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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drathseilbahn vom Untergrund in Luzern auf den Gütsch.

(Vom 15. März 1884.)

Tit.

Herr Ignaz Businger, Eigenthümer der Gütschliegenschaft in der Gemeinde Luzern, beabsichtigt die Erstellung einer Drathseilbahn vom Untergrund in Luzern auf den Gütsch und ersucht mit Eingabe vom 3. d. Mts. urn die erforderliche Bundeskonzession.

In dieser Eingabe wird ausgeführt: 1) daß die Bahn und die dazu gehörenden Einrichtungen nach dem System der bestehenden Drathseilbahn vom Brienzersee zum Hotel Gießbach gebaut werden solle, und daß man sich, abgesehen von einer den Umständen angemessenen Reduktion der Taxen, den Bestimmungen der Konzession für die genannte Bahn (vom 18. Dezember 1878, E. A. S. n. F. V, 126, 286) unterziehe ; 2) daß der Konzessionär auf die Inanspruchnahme des Expropriationsrechts verzichte, da die Bahn auf seinem Grund und Boden angelegt werde und er sich mit dem Eigenthümer der einzigen Parzelle, die darüber hinaus berührt werden müsse, auf privatem Weg abzufinden gedenke.

Nach den vorgelegten Plänen wird die Bahn 160 Meter lang, und es soll dieselbe, Überall dem Abhang des Gütschberges sich anschmiegend, die Höhe mit Steigungen von 47 bis 50 Prozent

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erreichen. Sie ist nur für den Transport von Personen und Gepäck bestimmt. Stationen befinden sieh an den beiden Endstellen der Bahn, im Untergrund und auf dem Güfcsch. Am letztern Ort befindet sich die Seilrollenkammer. Das zur Ausgleichung des Gewichts der beiden -- auf zwei neben einander liegenden Geleisen -- gleichzeitig, aber in entgegengesetzter Richtung kursirendeo Wagen nöthige Wasser sei auf der Berghöhe in genügendem Maße vorhanden.

Wir haben keinen Anstand genommen, das Konzessionsgesucli dem Eisenbahndepartement zur Behandlung im Sinne von Art. 2 des Eisenbahngesetzes von 1872 (Amtl. Samml. XI, 1) zu überweisen, davon ausgehend, daß das Unternehmen auch in seinen Zielen nicht verschieden ist von seinem technischen Vorbild, dessen Behandlung seinerzeit von der Bundesversammlung unbeanstandet stattgefunden hat.

Bei der Konzessionsverhandlung sind dann auch keine Einwendungen seitens der kantonalen Regierung erhoben worden, welche vielmehr erklären ließ, daß sie das Unternehmen wenigstens soweit als im öffentlichen Interesse liegend erachte, als es geeignet sei, dem Fremdenverkehr neue Annehmlichkeiten zu bieten, und daß sie die Konzessionsertheilung daher befürworte, und zwar ohne daß an den vorgeschlagenen Konzessionsbestimmungen Aenderungen beantragt werden.

Dagegen machte der Vertreter der Kantonsregierung zweierlei besondere Bemerkungen, denen er indessen beifügte, daß damit der Erledigung der Angelegenheit auch dann nicht in den Weg getreten werden wolle, wenn die Ansichten der Regierung hierorts nicht getheilt werden sollten. Erstens mache man darauf aufmerksam, daß die Gütsehbahn nicht eine selbständige Unternehmung, sondern ein Accessorium zum bestehenden Liegenschaftenbesitz des Konzessionspetenten werde. Es wäre daher nach den Komplikationen, welche aus ähnlichen Verhältnissen bei der Liquidation der RigiScheideggbahn entstanden seien, indem der eine Theil, die Bisenbahn, nach eidgenössischem Recht, der andere, die Hôtels, nach den kantonalen Konkursgesetzen habe behandelt werden müssen, wUnschenswerth, wenn für alle Fälle schon jetzt konstatirt werden könnte, daß eine allfallige Liquidation der Gütschbahn ungetrennt von derjenigen des übrigen Vermögens des Inhabers stattfinden werde.

Zweitens glaube die Regierung, daß man von der Erklärung des Konzessionsbewerbers, daß er auf das Expropriationsrecht verzichte, nicht Gebrauch machen sollte. Wenn derselbe sage, daß er

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nur mit einem Privaten zu verhandeln haben werde, so sei das noch keine Sicherheit dafür, daß nicht auch andere benachbarte Grundeigentümer ihre Interessen gefährdet erachten können und daß nicht weitere Entschädigungsforderungen gestellt werden. Sollen diese nicht ihre Ansprüche in der im Bundesgesetz über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten (vom 1. Mai 1850, Amtl. Samml. I, 319) vorgesehenen Weise -geltend machen dürfen, sondern das kantonale Recht anrufen müssen, das aber auf Eisenbahnbauten und die daraus hervorgehenden Verhältnisse nicht gerichtet ist ? Man müsse eine klare Rechtslage schaffen, die wohl nur in der Weise zu Stande komme, wenn man es ausspreche, daß für allfällige Expropriationseinsprachen und Ansprüche das bundesrechtliche Verfahren gelte.

Auf die erste der beiden Bemerkungen ist zu erwidern, daß es sich dermalen bloß um die K o n z e s s i o n ! r u n g eines Bahnunternehmens handelt. Wenn nach stattgefundener Ausführung desselben eine Zwangsliquidation nöthig werden sollte, so wird diese nach den dannzumal geltenden Gesetzen ausgesprochen und durchgeführt werden müssen. Es wäre um so weniger zweckmäßig, sich mit dieser Eventualität heute zu befassen, als ja inzwischen Aenderungen in der Gesetzgebung eintreten oder andere Verhältnisse ungesucht zu einer Interpretation der bestehenden Vorschriften Anlaß geben könnten.

Die Anregung dagegen, welche das Expropriations verfahren betrifft, ist liquid. Das Expropriationsrecht nach dem Bundesgesetx von 1850 ist nicht bloß im Interesse des Unternehmers eines Werks gegeben, sondern hat eben so sehr auch die Wahrung der Rechte der Expropriaten im Auge. Eine Erklärung des Unternehmers, daß er auf die Wohlthat des Gesetzes keinen Anspruch mache, kann kein Hinderniß gegen die Anrufung desselben seitens Dritter abgeben, und es kann keinem Zweifel unterliegen, daß zum Schute dieser das daselbst vorgeschriebene Verfahren eingeleitet werden muß. Es ist also auch nicht nöthig, hierüber in der Konzession besondere Vorschriften aufzustellen.

Was nun den Inhalt des nachstehenden Beschlußentwurfs betrifft, so glauben wir uns in der Besprechung desselben der Kürze befleißen zu dürfen. Derselbe entspricht in den Artikeln l--6, 8 und 9 der Konzession der Gießbachbahn und gibt uns soweit zu keiner andern Bemerkung Anlaß, als daß wir
die Aufstellung derselben Vorschriften in den ähnlichen Verhältnissen für begründet erachten. Im Art. 7 ist die Berechtigung des Unternehmers, die Fahrtordnung der Züge zu bestimmen, in weitgehendstem Maße anerkannt, indem wir zugeben, daß man sich nach den jeweiligen

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Umständen wird richten müssen, und daß, nachdem die Behörden des Ortes keine Begehren stellten, die Bundesbehörden keinen Anlaß haben, sich anders als im Fall des Bedürfnisses einzumischen, zu welchem Zwecke die Vorlage und Prüfung des Fahrplanes vorbehalten ist.

Die Taxen seheinen uns mäßig angesetzt; sie sind hinsichtlich des Gepäcks anläßlich der Konzessionsverhandlungen in allseitigem Binverständniß etwas anders geordnet worden, als es in dem Konzessionsgesuch begehrt war.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden zur Annahme.

Beschlußentwurf

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 15. März 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespväsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

491 (Entwurf)

Bundesbeschlnß betreffend

Konzession einer Dratliseilbahn vom Untergrund in Luzern auf den Gütsch.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g ) der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuchs des Herrn Ignaz B u s i u g e r , Eigenthümer der Gütschliegenschaft in Luzern ; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 15. März 1884, beschließt: Dem Herrn Ignaz B u s i n g er auf dem Gütsch bei Luzern wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer mittelst Wasserkraft zu betreibenden Drathseilbahn vom Untergrund in Luzern auf den Gütsch unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Bisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom 1. Januar 1884 an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrath vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung zu verlangen, wenn ihm eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebs geboten erscheint.

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Art. 4. Bis spätestens am 1. September 1884 ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betrieb zu übergeben.

Art. 5. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebs obliegt, ist behufs Erfüllung ihrer Aufgabe jederzeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 6. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte, welche in der Ausübung ihrer Punktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche der Inhaber der Bahn nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 7. Die Gütschbahn ist nur zur Beförderung von Personen und Reisendengepäck verpflichtet.

Die Zahl der täglich auszuführenden Züge, sowie deren zeitliche Anordnung, ist dem Inhaber überlassen; indessen soll derselbe auf Anfang jeder Fahrplanperiode dem Bundesrath eine Vorlage machen, deren Prüfung und Genehmigung diesem vorbehalten ist.

Art. 8. Für den Personentransport besteht nur eine Wagenklasse, deren Typus durch den Bundesrath genehmigt werden muß.

Art. 9. Die Fahrgeschwindigkeit darf nicht mehr als 60 Meter per Minute betragen.

Art. 10. Die Taxe beträgt für die Fahrt aufwärts oder abwärts für eine erwachsene Person höchstens 30 Rappen, für ein Kind unter 10 Jahren 15 Rappen.

Das Handgepäck, welches die die Bahn benutzenden Reisenden mit sich führen, wird unentgeltlich befördert.

Für anderweitiges Gepäck beträgt die Taxe für je 25 Kilogramm oder einen Bruchtheil dieses Gewichts 10 Rappen.

Art. 11. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drathseilbahn vom Untergrund in Luzern auf den Gütsch. (Vom 15. März 1884.)

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19.03.1884

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