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Schweizerisches Bundesblatt.

55. Jahrgang. V.

Nr. 50.

16. Dezember

1903.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & die,, in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zu dem Gesetzesentwurf über die Neuordnung der Feldartillerie.

(Vom 11. Dezember 1903.)

Tit.

Mit Bundesbeschluß vom 23. Juni 1903 haben Sie für die fahrenden Batterien der Feldartillerie ein neues Material samt Munition zur Einführung bestimmt und zugleich die nötigen finanziellen Mittel zur Beschaffung dieses Materials bewilligt. Bei der Beratung erwähnten Bundesbeschlusses wurde seitens der Kommissionen und in den Räten selbst darauf hingewiesen, daß es mit Rücksicht auf die gesetzlichen Bestimmungen unerläßlich sei, die auf Grund der Neubewaffnung in Aussicht genommene Reorganisation der Feldartillerie in einem besondern Bundesgesetze festzulegen.

Das Bedürfnis und die Notwendigkeit einer vollständigen Reorganisation der bestehenden Feldbatterien ergibt sich aus den in diesem neuen Geschützsystem vereinigten besondern Eigenschaften.

In der Botschaft zur Neubewaffnung wurde bereits darauf hingewiesen, daß die mit der Rohrrücklaufkonstruktion verbundene Steigerung der Feuerbereitschaft es ermögliche, ohne Bedenken eine Organisation der Batterie zu 4 Geschützen statt wie bisher zu 6 Geschützen durchzuführen. Diese ganz außerordentlich gesteigerte Bundesblatt. 55 Jahrg. Bd. V.

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Feuerbereitschaft sichert dem neuen Geschütze und damit auch der Batterie in der nämlichen Zeit eine gegenüber der bestehenden Batterie bedeutend größere Feuerwirkung. Mit der erhöhten Feuerwirkung wächst aber auch in hohem Maße die Schwierigkeit der Feuerleitung und damit diejenige der Führung der Batterie überhaupt. Hierzu kommt noch die Schwerfälligkeit der secbsgeschützigen Batterie im Gelände. Schon die jetzige 8,4 cm. Batterie mit nur 6 Munitionswagen bietet Schwierigkeiten für das Placieren im Gelände und erschwert die richtige Ausnützung des letztern. Eine zweckentsprechende Leitung der 6geschützigen Schnellfeuerbatterie mit ihren Caissons würde den größten Schwierigkeiten begegnen.

Diese mit der Einführung des neuen Materials sich ergebenden Verhältnisse und Umstände fordern die vollständige Umgestaltung der bestehenden Batterien mit Bezug auf die Zahl der zuzuteilenden Geschütze und der übrigen Fuhrwerke und damit auch des Personals.

In der Kommission für die Neubewaffnung sind auch die beiden Anregungen der Beibehaltung der Batterien zu 6 Geschützen im Sinne der Teilung in 2 Halbbatterien und der Organisation von selbständigen Sgeschützigen Batterien zur Sprache gekommen. In der weitern Beratung unterließ man es jedoch, des nähern hierauf einzutreten, unter dem Hinweis darauf, daß Halbbatterien zu 3 Geschützen eine unverhältnismäßig große, nicht zu erschwingende Zahl von in der Feuerleitung ausgebildeten Offizieren verlangen und daß bei einer Organisation von Batterien zu nur 3 Geschützen die Gefechtskraft dieser Batterie mit dem Verlust auch nur eines Geschützes allzusehr geschwächt werde.

Die Batterie zu 4 Geschützen entspricht am besten den in Hinsicht auf Beweglichkeit und Feuerwirkung zu stellenden Anforderungen. Für die Feuerleitung bietet sie bei erhöhter Wirkung keine größern Schwierigkeiten als die jetzige Batterie zu 6 Geschützen. Sie schmiegt sich dem Gelände besser an und ist als Gefechtsbatterie mit 4 Geschützen und den denselben unmittelbar folgenden Caissons entschieden leichter und besser zu leiten. Bei der erheblich größern Feuerwirkung gegenüber der bestehenden Batterie wird der Verlust eines Geschützes die Gefechtskraft nicht allzusehr beeinträchtigen. Auch mit Bezug auf die Möglichkeit der Heranbildung von in der Feuerleitung genügend ausgebildeten Batteriechefs werden die Schwierigkeiten nicht unüberwindlich sein. Allerdings wird sich die Zahl der Batteriechefs um 16 vermehren, allein an tauglichen Offizieren

255 wird es nicht fehlen, und eine entsprechende Organisation der Rekrutenschulen ermöglicht, in einem Jahre mehr Batteriechefs auszubilden, als dies bis jetzt der Fall war. Bei der Annahme einer Organisation von Batterien zu 4 Geschützen wird auch eine Änderung im Bestand des Personellen in der Batterie notwendig ; das eine bedingt das andere. Über die Details dieser Batterieorganisation heute schon bestimmte Zahlen zu geben, ist nicht wohl möglich. Es müssen hierüber noch viel eingehendere Erfahrungen gesammelt werden in den nächstjährigen Offizierbildungs- und Unteroffiziersschulen, sowie in den Einführungskursen selbst. Für den Erlaß des Organisationsgesetzes ist eine definitive bis in alle Details genau bestimmte Feststellung des Personals an Offizieren, Unteroffizieren, Kanonieren, Fahrern, Arbeitern etc. auch nicht notwendig, ja nicht einmal wünschenswert. Es ist für eine in allen Teilen zweckentsprechende Organisation viel vorteilhafter, wenn bei der Durchführung derselben oder eventuell auch nachher noch Änderungen im Personalbestande vorgenommen werden können, als wenn durch die verfrühte Aufstellung einer Organisationstabelle als Anhang zum Gesetz schon im voraus alle und jegliche Zahlen über Offiziere, Unteroffiziere, Mannschaften, Pferde und Fuhrwerke bestimmt und unabänderlich festgelegt sind.

Mit der Einführung des neuen Materials bei der Truppe hat die Organisation der neuen Batterien Hand in Hand zu gehen, und zwar in dem Sinne, daß die 4geschützigen Batterien schon zu Beginn und während den Einführungskursen zu organisieren sind. Für die Durchführung der Organisation sind aber die gesetzlichen Grundlagen schon vorher zu schaffen und darf somit hierfür keine Zeit verloren gehen. Die Hauptgrundzüge der Neuorganisation lassen sich in den nachfolgenden Ausführungen zusammenfassen.

Entsprechend den mit Bundesbeschluß vom 23. Juni 1903 bewilligten Mitteln zur Beschaffung des an Geschützen, Caissons, Reservefuhrwerken etc. erforderlichen Materials, und in Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen über die Bildung von neuen 7,s cm. Batterien zu 4 Geschützen, können im gesamten 72 Batterien organisiert werden. Wir können uns bezüglich der Frage des Materiellen auf das in der Botschaft vom 1. Mai 1903 betreffend die Neubewafinung Gesagte beziehen. Dagegen müssen wir der Frage noch näher treten, ob mit den vorhandenen Mannschaftsbeständen der bestehenden 56 Feldbatterien die Organisation von 72 neuen 4geschützigen Batterien möglich ist.

256 Die im Vorstehenden begründete Verminderung der Geschützzahl per Batterie von 6 auf 4 hinunter ergibt gegenüber der bestehenden Organisation für 72 neue Batterien eine Reduktion der Gesamtgeschützzahl von 48 Feldkanonen. Der Mannschafts· bestand an Kanonier-Gefreiten und Kanonieren der jetzigen 8,4 cm.

Batterien wird demnach für die Organisation der neuen Batterien auch dann ausreichen, wenn wir per Geschütz 9 Mann (Gefreite und Kanoniere) Bedienung berechnen, eine Zahl, die zur Sicherstellung des Munitions- und Mannschaftsersatzes auf alle Fälle ausreichen wird.

Der Zugpferdebestand der neuen 4geschützigen Batterie bleibt infolge Vermehrung der Caissons von 6 auf 10 ungefähr gleich dem jetzigen Bestand der 8,4 cm. Batterie, sofern keine Reservepferde zugeteilt werden. Diese letztere Frage bedarf allerdings noch der Erwägung und weitern Erfahrung. In keinem Falle wird die Zahl der notwendigen Zugpferde der neuen 7,5 cm.

Batterie kleiner werden als der bestehenden 8,* cm. Batterie.

Die Zahl der Fahrer der neuen Batterie muß demnach zum mindesten ebenso groß sein, wie diejenige der jetzigen Batterie.

Die Bildung der sechzehn neuen Batterien verlangt somit eine nicht unerheblich erhöhte Rekrutierung an Fahrern. Die zurzeit in den 56 bestehenden Batterien verfügbare Fahrermannschaft wird indessen für die Übergangsperiode ausreichen, und es ist zu erwarten, daß bei einer schon vom nächsten Jahre an erheblich gesteigerten Rekrutierung der normale Bestand an Fahrern, mit vollendeter Durchführung der Neubewaffnung, bei sämtlichen Batterien vorhanden sein wird.

Änderungen beziehungsweise Verschiebungen im Bestände der Unteroffiziere werden eintreten müssen ; indessen wird das bei den bestehenden Batterien vorhandene Personal im allgemeinen ausreichen. Ergänzungen in der einen oder ändern Richtung sind immerhin erforderlich, wobei besondere Fragen noch, des nähern zu prüfen und durch Erfahrungen der nächstjährigen Kurse zum Entscheid zu bringen sind.

,,Der Offiziersbestand der bestehenden 56 Feldbatterien reicht vollkommen aus zur Besetzung der nötigen Offizierscadres für 72 Batterien, auch für den Fall, daß für Offizierspatrouillen und Zielaufklärer ein weiterer Offizier notwendig wird.

Wie bereits erwähnt, wird der Bestand an Zugpferden ungefähr der nämliche sein wie bei der bestehenden Batterie, und auch die Zahl der per Batterie erforderlichen Reitpferde erleidet

257 keine oder nur unerhebliche Änderungen. Wir bedürfen demnach approximativ berechnet für 16 neu zu formierende Batterien die nötigen Reit- und Zugpferde.

Zurzeit verfügen wir über 48 kantonale und 8 eidgenössische Feldbatterien. Anläßlich der Neuordnung der Truppenkörper der Artillerie im Jahre 1897 wurden aus den damaligen AuszügerparkKompagnien 8 eidgenössische Feldbatterien neu organisiert. In der Annahme, daß die Frage einer eventuellen Umgestaltung sämtlicher kantonalen Batterien in eidgenössische Einheiten bei der Anhandnahme einer neuen Militärorganisation zur Sprache und Entscheidung kommen wird, nehmen wir davon Umgang, auf diese Angelegenheit jetzt schon einzutreten. Obschon nicht verhehlt werden darf, daß es mit Bezug auf die Verwaltung und die Instruktion von entschiedenem Vorteil wäre, sämtliche Batterien eidgenössisch zu machen, glauben wir der Sache unter den heutigen Verhältnissen besser zu dienen, wenn wir Ihnen vorschlagen, den Kantonen die bisherige Zahl von 48 Batterien zu belassen und nur die übrigen 24 Batterien als eidgenössische Einheiten bestehen zu lassen, beziehungsweise neu zu formieren.. Es wird auch mit Bezug auf baldmöglichste Kriegsbereitschaft der neuen Batterien von Vorteil sein, wenn neben der ohnehin schon ziemlich tief eingreifenden Umgestaltung der Ggeschützigen Batterien in solche von 4 Geschützen nicht noch die ebenfalls ganz empfindlich einschneidende Umwandlung von kantonalen Batterien in eidgenössische durchgeführt werden muß. Anderseits wird das Organisationsgeschäft mit Bezug auf die neu zu formierenden 16 ^Batterien wesentlich vereinfacht, wenn dieselben vom Bunde gebildet werden. Die Zuweisung dieser Batterien an einzelne Kantone müßte großen Schwierigkeiten und Weiterungen rufen.

Mit Bezug auf die Organisation der zusammengesetzten Truppenkörper der Feldartillerie haben wir keine weitgehenden Änderungen vorzuschlagen. Regel wird in Zukunft sein, daß die Abteilung aus 3 Batterien besteht.

Schon die Verminderung der Geschützzahl in der Batterie und die damit im Zusammenhang stehende Vermehrung der Batterien führt darauf, die Abteilungen durchgehends bei allen Regimentern aus 3 Batterien zu formieren. Aber auch ökonomische Gründe sind maßgebend, von der Abteilung zu 2 Batterien abzusehen, da wir bei einer Zahl von 72 Batterien zu viel Abteilungsstäbe organisieren müßten. Die Gefechtskraft der Abteilung zu 3 Batterien entspricht zudem den heutigen Anforderungen

258 entschieden besser als die Abteilung zu 2 Batterien. Die Bildung des nächsthöhern Verbandes, der Regimenter, soll sich der geltenden Truppenordnung anpassen. Wir haben daher die Vereinigung von 2--3 Abteilungen zum Feldartillerie-Regiment angenommen. Mit dieser Anordnung bleibt die Zuteilung zur Divisionsoder Korpsartillerie offen, eine Verteilung der neugeschaffenen Batterien bezw. der Abteilungen wird dadurch erleichtert, ohne daß die Frage einer allfälligen Auflösung der Korpsartillerie schon jetzt behandelt zu werden braucht. Die Kommandoverhältnisse bleiben die nämlichen wie bis anhin. Die Abteilung wird von einem Major, das Regiment von einem Oberstlieutenant oder Oberst kommandiert.

Der für das Schnollfeuergeschütz notwendige Munitionsbestand wurde bei Anlaß der Kostenberechnung für das neue Material auf 800 Schuß per Geschütz im Minimum berechnet. Hiernach bestimmt sich die den Batterien und dem Park zuzuteilende Zahl der Munitionswagen. Nach den Vorschlägen der Neubewaffnungskommission sollen der 4 geschützigen Batterie 10 oder per Geschütz 2'/a Caissons zugeteilt, und in den Korpspark sollen per Batterie 8 oder per Geschütz 2 Caissons eingestellt werden. Es bedeutet dies gegenüber dem jetzigen Bestand an Artillerie-Caissons per Korpspark eine Vermehrung von 88 Caissons oder für die gesamte Feldartillerie im mobilen Park eiue Vermehrung von 352 Caissons. Der Bestand an Artillerie-Caissons des derzeitigen mobilen Parks eines Armeekorps beträgt 56, mit der Neuorganisation dagegen 144 Caissons. Diese ganz bedeutende Vermehrung der Artillerie-Caissons in den Korpsparks, die wie die bisherigen Caissons sämtlich mit 4 Pferden zu bespannen sind, erfordert selbstverständlich auch eine ganz erheblich erhöhte Dotierung an Pferden. Der Mehrbedarf an Reit- und Zugpferden für den gesamten mobilen Park (4 Korpsparks) beträgt zirka 1500 Pferde. Damit im Zusammenhang steht folgerichtig eine entsprechende Erhöhung des Mannschaftsbestandes.

Die nach Gesetz von 1897 organisierten Parkkompagnien haben einen Normalbestand von 130 Mann, 9 Reit- und 106 Zugpferden. Die Infanterie-Munitionskolonne besteht aus 16 2 spännigen und die Artillerie-Munitionskolonne aus 14 (4 spännigen) Fuhrwerken ; hierzu kommen noch 5 Fuhrwerke für die Reserve.

Für die Aufgaben des Munitionsersatzes im Kriege ist diese Organisation der Parkkompagnien schon jetzt nicht sonderlich

259 beweglich. Kommt nun die Vermehrung der Artillerie-Caissons dazu, so würde mit der Beibehaltung der gegenwärtigen Organisation die Parkkompagnie zum mindesten einen Personalbestand von normal über 200 Mann erhalten, die Fuhrwerkszahl würde von 35 auf 57 steigen, und die Zahl der Pferde von 115 auf ebenfalls über 200 Reit- und Zugpferde sich erhöhen.

Daß eine so organisierte Parkkompagnie für den weitverzweigten Munitionsersatz im Kriegsfalle zu schwerfällig wäre, liegt auf der Hand. Eine dem raschen Munitionsersatz und den Infanterie- und Artillerietruppen besser angepaßte Organisation, die kleinere und beweglichere Parkkompagnien vorsieht, muß unbedingt zur Einführung gelangen. Da indessen der Munitionsersatz im Kriegsfalle sich anders gestaltet als in den Friedensmanövern, d. h. im erstem Falle noch eine weitere Teilung der Kompagnien in kleinere Munitionskolonnen, je nach Umständen und den gegebenen Verhältnissen entsprechend, Platz greifen muß, sehen wir davon ab, im Gesetze oder in einem Anhang dazu eine in alle Details der Kompagnie gehende Organisation aufzustellen.

Die nämlichen Gründe, die uns veranlaßten, bei den Batterien von einer Detail-Organisation abzusehen, leiten uns auch hier, wenn wir, statt einer bestimmten Zahl, im Gesetze die ,, e r f o r d e r l i c h e n " 1 Parkkompagnien verlangen.

Um der Forderung der Beweglichkeit des Korpsparkes möglichst gerecht zu werden, dürfte eine Teilung desselben, statt wie bisher in 4, in 6 Kompagnien wohl das Zweckmäßigste sein.

Die Kompagnien würden damit kleiner und beweglicher und es wäre die Möglichkeit immer noch vorhanden, diese Kompagnien im Ernstfalle je nach Bedürfnis in kleinere Munitionskolonnen zu trennen.

Unter der Voraussetzung, daß eine Vermehrung der InfanterieMunitionswagen im Park nicht eintritt, würde bei einer Annahme von 6 Kompagnien per Korpspark die Parkkompagnie zirka 40 Fuhrwerke mit ungefähr 150 Pferden und einen Mannschaftsbestand von ebenfalls zirka 150 Mann aufweisen. Eine Einheit, die als Ganzes allerdings nicht oder nicht viel beweglicher ist als die bestehende Parkkompagnie, aber bei einer Teilung der Artillerie-^Caissons in 2 Munitionskolonnen für jede Forderung eines raschen und genügenden Munitionsersatzes die nötige Garantie leisten würde.

Eingehende Studien müssen auch hier noch aufklärend wirken. Für die vorliegende Gesetzesvorlage genügt es, klar zu

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sein, daß mit der Durchführung der Neubewaffnung der Feldartillerie auch der Park eine entsprechende Neuorganisation erfahren muß, die jedoch gemäß der im Gesetzesentwurf in Aussicht genommenen Grundlage auf dem Verordnungswege durchzuführen wäre.

In Art. 4 wird die Einstellung von besondern Einführungskursen für die neuen Batterien in Aussicht genommen. Die bisherigen Erfahrungen anläßlich der Versuchskurse und in der Offizierbildungsschule pro 1903 haben gezeigt, daß die sachgemäße Behandlung und Verwendung des neuen Materials eine sehr eingehende, intensive Ausbildung der Mannschaften unbedingt notwendig macht und daß die Ausbildung nur dann mit Nutzen ausgeführt werden kann, wenn die Cadres schon vorher mit ihren neuen Aufgaben vertraut gemacht sind.

Die Mannschaften müssen an den neuen Geschützen eingeübt werden, denn die Tätigkeit der wichtigsten Bedienungsmannschaften am Geschütz, des Richters, des Verschlußwartes, des Laders ist eine andere, von der bisher geübten ganz abweichende geworden. Eine einigermaßen genügende Ausnutzung des neuen Geschützes stellt viel größere Anforderungen an eine zuverlässige, gewandte, sichere und rasche Ausübung der einzelnen Funktionen, als bisher gestellt werden mußten. Hierfür genügen für die am jetzigen Geschütz ausgebildeten Leute die gewöhnlichen Wiederholungskurse in keinem Falle, weil mit Rücksicht auf die jeweiligen Herbstmanöver und sonstigen Feldübungen der größte Teil der Batterien nur an verhältnismäßig wenig Übungstagen zur Einzelausbildung gelangt.

Aus dem nämlichen Grunde (möglichste Ausnützung des neuen Geschützes) ist auch eine völlige Umgestaltung der bisher für die Feuerleitung der Batterie geltenden Bestimmungen und damit eine vollständig neue Anlage der Schießschule notwendig.

Einen wichtigen Einfluß übt sodann das neue Material auf die hauptsächlichsten Formationen und die Gefechtsentwicklung der bespannten Batterie aus. Es handelt sich somit nicht nur um die Einübung der Mannschaften an dem neuen Geschütz, sondern es sind gleichzeitig auch Schießschule, Schießregeln und das Manövrieren der bespannten Batterie einzuüben, wenn man der Armee nach Durchführung der Neubewaffnung kriegsbrauchbare Batterien zur Verfügung stellen will. Die Neuorganisation der Batterien muß zu Beginn und während der Einführungskurse durchgeführt werden, denn es hängt hiervon sehr viel ab, ob die Batterien nach absolviertem Einführungskurs kriegsbrauchbar sind oder nicht.

261 Alle diese Tatsachen machen es zur unbedingten Notwendigkeit, die Truppe zu besondern Einführungskursen einzuberufen.

Aber nur wenn die Cadres, in einem dem Einführungskurse unmittelbar vorausgehenden Cadreskurse, auf ihre Aufgabe vorbereitet sind, werden die Einführungskurse für die Mannschaften (Kanoniere und Fahrer)0 den angestrebten Nutzen haben. Zu den Cadreskursen haben einzurücken : die Offiziere, die höhern Unteroffiziere, die Kanonierwachtmeister und die Richter der Einheiten. Die Dauer derselben muß wenigstens 8 Tage betragen.

Zu den Einführungskursen sodann sind sämtliche Kanoniere und Fahrer mit Ausnahme der drei ältesten Jahrgänge aufzubieten.'

Die Einführungskurse treten an Stelle der auf das betreffende Jahr entfallenden Wiederholungskurse, so daß eine Mehrbelastung der Mannschaften daraus nicht resultiert.

Die Stabsoffiziere sind zu diesen Kursen ebenfalls einzuberufen und auf die einzelnen derselben angemessen zu verteilen.

Für die größeren Truppenübungen kann aber die Beiziehung von Feldartillerie nicht ohne schwere Nachteile entbehrt werden.

Wir beabsichtigen deshalb, Batterien aus altem Material mit reduzierten Beständen zu formieren, welche von den drei ältesten Jahrgängen bedient werden sollen. Für diese Batterien würden keine Schießübungen angeordnet; sie hätten einfach an den Übungen der höheren Verbände teilzunehmen, und es genügt daher für die Wiederholungskurse dieser Batterien eine Dauer von elf Tagen.

Wir berechnen die Kosten, welche für die Cadres- und Einführungskurse entstehen werden, auf beiläufig . . Fr. 3,000,000 Die Kosten der ordentlichen Wiederholungskurse während zwei Jahren würden betragen haben ,, 2,235,000 Es ergibt sich somit eine mutmaßliche Mehrausgabe von Fr. 765,000 Dazu kommen die Kosten, welche die Beiziehung der reduzierten Batterien alten Materials zu den größeren Truppenübungen verursachen wird. Wir veranschlagen diese auf .fl 340,000 Die Mehrausgabe, welche mit der Einführung des neuen Artilleriematerials bei der Truppe verbunden ist, wird sich daher belaufen auf . . . Fr. 1,005,000 Diese Ausgabe wird sich auf zwei Jahre verteilen.

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.

Wir bemerken, daß die Kosten für die Wiederholungskurse der Feldartillerie infolge der Einführung des neuen Materials überhaupt eine nicht unerhebliche Steigerung erleiden werden, weil die Munition teurer ist und die erhöhten Anforderungen an die Schießausbildung eine größere Dotation der Kurse mit Munition bedingen. Eine Mehrausgabe von ungefähr Fr. 300,000 jährlich wird daher von 1905 an unvermeidlich sein und die Mehrkosten der Einführungsperiode betragen daher effektiv nur etwa Fr. 400,000.

Um für diese Übergangsperiode die gesetzliche Grundlage zu schaffen, haben wir den Art. 4 im Gesetzesentwurfe aufgenommen.

Indem wir Ihnen, Tit., den nachfolgenden Entwurf zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß, Sie unserer vollkommenen Hochachtuns; zu versichern.

O

B e r n , den 11. Dezember 1903.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, DerB u n d e s p r ä s i d e n t :

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Billgier.

263 (Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Neuordnung der Feldartillerie.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 11. Dezember 1903, beschließt: Art. 1. Mit der Einführung des neuen 7,5 cm. Feldartilleriematerials werden aus den Mannschaftsbeständen der bestehenden 8,1 cm. Feldbatterien 72 neue Batterien zu 4 Geschützen gebildet.

Die Kantone stellen hievon wie bisher 48 Batterien.

Die übrigen 24 Batterien werden vom Bunde aufgestellt.

Aus 2--3 Feldbatterien wird eine Feldartillerieabteilung und aus 2---3 Abteilungen ein Feldartillerieregiment gebildet.

Für jedes Geschütz sollen stets wenigstens 800 Schüsse vorrätig sein.

Art. 2. Aus den in die Landwehr übergetretenen Mannschaften der Feldartillerie werden vom Bunde gebildet: a. die erforderliche Zahl an Landwehr-Parkkompagnien.

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Der Bundesrat ist befugt, bei der Zuteilung dieser Parkkompagnien zum mobilen Park und zum Depotpark eine Ausscheidung nach Jahrgängen vorzunehmen ; b. die im Bundesgesetz vom 19. März 1897 unter Art. 2, b und c, aufgeführten Einheiten der Positionsartillerie und des Saaitätstrains.

Art. 3. Der Bundesrat bestimmt durch Verordnung: a. den Bestand an Mannschaft und Pferden der neuen Feldbatterien, sowie der Stäbe der Abteilungen und Regimenter ; b. die Zahl und den Bestand an Mannschaft und Pferden der Landwehr-Parkkompagnien ; c. den Bestand an zugeteilten Fuhrwerken der .Feldbatterien und der Parkkompagnien, sowie die Verteilung der Munition auf dieselben.

Art. 4. Zur Einführung des neuen Materials bei deiTruppe und behufs Organisation der neuen Feldbatterien werden Cadreskurse in einer Dauer von 8 Tagen und unmittelbar darauffolgende Einführungskurse in einer Dauer von 18 Tagen angeordnet.

Zu den Cadreskursen haben einzurücken : sämtliche Offiziere der Feldartillerie, die höhern Unteroffiziere, die Kanonierwachtmeister und die Richter der Batterien. Die Einführungskurse haben außer diesen zu bestehen : die übrigen Unteroffiziere, sowie die Kanoniere und Fahrer der neun jüngsten Jahrgänge. Die Stabsoffiziere und die den Stäben zugeteilten Offiziere werden auf die einzelnen Kurse angemessen verteilt.

Diese Kurse treten an die Stelle der auf das betreffende Jahr entfallenden Wiederholungskurse der alten Feldbatterien.

Für die größeren Truppenübungen werden während der Einführungsperiode mit altem Material und reduzierten Be-

265 ständen Wiederholungskurse in der Dauer von elf Tagen angeordnet, an welchen die drei ältesten Jahrgänge und Nachdienstpflichtige derjenigen Batterien teilzunehmen haben, welche im gleichen Jahre mit dem neuen Material ausgerüstet werden.

Art. 5. Durch dieses Gesetz werden alle mit dem.selben in Widerspruch stehenden gesetzlichen Bestimmungen aufgehoben.

Art. 6. Der Bundesrat wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 (Amtl. Samml. n. F. I, 116), betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Bundesgesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

^DS~-

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zu dem Gesetzesentwurf über die Neuordnung der Feldartillerie. (Vom 11. Dezember 1903.)

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1903

Année Anno Band

5

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50

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.12.1903

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253-265

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10 020 785

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