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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Erweiterung und Abänderung des Bundesgesetzes über die Anlage eidgenössischer Staatsgelder d. d. 16. März 1877.

(Vom 27. Mai 1884.)

Tit.

Das Bundesgesetz vom 16. März 1877 (Amtl. Samml., Bd. III, S. 138) betreffend die Ablage eidgenössischer Staatsgelder bestimmt im Artikel l : ,,Die eidgenössischen Kapitalien und Staatsgelder, sowie die Spezialfonds sollen zinstragend angelegt werden ; ,,die zur Bestreitung der laufenden Ausgaben erforderlichen Summen, sowie mindestens eine Million Pranken in baar zur Deckung der ersten Kosten eines allfälligen Truppenaufgebotes sollen jedoch stets in der Kasse vorhanden sein."

Nach Art. 2 soll die verzinsliche Anlage eidgenössischer Staatsgelder in folgender Weise geschehen : a. gegen hypothekarische Sicherheit an Privaten, Korporationen oder Gemeinden, jedoch nur in solchen Kantonen, deren.

Gesetzgebung vollständige Sicherheit und leichte Realisirbarkeit der Hypothek gewährt; b. gegen faustpfändliche Sicherheit an Hypothekartiteln oder Staatsobligationen (litt, a und c);

32 e. in Obligationen, welche von Kantonen oder von der Eidgenossenschaft garantivi sind : d. in Depositen bei den Staatskassen der Kantone und bei schweizerischen Banken,- deren Statuten und Einrichtungen vollständige Garantie darbieten, und e. in Wechseln auf schweizerische Bankplätze mit höchstens 4 Monaten Verfallzeit und mit wenigstens zwei bekannten soliden Unte.-Schriften. -- Die zweite Unterschrift kann durch Bestellung eines Unterpfandes (litt, b) ersetzt werden.

Im Art. 6, Alinea 2, ist folgende Bestimmung enthalten. ,,Der jeweilige Bestand des Wechselportefeuille soll in der Regel füufhunderttausend Franken nicht übersehreiten.a Wir haben keine Veranlassung, der übrigen Bestimmungen des Gesetzes hier Eiwähuung zu thun, weil solche uns dermalen keiner Revision bedürftig seheinen. Namentlich halten wir dafür, es seien die heschrankenden Bestimmungen betreffend die Anlage der Spezialfonds (Art. 3) auch für die Zukunft aufrecht zu erhalten.

Dagegen schlugen wir Ihnen, Tit., in Betreff des verfügbaren Theils der eidgenössischen Kapitalien und Staatsgelder (Werthschriften und Baarschaft) theils Ergänzung, theils Abänderung der oben angeführten Bestimmungen -- Art. l, 2 und 6 des Gesetzes -- vor. Wir werden zu diesen Vorschlägen nicht aus Gründen besserer Sicherung oder heuern Ertrages der Anlagen, sondern vornehmlich durch die Rücksicht auf sichere und rasche Realisirung derselben im Auslande bewegen.

Die verfügbaren Mittel des Bundes au Werthschriften, Biuikdepositen und Baarschaft stellen sieh oach Ausweis vorn 12. Mai ' 1884, wie folgt: 1) Baarvorrath hei der Staatskasse .

. Fr. 2,254,907. 22 2) Baarvorrath der Hauptzoll- und KreispostKassen ,, 1,645,144. 71 Zusammen wovon in Abzug kommen: Erforderliche Betriebsfonds bei der Staatskasse und den Hauptzoll- und Kreispostkasseu .

Fr.

3,900,051. 93

,,

2,000,000. --

verbleiben verfügbar Fr.

3) Reserve für Truppenaufgebote .

. ,, 4) Wechselportefeuille .

.

.

. ,,

1,900,051. 93 1,000,000. -- 3,051,069. 60

Uebertrag

Fr.

5,951,121. 53

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Uebertrag Fr.

o") Werthschriften .

. Pr. 9,592,194. 95 abzüglich : a. der Darleihen an Zürich und Aargau zur Tilgung der Nationalbahiigarantiescliuld Fr. 2,400,000 b. desMünzrGSGr vti~ fonds 1,966,750 ,, 4,366,750. -- ,, i>) Bankdepositen ,, Total der Aktivbestände

5,951,121. 53

5,225,444. 95 4,367,765. --

Fr. 15,544.331. 48

Die Staatsobligationen im Betrage von Fr. 6,342,000 vertheilen sich auf 16 Kantone; von eidgenössischen ist nur noch ein Posten von Fr. 555,000 vorhanden und der Rest der Werthschriften .besteht aus Hypothekartiteln.

Diese frei verfügbaren Mittel des Bundes, deren wir zur Geltendmachung unserer Wehrkraft bedürfen und welche -- abgesehen von den Baarbeständen -- in abgerundeter Ziffer heute noch 121/a Millionen betragen, würden jedoch im Falle drohender kriegerischer Ereignisse, selbst solcher, die uns nur die Last der Grenzbewachung auferlegen, weder in wünschbarem Maße, noch in erforderlicher Zeit, sei es auf dem Wege des Verkaufes oder der Verpfändung in Baarscliaft sich umsetzen lassen. -- Wenn auch der inländische Geldmarkt im Frieden die eidgenössischen und kantonalen Staatsobligationen gerne aufnimmt, so wird sich bei Ereignissen, wie wir solche schon erlebt haben, derselbe -- abgesehen von der Vertrauensfrage -- in Folge des dannzurnal immer eintretenden Mangels an Baarschaft gar nicht in der Lage befinden k ö n n e n , die bezeichneten Werthschriften abzunehmen. Das Ausland, in welchem die schweizerischen Staatspapiere nur ausnahmsweise regelmäßigen Markt finden, wird sich noch weniger als das Inland im Kriegsfälle zur Abnahme schweizerischer Staatspapiere bereit zeigen.

Selbst die sofortige Einhebung unserer B.mkdepositen würde erfahrungsgemäß in kriegerischen Zeitläuften auf Schwierigkeiten stoßen. Auf welche Schwierigkeiten endlich ein schweizerisches Anleihen im Auslande zu Zeiten kriegerischer Verwicklungen sich gefaßt machen müßte, darüber belehren uns ebenfalls die in den Kriegsjahren 1870/71 gemachten Erfahrungen. Ein damals in Bundesblatt.

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England unterhandeltes provisorisches Anleihen von einigen Millionen Franken, mit welchem zunächst die Grenzbesetzungskosten bestritteo werden sollten, hätte nur unter erschwerenden Klauseln und zu 37 °/o abgeschlossen werden können. - Ein anderes in den Niederlanden wäre nur gegen Einräumung von Vorrechten bei einem definitiven Anleihen und zu keinem geringern Zinsfuße als zu 24 °/o erhältlich gewesen.

Wir werden also durch die Erfahrung aus frullerà Verhältnissen und die nicht abzuweisende Aussicht auf Wiedereintrittgleichartiger Umstände dahin geführt, die Anlage eidgenössischer Staatsgelder in ausländischen Fonds in Erwägung zu ziehen. In dieser Hinsicht sind es vornehmlich die Staatspapiere verschiedener, finanziell wohl geordneter Staaten, ausländische solide Bankwechsel und Chèques, welche für unsern Zweck -- rasche und sichere Realisirung im Bedarfsfall -- in Betracht kommen. Wir verweisen beispielsweise auf den neuesten Kursstand verschiedener ausländischer Staatspapiere in nachfolgender Uebersicht.

Der Tageskurs nachbenannter Staatspapiere war am 10. Mai 1. J.

folgender : Belgien .

.

.

. 4 % 104.80 Deutschland .

.

. 4 % 102.90 Frankreich .

.

. 3 °/o 79.15 ,, tilgbare .

. 3 °/o 80.05 ,, .

.

. 4 °/o 100 ,, neue .

. 4Vs % 106.75 ,, alte.

.

. 4 1 / 2 °/o 108 England .

.

.

. 3 °/o 101.56 Italien .

.

.

. 5 °/o 97.05 Preußen .

.

.

. 3»/2 % 99.25 ,, konsolidirte .

. 4 % 103.10 ,, ,, .

. 4Vs°/o 103.20 Sachsen .

.

.

. 3 °/o 83.20 Schweden .

.

.

. 4 ] /a % 102.75 Bayern .

.

.

. 4 °/o 102.87 Baden .

.

.

. 4 °/o 102.50 Württemberg 1876 .

. 4Va °/o 103.12V3 1877 .

. 4Va °/o 104.50 1878/79 . 41/2°/o 105.75 ,, . 4 °/o 102.87 Aus diesem Kursstand ergibt sich , daß auch in Betreff des Zinsertrages, verglichen mit demjenigen unserer inländischen Anlagen, selbst bei efoer mit Rücksicht auf wahrscheinliche Sicherheit

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getroffenen Auswahl eine. Einbuße kaum zu besorgen ist. Der Zinsfuß unsrer Anlagen beträgt dermalen für Staatsobligationen meistens 4 %, für Bankdepots 2 Va °/o und für Wechseldiskonto 21/4°/o bis 2*/2 %. Wir sind überdies der Meinung, es solle die Auswahl der Papiere so getroffen werden, daß für die verschiedenen Kriegseventualitäten auch Staatspapiere unbetheiligter Staaten und Wechsel auf von den Kriegsereignissen nicht berührten Bankplätzen zur Verfügung stehen. Der Ankauf von ausländischen Staatsfonds oder Wechseln soll der Bewilligung des Bundesrathes bedürfen.

Wir schlagen Ihnen im Zusammenhange mit Obigem vor, auch die nach Art. l des Gesetzes vom 16. März 1877 vorgesehene Bereithaltung von wenigstens e i n e r Million in Baar zur Bestreitung der ersten Kosten eines Truppenaufgebots dahin zu modifiziren, daß diese Summe ganz oder theilweise, je nach Umständen der Zeit und nach Ermessen des Bundesrathes, in ausländischen, oben bezeichneten Papieren angelegt werden dürfe. Bisher bildete dieser Betrag einen von der allgemeinen Kasse ausgeschiedenen und unter besondern Verschluß gelegten Baarbestand (Kriegsmülion), der dem Verkehr entzogen und ertraglos war, künftighin aber in der Mehrzahl der Jahre wieder als Anlagewerth nutzbar würde.

Zeigt sich je das Bedürfniß nach Wiederbeschaffung der Summe in Baar, so wird eine entsprechende Erhöhung des Baarbestandes der Bundeskassa mit den vorhandenen Mitteln sich rasch und leicht vollziehen.

Mit der Erweiterung des Anlagegesetzes im Sinne unseres Vorschlages würde die Bundesverwaltung in den Stand gesetzt, für außerordentliche Verhältnisse nach Maßgabe der heute verfügbaren, aber theilweise umzutauschenden Mittel -- etwelchen Verlust auf den Fondsverkäufen immerhin eingerechnet -- in angemessen kurzer Zeit successive bis auf 15 Millionen Franken Baarschaft bereit zu stellen.

Bndlich empfehlen wir Ihnen, Tit., noch die Aufhebung der Bestimmung in Art. 6 des Gesetzes, welche den Bestand des Wechselportefeuille als Regel auf Fr. 500,000 beschränkt. Der Bestand desselben seit einigen Jahren beläuft sich in der Regel auf bedeutend höhere Summen. Dasselbe wächst jeweilen im Winterhalbjahre auf 2--4 Millionen an und entleert sich im Sommerhalbjahr wieder zur Deckung der bis zum Herbste andauernden größern Militärausgaben. Um das Gesetz dem praktischen
Bedürfnisse anzupassen, wird die Beseitigung der allzu enge aufgestellten Schranken um so eher erforderlich, als bei dem nothwendig tiefen Stand des Zinsfußes für Bankdepositen und bei der geringen Neigung der Banken, Gelder zinsbar in Depot zu nehmen, die liundesverwaltung immer häufiger und in ausgedehnterem Maße

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Veranlassung hat, für verfügbare Gelder Verwendung in der Wechseldiskontirung zu suchen.

Indem wir Ihr. en, Tit., auf Grund obiger Darlegungen nachfolgenden Gesetzesentwurf zur Annahme empfehlend unterbreiten, ergreifen wir den Anlaß, Sie unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 27. Mai 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Stellvertreter des Kanzlers der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

Erweiterung und Abänderung des Bundesgesetzes über die Anlage eidgenössischer Staatsgelder, d. d. 16. März 1877.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Erweiterung und theilweiser Abänderung des Bundesgesetzes betreuend die Anlage eidgenössischer Staatsgelder, d. d. 16. März 1877 ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 27. Mai 1884,

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beschließt: 1. Die Anlage der eidgenössischen Kapitalien und Staatsgelder, mit Ausschluß der Spezialfonds, jedoch einschließlich der für Truppeuaufgebote bereit zu haltenden Summe, kann mit Bewilligung des Bundesrath.es auch auf folgende Arten geschehen : a. in ausländischen Staatspapieren; b. in ausländischen acceptirten Bankwechseln oder Chèques, welche die Unterschrift einer schweizerischen, beim Bunde accreditirten Bankfirma tragen.

2. Die Bestimmung von Art. 6, Absatz 2 des Gesetzes vom 16. März 1877, dahin lautend, daß der jeweilige Bestand des Wechselportefeuille in der Regel fünfhunderttausend Franken nicht übersteigen dürfe, wird hiemit aufgehoben.

o 3. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Brachmonat 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Erweiterung und Abänderung des Bundesgesetzes über die Anlage eidgenössischer Staatsgelder d. d. 16.

März 1877. (Vom 27. Mai 1884.)

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07.06.1884

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