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Schweizerisches Bundesblatt.

36. Jahrgang. II.

Nr. 20.

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19. April

1884.

Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1883.

VI. Geschäftskreis des politischen Departements.

Vorbemerkungen.

In der Aprilsession hatten wir die Ehre, Ihnen einen Gesetzesentwurf über die Organisation des Personals des politischen Departements vorzulegen, um die diesfalls bestehenden provisorischen Verhältnisse nicht fortdauern zu lassen.

Sie haben dem betreffenden Entwürfe Ihre Genehmigung ertheilt und eine Volksabstimmung über denselben ist nicht anbegehrt worden. Das Gesetz ist am 31. Juli 1883 in Kraft getreten.

Dem Sekretär des Departements, Hrn. Arthur v. Claparède, ist aus Gesundheitsrücksichten ein sechsmonatlicher Urlaub , vom 1. Februar an gerechnet, ertheilt worden. Da eine Besserung nicht eintrat, so sah sich Hr. v. Clapurède genöthigt, von seiner Stelle zurückzutreten. Die von ihm nachgesuchte Entlassung ertheilte ihm der Bundesrath unter Verdankung der ausgezeichneten Dienste, die er der Eidgenossenschaft geleistet hat.

Bundesblatt. 36. Jahrg. Bd. II.

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574 Der Posten eines Sekretärs des Departements ist sodann dem Hrn. Emil Rodé, Advokat in Delsberg, übertragen worden, der am 5. November in Funktion trat. Das Departement ist also mehr alsneun Monate lang ohne Sekretär geblieben.

I. Beziehungen zum Auslande.

A. Abgeschlossene oder ratiflzirte Verträge.

Am 27. August ist in Bern zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und P o r t u g a l eineKonsularkonvention abgeschlossen worden, welche dem am 14. Februar 1880 zwischen der Schweiz und Rumänien abgeschlossenen Konsularvertrag nachgebildet wurde, übrigens von den kompetenten Behörden der zwei Vertragsstaateu noch nicht ratifizirt ist.

B. Erklärungen, Aufiüudungen und Modifikationen bestehender Uebereinkünfte, Beitrittserklärungen u. s. w.

a. Die Berathungen der internationalen Konferenz für Revision der Verträge mit J a p a n hatten ihren Fortgang, ohne jedoch zu einem Endergebnisse zu führen.

In der Konferenz vom 17. Juli 1882 in Tokio hat der Abgeordnete von Japan folgenden Antrag gestellt: ,,Da die kommerziellen Fragen sofort behandelt werden könnten, während die Prüfung der Jurisdiktionafragen längere Zeit in Anspruch nimmt, so beantragt die japanesische Regierung, es möchten die Abgeordneten ihren respektiveu Regierungen empfehlen, zunächst die erste Frage durch Spezialkonventiou zu entscheiden und dann , sobald es die Umstände gestatten, zur Regelung der letztern zu schreiten."· Ohne dem von Japan ausgesprochenen Wunsche förmlich zu entsprechen, haben die Regierungen der verschiedenen an der Konferenz vertretenen Staaten (vide vorjährigen Geschäftsbericht) immerhin ihre Geneigtheit kundgegeben, in nächster Zeit die Hand zu Modifikationen an den Japan gegenwärtig bindenden Zolltarifen zu bieten.

In Verbalnoten, die sie sich mittheilten, erklärten diese Staaten, daß sie im Allgemeinen den von der Kommission der Tokio-Konferenz vorbereiteten Entwurf unter gewissen Bedingungen, welche jedoch von Staat zu Staat andere sind, annehmen konnten.

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Nachdem wir die kompetentesten Vertreter des schweizerischen Handelsstandes zu Rathe gezogen, haben wir in einer Verbalnote dessen Anschauungen auseinandergesetzt und die P\xrderungen der Eidgenossenschaft präzisirt. Diese an die Regierungen der hohen Mächte, welche gemeinschaftlich mit uns über die Revision ihrer Verträge Unterhandlungen pflegen, gerichtete Verbalnote lautet: ,,Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft ist auf das dringende Ansuchen der Regierung von Japan geneigt, zur baldigen Inkraftsetzung eines neuen Zolltarifs auf Grund des in den Konferenzen von Tokio erzielten Einverständnisses Hand zu bieten, wobei er die Prüfung der andern Streitpunkte weiteren Unterhandlungen vorbehält.

,,Er reservirt sich jedoch eine nachdrückliche Verwendung in dem Sinne, daß am neuen Tarifentwurf einige Abänderungen angebracht und namentlich die gegenwärtigen Zölle auf Gewebe und Uhren beibehalten werden.

,,Sodann wäre es wünschenswerth, anläßlich dieses ersten Uebereinkommens von der japanesischen Regierung auch einige Verbesserungen in Bezug auf den gegenwärtigen Stand der Geldcirculation und des Münzwechsels in Japan, sowie eine Ausdehnung des Paßwesens und der Garantien zu Gunsten des auswärtigen Handels, zu erwirken.

,,Was die einer weitern Prüfung vorbehaltenen Fragen betrifft, so ist der schweizerische Bundesrath grundsätzlich geneigt, seinen Vertretern die Instruktion zu ertheilen, sie möchten dazu willigen, daß die Konsularjurisdiktion durch Spezialgerichtshöfe ersetzt werde, welche über Ausländer Gerichtsbarkeit besitzen und aus ausländischen Richtern zusammengesetzt werden. Er muß sich jedoch eine vorausgehende Prüfung der für diese Gerichtshöfe aufzustehenden Prozeßgesetze vorbehalten.

,,Der Bundesrath ist nicht geneigt, auf die Meistbegünstigungsklausel zu verzichten. Dagegen wird er es nicht ablehnen , in Unterhandlungen einzutreten, welche dahin zielen, auf die unbeschränkte Dauer des gegenwärtigen Vertrages zu verzichten, wenn einmal, binnen einer festzusetzenden Frist, Japan die Zulassung der Ausländer im ganzen Kaiserreich in einer Weise geregelt haben wird , welche die Zustimmung der andern Regierungen erlangen kann."

In nähere Details glauben wir einstweilen nicht eintreten zu sollen , da die Unterhandlungen mit Japan noch schwebend sind und uns volle Diskretion zur Pflicht machen.

576 b. Am 7. September haben wir vom Minister der auswärtigen und der Kultusangelegenheiten des Fürstentums B u l g a r i e n eine Zuschrift erhalten, womit die Regierung von Bulgarien ihren Wunsch aussprach, in die internationale Gesellschaft des rothen Kreuzes eingereiht zu werden, und den Bundesrath um günstige Aufnahme dieses Ansuchens anging.

Wir antworteten : um diesem Wunsche Folge zu geben , genüge es, wenn die genannte Regierung dem Bundesrathe ihren Beitritt zu der Genfer Konvention vom 22. August 1864 (Amtl.

Samml. Bd. VIII, S. 520) durch eine feierliebe Erklärung anzeige, welche den ganzen Wortlaut der Konvention zu enthalten habe.

Bis heute ist diese Erklärung uns noch nicht zugekommen.

C. Projektirte Verträge.

a. In seiner Botschaft vom 4. Dezember 1882 hatte der Präsident d e r V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a gesagt : er würde zu jeder Maßnahme Hand bieten, welche die Aufrechterhaltung des Friedens auf dem Kontinent und auf der ganzen Welt zum Zwecke hätte; er halte übrigens die Zeit für nahe gekommen, wo man alle internationalen Konflikte auf schiedsrichterlichem Wege, ohne Zuhülfenahme von Waffen, schlichten werde.

Der Augenblick schien demnach günstig zu sein, um zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika einen Schieds-Vertrag abzuschließen, dem zufolge alle Anstände, welche zwischen den beiden Staaten entstehen würden und deren gütliche Schlichtung nicht zu Stande käme, dein Urtheile von Schiedsrichtern unterstellt werden sollten.

Wiewohl die Entfernung, welche die heiden Staaten von einander trennt, die Wichtigkeit bedeutend vermindert, welche eine solche Uebereinkunft hätte, wenn sie mit unsern unmittelbaren Nachbarn abgeschlossen werden könnte, so lassen sich doch die Vortheile nicht verkennen, welche ein mit dem großen Staatenbund Nordamerikas abgeschlossener Schieds-Vertrag für uns hätte.

Die Auswanderung, welche Jahr für Jahr von der Schweiz aus die Vereinigten Staaten zum Ziele nimmt, zieht häufig schwierige Bürgerrechtsfragen nach sich. Von besonderer Wichtigkeit für die Schweiz wäre aber die Einführung eines solchen, unsern Gefühlen und unserer Neutralität so sehr zusagenden Präcedens in unser öffentliches Recht.

Der schweizerische Minister in Washington wurde daher beauftragt , sich zu erkundigen , welche Aufnahme einem solchen Ver-

577 tragsprojekte von Seite der Regierung der Vereinigten Staaten zu Theil werden möchte. Diese Eröffnungen wurden sehr günstig aufgenommen. Der Staatssekretär , Herr Frelinghuysen, äußerte gleich: kein anderes Land würde sich besser als die Vereinigten Staaten und die Schweiz dazu eignen, mit einem solchen Vertrage voranzugehen. Nachdem er sodann von den Mittheilungen des Herrn Frey dem Präsidenten Arthur Kenntniß gegeben, schrieb Herr Frelinghuysen am 11. April 1883 an unsern Minister: der Präsident sei für seine Eröffnungen günstig gestimmt, und er wünsche, die schweizerische Regierung möchte einen als Grundlage für die Verhandlungen geeigneten Vertragsentwurf vorbereiten.

Das politische Departement redigirte diesen Entwurf, den der Bundesrath am 24. Juli 1883 annahm. Derselbe lautet: ,,Zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der schweizerischen Eidgenossenschaft ist folgender immerwährende Schiedsgericht-Vertrag abgeschlossen worden : I.

Die beiden Vertragsstaaten verpflichten sich, alle Anstände, welche während der Dauer des gegenwärtigen Vertrags zwischen ihnen entstehen sollten, ohne Rücksicht auf Ursache, Natur oder Gegenstand derselben, einem Schiedsgerichte zu unterstellen.

II.

Das Schiedsgericht wird aus drei Personen zusammengesetzt.

Jeder der beiden Staaten bezeichnet einen der Schiedsrichter, und zwar aus solchen Personen, welche weder Angehörige des Staats noch Bewohner seines Gebietes sind. Der Obmann wird von den beiden Schiedsrichtern selbst gewählt. Können sich dieselben hierüber nicht verständigen, so wird der Obmann durch eine neutrale Regierung ernannt. Diese Regierung selbst wird durch die beiden Schiedsrichter oder, im Falle der Nichtverständigung, durch das Loos bezeichnet.

III.

Das vom Obmann zusammouberufene Schiedsgericht wird einen Kompromiß entwerfen lassen, welcher den Gegenstand des Streithandels, die Zusammensetzung des Gerichts und die Dauer der Vollmachten des letztern festsetzt. Dieser Kompromiß ist von den Vertretern dei' Parteien und von den Schiedsrichtern zu unterzeichnen.

578 IV.

Die Schiedsrichter bestimmen ihr Prozeßverfahren. Zu ihrer Aufklärung werden sie von allen ihnen nothwendig erscheinenden Informationsmitteln Gebrauch machen, welche ihnen die Parteien zur Verfügung zu stellen haben. Ihr Urtheil ist den Parteien mitzutheilen. Dasselbe ist einen Monat nach dieser Mittheilung ohne Weiteres vollziehbar.

V.

Jeder der Vertragsstaaten verpflichtet sich, das schiedsrichterliche Urtheil in loyaler Weise zu beobachten und zu vollziehen.

VI.

Gegenwärtiger Vertrag wird für die Dauer von dreißig Jahren, vom Austausch der Ratifikationen an gerechnet, abgeschlossen. Wird er vor Beginn des dreißigsten Jahres nicht aufgekündet , so gilt er für eine neue Periode von dreißig Jahren, und so weiter."

Später erhielt unser Minister, Herr Frey, besondere Vollmachten , um im Namen der Schweiz über den Abschluß dieses Vertrags Verhandlungen zu pflegen. Wir sind seiner Mittheilungen gewärtig.

b. Am 9. Juli 1883 richtete die Bundesversammlung folgendes Postulat an uns (Nr. 307): ,,Der Bundesrath ist eingeladen, die uöthigen Schritte zu thun, daß den in der Türkei niedergelassenen Schweizerbürgern gestattet werde, daselbst Grundeigentum zu erwerben."

Sofort wurde von unserm politischen Departement diese alte und wichtige, merkwürdigerweise seit 1875 sehwebend gebliebene Frage einer neuen Prüfung unterworfen.

Zum Verständniß der Sache diene folgender geschichtliche Ueberblick über diese Angelegenheit, welche gewöhnlich bezeichnet wird als: ,,Beitritt der Schweiz zum Protokoll von 1867 über Erwerbung von G r u n d e i g e n t u m in der Türkei durch Ausländer."

Ein kaiserlich ottomanisches Reskript vom 18. Juni 1867 hat den Ausländern die Befugniß eingeräumt, in gleicher Weise wie die ottomanischen Unterthanen Eigentumsrechte an städtischen und ländlichen Immobilien im ganzen Umfange des Reiches, mit

579 Ausnahme der Provinz Hedjaz, zu genießen, unter der Bedingung jedoch, daß die Macht, u n t e r w e l c h e r der A u s l ä n d e r s t e h t , den von der Hohen Pforte für die Ausübung des Eigentumsrechts vorgeschlagenen Vereinbarungen beigetreten sei.

Diese letztern sind durch ein Protokoll geregelt, und es sind alle Mächte, deren Schutz von unsern Angehörigen in der Türkei gewöhnlich angerufen wird, demselben beigetreten. Während aber Deutschland und Oesterreich die Wohlthat des Protokolls ihren Schützlingen gleich wie ihren eigenen Staatsangehörigen zu Theil werden lassen, wollte sich dagegen Frankreich nicht dazu verstehen, indem es die Sache so auffaßte, sein Beitritt zum Protokoll gelte nur für seine eigenen Angehörigen.

So entstand die Frage der Berechtigung der Schweizer zur Erwerbung von G-rundeigenthum in der Türkei überhaupt und abgesehen von dem Protektorat, unter welches sie sich gestellt finden.

Schon mit Schlußnahme vom 21. Juli 1871 hatte uns der Nationalrath eingeladen : ,,die Frage zu prüfen , ob nicht die Abordnung eines unserer diplomatischen Vertreter zum Zwecke des Abschlusses von Niederlassungs- und Handelsverträgen mit der türkischen Regierung, namentlich in Bezug auf Grrunderwerb, im Interesse der schweizerischen Niedergelassenen in der Türkei geboten erscheine, und hierüber Berieht zu erstatten."

Dieser Einladung sind wir nachgekommen , indem wir zahlreiche Verhandlungen in einer Reihe von Hauptstädten veranlaßten. Alle diese Unterhandlungen endigten mit einem Mißerfolg.

In der Zwischenzeit anerbot uns Frankreich durch Vermittlung seines Botschafters in Konstantinopel, Hrn. de Vogué, Stetsfort seine guten Dienste zur Regelung der Lage unserer Angehörigen in der Türkei in Bezug auf Grunderwerb. Unser Minister in Paris, Hr. Dr. Kern, drang auf ihre Annahme, jedoch ohne Erfolg. So kam es. daß die Sache seit 1875 auf dem gleichen Flecke blieb.

Im Jahre 1883 beschäftigten wir uns wieder ernstlich mit dieser Frage. Am 10. Oktober richteten wir an unsern Minister in Paris eine Note zu Händen der französischen Regierung behufs Inanspruchnahme ihrer Mitwirkung und der Mitwirkung ihres Botschafters in Konstantinopel, um über unsern Beitritt zum Protokoll vom 18. Juni zu unterhandeln. Wir fügten einen Vertragsentwurf bei, der einerseits von der Regierung der Hohen Pforte und anderseits vom Botschafter Frankreichs in Konstantinopel, im Namen der Schweiz, unterzeichnet werden und wodurch den Schweizern in

580 der Türkei das Recht gesichert werden sollte, dortselbst Grundeigenthum zu erwerben, gleichviel unter welchem Schutze sie stehen möchten.

Die Regierung der französischen Republik stellte sich uns sehr gefälliger Weise zur Verfügung, und es wurden die Verhandlungen in Konstantinopel unverweilt durch Vermittlung des Herrn Marquis de Noailles, Botsehafters von Frankreich, eröffnet.

Seither begegneten die schweizerischen Vorschläge einer günstigen Stimmung, so daß Hr. de Noailles ira Falle war, Hrn. Ferry telegraphisch anzufragen , ob er im Nothfalle es auf sich nehmen könne, den Beitrittsakt, wie er von uns vorgeschlagen war, zu unterzeichnen, was Hr. Ferry bejahte.

Es ist daher sehr wahrsche ; nlich, daß unsere Verhandlungen diesmal von Erfolg gekrönt und daß wir im nächsten Geschäftsbericht im Falle sein werden , Ihnen zu melden , daß diese langwierige Frage in einer den Interessen unserer Angehörigen entsprechenden Weise erledigt worden ist.

c. Auf Ansuchen eines Schweizers in Jassy haben wir in Prüfung gezogen, ob es nicht zweckmäßig wäre, mit R u m ä n i e n Unterhandlungen behufs Abschließung eines NiederlassungsVertrags anzuknüpfen. Der wesentliche Zweck eines solchen Vertrags wäre,, unsern Angehörigen zu gestatten, dortselbst l ä n d l i c h e Immobilien zu erwerben.

Nach diesfälligcr Einvernahme unseres Ministers in Wien und unseres Generalkonsuls in Bucharest, sowie nach sorgfältiger Prüfung der Frage, überzeugten wir uns jedoch, daß diesfalls von uns ausgehende Eröffnungen keine Aussicht hätten, bei Rumänien Anklang'zu finden.

Wir haben daher einstweilen von daherigen Unterhandlungen abstrahirt, indem wir uns solche für einen günstigem Zeitpunkt vorbehielten.

d. Bei Anlaß von Reklamationen, welche militärdienstpflichtige Schweizer in der Republik E c u a d o r geltend machten, haben wir unsern Minister in Washington beauftragt, der Regierung dieser Republik durch das Organ des amerikanischen Konsuls in Guyaquil unsere Geneigtheit anzudeuten, mit derselben einen Niederlassungsund Handelsvertrag einzugehen. Auf diese Eröffnungen erhielten wir noch keine Antwort.

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D. Speziatälle.

a. Durch Beschluß vom 13. Januar setzte der Vizekönig von E g y p t e n eine Kommission nieder, welche den Auftrag erhielt, die Reklamationen der bei den Aufstands wirren von 1882 zu Schaden Gekommenen zu prüfen und denselben Entschädigungen zuzusprechen.

In die Kommission wurden gewählt : ein englischer Delegirter, ein Franzose, ein Deutscher, ein Italiener, ein Oesferreicher-Ungar, ein Russe, ein Grieche und ein Mitglied aus den Vereinigten Staaten; endlich ein von folgenden Staaten ernannter Delegirter : Belgien , Dänemark, Spanien , Niederlande, Portugal, Schweden und Norwegen. Die Schweiz figurirt in dieser Liste nicht, weil sie in Egypten keine Konsuln hat, weßhalb ihre Angehörigen einer Gleichbehandlung mit den Angehörigen derjenigen Staaten unterliegen, unter deren Schutz sie sieh stellen.

Die von Schweizern erhobenen und dem Bundesrath eingegebenen Reklamationen wurden theils dem Generalkonsul von Frankreich, theils dem Generalkonsul von Deutschland in A l e x a n d r i e n anvertraut. Diese Generalkonsuln waren so gefällig, die Interessen der Schweizer mit der gleichen Sorgfalt zu wahren, wie diejenigen ihrer eigenen Landesangehörigen.

Die Kommission trat sofort in thätiger Weise in Funktion.

Die Bedingungen, unter denen Reklamationen zugelassen würden, sowie der Anmeldungstermin wurden durch das Bundesblatt (1883, Bd. I, S. 518 u. 551) bekannt gemacht.

Weitaus die meisten Forderungen von Schweizerbürgern wurden durch französische Vermittlung eingebracht und im Schöße der Kommission in Alexandrien durch Hrn. Kleezkowski, den Delegirten der französischen Regierung, vertreten. Unsere Mitbürger fanden in ihm einen ebenso eifrigen als kompetenten Vertheidiger. Bis heute sind von 85 Forderungen, die von schweizerischen, den Franzosen gleichgestellten Angehörigen ausgingen, 81 erledigt und es bleiben nur noch vier Fälle, betreffend Gewaltthätigkeiten gegen Personen, zu regeln, indem die Kommission noch nicht dazu kam, über Entschädigungen dieser Art abzusprechen. Die Reduktionen , welche an den Forderungen von Schweizern vorgenommen wurden, übersteigen durchschnittlich nicht 28 °/o, während für die Gesammtheit der bisher abgeurtheilten Reklamationen eine Vergleichung zwischen der Ziffer der Forderungen und der Ziffer der zugesprochenen Entschädigungen einen weit bedeutendem Abstand erzeigt.

582 Unsere Gesandtschaft in Paris hat uns eine auch die zuerkannten Entschädigungen verzeichnende Uebersicht der von der französischen Regierung eingebrachten Forderungen unserer Mitbürger zugesandt.

Eine ähnliche Mittheilung erwarten wir von Berlin und werden nach deren Eingang einen vollständigen Bericht im Bundesblatt erscheinen lassen.

Auf gleichem Wege werden wir auch bekannt geben, welche Schritte die Betheiligten zu thun und welche Formalitäten sie zu erfüllen haben, um ihre Entschädigungen zu beziehen.

Der Schluß dieser Angelegenheit wird demnach in das Geschäftsjahr 1884 fallen.

6. Im Jahr 1883 haben wir vergebliche Anstrengungen gemacht, um endlich die Erledigung des alten Anstandes betreffend das Collegium Borromäutn zu erwirken. Gleich im Anfang des Jahres wurde unser Minister in Rom beauftragt, mit dem italienischen Minister in diesfällige Unterhandlungen zu treten ; er kam denn auch dieser Aufgabe mit allem wünschbaren Eifer nach, aber nicht mit dem Erfolge, den wir hoffen durften. Das italienische Ministerium bestritt zunächst, daß Italien durch die im Jahr 1842 von Oesterreieh, dem damaligen Souverän des Mailändischen, eingegangenen Verpflichtungen gebunden sei, so daß wir uns auf Diskussion und Wahrung von Rechten einlassen mußten, die wir für unbestreitbar halten durften. Später wurde uns angedeutet, daß auf Grund von Kompensationen vielleicht eine Vereinbarung zu erzielen sein möchte ; allein das diesfalls in Aussicht Gestellte war unannehmbar. Bei dieser beständigen Vereitelung einer Lösung entschlossen wir uns, der italienischen Regierung den Vorsehlag zu machen (16. Juni 1883), es wolle der Konflikt einem Schiedsgericht unterstellt werden. Dieser Vorschlag wurde von unaerm Vertreter dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten übermittelt, welcher denselben günstig aufnahm, aber noch nicht definitiv beantwortete.

c. Am 27. März 1883 proinulgirte der Präsident der französischen Republik ein Gesetz, durch welches in der Regentschaft von T u n i s eine gemeinrechtliche, auf alle Streitigkeiten von Ausländern unter sich oder mit Eingebornen anwendbare und an die Stelle der Konsular-Jurisdiktion tretende Justiz eingeführt wurde.

Am 11. Mai hat der Bundespräsident durch den Botschafter Frankreichs in Bern offizielle Mittheilung hierüber erhalten. Letzterer fügte in seiner Note bei : seiner Regierung liege viel daran,

583 daß die in der Regentschaft ansäßigen Schweizer unter die Jurisdiktion des französischen Gerichtes fallen, und sie wünsche, zu vernehmen, was der Bundesrath diesfalls vorzukehren gedenke.

Die Schweiz hat immer daran festgehalten , daß es ihren Angehörigen da, wo wir keine Konsuln haben, freistehe, das Konsulat selbst zu wählen, unter dessen Schutz sie sich stellen wollen.

Dies mußte für unsere Beantwortung der Anfrage Frankreichs maßgebend sein. Wir erwiderten also, daß diejenigen unserer Angehörigen , welche sich unter den Schutz französischer Konsuln, den diese ihnen stets mit Eifer und Wohlwollen gewährt haben, gestellt hätten oder stellen wollten, hiedurch der neuen Jurisdiktion unterworfen würden; daß aber diejenigen schweizerischen Staatsangehörigen, welche sich unter den Schutz einer andern Macht stellen sollten, natürlich den Unterthanen dieser letztern gleichgestellt und demgemäß, sei es der Konsular-Jurisdiktion, sei es der französischen Justiz unterworfen würden, je nachdem die betreffende Schutzmacht ihr Jurisdiktionsrecht beibehalten oder aufgegeben hätte.

d. Wir haben die Ehre abgelehnt, die Schweiz bei den Festlichkeiten d e r K r ö n u n g d e s r u s s i s c h e n K a i s e r s i n M o s k a u vertreten zu lassen, indem wir fanden, daß die Theilnahme unseres kleinen Landes an derartigen großartigen Feierlichkeiten weder mit der Einfachheit unserer republikanischen Sitten, noch mit dem gegenwärtigen Nothstand unserer Industrie und Landwirthsehaft vereinbar sei.

e. Die königliche Regierung von I t a l i e n hat ihren Mioister in Bern beauftragt, die schon im Jahr 1875 eröffneten Unterhandlungen mit dem Bundesrathe bezweckend Mitwirkung der Schweiz zur Unterdrückung der zahlreichen D e s e r t i o n e n unter den Zollwächtern, die den Dienst an der Grenze des Königreichs besorgen, wieder aufzunehmen.

Wiewohl wir nicht abzusehen vermochten, in wie fern die Schweiz zur Verminderung dieser Desertionsfälle in anderer Weise beizutragen vermöchte, als durch die Wachsamkeit, mit welcher ihre Kantonspolizeien schriftenlose Herumstreicher zurückweisen, so haben wir doch die neuen Eröffnungen der italienischen Regierung dahin beantwortet, daß wir diesfällige präzisere Vorschläge gewärtigen und dann uns beeilen werden, dieselben zu prüfen, da wir von dem Wunsche beseelt seien, unser Möglichstes zu thun, um unsere Beziehungen guter Nachbarschaft zu befestigen und zu fördern.

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f. S a v o y e r F r a g e . Im Laufe des Monats September wurde die öffentliche Meinung in dei- Schweiz durch Besatnmluogen französischer Truppen in der neutralisirten Zone von Savoyen, an der Grenze des Kantons Genf, beunruhigt. Fast zu gleicher Zeit verbreitete sich das Gei'ücht, die französische Regierung lasse den Mont Vuache befestigen. Dieser Berg liegt 24 km. südwestlich von Genf, am linken Ufer der Rhone, gegenüber dem Fort de l'Ecluse, das er theilweise beherrscht, und sperrt das Rhonethal vollständig. Er befindet sich innerhalb desjenigen Theils von Savoyen, welcher durch den Wiener Vertrag neutralisirt worden ist.

Sofort bemächtigte sich die Presse dieser Frage. Der ,,Temps", ein Journal, das mit Recht als ein offiziöses Organ des Ministeriums Ferry gilt, weit entfernt, die Absieht Frankreichs, in der neutralisirten Zone Befestigungen anzulegen, zu bestreiten, suchte vielmehr darzuthun, daß es hiezu berechtigt sei.

Am 1. Oktober erhielten wir bestimmte Mittheilungeu : Ein einziges Regiment, das 30. Infanterieregiment, ungefähr 1400 Manu zählend und zum 14. Armeekorps gehörend , dessen Hauptquartier Lyon ist, hatte am 12. und 13. September zwischen Annecy und Thonon, hinter dem Salève, manövrirt.

Auf dem Vuache-Berg hatte man die Befestigungsarbeiten noch nicht begonnen. Die Studien auf dem Terrain jedoch schienen beendigt zu sein. Zahlreiche Lichtungen im Buschholz des Berges, sowie das Trace einer strategischen Straße von Entremont auf den Vuache waren ausgeführt. Auf dem Gipfel hatte man ein Observatorium zur Erleichterung der Profilirungsarbeiteü errichtet.

Kurz, die Vorarbeiten waren da, und die Absicht, den Vuache zu befestigen, trat ganz offenbar hervor.

Auf den Antrag des politischen Departements beschlossen wir am 16. November, an unsern Minister in Paris folgende Depesche zu richten, mit dem Auftrage, davon dem Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten der französischen Republik eine Abschrift zuzustellen : ,,Die eidgenössische Regierung hat vernommen, daß der französische Geniestab kürzlich einige Studien angeordnet haben soll, welche den Bau befestigter Werke auf dem Mont Vuache im Auge zu haben seheinen.

,,Da dieser Berg in demjenigen Theile von Savoyen liegt, welcher kraft der Bestimmungen der Schlußakte des Wiener Kongresses vom 9. Juni 1815 in die Neutralität der Schweiz mit o eingeschlossen ist, so konnte die eidgenössische Regierung diese Vorgänge nicht mit Gleichgültigkeit ansehen.

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,,Der Artikel 92 der Akte von 1815 besagt: ,,,,Art. XCII. Les provinces de Chablais et du Faucigny et tout le territoire de Savoie au nord d'Ugine, appartenant à S. M. le Roi de Sardaigne, feront partie de la neutralité de la Suisse, telle qu'elle est reconnue et garantie par les puissances.

,,,,En conséquence, toutes les fois que les puissances voisines de la Suisse se trouveront en état d'hostilité ouverte ou imminente, les troupes de S. M. le Roi de Sardaigne qui pourraient se trouver dans ces provinces, se retireront et pourront, à cet effet, passer par le Valais, si cela devient nécessaire; aucunes autres troupes armées d'aucune autre puissance ne pourront traverser ni stationner dans les provinces et territoires susdits, sauf celles que la Confédération suisse jugerait à propos d'y placer; bien entendu que cet état de choses ne gêne en rien l'administration de ces pays, où les agents civils de S. M. le Roi de Sardaigne pourront aussi employer la garde municipale pour le maintien du bon ordre.tttt ,,Als im Jahr 1860 S. M. der König von Sardinien in die Vereinigung Savoyens mit Frankreich einwilligte, erklärte er ausdrücklich, daß er die neutralisivten Theile Savoyens nicht anders als zu den gleichen Bedingungen übertragen könne, unter denen er selbst sie besitze, und daß es Sache Sr. Maj. des Kaisers der Franzosen sein werde , sich diesfalls sowohl mit den am Wiener Kongreß vertretenen Staaten als mit der schweizerischen Eidgenossenschaft zu verständigen und ihnen diejenigen Garantien zu geben, welche aus den Beschlüssen dieses Kongresses hervorgehen.

,,In Bezug auf die neutralisirten Theile Savoyens ist demnach Frankreich, gleich wie es beim König von Sardinien deiFall war, gehalten, den im oben citirten Artikel 92 aufgestellten Bedingungen nachzukommen. ~EiS hat also die Verpflichtung, seine Truppen aus den neutralisirten Theilen Savoyens jeweilen zurückzuziehen, sobald die der Schweiz benachbarten Mächte sich im Zustande offener oder bevorstehender Feindseligkeit befinden sollten.

,,Angesichts dieser Bestimmung, deren volle Ausführung die französische Regierung, kurz nach der Abtretung Savoyens, durch eine feierliche Erklärung übernommen hat, will die eidgenössische Regierung gerne annehmen, daß Frankreich nicht den Plan hege, auf dem Mont Vuaehe Festungswerke zu errichten.

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,,In der That ließe sich die Erstellung von Werken in den neutralisirten Theilen Savoyens, welche nur im Hinblick auf den Krieg errichtet und nur im Kriegsfalle verwendet werden können, nicht mit der dem Souverän von Savoyen auferlegten Verpflichtung vereinbaren, seine Truppen jeweilen zurückzuziehen, sobald die der Schweiz benachbarten Mächte sich im Zustande offener oder drohender Feindseligkeit befinden sollten.

,,Der Bundesrath glaubt daher hoffen zu dürfen , es werde der französischen Regierung belieben , ihm die Versicherung zu ertheilen, daß sie nicht die Absicht habe, den Mont Vuache zu befestigen.

,,Diese Erklärung würde die in der Schweiz mit Recht aufgeregte öffentliche Meinung beruhigen und dazu beitragen, die gegenseitigen Gefühle der Freundschaft und des Vertrauens zu stärken, welche die Regierung der Schweiz, wie diejenige der französischen Republik, stets zu hegen und zu pflegen beflissen war.

,,Wollen Sie, Herr Minister, gegenwärtige Note gefälligst Seiner Bxcellenz dem Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten der französischen Republik mittheilen und ihm eine Abschrift davon zustellen."

Am 17. November wurde die Depesche dem nach Bern zur Entgegennahme von Instruktionen beorderten Herrn Minister Lurdy übergeben und sodann bereits am 21. Herrn Ferry mitgetheilt, welcher kurz vorher, in Ersetzung des Herrn Challemel-Lacour, zur Leitung der auswärtigen Angelegenheiten berufen worden war.

Der Standpunkt, auf den wir uns bei Prüfung der Frage gestellt haben, ist in dieser Note so klargelegt, daß uns gestattet sein wird, uns jeden weitern Kommentars zu enthalten.

Bevor wir die Besprechungen mit der Regierung der französischen Republik eröffneten, hielten wir es für angemessen, zuzuwarten, bis die in der schweizerischen, französischen und anderweitigen Presse entbrannte heftige Polemik sich gelegt hätte. Es lag uns daran, keinen Zweifel über die versöhnlichen Gesinnungen bestehen zu lassen, mit denen wir an die Unterhandlungen herantraten, und die französische Regierung davon zu überzeugen , daß wir aus eigenem Antriebe und unberührt von fremdem Einflüsse handelten.

Herr Minister Lardy entwickelte bei Zustellung obiger Note an Herrn Ferry alle diese Gesichtspunkte und gab unserem Wunsche, aus dieser Präge keinen europäischen Konfliktfall zu machen, Ausdruck.

587 Bereits am 2. Dezember machte Herr Ferry unserm Minister die beruhigendsten Eröffnungen über die Absichten Frankreichs.

Einige Tage später wiederholte uns Herr Arago, Botschafter der französischen Republik in Bern, die nämlichen Erklärungen, zunächst offiziös, dann offiziell.

Im Wesentlichen gingen diese Mittheilungen dahin: Frankreich sei entschlossen, weder den Mont Vuache noch irgend einen andern Punkt der neutralisirten Zone zu befestigen; der Kriegsminister habe seine Anordnungen getroffen, damit das neutrale Savoyen nicht in seinen Mobilisationsplan mit einbezogen werde; vorkommenden Falls würden die kleinen in Savoyen stationirten französischen Garnisonen sofort zurückgezogen werden.

Wiewohl diese Erklärungen befriedigend lauteten, schien es uns doch rathsam , darauf zu dringen, daß uns eine s c h r i f t l i c h e Antwort auf unsere Note ertheilt werde. Die französische Kegierung lehnte dies nicht ab; vielmehr übergab Hr. Arago am 17. Dezember dem Bundespräsidenten die Abschrift einer Depesche, die er soeben vom Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten erhalten hatte. Diese Depesche lautete: ,,Paris, 14. Dezember

1883.

.,,Herr Jules Ferry, Conseil-Präsident, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, an Herrn Arago, Botschafter Frankreichs in der Schweiz.

11 Mein Herr !

,,Nach Bern gelaugte Mittheilungen haben , wie es scheint^ den Gedanken nahe gelegt, der französische Geniestab gehe damit um, auf dem Mont Vuache gewisse Vertheidigungswerke zu errichten. Die eidgenössische Regierung möchte die Versicherung erhalten, daß wir nicht die Absicht hegen, diesen Punkt zu befestigen. Sie hält dafür, diese Erklärung von unserer Seite würde die öffentliche Meinung in der Schweiz beruhigen und dazu beitragen, die Gefühle freundschaftlichen Vertrauens, welche zwischen beiden Ländern walten, zu fördern.

,,Wir erblicken keine Schwierigkeit darin, zu erklären, daß es nicht in unserer Absicht liegt, auf dem Mont Vuache ein Festungswerk anzulegen, und daß es sich der französische Generalstab anläßlich seiner Studien über Mobilisation hat angelegen sein lassen, das neutralisirie Gebiet vollständig zu respektiren.

588

,,Sie mögen dem Buodesrath Abschrift von gegenwärtiger Mittheilung zustellen, welche, wie ich hoffe, die Besorgnisse, die uns kundgegeben worden sind, zerstreuen und Zeugniß von unserm Wunsche geben wird, die traditionellen Freundschaftsbande, die uns mit der Eidgenossenschaft verbinden , enger zu knüpfen.

,,Genehmigen Sie etc.

,,(Gez.)

Jules Ferry."

Diese Mittheilung entspricht ganz der von uns schriftlich gestellten Anfrage, indem das Projekt der Befestigung des Vuache der einzige Punkt war, den wir zum Gegenstand der Debatte gemacht hatten. Die Antwort geht sogar noch über unser Ansinnen hinaus, denn die französische Regierung versichert uns, daß der Generalstab in seinen Studien über Mobilisation sich angelegen sein ließ, das n e u t r a l i s i r t e Gebiet vollständig zu respektiren. Dieser letztere Satz ist von der höchsten Wichtigkeit; er stellt fest, daß Frankreich die Rechtsverbindlichkeit der 1815er Verträge anerkennt.

Auf der andern Seite haben wir nicht ermangelt, von den so befriedigenden Erklärungen, welche vom Kabinetspräsidenten unserm Minister und vom Botschafter Frankreichs uns selbst abgegeben worden sind, sorgfältig Akt zu nehmen. Diese Erklärungen, welche das Gepräge großer Herzlichkeit an sich tragen und denen augenscheinlich der Wunsch zu Gründe liegt, jede Wolke zu zerstreuen, die unsere guten Beziehungen mit Frankreich verdunkel u könnte, sind für uns eine Gewähr. Sie haben die öffentliche Meinung in der Schweiz, über die Absichten, welche Frankreich uns gegenüber hegt, vollständig beruhigt.

Infolge der Antwort Frankreichs konnten wir den Zwischeufall betreffend die Befestigungen des Vuache als abgethan betrachten.

Herrn Lardy, unserm Minister in Paris, haben wir unsere vollste Befriedigung über die ausgezeichnete Weise, mit der er sich seines Auftrags entledigt hat, ausgesprochen.

Mit Vergnügen heben wir noch hervor, daß wir während der ganzen Dauer der Unterhandlungen sowohl beim Herrn Präsidenten des Ministerrathes der französischen Republik, als beim Herrn Botschafter Arago, der versöhnlichsten Gesinnung begegnet sind.

g. Die mehr als vier Jahre andauernden , erst kürzlich zum Abschluß gelangten Feindseligkeiten zwischen den Republiken C h i l i , P e r u und B o l i v i a haben eine Anzahl unserer Landsleute schwer betroffen und für sie eine Reihe materieller Schädigungen

589 im Gefolge gehabt. Die Chilenen trugen den Krieg auf feindliches Gebiet und drangen in Bolivia und Peru ein. Da wir weder in dem einen noch in dem andern dieser beiden Staaten eine konsularische Vertretung haben, so mußten unsere Angehörigen sich zur Wahrung ihrer Interessen unter den Schutz befreundeter Mächte stellen.

Schon seit 1881 haben sich die verschiedenen davon betroffenen Mächte, angesichts eines Kriegszustandes, der sich in die Länge zu ziehen drohte, mit den Verpflichtungen befaßt, welche für sie aus der Notwendigkeit herfließen, ihre Staatsangehörigen zu schützen; sie haben die chilenische Regierung darüber sondirt, welche Maßnahmen zur Schadloshaltung der Neutralen sie zu treffen für billig erachte.

Das Kabinet von Santiago nahm diese ersten Eröffnungen entgegenkommend auf. Durch Dekret vom 23. März 1882 setzte es von sich aus eine chilenische Kommission ein, mit dem Auftrage, zur Prüfung und zur Liquidation der betreffenden Forderungen zu sehreiten. Im Monat Juli nächstfolgend modifizirte es sodann das erste Projekt, indem es die Arbeiten seiner Kommission suspendirte und diese beauftragte, den Entwurf einer Uebereinkunft auszuarbeiten, welche an die Stelle einer nationalen Kommission ebenso viele gemischte Kommissionen, als betheiligte Staaten vorhanden, zu setzen hätte.

Die neue Kombination sollte den Reklamanten die Vortheile einer kontradiktorischen Debatte vor Schiedsrichtern sichern, deren Entscheid Garantien für Unparteilichkeit bieten würde.

Italien, die Vereinigten Staaten von Amerika, sodann auch Prankreich schlössen hierauf mit Chili Schiedsverlräge ab, zur Erledigung aller von ihren Angehörigen eingebrachten Forderungen, welche von den während des Krieges durch chilenische Streitkräfte auf den Gebieten von Peru und Bolivia vorgenommenen Operationen herrühren mochten.

Deutschland dagegen wollte von einem Schiedsgerichte nichts wissen, machte vielmehr die Forderungen seiner Angehörigen, sowie der unter seinen Schutz sich stellenden Ausländer (mithin auch der Schweizer) auf diplomatischem Wege geltend.

Wir hatten uns mit den Reklamationen von acht Schweizerbürgern, wegen Schädigungen, die sie während des Krieges erlitten, zu befassen.

Fünf dieser Schweizer haben sich theils direkt unter deu Schutz von Deutschland gestellt, theils den Wunsch ausgesprochen, Bundesblatt. 36. Jahrg. Bd. II.

41

590

es möchte die Wahrung ihrer Interessen den Vertretern dieser Macht anvertraut werden. Es wurden dann von Deutschland, nachdem den Reklamanten die gehörige Feststellung des ihnen zugefügten Schadens aufgetragen worden war, die betreffenden Entschädigungsforderungen in üblicher Form angemeldet. Wir erwarten mit Vertrauen das Ergebniß seiner Schritte, überzeugt, daß die Interessen unserer Angehörigen ihre Wahrung finden werden.

Ein Schweizer stellte sich unter den Schutz der Vereinigten Staaten von Amerika, ein anderer unter denjenigen Frankreichs, ein dritter endlich hat seine Entschädigungsansprüche an einen Franzosen verkauft.

Wie wir oben bemerkten, haben die Vereinigten Staaten und Frankreich mit Chili einen Schieds-Vertrag abgeschlossen, und wir hoffen, daß dies unsern Angehörigen zu Gute kommen wird, als wären sie Franzosen oder Amerikaner, trotz der Einsprache der chilenischen Regierung.

In unserem nächsten Geschäftsberichte werden wir auf diese Angelegenheiten zurückkommen.

h. Um einem häufig zum Vorschein kommenden Mißbrauch ein Ende zu machen, haben wir unsere Gesandtschaften und Konsulate augewiesen, alle Militärdienstbüchlein, die ihnen künftig als Pässe vorgewiesen werden sollten, dem eidgenössischen Militärdepartement zu übersenden.

i. Nach einer Schlußnahme des französischen Kriegsministers können Engagements für die F r e m d e n l e g i o n nur dann wieder aufgehoben werden, wenn es sich um junge Leute handelt, welche vor ihrem 18. Jahre angeworben oder die zum aktiven Dienst untauglich befunden worden sind.

Die neuliche Vermehrung seiner Kolonialtruppen und seine entfernten Expeditionen setzen Frankreich in die Notwendigkeit, in der Entlassung von freiwillig Angeworbenen sehr streng zu sein.

Immerhin konnten wir dieses Jahr die Freilassung von drei in die Fremdenlegion eingereihten Schweizern erwirken, und es werden von uns weitere Unterhandlungen mit der französischen Regierung gepflogen, um dieselbe zu einer weniger scharfen Anwendung ihrer strengen Maßnahmen zu veranlaßen.

k. Im Laufe des Jahres 1874 haben die schweizerische Gemeinde N o i r m o n t (bernischer Jura) und die französischen Gemeinden C h a r m a u v i l l e r s und D a m p r i c h a r d die Grundlagen einer Uebereinkunft zum Baue einer auf gemeinsame Kosten

591 auszuführenden V e r b i n d u n g s s t r a ß e aufgestellt. Die Territorien dieser Gemeinden sind an der äußersten Grenze der beiden Nachbarstaaten gelegen und durch den Doubs getrennt, welcher in einem tiefen, engen und von steilen Hängen umsäumten Thaïe dahinfließt.

Die Gemeinden gingen an's Werk: eine Brücke wurde über den Doubs bei la Goule geschlagen und beiderseits an dem Bau der Zufahrtstraßen gearbeitet, -- als der französische Geniestab den Gemeinden Charmauvillers und Daraprichard anbefahl, ihre Arbeiten sofort einzustellen, welche Maßregel mit strategischen Rücksichten gerechtfertigt wurde.

Seither haben wir, auf Ersuchen der Gemeinde Noirmont und der Regierung von Bern, denen beträchtliche Ausgaben ohne allen Nutzen erwachsen waren, unsere Gesandtschaft in Paris beauftragt, bei der französischen Regierung darauf zu dringen, daß dieses Verbot zurückgezogen werde.

Nach langen Besprechungen hat die Regierung der Republik es abgelehnt, die Frage einer neuen Prüfung zu unterziehen, vielmehr das Verbot, die auf französisches Gebiet fallende Strecke der betreffenden Straße zu bauen, aufrecht erhalten. Wir haben diese Schlußnahme der bernischen Regierung mitgetheilt, begleitet von der Zusage, daß wenn eine günstige Gelegenheit sich bieten sollte, wir nicht ermangeln werden, unsere Schritte behufs Erwirkung einer Remedur zu erneuern.

l. Wir hatten uns mit einem Falle flagranter, in C h i a s s o auf dem Bahnhofplatze durch mehrere italienische Zollwäehter begangener V e r l e t z u n g des S c h w e i z e r g e b i e t s zu befassen. Nachdem die Untersuchung, die wir von der italienischen Regierung verlangt hatten, sowie die von uns selbst angeordneten Erhebungen herausgestellt hatten, daß ein gewis9er Felloni, Schweizerbürger, außerhalb des internationalen Bahnhofs in Chiasso verhaftet worden sei, haben wir unsern Minister in Born beauftragt, vollständige Genugthuung nebst Schadensersatz zu verlangen.

Wir werden auf diese Angelegenheit in unserin nächsten Geschäftsberichte zurückkommen.

m. Die österreichische Regierung hat uns das Ergebniß der Untersuchung mitgetheilt, welche wir von ihr in Bezug auf die V e r l e t z u n g u n s e r e s G e b i e t s durch österreichische Zollbeamte in St. M a r g a r e t h e n verlangt hatten. Sie hat dabei gefunden, die Mitwirkung eines st. gallischen Landjägers bei der Verhaftung von Belli und Bluch, den beiden Kolporteurs sozialisti-

592

scher Schriften, schwäche das Vergehen ihrer Agenten so sehr ab, daß sie dieselben nicht als strafbar ansehen könne. Angesichts dieser Thatsache glaubten wir auf einer Bestrafung der österreichischen Agenten nicht weiter beharren zu sollen.

Dagegen haben wir der österreichischen Regierung nicht verhehlt, wie unangenehm uns die Art und Weise überrascht habe, mit welcher gegen diese zwei auf unserm Gebiete verhafteten, dann mehr als drei Monate lang, den Verträgen zum Trotze, in Präventivhaft gehaltenen Individuen verfahren worden sei.

n. Noch hatten wir uns mit einigen geringfügigeren Gebiets Verletzungen zu beschäftigen, von denea vier, nach den uns zugekommenen Berichten, durch italienische Zollwächter begangen wurden. Die Häufigkeit solcher, an unserer Grenze gegen Italien vorkommenden Fälle wird uns nöthigen, Maßnahmen zu treffen, um die Respektirung unseres Gebietes zu sichern.

Zwei österreichische Zollwächter haben den Schweizerboden am Schergenhof, Kautons Graubünden, verletzt. Auf unsere Reklamationen hat uns die österreichische Regierung die üblichen Genugthuungen gegeben.

o. Die Unterhandlungen mit der französischen Regierung betreffend Abmarkung der schweizerisch-französischen Grenze zwischen dem Walliser Bezirk M o n t h e y und H o c h - S a v o y e n sind von uns wieder aufgenommen worden.

p. Die Frage der Bezeichnung der schweizerisch-französischen Grenze längs des Baches la Ran c o n n i ère (Neuenburg) ist durch ein Protokoll geregelt worden, das am 1. Oktober abhin von den Kommissären der beiden Staaten unterzeichnet wurde.

q. Am 5. Januar ratiflzirten wir das am 26. Oktober 1882 in Chiasso von den Abgeordneten der Eidgenossenschaft und des Kantons Tessin einerseits und von denjenigen Italiens anderseits unterzeichnete Protokoll (nebst Nachschrift, datili Como 21. November nächstfolgend), betreffend Abmarkung eines Punktes der schweizerisch-italienischen G r e n z e b e i C h i a s s o . W i r gewärtigen noch die Ratifikation von Seite Italiens.

r. Eine Reihe Detailgeschäfte ohne allgemeines Interesse, welche unser Verkehr mit dein Auslande mit sich brachte und mit denen unser politisches Departement im Berichtjahre sich au befassen hatte, können wir hier füglich übergehen.

593

II. Vertretung der Schweiz im Auslande.

A. Gesandtschaften.

In Genehmigung des unserer Botschaft vom 12. Dezember 1883 beigefügten Antrags haben Sie am 19. gl. Mts. einen Bundesbeschluß gefaßt, welcher für die Kanzlei der schweizerischen Gesandtschaft in Washington einen Beitrag von Fr. 10,000 aussetzt.

Dieser Beschluß wurde am 29. Dezember 1883 im Bundesblatt veröffentlicht; die Einsprachsfrist läuft bis zum 28. März 1884.

Herr Dr. Albert S c h a f f t e r , Legationsrath, ist zurückgetreten und es wurden die Kanzleigeschäfte von Herrn Karl K l o ß allein besorgt.

Herr Bundesrath Simeon B a v i e r von Chur wurde zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der schweizerischen Eidgenossenschaft bei S. Maj. dem König von Italien ernannt.

Die HH. Gaston C a r l i n , Dr. jur., von Courroux, und Albert S e r m e n t sind als Volontär-Attaches bei der dortigen Gesandtschaft eingetreten.

In Ersetzung unseres Ministers Dr. K e r n , dessen Scheiden so sehr bedauert wird, haben wir an die Stelle eines außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers der schweizerischen Eidgenossenschaft bei der französischen Republik Herrn C. L a r d 3', von Neuenburg, Dr. jur., bis anhin Legationsrath in Paris, berufen.

Die HH. Ernst V o n d e r M U h l , Dr. jur., von Basel, und Karl Daniel B u r c a r t , von Klein-Huningen, sind bei der Gesandtschaft als freiwillige Attachés eingetreten. Hr. Ernst R o g u i n , Legationssekretär, wurde zum Legationsrath befördert und Hr. Eug.

B o n h t e , Attaché, zum Legationssekretär ernannt.

Nachdem Herr J. J. v. T s c h u d i uns auf den 1. April seine Entlassung als Minister in Wien eingegeben, akkreditirten wir vorläufig beim Wiener Kabinet. Hrn. Alfred v. C l a p a r ù d e , Legationsrath in Berlin, in der Eigenschaft eines interimistischen Geschäftsträgers der Eidgenossenschaft.

Am 18. April schritten wir sodann zur definitiven Ersetzung des Herrn v. Tschudi, indem wir das Amt eines außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers der schweizerischen Eidgenossenschaft beim österreichischen Hofe dem Herrn Nationalrath Arnold Otto A e p l i von St. Gallen übertrugen, mit Amtsantritt auf den 28. Mai.

594 Herr Hartmann v. M ü l i n e n , Attaché der Gesandtschaft, hat auf Ende des Jahres seine Entlassimg eingegeben.

B. Konsulate.

a. Im Berichtjahre sind im Etat unseres Kousularpersonals folgende Aenderungen eingetreten : B a h i a. Wir haben die Demission des Hrn. C. F. K e l l e r , von Weinfelden (Thurgau), angenommen und zum Konsul ernannt: Hrn. Ernst Albert B r e n n e r , ebenfalls von Weinfelden.

B a t a v i a . Auf Verlangen unseres Konsuls, Hrn. S t r a u ß , haben wir auf diesem Platze ein Vizekonsulat errichtet und Hrn. Otto D ürie r , von St. Gallen, zum Vizekonsul ernannt.

B e s a n ç o n . Dem von Hrn. Konsul B u g n o t - C o l l a d o n ausgesprochenen Wunsche entsprechend, haben wir demselben einea Vizekonsul in der Person seines Bruders, Hrn. August Bugnot, beigeordnet, der leider bald nach seiner Ernennung starb. Die daraufhin von Hrn. Bugnot-Colladon eingereichte Entlassung haben wir .angenommen und das Amt eines Konsuls dem Hrn. Léon S a n d o z , aus dem Kanton Neuenburg, übertragen.

B o r d e a u x . Hr. Gustav S i l l i m a n n ersetzte als Vizekonsul seinen verstorbenen Vater, Hrn. Chr. Sillimann, von Neuenburg.

G e n u a . Zum Amte eines Vizekonsuls haben wir Hrn. J. T h ö ni, von Grüsch, Graubünden. berufen und damit diesen seit einer Reihe von Jahren vakanten Posten wieder besetzt.

H a m b u r g . In Ersetzung des am 25. Juli verstorbenen Herrn Robert L. L i o r d e t ernannten wir zum Konsul für den ersten schweizerischen Konsularbezirk (Hamburg, SchleswigHolstein, Lübeck, beide Mecklenburg und Lauenburg) Herrn Paul Eduard N ö 11 i n g , bisher Vizekonsul, und zum Vizekonsul Hm. Max R ö t h l i s b e r g e r , von Burgdorf.

L o n d o n . Wir haben die Demission des Hrn. Gr. F o r r e r als Vizekonsul in London angenommen, einen Nachfolger jedoch noch nicht bezeichnet.

M a r a n h a o. Hr. Corriolano Cäsar F e r r e i r a - R o z a ist als Vizekonsul an Stelle des verstorbenen Hrn. Isao Thomson K o z a getreten.

595 M o n t r e a l . Diesem Konsulat haben wir ein Vizekonsulat beigegeben und an diesen Posten den Hrn. D. L. R e y , von Boudry, berufen.

N e u - Y o r k. Die von Hrn. Adrian I s e l i n altershalber eingereichte Demission haben wir angenommen und denselben als Vizekonsul ersetzt durch Hrn. Eugen R o b e r t , von La Chaux-de-Fonds.

V a l p a r a i s o . Hr. Konsul J. U. Z ü r c h e r ist nach Europa zurückgekehrt ; das Konsulat wurde von Hrn. Otto S c h ö n e m a n n , von St. Gallen, verwaltet. Der Nachfolger des Hrn. Zürcher ist noch nicht ernannt.

T i f l i s. Auf wiederholtes Gesuch unseres Generalkonsuls in St. Petersburg und nach reiflicher Prüfung der Frage hielten wir es für zeitgemäß , in Tiflis ein Konsulat zu errichten.

Dasselbe soll die folgenden Gebiete, als VI. Konsularbezirk in Rußland, umfassen.

T r a n s k a u k a s i e n , das heißt : 1) das Gebiet von Daghestan, 2) das Gouvernement Tiflis, 3) ,, ,, Kutais, 4) die Militärdivision Sukhum mit den Kreisen Pitsunda und Otschentchary, 5) der Kreis Schwarzes Meer, 6) das Gouvernement Elisabetopol, 7) ,, ,, Baku, 8) ,, ,, Eriwan, 9) der Kreis Zakataly, 10) die infolge des letzten Krieges erworbenen Provinzen (Batum und Kars).

Zum Amte eines Konsuls beriefen wir Hrn. Emil Tall i e h e t , von Orbe (Waadt), Professor, in Tiflis. Das eigentliche Kaukasien bleibt auch ferner beim Konsulat von Odessa (III. Bezirk).

C a n n e s . Von unserer Schlußnahme vom 17. Januar 1882 sind wir mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Situation zurückgekommen und haben in Cannes einen Vizekonsul-Posten errichtet, der zum VI. Konsularbezirk in Frankreich, d. h.

zum Konsulat in Nizza, gehört.

Zum Vizekonsul wurde Hr. Samuel G e i s e n d o r f U r e c h , von Genf, gewählt.

b. Die Zahl unserer Konsular-Niederlassungen stieg im Jahr 1883 von 82 auf 84.

596 Wie in den vorausgehenden Jahren, sind uns wieder zahlreiche Gesuche um Errichtung von Konsularstellen und bezügliche Dienstanerbieten zugekommen, namentlich für Athen, Bari, Calais, Cardiff, Curaçao, Gibraltar, Jassy, Kiew, Königsberg, Lima (Peru), Louisville, Medellin , Panama, San Remo , Stockholm und Maracaibo.

Vier dieser Gesuche schienen uns ein gründlicheres Studium zu verdienen, dem sie noch heute unterliegen; was aber die andern betrifft, so konnten wir uns unschwer davon überzeugen , daß ein wirkliches Bedürfniß für sie nicht vorliege, weßhalb wir sie unberücksichtigt ließen.

c. Wir sahen uns im Interesse eines guten Geschäftsganges genöthigt, den Betrag unserer jährlichen Entschädigungen zu Grünsten des Generalkonsulats in London und folgender vier Konsulate : BuenosAyres, Mailand, Sydney und Warschau, zu erhöhen. Dagegen gelangte der für das Generalkonsulat in Washington ausgesetzte Beitrag infolge der Aufhebung desselben nicht zur Auszahlung.

Die den 21 andern vom Bunde subventionirten Konsulaten gewährten Beiträge sind die gleichen geblieben, wie die vom Jahr 1882, Es haben demnach 26 Generalkonsulate und Konsulate (von 84 Konsular-Niederlassungen) folgende Entschädigungen erhalten : Generalkonsulate.

London .

.

.

.

. F r . 12,500 Rio de Janeiro ,, 9,000 St. Petersburg ,, 4,000 Neapel ,, 1,500 Bucharest ,, 1,875 Konsulate.

Havre Buenos-Ayres Neu-York Lyon .

.

Melbourne .

Besancon .

Moskau Montevideo Sydney Mailand Marseille

Fr.

,, ,, .

.

.

.

.

.

.

.

.

.

,, .

,, ,, ,, ,, ,,

8,000 6,000 5,000 4,000 4,000 3,000 3,000 3,000 3,000 2,500 2,000

Uebertrag Fr. 72,375

597 Neu-Orleans Nizza .

Philadelphia Warschau .

Odessa Genua Amsterdam .

Antwerpen .

Bremen Livorno

.

.

.

üebertrag Fr. 72,375 .

. ,, 2,000 .

. ,, 2,000 , 2,000 .

.

. ; 2,000 1,500 .

.

. ,, 1,000 .

.

.

,, 1,000 .

.

. ,, 1,000 .

.

.

,, 1,000 .

.

. ,, 1,000 .

.

.

.

.

.

.

.

*

^

J-^WW

Fr. 86,875 Da sich der Büdgetkredit nur auf Fr. 77,000 belief, so mußten wir einen Nachtragskredit von Fr. 9375 nachsuchen (Bundesblatt 1883, III, 198).

Wir übersahen es, einen Nachtragskredit von Fr. 500 für das Konsulat in Warschau zu verlangen, dem wir ebenfalls eine Beitragserhöhung zugesprochen hatten. Wir werden ira Jahr 1884 dies nachholen müssen.

III. Auswärtige Gesandtschaften und Konsulate in der Schweiz.

A. Gesandtschaften.

Hr. Staatsrath H a c h i s u k a M o c h i a k i , außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister von J a p a n in Paris, hat uns am 4. August das Kreditiv des Mikado überreicht, das ihn in der gleichen Eigenschaft bei der Eidgenossenschaft beglaubigt, in Ersetzung des von seiner Regierung abberufenen Hrn. General Ida.

Der zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Republik A r g e n t i n i e n bei der schweizerischen Eidgenossenschaft ernannte Hr. Dr. Del V i s o hat uns am 18. August sein Kreditiv vorgelegt.

Don Carlos G u t t i e r e z hat uns am 5. Oktober das Kreditiv überreicht, das ihn als außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Republik San S a l v a d o r bei der Eidgenossenschaft beglaubigt.

Noch haben wir die uns am 29. August angezeigte Abberufung des Hrn. Grafen de San M i g u e l , des außerordentlichen

598 Gesandten und bevollmächtigten Ministers von P o r t u g a l , zu erwähnen, welcher noch nicht ersetzt ist.

B. Konsulate.

Folgenden Konsularbeamten auswärtiger Staaten haben wir das Exequatur ertheilt : V e r e i n i g t e S t a a t e n v o n A m e r i k a . Vize-Generalkonsul in Basel: Hr. John H i n n e n , bisher Konsularagent.

Vizekonsul in St. Gallen: Hr. L. L. Brettauer.

Vizekonsul in Borgen: Hr. Christian A n d e r e g g .

Vizekonsul in Basel: Hr. August Kauffmann.

I t a l i e n . Generalkonsul in Zürich : Hr. Chevalier Enrico S t e l l a , in Ersetzung des verstorbenen Hrn. C. Cattaneo.

N i e d e r l a n d e . Provisorische Verwaltung des Generalkonsulats : Hr. B. L. V e r w e y , in Enge bei Zürich.

D ä n e m a r k . Generalkonsul in Genf: Hr. J. B. G. G a l i f f e , bisher Konsul.

Vizekonsul: Hr. Gustav Amedée G a l i f f e , Sohn.

S c h w e d e n und N o r w e g e n . Generalkonsul in Genf: Herr A. M. von S c h ä c k , bisher Konsul.

P o r t u g a l . Konsul in Zürich: Hr. J. T ö n d u r y .

IV. Schweizerische Hülfsgesellschaften im Auslande.

Wir reproduziren hier wie üblich das Kreisschreiben, das wir am 30. November an alle Kantonsregierungen in Begleit einer Tabelle erlassen haben, welche über Vertheilung des im eidgenössischen Budget zu Gunsten der schweizerischen Hülfsgesellschaften im Auslande vorgesehenen Bundesbeitrags von Fr. 16,650 (im Jahr 1882 Fr. 16,500) unter 78 Gesellschaften (75 im Jahr 1882) Auskunft gibt.

Es sind darin alle Aufschlüsse enthalten, welche wir Ihnen über den Stand dieser Gesellschaften zu ertheilen im Falle sind.

Hieran schließt sich das Verzeichniß der kantonalen Beiträge, nach Kantonen geordnet, womit wir dem Wunsche entsprechen, der uns diesfalls von den Kommissionen des National- und Ständeraths für Prüfung der Geschäftsführung des Bundesraths von 1880 und 1881 ausgesprochen worden ist.

599 Dieses Verzeichnis ist übrigens vollständig auch in der Gesammt übersieht der Htilfsgesellschaften von 1883 enthalten, welche wir am 30. November an alle Kantonsregierungen mitgetheilt haben und die im Bundesblatte vom 12. Dezember (1883, IV, Beilage zu Nr. 63) erschienen ist.

Das evwähnte Kreisschreiben lautet : ,,Getreue, liebe Eidgenossen!

,,Wir haben die Ehre, Ihnen beigeschlossen die Tabelle mitzutheilen, aus .der, ersichtlich ist, in welcher Weise der Bundesbeitrag pro 1883 mit Fr. 16,650 für die schweizerischen Hülfsgesellschaften ini Auslande unter 78 derselben vertheilt wurde.

,,Diese Tabelle enthält im weitern, wie gewöhnlich, eine Uebersicht der Vertheilung des Bundesbeitrages im Jahr 1882 und der kantonalen Beiträge im Jahr 1883, des Vermögensstandes der Gesellschaften am Schlüsse des vorhergehenden und zu Anfang des gegenwärtigen Geschäftjahres, endlieh die Höhe ihrer Ausgaben im Jahr 1882.

,,Der Schweizerverein in Berlin, der schweizerische Hülfsverein in Kopenhagen, die Vereine in Manchester, Melbourne, Mentone und Morez sind dieses Jahr zum ersten Mal auf der Kanzlei unseres politischen Departements eingeschrieben worden.

,,Das Repartitionstableau umfaßt 99 Vereine (91 im Jahr 1882). Ihr gesammtes Gesellschaftskapital beläuft sich auf Fr. 1,343,711.29 (im Jahr 1882 auf Fr. 1,183,966. 14), und ihre Ausgaben betrugen für 1882 Fr. 471,929. 33 (im Jahr 1881 Fr. 323,934. 82).

,,Bei Vereinen von nicht ausschließlieh schweizerischem Charakter mußten wir, wie im vorigen Jahre, auf Anführung des Gesellschaftsvermögens und der Ausgaben verzichten. Sonach geben die drei ersten Zahlenkolonnen ziemlich genau den Betrag des Gresellschaftskapitals und der Ausgaben der schweizerischen Wohlthätigkeitsvereine im Auslande.

,,Gemäß einer diesfälligen konstanten Praxis haben wir den Beitrag eines Vereins, der uns über das Jahr 1882 keinen Bericht eingesandt hatte, auf Fr. 100 herabgesetzt.

,,Auch dieses Jahr hatten wir die Befriedigung, von allen eidgenössischen Ständen Beiträge zu erhalten. Die kantonalen Subsidien erreichen die schöne Summe von Fr. 21,000 (Fr. 20,650 im Jahre 1882), welche wir Ihnen hiemit im Namen der damit bedachten Gesellschaften bestens verdanken.

600

,,Wir werden nicht ermangeln, Ihnen seinerzeit durch die Bundeskanzlei die Empfangscheine der subventionirten Gesellschaften zu übermitteln.

"Ferner ist noch beizufügen, daß wir, laut Anmerkung am Fuße der Tabelle, die Summe von Fr. 1500, welche die Regierungen von fünf Kantonen zu unserer Verfügung stellten, ohne dienähere Verwendung selbst zu bestimmen, von uns aus unter 19 Gesellschaften vertheilt haben. Wie in den Vorjahren, wurden hiebei Vereine bedacht, denen wir aus dem Bundesbeitrag nicht so viel zuwenden konnten, als wir gewünscht hätten.

,,Wir können nicht warm genug unsern Dank für das aussprechen, was Sie auch dieses Jahr wieder zu Gunsten der schweizerischen Hülfsvereine im Auslande gethan haben. Diese Wohlthätigkeitsanstalte leisten unsern bedrängten Landsleuteu unschätzbare Dienste und tragen in hohem Maße dazu bei, das Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den schweizerischen Angehörigen zu befestigen und zu stärken.

,,Wir bitten Sie, denselben auch in Zukunft Ihre thatkräftige Unterstützung angedeihen zu lassen.

,,Im Uebrigen benutzen wir diesen Anlaß etc.

Kantonale Beiträge, nach Kantonen geordnet.

Kantone.

Beiträge.

Fr.

2,800 Zürich Bern .

.

.

. 1,865 770 Luzern U r i .

.

.

. 100* 300 Schwyz Uoterwalden ob dem Wald .

100* Unterwaiden nid dem 100* Wald .

610 Glarus 150 Zug .

Freiburg 500 500 Solothurn .

Baselstadt .

500

Beiträge.

Fr.

Uebertrag 8,295 405 Baselland 400* Schaffhausen .

500 Appenzell A.-Rh. .

60 Appenzell I.-Rh.

1,500 St. Gallen 1,000 Graubünden .

1,200 Aargau .

800* Thurgau 1,500 Tessin 1,740 Waadt .

200 Wallis .

1,400 Neuenburg 2,000 Genf Kantone.

Uebertrag 8,295 Total 21,000 * Beträge, über die dem Bundesrathe die freie Verfügung überlassen wurde.

601

V. Innere Angelegenheiten.

a. Mit Ende 1882 war der b i s c h ö f l i c h e S t u h l von L a u s a n n e u n d G e n f durch den Tod von Mgr. Christophor vakant geworden. Am 15. März theilte uns unser Minister in Rom telegraphisch mit, der hl. Stuhl habe Hrn. Kaspar Mermillod an diesen Posten berufen, und bald darauf ersuchte uns dieser Prälat um die Erlaubuiß, auf Schweizergebiet zurückzukehren. Herr Mermillod fügte seinem Schreiben (vom 16. März) eine Zuschrift bei, die am 13. von S. E. dem Kardinal Jacobini, Staatssekretär des hl. Stuhls, an ihn gerichtet worden war. In diesem Dokument äußert sich der Staatssekretär über das im Jahr 1873 Herrn Mermillod übertragene apostolische Vikariat wie folgt: ,,II Santo Padre è venuto alla determinazione di preconizsare nell' imminente concistorio monsign9 Gaspare Mermillod a vescovo di Losanna e Ginevra.

,,Questa pontificia determinazione pone conseguentemente fine al vicariato apostolico di questa ultima città iustituito dalla sa: me: di Pio IX.a Herr Mermillod selbst sagt in seinem Briefe: ,, . . . Dieser Akt des hl. Stuhles (die Ernennung des neuen Inhabers des bischöflichen Stuhls von Lausanne-Grenf) macht, wie die Note S. Eminenz des Staatssekretärs erklärt, dem von Pius IX. im Jahr 1873 eingesetzten apostolischen Vikariat von Genf ein Ende, und beseitigt somit die Gründe für meine Entfernung."1 Wir haben wirklich gefunden, daß die im Beschluß vom 17. Februar 1873 vorgesehene Bedingung damit erfüllt sei. Dieser Beschluß erklärte, daß das durch ihn ausgesprochene Verbot des Aufenthalts auf schweizerischem Gebiete von dem Tage an dahinfalle, wo Herr Mermillod dem Bundesrathe oder dem Staatsrathe von Genf erkläre, daß er auf jede vom heil. Stuhle entgegen den Schlußnahmen der kantonalen und eidgenössischen Behörden verliehene Funktion verziehte. Diese Bestimmung hatte das Amt eines apostolischen Vikars im Auge, welches der heil. Stuhl am 16. Januar 1873 dem Herrn Mermillod übertragen hatte. Nachdem also der Papst den Dahinfall dieses Vikariates erklärt hatte, und nachdem von Seite des Herrn Mermillod die gleiche Erklärung in die Hände des Bundesrathes abgegeben worden war, hatten wir nichts Anderes mehr zu thun, als den Beschluß von 1873 aufzuheben.

Was die an Herrn Mermillod übertragenen neuen Funktionen eines Bischofs von Lausanne und Genf betrifft, so hatte sich der Bundes-

602

rath damit lediglich vom Gesichtspunkte des Art. 50 der Bundesverfassung aus zu befassen, dem zufolge ,,die Errichtung von Bisthümern auf schweizerischem Gebiete der Genehmigung des Bundes unterliegt.1* Von diesem Punkte abgesehen, der in die eidgenössische Kompetenz fallt, ist im Uebrigen alles, was die geistliche Organisation betrifft, Sache der Kantone. Es konnte nun der Buudesrath, weit entfernt, in dem Titel Bischof von Lausanne und Genf, wie er dem Nachfolger von Mgr. Christophor ertheilt worden, die Errichtung oder die Lostrennung eines schweizerischen Bisthums zu erblicken, darin nichts weiter finden, als die Absicht des heil. Stuhles, zum regelmäßigen Stande der Dinge zurückzukehren und auf die Lostrennung dieses Bisthums zu verzichten. Der Haltung treu bleibend, welche den Ausweisungsbeschluß von 1873 dikürt hatte (derselbe findet sich noch im Geschäftsbericht von 1880 angegeben: Bundesblatt 1881, II, 176), hat daher der Bundesrath nichts dagegen eingewendet, daß Heri1 Mermillod den vom heil.

Stuhle ihm verliehenen Titel trage, üeberdies hat er Vorsorge getroffen, die Rechte der Kantone vorzubehalten, unter deren Souveränetät wie gesagt die Fragen betreffend die geistliche Organisation fallen.

Der am 14. April 1883 vom Bundesrath in Sachen gefaßte Beschluß lautet wie folgt: ,,Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t h , in Anbetracht des Beschlusses vom 17. Februar 1873, durch welchen dem Hrn. Kaspar Mermillod der Aufenthalt auf schweizerischem Gebiet untersagt wurde; in Anbetracht des Wortlautes des genannten Beschlusses, wonach dieses Verbot vom Tage an aufhören wird, wo Hr. Mermillod dem Bundesrath oder dem Staatsrathe des Kantons Genf erklären wird, auf jede ihm vom heil. Stuhl zuwider den Beschlüssen der eidgenössischen und kantonalen Behörden übertragenen Funktionen zu verzichten; in Anbetracht, daß diese Bestimmung das Amt eines apostolischen Vikars für den Kanton Genf im Auge hatte, welches der heil. Stuhl dem Hrn. Mermillod am 16. Januar 1873 verliehen hatte und welches dieser letztere trotz der gegenteiligen Beschlüsse des Bundesrathes und des Staatsrathes von Genf ausüben zu wollen erklärt hatte; in Anbetracht, daß Mgr. Kaspar Mermillod in seinem unterm 16. März 1883 an den Bundesrath gerichteten Schreiben ausdrücklich erklärt hat, daß das apostolische Vikariat von Genf sein Ende erreicht habe;

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in Anbetracht, daß eine ähnliche Erklärung auch in der am 13. gl. Mts. von S. B. dem Kardinal J a c o b i n i , Staatssekretär des heil. Stuhles, unterzeichneten Note enthalten ist, welche dem Bundesrath durch Mgr. Mermillod zugestellt wurde ; in E r w ä g u n g , daß durch diese Erklärung den Bedingungen Genüge geleistet ist, welche der Beschluß vom 17. Februar 1873 für die Aufhebung des gegen Hrn. Kaspar Mermillod erlassenen Verbotes des Aufenthaltes auf schweizerischem Gebiet festgestellt hat; und -- betreffend den Beschluß der Regierung von Genf vom 27. März 1883 und ihr unter gleichem Tage an den Bundesrath gerichtetes Schreiben, daß Alles, was die Organisation der Kirche betrifft, unter Vorbehalt der Bestimmungen der Bundesverfassung, in die Kompetenz der Kantone fallt ; beschließt: 1. Der Beschluß vom 17. Februar 1873 ist aufgehoben.

2. Was die dem Mgr. Mermillod verliehene bischöfliche Würde anbelangt, so werden die Rechte der betheiligten Kantone und besonders diejenigen, welche für den Kanton Genf aus seinem konstitutionellen Gesetze vom 19. Februar 1873 hergeleitet werden können, gänzlich vorbehalten."

B e r n , den 14. April 1883.

b. Der Bundesrath hatte sich im Jahr 1883 mit der t e s s i ni s e h e n B i s t h u m s f r a g e zu befassen.

Bekanntlich hat die Bundesversammlung am 22. Juli 1859 einen Beschluß gefaßt, der jede auswärtige Episkopaljurisdiktion auf Schweizergebiet aufgehoben erklärt, und den Bundesrath mit den Verhandlungen beauftragt, welche bezüglich einstweiliger Vikariate, sowie des künftigen Bisthumsverbandes der betreffenden schweizerischen Gebietsteile erforderlich sind.

Seit dieser Zeit waren die tessioischen Pfarreien, wenigstens offiziell, vom Bisthum Chur und vom Erzbisthum Mailand, unter denen sie früher standen, losgetrennt. Allein bis 1882 wurde kein ernsterer Schritt gethan, um diese Pfarreien einem schweizerischen Bisthum einzuverleiben. Im Jahr 1882 glaubte dann der Bundesrath, wie er im Geschäftsberichte jenes Jahres bemerkt, die beste Lösung angedeutet zu haben, indem er dem Tessin vorschlug, wenigstens provisorisch seine Pfarreien unter die geistliche Leitung des gegenwärtigen Bischofs von Chur, Herrn Rampa, zu stellen.

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Leider begegnete dieser Vorschlag im Schöße der Kantonalbehörden von Tessin nicht derjenigen Aufnahme, welche wir erwarten durften. Statt ,ihn anzunehmen, beauftragte der tessinische Große Rath die Regierung, beim Bundesrathe auf die Errichtung eines tessinischen Bisthums zu dringen; sodann sah er sich, in Voraussicht eines neuen Abschlages, zu dem Auftrage an den Staatsrath veranlaßt, einen Gesetzesentwurf behufs Organisation einer katholischen Hierarchie im Kanton vorzubereiten.

Diesen Instruktionen Folge gebend, theilte uns die tessinische Regierung mit, daß sie unsern Vorschlag vom 24. Oktober 1882 nicht annehme.

Infolge dieser Ablehnung fand, auf Verlangen von Tessiu, ·eine Konferenz zwischen der Abordnung des Bundesrathes und derjenigen der Tessiuer Regierung statt. Damals stellte diese letztere das Gesuch an den Bundesrath, er möchte einwilligen, daß während des Verlaufes der zur Feststellung des definitiven Bisthumsverbandes der tessinischen Pfarreien bestimmten Verhandlungen diesen Pfarreien nur ganz provisorisch ein geistlicher Administrator gegeben werde.

Die tessinische Abordnung fügte bei : wenn dieser Vorschlag im Grundsatz angenommen werde, so sei Tessin geneigt, als Administrator Herrn Lâchât zu acceptiren, was die Hebung des Basler Bisthumskonflikts ermöglichen würde.

Nachdem dann diese Vorschläge auch noch von der tessinischen Regierung bestätigt worden waren, erwiderte der Bundesrath: er sei, wenn Herr Lâchât auf Titel und Würde eines Bisehofs von Basel verzichte und in diesem Posten unter Zustimmung der betheiligten Kantone ersetzt werde, seinerseits geneigt, ihn als kirchlichen Administrator von Tessin genehm zu halten, wobei es sich aber verstehe, daß dieses Amt ein nur ganz provisorisches sei und daß, wenn vor Beendigung der Unterhandlungen über definitive Regelung dieser Verhältnisse der Tod des Herrn Lâchât erfolgen sollte, die Betheiligten sieh über Feststellung eines neuen Provisoriums au verständigen hätten.

Seither erfuhr der Bundesvath mit Bestimmtheit, daß der heil.

Stuhl geneigt sei, auf diesen Grundlagen y,u unterhandeln. Der Augenblick war daher gekommen, den sieben Kantonen des Bisthums Basel, welche bei der einen oder andern Lösung der tessinischeu Frage mehr oder weniger betheiligt sein konnten, jene Eröffnungen zur Kenntniß zu bringen. Der Bundesrath setzte ihnen den Stand der Verhandlungen aus einander, bezeichnete ihnen den in Aussicht zu nehmenden Ausgang derselben, d. h. die Möglichkeit, einen

605 neuen Bischof von Basel zu wählen, und schloß sein Kreisschreiben mit den Worten : Es steht nun bei Ihnen, zu erklären, ob es in Ihrer Konvenienz liegt, daß wir den Vorschlägen von Tessin Folge geben, soweit es Sie direkte betrifft."

Das Kreisschreiben des Bundesrathes regte im Weitern den Gedanken an, daß eine, Vorkonferenz zwischen seinen Abgeordneten und denjenigen der sieben Kantone ersprießlich sein möchte und anerbot sich, diese Konferenz zu veranstalten, wenn die Kantone es wünschen sollten. Bei sechsen von den Kantonen war dies der Fall, die Regierung von Bern aber erklärte, daß sie an der projektirten Konferenz nicht theilnehmen werde. Der Bundesrath brachte diese Ablehnung den andern sechs Kantonen zur Kenntniß. Er gewärtigt deren weitere Mittheilungen, bevor er die Verhandlungen mit Tessin wieder aufnehmen wird.

c. Am 8. März 1883 ersuchte uns die Gesellschaft der schweizerischen Westbahnen und des Simplon, in offizieller Weise den Regierungen von Frankreich und Italien die Pläne, Profile, Karten, Devise und Denkschriften zu übermitteln, welche aus den in den Jahren 1881 und 1882 zum Zwecke des Simplondurchstich vorgenommenen neuen Studien hervorgegangen sind.

Die Schlußnahmen, welche der Bundesrath anläßlich dieser neuen Studien und des Gesuches der betreffenden Gesellschaft gefaßt hat, rinden sich in der Antwort resümirt, welche der Bundtspräsident am 16. April vor dem Nationalrathe, auf die Interpellation der Herren Nationalrathe Cuénoud, Baud, Colomb, Criblet, Joly, Jordan-Martin, Oguey, Ruffy, Vessaz und Wulliérnoz, abgegeben hat.

Die Herren Cuénoud und Konsorten hatten an den Bundesrath drei Fragen gestellt, auf welche der Herr Bundespräsident folgende, von den Interpellanten als völlig zufriedenstellend erklärte Antwort erth eilte : ,,Im Namen des Bundesrathes habe ich die Ehre, die von Herrn Nationalrath Cuénoud und Mitunterzeichnern gestellten Fragen betreffend den Simplon wie folgt zu beantworten: 1. F r a g e . Sind dem Bundesrathe in offizieller Weise die definitiven Pläne betreffend den Alpen Übergang des Simplon vorgelegt werden?

A n t w o r t . Am 18. Januar dieses Jahres hat die Gesellschaft der Westschweizerischen Bahnen und des Simplon dem Bundesrathe die Pläne, Profile, Karten, Devise und Denkschriften übersandt, welche die in den Jahren 1881 und 1882 neu vorgenommenen Studien über den Durchstich des Simplon umfassen.

Bundesblatt. 36. Jahrg. Bd. 11.

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Diese sehr vervollständigten Studien sind unternommen worden, um Kritiken und Wünschen Rechnung zu tragen, welche von einer Kommission in einem im Juli 1881 der Abgeordnetenkammer von Frankreich vorgelegten Berichte geäußert wurden. Sie zielen dahin : einerseits die Betriebsverhältnisse auf dem südlichen Abhänge der Alpen zu verbessern, durch Redussirung der Gefalle von 23 auf 121/2°/oo; und andererseits, den Uebergang des Jura, von Vallorbes anschließend an die Linie Pontarlier-Dijon, zu verbessern.

2. Frage. In welchem Stadium sind gegenwärtig die Unterhandlungen mit Frankreich und Italien in Bezug auf diese Linie?

A n t w o r t . Der Bundesrath hat beschlossen, Exemplare dieser neuen Belegmaterialien an die Regierungen von Frankreich und Italien zu übermitteln, mit dem Gesuche, dieselben zu prüfen und ihm ihre Meinung darüber mitzutheilen.

Im Weitern hat er beschlossen, diesen Anlaß zu benutzen, um den Regierungen von Frankreich und Italien in einer Note, die denselben durch unsere Minister zugestellt werden wird, den geschichtlichen Gang des Projektes des Simplondurchstichs in Erinnerung zu bringen und sie anzufragen, welche Haltung sie in Bezug auf die Ausführung dieses Projektes einzunehmen gedenken.

Unsere Minister in Paris und Rom werden beauftragt werden, mündlich beizufügen, daß die Uebergabe dieser Note dahin ziele, eine Konferenz zwischen den betheiligten Staaten anzubahnen, in Bezug auf welche der Bundesrath den Regierungen von Frankreich und Italien weitere Mittheilungen werde zukommen lassen, sobald er über ihre diesfalligen Absichten im Klaren sein werde.

3. F r a g e . Ist der Bundesrath entschlossen, bei diesen zwei Staaten die Ausführung des Simplontunnels mit seinem moralischen Einflüsse zu unterstützen?

A n t w o r t . Das Eisenbahngesetz vom Jahr 1872 sagt in Art. 3 : ,,Der Bund wird im Allgemeinen die Eisenbahnverbindungen zu entwickeln und zu vermehren suchen, insbesondere den Bestrebungen, im Osten, Centrum und Westen der schweizerischen Alpen die Verkehrsverbindungen der Schweiz mit Italien und dem mittelländischen Meere zu verbessern, möglichste Förderung angedeihen und dabei namentlich keine Ausschlußbestimmungen gegenüber der einen oder andern dieser Bestrebungen eintreten lassen."

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Das Gesetz von 1878 über Subventionirung der Alpenbahnen bestimmt, nachdem alles Nähere über den Bundesbeitrag für den Gotthard festgesetzt worden, Folgendes: ,,Art. 5. Eine Subvention von gleichem Betrage, wie die den im Artikel l bezeichneten Kantonen gewährte, nämlich von je 4 Va Millionen, wird ein für alle Mal auch je für eine dem Artikel 3 des Eisenbahngesetzes vom 23. Christmonat 1872 entsprechende Alpenbahn im Osten und Westen der Schweiz denjenigen Kantonen zugesichert, welche sich an einer solchen finanziell betheiligen werden.1* Diese zwei Gesetzesbestimmungen diktiren dem Bundesrathe seine Pflicht. Die Antwort auf die zweite Frage deutet an, in welcher Weise er diese Pflicht zu erfüllen gedenkt.11 Gegen Ende des Jahres haben wir unsern Minister in Paris beauftragt, der französischen Regierung die Eröffnungen in Erinnerung zu bringen, die sie uns im Frühling gemacht hatte. Der weitere Verfolg dieser Angelegenheit, über welche der Speziaibericht des Eisenbahndepartements weitere Details vorführen wird, fallt in das Jahr 1884.

VI. Bürgerrechtsertheilungen.

a. Im Jahr 1883 hatte unser politisches Departement sich mit 631 Gesuchen um Bewilligung zur Erwerbung des schweizerischen Bürgerrechts zu befassen (602 im Jahr 1882), wovon 112 in die Vorjahre zunickreichen; 133 Anmeldungen fanden sich auf Ende Dezember noch hängend.

Wir hatten 466 eigentliche Gesuche zu erledigen (507 im Jahr 1882). Wir ertheilten 444 Naturalisationsbewilligungen (480 im Jahr 1882), von denen eine schließlich vom Bewerber refusili wurde, um die Taxe nicht bezahlen zu müssen. Abgelehnt haben wir 22 Erlaubnißgesuche (28 im Jahr 1882), welche den gesetzlichen Bedingungen nicht entsprachen.

In unsern Schlußnahmen haben wir uns stets an die Grundsätze, welche diesfalls in unsern Geschäftsberichten von 1877 und 1878 auseinandergesetzt sind, sowie an das Postulat der Bundesversammlung vom 30. Juni 1882 gehalten. Wir wollen eine Gewißheit bietende und unwandelbare Rechtspraxis in Sachen der Einbürgerungsgesuche schaffen.

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11 Erlaubnißgesuche sind von den Bewerbern zurückgezogen worden.

Endlich sind von uns 19 Gesuche von allgemeinerer Tragweite betreffend Naturalisationsfragen erledigt worden.

In nähere Details einzutreten, halten wir für überflüssig, da keiner dieser Fälle ein besonderes Interesse darbietet.

#ST#

Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 18. April 1884.)

Der Bundesrath hat beschlossen, die Ziffer 3 der Verordnung vom 28. November 1878, betreffend den Militärdienst der Telegraphenbeamten *, durch folgenden Nachsatz zu ergänzen : ,,Den auf diese Weise an sie ergehenden Aufgeboten haben die Betreffenden, wie die übrigen Wehrpflichtigen, Folge zu leisten."

Zum Sekretär [des Waffenchefs der Artillerie ist Herr Major Giulio G i a n i n i , von und in Sobrio (Tessin), für den Rest der laufenden Atntsdauer provisorisch gewählt.

*) Siehe eidg. Gesetzsammlung, n. F., Bd. III, S. 638.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1883.

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1884

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2

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20

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19.04.1884

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573-608

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