,Daneben aber ,,hat der Bund noch für manche andere gemeinnützige Zwecke ,,Beiträge aus seiner Kasse geschöpft, o b s c h o n s i c h n i c h t ,,spezielle Verfassungsartikel dafür anführen "ließen. Mau ging dabei von der Rechtsansicht aus, daß es "eine allzu ängstliche Auslegung der Bundesverfassung wäre, wenn " annehmen wollte, daß nur für die in ihr speziell vorgesehenen ,,Zwecke die Bundeskasse in Anspruch genommen werden dürfe; ,,vielmehr müssen die Bundesbehörden , falls der Stand der Kasse ,,es erlaube , immer befugt sein , die Geldmittel der Eidgenossen,,schaft so zu verwenden, wie es im Interesse der Ehre und Wohlfahrt des Vaterlandes liege." So interpretirte schon Blumer anno 1863 die alte 1848er Verfassung. Es wird Niemand annehmen wollen, daß wir nach 20 Jahren nun nach dieser Richtung Rückschritte gemacht haben.

Die einzigen Fragen, die aufgestellt werden können, sind die, ob die Finanzen des Bundes eine solche Ausgabe erlauben, und ob die Unterstützung der Landwirthschaft durch den Bund überhaupt ein Bedürfniß und angezeigt sei.

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II. Gestatten die Finanzen des Bandes eine Unterstützung?'

Es muß hier vor Allem hervorgehoben werden, daß der Entwurf des Bundesrathes die deutliehe Bestimmung enthält, daß die Unterstützung nur insofern und in dem Maße stattfinden soll, als es die finanzielle Lage des Bundes gestattet. Die Beiträge sollen, jeweilen beim Budget festgestellt werden.

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Wir geben nachstehend eine Zusammenstellung über die Höhe der M e h r a u s g a b e n , welche jährlich nöthig würden, wenn unsere Anträge angenommen werden, und werden dann ermessen können, ob das Bundesbüdget eine derartige jährliche Ausgabe gestattet.

1) Landwirtschaftliche Schule und Stipendien (§ 2) Fr. 15,000 2) Unterstützung anderer landwirtschaftlicher Schulen (§ 3) < .

. ,, 50,000 3) Mi Ich Versuchsstation .

.

.

. ,, 15,000 Die vorn Bundesrath angenommene Summe von Fr. 9000 erscheint uns zu niedrig.

4) Weinhauversuchsstationen .

.

.

· -n 14,000 5) Kontroistation in der romanischen Schwein . ,, 6,000 6) Förderung der Rindvieh- und Pferdezucht. (Ist im ordentlichen Budget schon aufgenommen.)

7) Meliorationswesen ,, 100,000 8) Maßnahmen gegen Schäden .

.

.

,, 50,000 9) Landwirtschaftliche Vereine und Ausstellungen sind bereits im ordentlichen Budget vorgesehen.

Die künftigen Mehrausgaben würden betragen Fr. 250,000 Eine Summe, welche das jährliehe Budget zu bestreiten vermag.

Die Rechnung pro 1882 erzeigt einen Vorschlag auf der Verwaltungsrechnung von Fr. 488,309. 32, auf der Generalrechnung von Fr. 1,410,710. 75. Es ist anzunehmen, daß die künftigen Budgets sich nicht, ungünstiger gestalten werden, und daß eine Ausgabe von Fr. 250,000 leicht bestritten werden kann. Wir dürfen diese Behauptung um so ruhiger aufstellen , da die bevorstehende Reform in unserm Zollwesen eine nicht unerhebliche Mehreinnahme in Aussicht stellt. Mit Rücksicht auf die enorme Bedeutung der Ausgabe für die nationalökonomischen Verhältnisse des Landes muß die Frage an die Hand genommen und gelöst werden. Wir sagen selbst auf die Gefahr hin , daß andere minder wichtige Ausgaben in den Hintergrund gestellt werden müßten. Nach unserer Ueberzeugung wird dies jedoch nicht nöthig sein , und wir hoffen von der Einsicht der eidgenössischen Räthe, daß sie einen der wichtigsten Faktoren für die materielle Wohlfahrt des Landes nicht unberücksichtigt bei Seite setzen werden.

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III. Ist die Unterstützung der Landwirthschaft durch den Bund überhaupt gerechtfertigt?

Es unterliegt keinem Zweifel : das landwirtschaftliche Gewerbe nicht nur der Schweiz, sondern der meisten Staaten Europas leidet unter einer Krisis, der entgegengetreten werden muß, wenn sie nicht noch weiter um sich greifen soll. Fragen wir uns, wem liegt es ob, hier mitzuwirken, so müssen wir schon zugestehen, daß in erster Linie der Einzelne selbst berufen ist, für seine Interessen einzustehen.

Wo die Kraft des Einzelnen aber nicht ausreicht, muß die Association der verschiedenen Interessirten und der Staat mithelfen.

Die Schweiz ist immer noch vorzugsweise Ackerbau treibendes Land, und schon deßhalb ist es angezeigt, daß der Staat auch für die Interessen dieses Theiles der Bevölkerung mitwirke. Er ist hiezu um so mehr verpflichtet, da mit dem Gedeihen oder dem Verfall der Landwirthschaft die wichtigsten nationalökonomischen Faktoren eines Landes zusammenhangen.

Die Boden Verarmung bringt, uns die Auswanderung, und zwar oft der energischem und thätigern Kräfte. Mit ihr hängt das Sinken des Wohlstandes und auch der Bildung zusammen. Die Landwirthschaft ist die Grundlage des materiellen Wohles eines Landes ; alles, was dazu beiträgt, die Landwirthschaft zu fördern, hebt auch den allgemeinen Wohlstand. Es ist deßhalb eine Hauptaufgabe der Regierungen, alle jene Bedingungen zu erforschen, welche zum Blühen der Landwirthschaft beitragen, und jene Hindernisse zu bekämpfen, welche sie belasten. Die Bedeutung der Landwirthschaft für das ganze Wohl eines Landes kann nicht genug hervorgehoben werden. Schon Theer, der bewährte Landwirthschaftslehrer, stellt den Satz auf: ,,Unter allen Gegenständen der Staatswirthschaft ist die Versorgung des Volkes mit Lebensrnitteln anerkannt die erste und wichtigste. Von ihr hängt Bevölkerung, jedes Gewerbe und das Vermögen des Staates ab. Ohne sie wäre Bevölkei-ung Zerstörung des Staates, jedes Gewerbe eine Quelle des Hungers und Reichthum die bitterste Armuth. So lange Handel und Industrie uns die Mittel bieten, unsere ersten Lebensmittel dem Auslande abzukaufen, so können wir die vielen Millionen, die wir dabei jährlich einbüßen, zwar bedauern, aber den Verlust ertragen, treten aber schwere Stockungen in jenen Erwerbsquellen ein, so ist unser Wohlstand und innerer Frieden ebenso sehr gefährdet, wie durch Krieg und Lebensmittelsperre an der Grenze."-

481 Wenn wir auch zugeben, daß seit Thsor sich durch die geänderten Verkehrsverhältnisse Vieles geändert hat, so liegt in dem Satze doch immerhin noch ein tiefer Kern der Wahrheit.

Es ist dies auch von den meisten Staaten eingesehen worden.

Wir ersehen aus dem Bericht des Bundesrathes, daß alle Staaten mehr für landwirtschaftliche Zwecke ausgeben, als die Schweiz.

Die einzelnen Kantone sind zu klein, zu schwach, zu wenig mit finanziellen Mitteln versehen, als daß sie hier eingreifend wirken könnten. Es muß dies von einer größern Vereinigung ausgehen, wozu die Gesammt-Schweiz berufen ist. Die Schweiz sollte, vermöge ihrer Verhältnisse und mit Rücksieht darauf, daß die Land·wirthsehaft ein Hauptmittel der Ernährung unseres Landes ist, von allen Ländern am meisten für Hebung der Landwirtschaft leisten.

Sie leistet bis jetzt am w e n i g s t e n . Frankreich zahlt auf 1000 Einwohner Fr. 413, Preußen Fr. 411 für die Landwirtschaft, Es würde dies in's Verhältniß für die Schweiz Fr. 1,000,000 ausmachen.

Wir weisen absichtlich hierauf hin, weil wir sonst gewohnt sind, unsere Leistungen mit denjenigen anderer Staaten zu vergleichen, und weil unsere Bevölkerung das Recht hat, vom Staate .zu verlangen, daß er für ihre Interessen so weit einstehe, wie dies in andern uns umgebenden Staaten geschieht. Die Schweiz soll in dieser Beziehung gegenüber andern Staaten nicht zurückbleiben.

IV. Einzelheiten der Vorlage.

Gehen wir nun auf die e i n z e l n e n T h e i l e der Vorlage über Bei A r t . 2 schlägt die Kommission folgende Aenderungen vor: Sie hat ein Stipendium auch für Solche in Aussicht genommen, ·welche an landwirtschaftlichen Fachschulen studiren. Die Rommission ging dabei von der Ansicht aus, daß es schwer halten werde, Schüler an die landwirtschaftliche Anstalt am Polytechnikum zu erhalten. Der Umstand, daß bis jetzt am Polytechnikum beinahe keine schweizerischen Landwirthe sich ausgebildet haben, spricht dafür, daß man auch für die Zukunft selbst durch das Mittel des Stipendiums sich keinen starken Besuch versprechen darf. Im Jahr 1883/84 war der erste und zweite Kurs der landwirtschaftlichen Schule am Polytechnikum besucht von fünf Schülern aus der Stadt .Zürich und drei Russen. Der dritte Kurs von drei Amerikanern und einem Deutschen. Wir wollen nicht untersuchen, warum bis jetzt die gesammle Landwirtschaft treibende Bevölkerung sich von der Schule fern gehalten hat. Es mögen der Gründe viele sein, welche theilweise bei der Bevölkerung, theilweise aber auch in Bundesblatt. 36. Jahrg. Bd. I.

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der zu wenig aufs Praktische gerichteten Organisation der Schule selbst liegen. Es genügt uns, das unbestrittene Faktum festzustellen,, ·daß unsere Landwirthe eine entschiedene Abneigung haben, ihre Söhne am Polytechnikum ausbilden zu lassen.

Viel lieber besuchen sie die sog. praktisch-theoretischen landwirtschaftlichen' Fachschulen, welche allerdings bis jetzt nicht auf der wissenschaftlichen Höhe der landwirtschaftlichen Schule desPolytechnikums stehen.

Wir sind jedoch weit entfernt, zu behaupten, daß die polytechnische landwirtschaftliche Schule deshalb nichts leiste oder ihren Zweck verfehle.

Wie der Bericht St. Grallens, sehen auch wir die Aufgabe der polytechnischen Schule nicht einzig darin, in dem beschränkten Raum der Lehrsäle zu wirken ; ihr Arbeitsfeld ist ein viel größeres,, es umfaßt das ganze Land. Als ein mit allen wissenschaftlichen Forschungs- und Beobachtungsmitteln versehenes Institut fällt ihm die Aufgabe zu, ein klares und offenes Auge für alle Erscheinungen auf dem landwirtschaftlichen Gebiete zu haben, selbstforschend vorzugehen und die Errungenschaften der Wissenschaft unsern Verhältnissen anzupassen.

Dagegen machen wir auf die Schwierigkeit aufmerksam, geeignete Schüler für das Polytechnikum zu finden und die Kantone zu veranlassen, Stipendien im gleichen Betrag wie die Eidgenossenschaft für den Besuch am Polytechnikum zu bezahlen. Weit mehr und viel lieber werden die Fachschulen besucht werden. Wir gestehen zwar zu, daß diese Schulen noch etwas erweitert und auf eine höhere wissenschaftliche Stufe gebracht werden müssen,, was aber mit der im Vorschlag in Aussicht genommenen Unterstützung des Bundes möglich wird. Immerhin ist es angezeigt, die Schulen, an denen Lehrer herangebildet werden sollen, auf dem praktischen Boden zu behalten und dieses Ziel in den Vordergrund zu stellen. Nichts diskreditirt bei unsern Landwirthen die wissenschaftliche Bestrebung mehr, als wenn deren Anwendung auf dem praktischen Gebiet gänzlich fehlschlägt. Wir ziehen praktisch tüchtig gebildete Lehrer den nur theoretisch, wenn auch noch so wissenschaftlich gebildeten vor.

Wir haben deßhalb auch Stipendien für Solche in Aussicht genommen, welche an andern schweizerischen landwirthschaftlichen Schulen studiren. Allerdings müssen diese Schulen ihr Programm dem Bundesrath vorlegen, daß er prüfen
kann, ob sie den Anforderungen entsprechen.

Es schien uns unter dieser letzteren Voraussetzung eine Zulassung dieser Schulen in keiner Weise nachtheilig zu sein, während-

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dein es etwas gehässig wäre, für das Polytechnikum mit Ausschluß allei' andern ein Privilegium aufzustellen.

Es kann auch auf alle Schulen nur vortheilhaft wirken, wenn hier eine Art Konkurrenz auftritt. Es werden sich verschiedene Richtungen bilden, welche mit einander verglichen werden können.

Es wird vielleicht auch eine Schule mehr nach dieser, eine andere mehr nach jener Richtung hin intensiv wirken, je nach den Lehrkräften und den Verhältnissen.

Mit Rücksicht auf die theoretisch-praktischen Schulen und den Umstand, daß die Kantone gleich viel beitragen, wurde das Maximum auf Fr. 400 festgesetzt und ein Minimum von Fr. 200 angenommen.

Eine andere Aenderung der Kommission besteht in Folgendem : Bin Stipendium soll nach der Ansicht der Kommission nicht nur Denjenigen ertheilt werden können, welche sich als Lehr:r ausbilden, sondern auch Solchen, die der landwirtschaftlichen Technik sich widmen wollen. Die Kommission geht von der Ansicht aus, daß diese Kulturtechniker uns in vielen Kantonen gänzlich fehlen.

Und doch sind sie ein wesentliches Element zur Föderung unserer Bodenkultur. Sie können uns von größter Bedeutung werden.

Solche heranzuziehen, liegt deshalb eben so gut in unserer Aufgabe, als die Heranbildung von landwirthschaftlichen Lehrern.

Lit. e des Bundesrathsvorschlages, daß der Vorstand der landwirthschaftlichen Schule das Stipendium zu befürworten in der Lage sein müsse, wurde gestrichen. Der Vorstand wird beinahe nie in der Lage sein, die Verhältnisse eines Stipendiaten zu kennen. Es wird sich dies praktisch so machen, daß der Betreffende zuerst zu der Kantonsregierung gehen wird und diese sich, wenn sie es für passend erachtet, an den Bund wenden wird. In dem Umstand, daß die kantonale Behörde ebenfalls einen gleichen Beitrag zu leisten hat, liegt für den Bund eine Garantie der richtigen Verwendung.

Der Bundesrath kann auch noch andere Informationen einziehen oder Erfordernisse aufstellen, die er aber wohl besser in jenen Kreisen suchen wird, die den Gesuchstellenden kennen, als beim Vorstand der eidgenössischen landwirthschaftlichen Schule.

Daß die Stipendiumgenössigen verpflichtet seien, ihr ganzes Leben lang ihre Thätigkeit dem Dienste der schweizerischen Landwirthschaft zu widmen, schien uns zu weit gehend. Es ist auch nicht ausführbar und würde im Leben umgangen
werden. Viel eher wird die Bestimmung gehalten, wenn man einen bestimmten Termin annimmt. Die Kommission erachtet, in Uebereinstimmung mit kantonalen Schulgesetzen für Primarlehrer, sechs Jahre für das Richtige.

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§ 3. Die Kommission hat die Bestimmung aufgenommen, daß den Kantonen, welche theoretisch-praktische Ackerbauschulen und landwirthschaft liehe Winterschulen eingerichtet haben, eine ,, r e g e l m ä ß i g e jährliche Subvention" verabfolgt werden könne. Der Bundesrath sagte nur eine Subvention. Es könnte nun das Bedenken aufgeworfen werden, daß die Kantone in der Hoffnung der Subvention des Bundes eine solche Schule errichten oder erweitern und nach ganz kurzer Zeit dann der Subvention verlustig würden.

Es wäre dies nicht billig. Wir denken, daß hier jeweilen eine Verständigung zwischen dem Bund und den betreffenden Kantonen stattzufinden hat.

Großes Gewicht legen wir auf die Winterschulen mit zwei Klassen, 4 bis 5 Monate dauernd. Wenn sie sich an einen einfachen Stoff halten, werden solche Schulen Tüchtiges zu leisten im Stande sein. Sie werden von Landwirthen zahlreich besucht werden und dadurch eine ausgedehntere Wirksamkeit erhalten. Auch die Wandervorträge und Spezialkurse haben ihre große praktische Bedeutung.

Ganz mit Recht hat der Bundesrath diese Institute in seine Vorlage aufgenommen.

§ 4. Die Kommission wollte nicht, wie der Bundesrath, bereits jetzt 3 Milchversuchsstationen und 3 Musterkäsereien, sowie 2 Weinbauversuchsstationen in Aussicht nehmen. Es ist dies des Guten etwas zu viel und würde auch bedeutende finanzielle Opfer erfordern.

-- Das weit größere Baiern hat 2 eigentliche Milchversuchsstationen, und wir ziehen es vor, die Zahl der Stationen nicht groß zu machen, dann aber dieselben gehörig einzurichten.

§ 6. Hier wurden bei der Unterstützung solcher Pferdezuchtvereine oder Genossenschaften, welche Fohlenweiden besitzen, auch die Kantone angeführt, weil auch solche derartige Unternehmungen in's Leben führen können.

§ 7. Erhielt eine Aenderung nach vier Richtungen. Statt ,,größere14 Unternehmungen sagt der Entwurf der Kommission ,,kollektivea Unternehmungen. Wir wollten hiemit ausschließen, daß ein einzelner Grundbesitzer, der an seinem Gut von mehreren hundert Jucharten eine größere Verbesserung vornimmt, eine Unterstützung beanspruchen kann. Die Unterstützung soll nur gewährt werden für die Verbesserung einer größern Anzahl Grundstücke verschiedener Bigenthümer in einer oder in mehreren Gemeinden.

Der Zweck der Verbesserung kann nicht nur den Boden, sondern auch die
Benutzung des Bodens betreffen, weshalb das letztere aufgenommen wurde.

Der Passus, der verlangt, daß die Unterstützung an die Bedingung geknüpft wird, ,,es solle die kantonale Agrargesetzgebung

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in Bezug auf Ausführung, Schutz und Unterhalt die nöthigen Bestimmungen enthalten etc.", wurde weggelassen, weil in vielen Kantonen derartige Gesetze noch nicht bestehen und ihre Einführung mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Es wären die Grundbesitzer in solchen Kantonen von vorneherein von der Wohlthat des Beschlusses ausgeschlossen. Wir stimmen der Tendenz, solchen gesetzgeberischen Erlassen zu rufen, vollkommen bei, wollen jedoch bei den vielen Hindernissen^ die in den Kantonen dagegen bestehen, sie nicht xur-Betfingung machen.

Daß die Ausbezahlung i m m e r erst mich g ä n z l i c h e r Vollendung der Arbeit stattfinden soll, wurde von der Kommission als etwas zu weit gehend erachtet, und sie fügte deshalb bei, daß dies in der Regel stattfinden soll.

§ 10. Hier hat die Kommission die Frage über Unterstützung der schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft in reifliche Erwägung gezogen. Die Kommission verkennt die Wünsehbarkeit einer größern, auf Gegenseitigkeit beruhenden Hagelversicherungsgesellschaft nicht. Bei den vielen Schwierigkeiten und Konsequenzen, die ein derartiger Beschluß haben könnte, und nach den vom Departement erhaltenen Aufschlüssen stimmte die Kommission der Ansicht des Bundesrathes bei.

§ 12. Bei den Beiträgen an die landwirtschaftlichen Vereine hat der Bundesrath nur die beiden schweizerischen Hauptvereine im Auge gehabt. Die Kommission hat es nun vorgezogen, zu sagen, den schweizerischen landwirtschaftlichen Hauptvereinen, statt den beiden. Es kann der Fall eintreten, daß auch ein anderer Verein eine vorzügliche Thätigkeit entwickelt, und eine Unterstützung so gerechtfertigt erscheint, als für die beiden bestehenden Vereine.

Immerhin bleibt ja die Prüfung und das Urtheil des Bundesrathes vorbehalten.

Bei Verbreitung von landwirthschaftlichen Fachschriften wurde auch die Erstellung aufgenommen, weil dies ja ein Haupterforderniß ist.

§ 14 wurde deutlicher redigili.

§ 16. Die Kommission unterschätzt die Bedeutung der landwirthschaftlichen Ausstellungen nicht, glaubt jedoch, daß ihnen oft zu großes Gewicht beigelegt wird. Jedenfalls sollen solche Ausstellungen sich nicht zu häufig wiederholen, und es glaubt die Kommission, daß es genüge, wenn alle 6 Jahre statt alle 4 Jahre eine solche stattfindet.

Die Kommission hat noch die Frage berathen, ob es nicht auch möglich wäre, durch Vorschüsse mit billigem Zins das Me-

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liorationswesen zu fördern, oder überhaupt auf billigern Zinsfuß für die Landwirtschaft hinzuwirken. -- Es wurde ein daheriger Antrag gestellt, dahin gehend: ,,Der Bundesrath wird eingeladen, mit dem Antrag über -Errichtung von Postsparkassen die Frage zu prüfen, ob nicht in Verwendung dieser Gelder der landwirtschaftliche Kredit namentlich zum Zwecke von Melioration des Bodens gehoben werden könnte, wobei auch -die Frage der Förderung des landwirthschaftlichen Genossenschaftswesens und die Errichtung einer eigenen Bank in Erwägung gezogen werden soll" Die Kommission fand, daß dieser Antrag nicht in den Rahmen des gegenwärtigen Beschlusses passe, sondern als gesondertes Postulat zu berathen sei.

B e r n , den 9. März 1884.

Der Berichterstatter Wilh. Tigier.

Mitglieder der Kommission: HH. Vigier, Berichterstatter.

Estoppey.

MUller.

Respini.

Romedi.

Rusch.

Tschudi.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drathseilbahn vom Untergrund in Luzern auf den Gütsch.

(Vom 15. März 1884.)

Tit.

Herr Ignaz Businger, Eigenthümer der Gütschliegenschaft in der Gemeinde Luzern, beabsichtigt die Erstellung einer Drathseilbahn vom Untergrund in Luzern auf den Gütsch und ersucht mit Eingabe vom 3. d. Mts. urn die erforderliche Bundeskonzession.

In dieser Eingabe wird ausgeführt: 1) daß die Bahn und die dazu gehörenden Einrichtungen nach dem System der bestehenden Drathseilbahn vom Brienzersee zum Hotel Gießbach gebaut werden solle, und daß man sich, abgesehen von einer den Umständen angemessenen Reduktion der Taxen, den Bestimmungen der Konzession für die genannte Bahn (vom 18. Dezember 1878, E. A. S. n. F. V, 126, 286) unterziehe ; 2) daß der Konzessionär auf die Inanspruchnahme des Expropriationsrechts verzichte, da die Bahn auf seinem Grund und Boden angelegt werde und er sich mit dem Eigenthümer der einzigen Parzelle, die darüber hinaus berührt werden müsse, auf privatem Weg abzufinden gedenke.

Nach den vorgelegten Plänen wird die Bahn 160 Meter lang, und es soll dieselbe, Überall dem Abhang des Gütschberges sich anschmiegend, die Höhe mit Steigungen von 47 bis 50 Prozent

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Bericht der ständeräthlichen Kommission über Traktandum Nr. 12, Hebung der Landwirthschaft. (Vom 9. März 1884.)

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1884

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13

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19.03.1884

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477-487

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