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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Aenderung der Konzession der Locarneser Eisenbahnen mit Bezug auf die Linie Locarno-Bignasco.

(Vom 19. Juni 1903.)

Tit.

Mit Eingabe vom 2. Mai abhin ersuchte Herr Francesco Balli, Konzessionär der Locarneser Eisenbahnen, um Änderung der ihm durch Bundesbeschluß vom 22. Dezember 1898 (E. A.

S. XV, 328), zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft erteilten Konzession. Die Änderung bezweckt, für die Linie Locarno-Bignasco (Val Maggia), deren Bau demjenigen der beiden anderen Linien Locarno-Centovalli und Locarno-Valmara vorangehen soll, höhere Taxen zu erhalten. Dieselben sollten künftighin per Kilometer betragen : a. für P e r s o n e n : in der zweiten Wagenklasse 12 Rappen anstatt 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 7 Rappen anstatt 5 Rappen ; b. für G e p ä c k : per 100 Kilogramm 7 Rappen anstatt 5 Rappen;

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c. für G ü t e r : per 100 Kilogramm in der höchsten Klasse 4 Rappen anstatt 2 Rappen, in der niedrigsten Klasse 2 Rappen anstatt l Rappen.

Außerdem würde die gegenwärtige konzessionsmäßige Taxe von 10 Rappen per Kilometer für die erste Wagenklasse verschwinden, da sonst der Konzessionär das Gesuch an den Bundesrat stellen müßte, von seinem ihm durch Art. 14, 2. Absatz, der Konzession erteilten Rechte Gebrauch zu machen, wonach er die Gesellschaft von der Pflicht zur Einführung einer ersten Klasse dispensieren kann.

Dieses Konzessionsänderungsgesuch wurde der Regierung des Kantons Tessin übermittelt. In ihrer Vernehmlassung vom 9. Mai abhin erklärte sie, in Anbetracht des Umstandes, daß die kantonale Subvention für Eisenbahnbau, wie sie das Gesetz vom 24. Januar 1902 vorsieht, die Erstellung prompter, bequemer und billiger Transportmittel bezwecke, sei es ihr nur möglich, der Erhöhung der Taxen zuzustimmen, wenn dieselben keine besondere Last für die die Linie Locarno-Bignasco benutzenden Personen und Güter bilden und bei Bahnen gleicher Art schon angewendet worden seien.

Auch die eidgenössischen Behörden haben sich die Frage vorzulegen, ob die vorgeschlagene Taxerhöhung eine besondere Last für die Linie Locarno-ßignasco bilde, mit anderen Worten, ob die neuen Taxen in den Konzessionen anderer Tessiner Regionalbahnen ihresgleichen finden. Ferner, ob diese neuen Taxen zur Durchführung des Unternehmens absolut notwendig seien.

Müssen beide Fragen bejahend beantwortet werden, so empfiehlt es sich, dem Gesuche des Petenten zu entsprechen.

Herr Balli machte in seiner obenerwähnten Eingabe, sowie in seinem erläuternden Nachtragsschreiben vom 5. Juni 1903, folgendes geltend : 1. Die gegenwärtigen konzessionsmäßigen Taxen fußen auf einem ersten Tracé, wonach die effektive Bahnlänge 28 Kilometer betrug, die virtuelle dagegen 34 Kilometer bei Anwendung des in Art. 18 a der Konzession vorgesehenen Maßstabes. Seither sei ein neues, heute definitiv angenommenes Tracé studiert worden, welches, vom technischen Standpunkt aus vorteilhafter, die virtuelle Bahnlinie auf 31 Kilometer reduziere. Infolgedessen trete ein Einnahmenausfall ein, welcher das Finanzsystcm, auf welchem die heutigen Taxen aufgebaut seien, zerstöre.

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2. Während das erste Tracé ein Anlagekapital von Franken 1,800,000 erfordere, verlange das definitive Tracé eine Erhöhung des Kapitals auf Fr. 2,150,000. Infolgedessen müsse man auf eine jährliche Persorienmehreinnahme von 7 °/o und eine solche von 6,6 °/o für Güter rechnen können, um den Aktionären nach drei Betriebsjahren eine Dividende von 3 °/o entrichten zu können.

3. Ungeachtet dieser keineswegs erfreulichen Renditeaussichten seien die Aktien gezeichnet worden. Nur dem Patriotismus der interessierten Bevölkerung sei aber dieser Erfolg zuzuschreiben. Die Bänken seien sehr zurückhaltend gewesen. Von 4000 Aktien zeichneten sie bloß 110 und die tessinischen Ausgewanderten 440. Daraus gehe hervor, daß eine Mehreinnahme geschaffen werden müsse, wenn man später auf die Banken (für das Obligationenkapital) und auf den Staat (für seine Subvention) solle rechnen können.

4. Eine Vermehrung der Einnahmen sei um so mehr von nöten, als einige Ausgabenposten sehr niedrig veranschlagt wurden: so die Dotierung des Reservefonds, -welche auf Fr. 10,000 belassen wurde, während das Anlagekapital von Fr. 1,800,000 auf Fr. 2,150,000 erhöht wurde. Anderseits weisen die Rechnungen einige Ziffern auf, die zwar später zutreffen dürften, aber für die erste Zeit zu hoch angesetzt seien ; so z. B. die Einnahmen aus dem Güterverkehr, welchen ein Verkehr von 375,000 Tonnen zu Grunde gelegt worden sei.

5. Dazu komme ein neuerer Faktor, welcher die Finanzlage der künftigen Linie ungünstig beeinflussen werde. Die ursprünglich mit Fr. 28,000 veranschlagten Traktionskosten müssen laut einem, im Auftrage des Initiativkomites von Herrn Ingenieur Thormann erstatteten Berichte auf Fr. 39,000 erhöht werden, vorausgesetzt, daß die Gesellschaft Pontebrolla die elektrische Kraft liefern werde. Sollte die Bahn ihre eigene Anlage haben, so kämen die Betriebskosten auf Fr. 30,000 zu stehen, wozu eine Mehrbelastung des Baukontos mit Fr. 130,000 hinzuzufügen wäre.

6. Die vorgeschlagenen Taxen seien nicht höher als diejenigen anderer konzedierter analoger Bahnen im Kanton Tessin, wie z. B. die Taxen der Linie Bellinzona-Mesocco, die gleich hoch seien, mit der Ausnahme, daß die Taxe in der zweiten Wagenklasse für diese Linie 12 Rappen betrage, während sich der Petent, zufolge einer Einladung des Eisenbahndepartements, mit einer Taxe von 10 Rappen für die Locarno-Bignasco-Bahn begnügen werde.

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7. Von allen konzedierten Regionalbahnen im Tessin habe die Linie Locarno-Bignasco am meisten Aussicht, ausgeführt zu werden, da sie auf den Wohlstand uud die Unternehmungslust der Einwohner des Maggiatales rechnen könne. Wenn also, mangels des nötigen Kapitals, die Linie nicht gebaut werden könnte, oder sich nach der Betriebseröffnung mißliche finanzielle Resultate einstellen sollten, so würde der Hinfall dieses Projektes denjenigen der andern konzedierten Regionalbahnen im Kanton Tessin nach sich ziehen. Es sei daher notwendig, dieser Linie durch Gewährung von Taxen, die 'ihren Existenzverhältnissen angepaßt seien, eine solide finanzielle Grundlage zu garantieren, welche die Beschaffung des Obligationenkapitals und die Gewährung der kantonalen Subvention erlauben werde.

Das sind die Tatsachen und Erwägungen, welche Herr Balli zur Unterstützung seines Konzessionsänderungsgesuches geltend macht. Aus denselben ergibt sich, daß die Voraussetzungen, unter denen die Konzessionsänderung bewilligt werden kann, zutreffen, nämlich : 1. daß die neuen Taxen diejenigen der analogen Bahnen nicht übertreffen ; 2. daß die Bewilligung der neuen Taxen zur Durchführung des Unternehmens notwendig ist.

Unter diesen Umständen beehren wir uns, Ihnen vorzuschlagen, dem Gesuche des Konzessionärs zu entsprechen.

Da bei Anlaß der Konzessionsänderung zahlreiche Artikel hätten abgeändert werden müssen, um sie mit dem neuen Konzessionsschema in Übereinstimmung zu bringen, hielten wir es für rationeller und einfacher, das neue Schema in seinem Oresamttext anzuwenden. Die so abgeänderte Konzession erhält nur für die Linie Locarno-Bignasco Rechtskraft, welche allein in Frage kommt, und beruht im übrigen auf dem Bundesbeschluß vom 22. Dezember 1898 betreffend Konzession der Locarneser Eisenbahnen.

Der mitfolgende Beschlußentwurf, dem allen Teilen zustimmte, gibt uns zu der Anlaß, daß die in den definitiven Studien weite von einem Meter an die Stelle der sehenen Normalspur tritt.

der Konzessionär in einzigen Bemerkungangenommene Spurursprünglich vorge-

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Indem wir Ihnen die Annahme des folgenden Beschlußentwurfes anempfehlen, beehren wir uns, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 19. Juni 1903.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bundesbeschluß betreffend

Aenderung der Konzession der Locarneser Eisenbahnen mit Bezug auf die Linie Locamo-Bignasco.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn Francesco Balli, alt Ständerat, in Locamo, vom 2. Mai 1903 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 19. Juni 1903, beschließt: Die durch Bundesbeschluß vom 22. Dezember 1898 (B. A. S. XV, 328) dem Herrn Francesco Balli, alt Ständerat in Locamo, zii Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft erteilte Konzession der Locarneser Eisenbahnen, erhält mit Bezug auf die Linie L o c a r n o - B i g n a s c o folgenden Wortlaut: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie allo übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom 22. Dezember 1898 an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Site der Gesellschaft ist in Locamo.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der AnfanoAnfangO mit den Erdarbeiten für die Erstellungo der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausfiihrungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eiageleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Tessin und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahn Verwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allea Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

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Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, daß Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlaß zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und mit Anhalten auf allen Stationen erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit zwei Klassen aufstellen, deren Typus vom Bundesrat zu genehmigen ist.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, daß alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft kann für die Beförderung von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze beziehen : in der zweiten Wagenklasse 10 Rappen, in der dritten Wagenklasse 7 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Für Kinder unter 4 Jahren ist, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, keine Taxe, für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen. Der Bundesrat kann eine angemessene Ausdehnung der zur Hälfte der Taxe berechtigenden Altersgrenze verlangen.

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Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 7 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie. Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 4 Rappen und deren niedrigste nicht über 2 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stucksendungen Anspruch auf Rabatt.

Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

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Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 2 Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügcn transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Blehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen zu bewilligen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen sind Taxen zu beziehen, welche nach Klassen und Transportmengen (Stuckzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 24 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 4,5 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 °/o erhoben werden.

Art. 23. Die Minimaltransporttaxe für Gepäck, für Gütersendungen und für Tiersendungen beträgt höchstens 40 Rappen.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen besehlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen (Camionnagedienst).

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung

461 des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Bezüglich des Gewichtes werden Sendungen in Eilfracht und in gewöhnlicher Fracht bis "auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm gerechnet und Gepäcksendungen bis auf 10 Kilogramm für volle 10 Kilogramm; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der gemäß diesen Vorschriften berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird dieselbe auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, insofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder o

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dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Tessin, gelten folgende Be immungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, -ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu, bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1940 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derj enigen zehn Kalenderj ahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1940 und 1. Januar 1955 erfolgt, den 221/afachen Wert ; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Brneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

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d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 31. Hat der Kanton Tessin den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 32. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche sofort in Kraft tritt, beauftragt.

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24.06.1903

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