#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

36. Jahrgang. IV.

Nr. 57.

29. November 1884.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Pranken.

Einrückung sgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druck und Expedition der Stämpflischen Buchdruckerei in Bern.

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn Marzili-Bern.

(Vom 20. November 1884.)

Tit.

Von den Herren A. Rothenbach, Ingenieur, R. Schnyder, eidg.

Staatskassier, H. Lutz, Abtheilungschef bei der Oberpostdirektion, F. Feller, Holzhändler, F. Morgenthaler, Billardfabrikant, J. Munger, Gypsermeister und S. Salvisberg, Amtsnotar, in Bern, ist unterm 3. Oktober 1884 eine Aktiengesellschaft zum Bau und Betrieb einer Drahtseilbahn zwischen dem Marzili und der Stadt Bern gegründet und mit Schreiben vom 19. gl. Mts. das Gesuch um Ertheilung der erforderlichen Konzession an unser Eisenbahndepartement gerichtet worden.

Die Drahtseilbahn soll, wie sich aus dem Prospekt, der dem Konzessionsgesuch beigelegt ist, ergibt, die mangelnde direkte Straßenverbindung zwischen dem unmittelbar an der Aare liegenden Stadttheil Marzili und der auf dem etwa 40 Meter hohen Hochufer liegenden Stadt vermitteln und bestimmt «ein, die Lösung der Frage der Anlegung zweck- und zeitgemäßer Badeplätze im Marzili zu erleichtern.

Was die Bahnanlage an sich betrifft, so sind zwei Projekte ausgearbeitet worden, von denen das eine (Projekt I in den Plänen") auf die Anlagen zwischen Bernerhof und Bundesrathhaus mündet, während das andere (Projekt II) auf die Mitte der auf der Südseite des Bundesrathhauses liegenden Terrasse gerichtet ist. Den Petenten ist in den Vorverhandlungen erklärt worden, daß dieses letztere Projekt auf große Bedenken treffen müßte, da der hier zurzeit bestehende Verkehr schon störend sei. Was das Projekt I betreffe, Bundesblatt. 36. Jahrg. Bd. IV.

24

342

so liege auch nach diesem die Bahn so nahe am Bundesrathhause, um möglicherweise für dasselbe Störungen zu veranlaßeo ; immerhin werde es zu Einwendungen weniger Anlaß geben, wenn die Bahnanlage keine Verunstaltung der Umgebung des Bundesrathhauses und keine Beeinträchtigung der bestehenden Kommunikationen herbeiführe.

Wir sind mit dieser. Auffassung einverstanden, wollen aber nicht unterlassen, in erster Linie hervorzuheben, daß, soweit es sich um eine Inanspruchnahme von Rechten handeln sollte, welche dein Bund als Inhaber des Bundesrathhauses, also zu öffentlichen Zwecken, zustehen, wir einer Privatgesellschaft das Expropriationsrecht nicht, zugestehen könnten. Wenn wir dessenungeachtet das Konzessionsgesuch zur Genehmigung empfehlen, so geschieht dies unter dein Vorbehalt alier Rechte und in der ausdrücklichen Meinung, daß unter allen Umständen das Projekt II als unzuläßig bezeichnet werden muß. Bei Projekt I aber wollen wir uns für die Prüfung der Baupläne, namentlich hinsichtlich der Lage und der Einrichtung der Stationen die freieste Würdigung ausdrücklich vorbehalten, in dem Sinne, daß allen Störungen von Anfang an so gut als möglich begegnet und jede Verunstaltung und Inkonvenienz für das Bundesrathhaus und seine Zubehörden vermieden werde, wozu uns auch Art. 14 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 die Befugniß und die Pflicht gibt.

Das Projekt I, das hienach allein in Betracht fallen kann, soll dem Bundesrain entlang führen und seine untere Station bei der Abzweigung desselben vom Münzrain erhalten. Die Länge der Bahn wird 125 Meter, die Steigung 277 %o sein. Der Oberbau soll theils auf eisernen, theils auf gemauerten Pfeilern ruhen und mit einer Zahnstange zwischen den beiden Leitschienen konstruirt werden. Die beiden Wagen, die unter sich in entgegengesetzter Richtung verkehren, sind mit einem über Rollen laufenden Seile verbunden; die Betriebskraft ist Wasser, dessen unentgeltliche Ueberlassung das Komite von der Stadt Bern erwartet.

Die Kosten der Bauausführung sind auf rund Fr. 60,000 veranschlagt, welche auf dem Wege der Aktienzeichnung bereits zusammengebracht seien. An Einnahmen rechnen die Gründer mindestens Fr. 9125 jährlich, was einen täglichen Verkehr von 200 Personen im Abonnement und 150 anderen Passagieren voraussetzt. Die Ausgaben sollen Fr. 6000 jährlich nicht
Übersteigen, so daß das Aktienkapital auf eine bescheidene Dividende rechnen dürfe.

Als Taxen sind 10 Rp. für die einfache Fahrt, 5 Rp. im Abonnement angenommen, wogegen wohl keine Einwendungen zu

343

erheben sind. Dagegen haben wir dem Vorschag, diese Taxen für das erste Betriebsvierteljahr, in welches das eidgenössische Schützenfest von 1885 fallen wird, zu verdoppeln, unsere Zustimmung versagt.

Die weiteren Bestimmungen der Konzession entsprechen den Vorschriften, unter welchen die anderwärts bestehenden Drahtseilbahnen (Gießbach, Konzession vom 18. Dezember 1878, EisenbahnAktensammlung V, 126, Territet-Montreux, Konzession vom 21. Juni 1881, ibid. VI, 152, Gütschbahn, Konzession vom 21. März 1884, ibid. Vili, 17) bewilliget worden. Nur haben wir geglaubt, hier einen eventuellen Rückkauf vorsehen zu sollen, was beiden bisher bewilligten Drahtseilbahnen unterlassen wurde, weil eine solche Eventualität nicht denkbar sei. Hier scheint uns die Möglichkeit eines Rückkaufes der Konzession nicht ausgeschlossen. Es konnte sich nur darum handeln, ob man denselben von Anfang an offen behalten solle ; wir glaubten aber, dem Wunsch der Gründer, einen gewissen Zeitraum für eine ungehemmte Entwickelung des Unternehmens zu lassen, nicht entgegentreten zu sollen, und begnügten uns daher, das Rückkaufsrecht für Bund, Kanton und Gemeinde auf dieselbe Zeit zu öffnen, auf welche der erste Ruckkaufstermin für die seit 1873 ksmzessionirten Eisenbahnen fällt (1. Mai 1903), in der Meinung, daß es von da an den Berechtigten frei stehen soll, die Bahn gegen Zahlung der Erstellungskosten jederzeit an sich zu ziehen.

Wir beantragen die Genehmigung des nachstehenden Beschlußantrages, wobei wir nur beiläufig bemerken, daß wir den Herren R. Schnyder und H. Lutz, in ihrer Eigenschaft als eidgenössische Beamte, die Betheiligung am Unternehmen im Sinne des Artikels 3 der Verordnung über die Unvereinbarkeit anderweitiger Stellen und Berufe mit eidgenössischen Anstellungen, vom 20. Mai 1874 (Amtliche Sammlung XI, 514) untersagt haben.

Gleichzeitig benutzen wir den Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 20. November 1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Bingier.

344

(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Drahtseilbahn zur Verbindung des Marzili mit der Stadt Bern.

Die Bundesversammlung d e r s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , :.

nach Einsicht a. eines Gesuchs des [nitiativkomite für eine Drahtseilbahn zur Verbindung des Marzili mit der Stadt Bern, vom 19. Oktober 1884; b. einer Botschaft des Bundesrathes, vom 20. November 1884, beschließt: Der Aktiengesellschaft für den Bau und Betrieb einer Drahtseilbahn zwischen dem Marzili und der Stadt Bern wird die Konzession für den Bau und Betrieb der genannten Unternehmung unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Tage der Konzessionsbewilligung an, verliehen.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Bern.

Art. 4. Die Mehrheit der Mitglieder der Verwaltung muß aus Schweizern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

345

Art. 5. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrath vorgelegt und von diesem namentlich auch in Bezug auf die Lage der Stationen genehmigt worden sind. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung zu verlangen, wenn ihm eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebs geboten erscheint.

Art. 6. Bis am 1. Februar 1888 sind die vorschriftsgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen dem Bundesrath einzureichen.

Mit der Bauausführung soll spätestens am 15. März 1885 begonnen werden.

Für die Vollendung und Inbetriebsetzung der Bahn ist der 1. Juli 1885 bestimmt.

Art. 7. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, ist behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 8. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche der Inhaber der Bahn nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 9. Die Gesollschaft ist nur zur Beförderung von Personen und Reisendengepäck, sowie von Stückgütern, deren Gewicht 100 Kilogramm und deren Umfang l Kubikmeter nicht Übersteigt, verpflichtet.

Art. 10. Im Allgemeinen wird es der Gesellschaft anheim gegeben, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzustellen. Immerhin sind alle daherigen Projekte mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeitpunkt dem Eisenbahndepartement vorzulegen, und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Art. 11. Es wird nur e i n e Wagenklasse eingeführt, deren Typus durch den Bundesrath genehmigt werden muß.

Art. 12. Die Fahrgeschwindigkeit darf ohne Genehmigung des Eisenbahndepartements nicht über 60 Meter per Minute betragen.

346

Art. 13. Die Taxe beträgt für eine einfache Fahrt 10 Rappen.

Für Abonnementsbillets zu mindestens 20 Fahrten wird die Taxe der Fahrt auf 5 Rappen ermäßigt.

Für Kinder unter drei Jahren -ist nichts zu bezahlen, sofern für dieselben kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Das Handgepäck, welches die Reisenden ohne Belästigung der Mitreisenden im Wagen unterbringen können, wird unentgeltlich befördert.

Für anderweitiges Gepäck, sowie für Stückgüter, beträgt die Taxe für je 50 Kilogramm oder Bruchtheile dieses Gewichts 10 Rappen, im Abonnement 5 Rappen.

Art. 14. Vom 1. Mai 1903 au sollen sowohl der Bund als auch der Kanton und die Gemeinde Bern jederzeit das Recht haben, die Bahn sammt dem Betriebstnaterial und allem Zugehör gegen Ersatz der Erstellungskosten an sich zu ziehen. Streitigkeiten, welche über die Peststellung dieser Kosten entstehen, sind durch das Bundesgericht zu entscheiden.

Wenn der Kanton oder die Gemeinde Bern demgemäß die Bahn an sich gebracht haben, so ist der Bund nichts desto weniger befugt, sein Rückkaufsrecht auch ihnen gegenüber jederzeit zur Geltung zu bringen.

Art. 15. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung der Vorschriften dieser Konzession beauftragt.

347

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von Biel nach Magglingen.

(Vom 20. November 1884.)

Tit.

Mit Eingabe vom 17. Oktober 1884 haben die Herren Rathspräsident Meyer, Regierungsstatthalter Wyß, A. Weber, Großrath, R. Benz, Großrath, Bronner, Burgerrath, A. Müller, Oberförster, Emanuel Walker, Forstpräsident, und A. Wälli in Biel das Gesuch um Konzessionirung einer Drahtseilbahn von Biel nach Magglingen beim Eisenbahndepartement eingereicht.

Für das Bedürfniß dieser Bahn wird verwiesen auf die anerkannte Bedeutung von Magglingen als Kurort und als vielbesuchter Aussichtspunkt. 900 Meter über dem Meer, auf dem vorgeschobensten steilen Höhenzug des Jura gelegen und dabei mit einem besonders milden Klima versehen, werde Magglingen von Biel, Neuenburg, Murten, Bern, Solothurn, Basel, Chaux-de-Fonds, Locle und vom Jura her überhaupt vielfach besucht; es gebe Tage, wo 2 bis 3000 Personen da zusammentreffen. Die jährliche Frequenz werde auf 50,000 Personen beziffert. Nun sei aber der Aufstieg mühsam: auf dem Fußweg brauche man dazu 11/2 und auf der Landstraße 2 Stunden.

Die projektirte Bahn würde vom Pasquart in der Nähe des Bahnhofs Biel ausgehen und eine Länge von 1700 Meter erhalten, um mit etwa 26 % Steigung die 440 Meter betragende Höhendifferenz zwischen Biel und Magglingen zu bewältigen. Sie ist als Draht-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn Marzili-Bern. (Vom 20. November 1884.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1884

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

57

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.11.1884

Date Data Seite

341-347

Page Pagina Ref. No

10 012 526

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.