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Schweizerisches Bundesblatt.

36. Jahrgang. III.

Nr. 37.

2. August 1884.

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Anleitung zur Desinfektion bei Cholera.

(Vom 1. August 1884.)

1. L e i b w ä s c h e , B e t t w ä s c h e und W o l l d e c k e n , welche durch die Entleerungen Cholerakranker beschmutzt worden sind, werden am besten durch Verbrennen vollkommen beseitigt.

Soweit dies nicht angeht, sind dieselben sofort in fünfprozentige Karbollösung zu werfen und sollen in derselben 24 Stunden verweilen, bevor sie zur Wäsche gegeben werden.

In derselben Weise durch fünfprozentige Karbollösung zu desinfizir ist ferner Leib- und Bettwäsche Cholerakranker, auch wenn sie nicht in erkennbarer Weise durch Entleerungen verunreinigt ist.

Die Herstellung der fünfprozentigen Karbollösung ist in dem Verhältniß auszuführen, daß l Liter flüssige Karbolsäure *) mit 18 Liter Wasser verdünnt wird. Ist eine fünfprozentige Karbollösung nicht vorhanden, so läßt sich diese Vorschrift dadurch ersetzen, daß die Cholerawäsche l Stunde lang gekocht wird. Die Karbollösung und das Kochwasser, das von derartiger Wäsche abgegossen wird, ist in die Abtritte zu entleeren.

Cholerawäsche soll nicht herumgeführt, sondern stets am Orte der Erkrankung desinfizirt werden. Sie d a r f n i e m a l s undesinfizirt zur Wäsche gegeben werden.

2. F e d e r b e t t e n , M a t r a t z e n und K l e i d e r , welche obiges Verfahren nicht zulassen, können durch einstündiges Verweilen in einem von Wasserdampf durchströmten Kasten desinfizirt werden.

In diesem Falle ist darauf zu halten, daß die Temperatur des Dampfes an der Ausströmungsöffnung der Temperatur des siedenden Wassers entspricht.

*) Flüssige Karbolsäure gleich: 100 Gewichtstheilen acid. carbol. cry stallis, mit W Gewichtstheilen Wasser.

Bundesblatt. 36. Jahrg. Bd. III.

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Wenn ein solcher Kasten nicht zur Verfügung steht, so lasse man diese Gegenstände, nachdem die Verunreinigungen in der sub Ziffer 4 zu beschreibenden Weise abgewischt sind, 6 Tage lang an einem luftigen, trockenen, vor Regen geschützten Räume stehen.

Wie die Effekten Cholerakranker, sind Wäsche und Kleidung des Wartpersonals derselben zu behandeln.

Werthlose Gegenstände, wie Bettstroh, Laub, schlechte Kleider, sind durch Verbrennen zu beseitigen.

3. Die E n t l e e r u n g e n C h öl era kranker und Choleraverdächtiger sind in Nachttöpfen und Becken aufzufangen, welche mit fünfprozentiger Karbollösung soweit gefüllt sind, daß die entleerten Massen vollständig in die Karbollösung hineinfallen. Ist dies nicht geschehen, so sind die entleerten Massen mit dem gleichen Volumen fünfprozentiger Karbollösung zu übergießen. In jedem Cholerahause soll ein Kübel von Eisenblech mit Deckel, handhoch mit fünfprozentiger Karbollösung gefüllt, die desinflzirten Ausleerungen aufnehmen und es sollen diese dann täglich einmal in einem Garten oder Acker, weit entfernt von Brunnenleitungen,.

Bächen und Kanälen, vergraben werden. Ist solches, z. B. in Städten, nicht möglich, so wird der Inhalt dieses Kübels alle 24 Stunden in den Abtritt entleert.*) 4. Werden B ö d e n , W ä n d e und M ö b e l durch Choleraentleerungen verunreinigt, so sind dieselben nicht zu waschen, sondern mit in fünfprozentiger Karbollösung befeuchteten Lappen aufzuwischen. Diese Lappen sind zu verbrennen.

5. Z i m m e r , in welchen Cholerakranke gelegen haben, sind zu räumen und müssen, bevor sie wieder bezogen werden dürfen, 6 Tage hindurch leer stehen, damit alle Infektionsstoffe austrocknen.

Das Austrocknen ist durch Heizen zu 'unterstützen.

6. Für den Transport von Cholerakranken zum Spital müssen eigene Fuhrwerke bereit gestellt werden.

Werden zum gewöhnlichen Gebrauch" dienende F u h r w e r k e -- Droschken, Postwagen, Omnibus, Eisenbahnwagen -- von Cholerakranken benutzt, so sind die Verunreinigungen so wie unter Ziffer 4 angegeben abzuwischen. Dann sind die betreffenden Fuhrwerke auszurangiren und haben 6 Tage an einem trockenen, luftigen, vor *) Die gleiche desinfizirende Wirkung wie durch fünfprozentige Karbollösung wird durch eine Lösung von Sublimat (l Gewichtstheil auf 1000 Gewichtstheile destillirten Wassers) erzielt.

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Regen geschützten Orte zu stehen. Erst dann können sie wieder in Gebrauch gestellt werden.

7. Alle P e r s o n e n , welche Cholerakranke und deren Entleerungen berührt haben, sollen sich unmittelbar darauf Hände und sonst verunreinigte Körpertheile mit fünfprozentiger Karbollösung waschen.

8. L e i c h e n dürfen nicht gewaschen werden, sondern sind unmittelbar nach dem Tod in ein in fünfprozentiger Karbollösung getränktes Leintuch einzuschlagen.

9. A b t r i t t e sind vor Ausbruch der Epidemie gründlich zu reinigen. Während der Dauer der Epidemie dürfen sie nicht häufiger geleert werden, als es die Anfüllung erforderlich macht. Es soll in die Abtritte der öffentlichen Gebäude und der Logishäuser täglich rohe "Karbolsäure oder statt derselben Wienerlösung, welche aus i Kilo roher Karbolsäure, 2 Kilo Eisenvitriol und 20 Liter heißem Wasser besteht, geschüttet werden, bis dieselben deutlichen Karbolgeruch annehmen.

10. O e f f e n t l i c h e B e d ü r f p i ß a n s t a l t e n (Pissoirs), ebenso die entsprechenden Abtheilungen der Schulhausabtritte sind täglich mit trockenem Chlorkalk zu bestreuen.

B e r n , den 1. August 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend die zwischen der Schweiz und Bayern und Württemberg abgeschlossene Vereinbarung über wechselseitige Anerkennung von Leichenpässen.

(Vom 26. -Juli 1884.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Nachdem sämmtliche Kantonsregierungen auf das herwärtige Kreisschreiben vom 4. Januar 1884 (Bundesblatt 1884, I, 9) betreffend eine V e r e i n b a r u n g mit dem K ö n i g r e i c h W ü r t t e m berg über wechselseitige A n e r k e n n u n g von Leichenp ä s s e n in zustimmendem Sinne geantwortet haben, ist diese Uebereinkunft durch Austausch gleichlautender Erklärungen (Note des Bundesrathes vom 16. Mai 1884, des k. württermbergischen Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, vom 30. Juni 1884) unter Festsetzung des Inkrafttretens auf den 1. August 1884 abgeschlossen worden, und zwar in der Meinung, daß bei Verbringung der Leiche eines an einer ansteckenden Krankheit Gestorbenen aus Württemberg nach der Schweiz oder umgekehrt die in Ziffer I, 2 der Uebereinkunft vorgesehene ' besondere Bewilligung im ersteren Falle durch die betreffende schweizerische Kantonsregierung, im zweiten durch das württembergische Ministerium des Innern zu ertheilen ist, sowie mit den Ergänzungen bei Ziffer I, l, daß statt des innern Sarges von hartem Holz auch ein gut verlötheter Metallsarg verwendet werden darf, und zu Ziffer IIIk, daß unter den in

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Anleitung zur Desinfektion bei Cholera. (Vom 1. August 1884.)

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1884

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37

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02.08.1884

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