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Bundesratsb eschluss über

den Rekurs der Ersparniskasse der Walliser Genossenschaft für gegenseitige Unterstützung, in Sitten, betreffend ihre Unterstellung unter eine Gewerbesteuer.

(Vom 14. Januar 1898.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s rat, nach Einsicht des Rekurses der Ersparniskasse der Walliser Genossenschaft für gegenseitige Unterstützung, in Sitten, betreffend ihre Unterstellung unter die Gewerbesteuer, auf den Bericht seines Justiz- und Polizeidepartements, hat f o l g e n d e n B e s c h l u ß gefaßt.

A.

In thatsächlicher Beziehung: 1. Im Kanton Wallis besteht nach Art. 18 ff. des Finanzgesetzes vom 28. Mai 1874 eine indirekte Steuer auf das Gewerbe.

Diese Steuer wird nach einer im Gesetze aufgestellten Skala und Klasseneinteilung bezogen ,,auf dem Gewerbskapital und dem Ertrag jedes zum Gebiet der Wissenschaften und Künste gehörenden Standes, jeder im Lande getriebenen Art von Handwerk, Beruf, Gewerbe oder Handel". Für die Banken und Wechselbanken bestehen Steuerklassen von 10,000, 3000, 1000, 500 und 300 Fr.

2. Die Ersparniskasse der Walliser Genossenschaft für gegenseitige Unterstützung war für die Jahre 1892, 1893 und 1894 auf

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Fr. 300 taxiert, für die Jahre 1895 und 1896 vom Finanzdepartement des Kantons "Wallis in die höhere Klasse von Fr. 500 eingestellt worden.

3. Gegen diese Besteuerung legte die Ersparniskasse der Walliser Genossenschaft für gegenseitige Unterstützung mit Eingabe vom 27. August 1896 beim Walliser Staatsrate Beschwerde ein, welche von diesem durch Entscheid vom 24. September 1896, mitgeteilt am darauffolgenden 8. Februar, aus folgenden. Gründen abgewiesen wurde: Der Geschäftskreis der Ersparniskasse hat sich vom Jahre 1894 auf das Jahr 1895 in beträchtlichem Maße erweitert j die Beschwerdeführerin arbeitet zur Zeit mit einem Kapital, das zum größten Teil zu Diskontogeschäften verwendet wird ; kein anderes zum niedrigsten Ansätze von Fr. 300 besteuertes Institut verfügt gegenwärtig über so erhebliche Kapitalien. Als steuerbarer Ertrag ist nicht bloß die in den Reservefonds gelegte Summe, sondern auch der Gehalt des Centralkassiers und der Kassiere der Zweiganstalten heranzuziehen, da dieso Gehalte nicht fix sind, sondern im Verhältnis zum Reinertrag stehen. Endlich hat die Ersparniskasse zwölf Zweiganstalten, welche man jede zu Fr. 50 mitzubesteuern berechtigt wäre ; die zur Zeit bezogene Steuer von 500 Fr.

steht demnach immer noch unter dem gesetzlichen Maximum.

4. Gegen diesen Entscheid erhob der Verwaltungsrat der Ersparniskasse der Walliser Genossenschaft für gegenseitige Unterstützung mit am 10. April eingelangter Eingabe Rekurs an den Buudesrat, indem er das Begehren stellte, die Gewerbesteuer von Fr. 500 sei als eine übermäßig hohe und demnach als mit dem Wortlaut und Sinn von Art. 31 der Bundesverfassung unvereinbar zu erklären.

Zur Begründung ihres Begehrens bringt dio Rekurrentin folgende Erwägungen vor : Gemäß Art. 31,1 itt. e, der Bundesverfassung sind die Kantone befugt, Handels- und Gewerbebetriebe besonderen Steuern zu unterwerfen; dagegen dürfen diese Steuern nicht so hoch sein, daß sie den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst beeinträchtigen. Über Anstände auf diesem Gebiet hat der Bundesrat zu entscheiden. Im vorliegenden Falle handelt es sich thatsächlich um eine Gewerbesteuer und nicht etwa um eine Steuer allgemeiner Natur, deren Prüfung der Kompetenz des Bundesrates entDiese Steuer ist übermäßig hoch, da sie sich auf mehr als i l % des Reinertrages der Rekurrentin belauft, welcher sich für

das Jahr 1895 auf Fr. 4443.02 bezifferte; das für Diskontogeschäfte verwendete Kapital und der Betrag der Depositen sind allerdings höher als im vorhergehenden Jahre ; dieser Kapital vermehrung steht aber nur eine minime Erhöhung des Reinertrages gegenüber. Die für Besoldung der Angestellten verwendete Summe darf richtigerweise nicht als Reinerträgnis betrachtet werden, da diese Beamten bereits die direkte Kantonalsteuer bezahlen. Wenn eine Gewerbesteuer gerecht sein soll, so darf sie die Gewerbetreibenden nicht schwerer belasten, als es für die anderen Bürger durch die direkte Steuer geschieht; es erweist sich nun aber, daß die rekurrierende Sparkasse nach der jetzigen Einteilung doppelt oder dreifach so stark herangezogen, würde als die letztern.

Schließlich ist die der Rekurrentin auferlegte Gewerbesteuer verfassungswidrig, da sie im Verhältnis viel höher ist als die von anderen gleichartigen Instituten entrichtete, und die Rekurrentin diesen gegenüber schlechter gestellt ist. Es ist nicht richtig, daß die zu Fr. 300 besteuerten Institute über weniger hohe Kapitalien verfügen als die Rekurrentin ; richtig ist nur, daß die Ersparuiskasse die einzige ist, welche ihre Rechnung publiziert, und daß der Staatsrat den Geschäftsumfang der anderen Bankinstitute nicht kennt.

5. In ihrer Vernehmlassung vom 18. Mai 1897 stellt die Regierung von Wallis das Begehren, der Bundesrat wolle auf den Rekurs nicht eintreten, eventuell denselben als unbegründet abweisen.

Von der Rekurrentin werde in ihren Schlußfolgerungen selbst anerkannt, daß das Finanzgesetz des Kantons Wallis nicht verfassungswidrig sei ; was von ihnen angefochten werde, sei bloß die Art und Weise von dessen Anwendung auf ihr Institut. Nun sind aber die Kantone in Steuersachen souverän, und der Bundesrat ist nicht kompetent, zu untersuchen, ob ihre Gesetzgebung au) diesem Gebiete richtig oder unrichtig interpretiert werde. Im vorliegenden Falle war übrigens diese Interpretation eine durchaus richtige. Die Gewerbesteuer wird nach Vorschrift des Gesetzes im Verhältnis zum gemachten Reingewinn und dem im. Geschäfte thätigen Gewerbekapital festgesetzt.

Zur Feststellung der Steuerklasse, in welche der in Frage stehende Gewerbebetrieb gehört, steht dem Fiskus kein anderes Schätzungsmittel zu Gebote als die Bedeutung des Institutes, wie sie sich
dem Beobachter darstellt ; wenn die Steuer nur auf Grund des finanziellen Ergebnisses jeweilen des abgelaufenen Rechnungsjahres berechnet werden könnte, so müßte ja das bedeutendste

151 Institut vollständig steuerfrei ausgehen, sobald festgestellt würde, daß dasselbe auf Jahresschluß keinen Reinertrag erzielt hat. Eine solche Auffassung steht aber in direktem Widerspruch mit dem Walliscr Steuersystem ; sie wäre übrigens auch ungerecht gegenüber den Grundbesitzern, bei deren Besteuerung der Ernteertrag des betreffenden Jahres auch nicht in Berücksichtigung gezogen wird.

Die dem Staate gebührende Gewerbesteuer läßt sich mit der direkten Kantonalsteuer nicht vergleichen, da der Steuerfuß der letzteren im allgemeinen für den Kanton viel niedriger ist als für die Gemeinde, während für die Gewerbesteuer das gerade Gegenteil zutrifft.

Wird die Gemeindesteuer mit in Rechnung gebracht, so ergiebt sich, daß die Grundbesitzer, welche die Rekurrenten den Gewerbetreibenden gegenüberstellen möchten, dem Fiskus durchschnittlich 15°/o bis 20% ihres Reinertrages als Steuer entrichten. Die Rekurrentin hat im Jahre 1896 die Summe von Fr. 554,000 zu Diskontogeschäften verwendet und mit diesen Operationen einen Gewinn von Fr. 30,540 erzielt, kann also nicht behaupten, daß sie durch eine Steuer von Fr. 500 in ihrem Gewerbebetrieb beeinträchtigt werde. Wenn der Reinertrag pro 1895 nur Fr. 4445. 88 (recte 4443. 02) betrug, so kam dies daher, daß sie den Gehalt der Kassiere, im Betrage von zwei Dritteilen des Reingewinnes, von demselben abgezogen hatte, ohne welchen Abzug dieser letztere sich auf Fr. 13,637. 68 belaufen haben würde.

Im Kanton Wallis bestehen neben der steuerfreien kantonalen Hypothekarkasse nur Privatbanken ; von diesen letzteren sind zwei, wie die Rekurrentin, der vierten Steuerklasse zugeteilt; die übrigen, der fünften Klasse zugeteilt, lassen sich ihrer Bedeutung nach mit der Ersparniskasse in keiner Weise vergleichen.

6. Mit Eingabe vom 20. August repliciert die beschwerdeführende Ersparniskasse wie folgt : Die Kantone sind allerdings in Steuersachen souverän ; allein gemäß Art. 31, litt, e, der Bundesverfassung dürfen ihre Steuerverfügungen den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen. Dem Bundesrat steht die Befugnis zu, zu untersuchen, ob in einem gegebenen Falle die Anwendung eines kantonalen Steuergesetzes mit diesem Verfassungsgrundsatz nicht im Widerspruch stehe. Dieser Fall liegt aber hier vor. Das vom Staatsrat des Kantons Wallis befolgte
System, die Gewerbetreibenden nach der anscheinenden Bedeutung ihres Geschäftsbetriebes zu besteuern, muß angesichts der notorisch unzureichenden Erkundigungsmittel, welche dem Staate zu Gebote stehen, zu stoßenden Un-

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gleiehheiten führen; die von der Rekurrentin zu entrichtende Gewerbesteuer ist im Vergleich HU anderen Instituten eine übermäßighohe. Die Rekurrentin stellt keineswegs die Behauptung auf, daß die Gewerbesteuer einzig und allein nach dem finanziellen Ergebnis jedes Betriebsjahres berechnet werden müsse, wohl aber, daß der durchschnittliche Reinertrag mehrerer Jahre bei der Berechnung der Steuer einen ins Gewicht fallenden Faktor bilden, und daß für einen Gewerbetreibenden, dessen durchschnittlicher Reingewinn ein beschränkter ist, die Reduktion der Gewerbesteuer auf das Minimum eintreten müsse.

Die kantonale Gewerbesteuer ist nicht mit Notwendigkeit höher als die Gemeindesteuer, so wenig als die direkte Gemeindesteuer notwendig höher als die direkte Staatssteuer sein muß.

Diese Behauptung als richtig anerkennen hieße zugeben, daß durch das Walliser Gesetz dem Handel und der Industrie eine ungünstigere Stellung gegenüber den anderen Steuerpflichtigen geschaffen wird. Ist es gerecht, wenn der Gewerbetreibende, der in seiner Gemeinde eine Gewerbesfeuer von 1 1 /a %o entrichtet, dem Staate das Dreifache hiervon bezahlen soll, während für den Grundbesitzer der kantonale und der Gemeindesteuerfuß der nämliche bleiben?

Wie auch die ßekurrentin ihre Bilanz einrichten mag, es ist allgemein anerkannt, 'daß bei einer guten und gesunden Rechnungsführung die Gehalte unter die allgemeinen Unkosten gerechnet und von dem Bruttoertrag der Geschäftsoperationen abgezogen werden müssen, um den Reingewinn herauszufinden ; wie hoch die Angestellten bezahlt sind, kommt hierbei nicht in Betracht.

Würde der Staatsrat jedes Comptoir der Ersparniskasse mit einer Steuer von 50 Fr. belegen, so käme man zu einer exorbitanten Steuersumme ; ein solches Vorgehen würde zudem im Widerspruch mit dem Gesetze stehen.

Die der Rekurrentin auferlegte Steuer belastet dieselbe um so stärker, als die kantonale Ersparniskasse steuerfrei ist und andere Finanzinstitute nicht einmal zum gesetzlichen Minimalbetrag besteuert werden. Der Staat ist im Irrtum, wenn er behauptet,, daß die Situation keiner andern Privatbank sich mit derjenigen der Ersparniskasse vergleichen lasse, und was die andern Gewerbetreibenden betrifft, so ist keiner derselben höher besteuert als mit 200 Fr., obwohl mehrere davon viel größere Geschäfte machen als die Rekurrentin.
6. In ihrer Duplik vom 2./6. November 1897 hält die Regierung von Wallis die Behauptung aufrecht, daß der Bekurs sich gegen die Art und Weise der Durchführung eines Steuergesetzes

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durch den Staat Wallis wende, daß also der Bundesrat sich nicht mit demselben zu befassen habe. Eine Beschwerde wäre nur zulässig gegen die im Finanzgesetze aufgestellte Steuerskala, sofern diese in ihrer Wirkung der Verhinderung des Betriebes eines bestimmten Gewerbes gleichkäme. Dies aber trifft zweifelsohne bei dem Walliser Gesetze nicht zu.

Die Rekurrentin ist durchaus nicht, wie sie vorgiebt, die einzige, welche eine Steuer von Fr. 500 entrichtet ; die Glasfabrik Monthey bezahlt eine Steuer von Fr. 1200, mehrere Hotels sind mit einer solchen von Fr. 1000 belegt. Was die Banken betrifft, so sind deren zwei zu Fr. 500, zwei andere zu Fr. 400 taxiert ; eine ungleichmäßige Anwendung des Gesetzes findet somit nicht statt.

Endlich hebt der Staat Wallis mit Zuschrift vom 1. Dezember 1897 hervor, daß der Walliser Hypothekar- und Ersparniskasse die Steuerfreiheit durch Großratsbeschluß vom 24. August 1895 verliehen worden sei, die Rekurrentin sich somit nicht auf diese vom Gesetze ausdrücklich sanktionierte Ausnahme berufen könne.

B.

In rechtlicher Beziehung: I. In der Gesetzgebung über das Steuerwesen sind die Kantone souverän ; Sache der Kantone ist also auch die Interpretation und Durchführung der hierüber erlassenen Gesetze. Allerdings wird durch Art. 31, litt, e, der Bundesverfassung die Kantonalsouveränität in dem Sinne eingeschränkt, daß die kantonalen Steuer-VerO > Fügungen den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen dürfen. Nach konstanter Praxis ist denn auch der Bundesrat, gernäß Art. 189 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, kompetent, darüber zu entscheiden, ob in einem gegebenen Fall die Höhe des Ansatzes einer Gewerbesteuer oder die Art und Weise von deren Verteilung unter die Steuerpflichtigen eine Verletzung der durch Art. 31 Bundesverfassung gewährleisteten Rechte in sich schließe oder nicht.

Dagegen hat der Bundesrat die der Rekurrentin auferlegte Taxe einzig und allein von dem speciellen Standpunkte des obgenannten Art. 31 aus zu prüfen 5 er hat nicht zu entscheiden, ob der vom Walliser Finanzgesetz angenommene Steuerfuß billig sei oder nicht, im speciellen Falle, ob die den Gewerbetreibenden auferlegten Steuern im richtigen Verhältnis zu denjenigen stehen, welche die gemäß Art. 9 des Gesetzes der direkten Steuer unterworfenen Vermögen, wie Immobilien, Schuldforderungen, Renten,

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Pensionen, Gehalte und Honorare, entrichten. Die Prüfung des Bundesrates kann sich also im vorliegenden Falle nur auf die Frage erstrecken, ob die angefochtene Steuer ihrer Höhe nach ein eigentliches Hindernis für den Gewerbebetrieb der Ersparniskasse bilde oder ob die Thatsache ungleicher Besteuerung sie gegenüber Konkurrenzinstituten in eine merkbar ungünstigere Lage versetze.

(Bundesbl. 1891, n, 1022, IV, 310 -- v. Salis n, Nr. 581.)

u. Als Grundlage für die Besteuerung eines Gewerbetreibenden nimmt das Walliser Gesetz gleichzeitig den erzielten Reingewinn und das Betriebskapital an. Diese Bestimmung, welche es dem Staate ermöglicht, bei der Einschätzung eines Gewerbetreibenden nicht bloß den Betrag des erzielten Reingewinns, sondern auch die Höhe seines Geschäftskapitals in Berechnung zu ziehen, hat nichts an sich, was dem Prinzip der Handels- und Gewerbef'rciheit zuwiderliefe. Was den Reingewinn betrifft, so beziffert ihn die Rekurrentin für das Jahr 1895 auf Fr. 4443. 02 ; m dieser Zahl sind hingegen noch die Zinsen des Reservefonds zu 3'/s %, d..h.

ein Betrag von Fr. 1230. 15 hinzuzurechnen, um welche Summe der Ertrag des Unternehmens sich erhöht; da es sich des ferneren um die Frage handelt, in welchem Verhältnis die Steuer zum Reinertrage stehe, so darf man offenbar die Rechnung nicht damit beginnen, die erstere vom letztern abzuziehen. Bei Hinzurechnung dieser beiden Posten steigt das Reinerträgnis auf Fr. 6173.17 und die Steuer von Fr. 500 stellt sich als 8,1 % dieser Summe dar. In dieser Taxierung aber kann ein wirkliches Hindernis für den Gewerbebetrieb der Rekurrentin nicht erblickt werden.

Im Vergleich mit dem Betriebskapital, über welches die Rekurrentin verfügt, und mit dem Umfang ihrer Geschäfte erscheint übrigens die ihr auferlegte Steuer bedeutend weniger hoch. Die Einlagen der Ersparniskasse der Genossenschaft erreichten am 31. Dezember 1891 die Höhe von Fr. 723,776. 81 ; während dieses Jahres wurde an die Einleger an Zins vergütet die Summe von Fr. 23,766. 45 ; das Wechsel-Portefeuille wies auf den 31. Dezember 1891 einen Betrag von Fr. 537,339. 75 auf; der Gewinn auf dem Diskontogeschäfte belief sich auf Fr. 34,500. Für ein Bankinstitut von dieser Bedeutung kann aber eine Steuer von Fr. 500 nicht als im Widerspruch mit Art. 31 der Bundesverfassung stehend betrachtet werden.
III. Die Rekurrentin behauptet, höher besteuert zu sein als andere Anstalten ähnlicher Art, ja sogar höher als alle anderen Gewerbetreibenden. Es ist in erster Linie Sache der mit der Steuerverteilung betrauten kantonalen Behörden, über Beschwerden betreffend

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ungleiche Besteuerung zu entscheiden ; der Bundesrat kann auf solche Beschwerden nur dann eintreten, wenn die Ungleichheit derart ist, daß sie dem von ihr Betroffenen die Konkurrenz mit andern gleichartigen Unternehmungen verunmöglicht (Art. 31 zusammengehalten mit Art. 4 der Bundesverfassung). Es kommt also im vorliegenden Falle nicht darauf an, ob andere Gewerbe, für welche das Walliser Gesetz eine Skala von verschiedenen Taxen aufstellt, höher oder niedriger belastet seien als die Rekurrentin, sondern einzig und allein darauf, ob die anderen Bankhäuser im Verhältnis weniger besteuert werden. Aus der Vernehmlassung des Walliser Staatsrates geht nun aber hervor, daß zwei andere Privatbanken die nämliche Steuer entrichten wie die Rekurrentin, eine dritte die Zwischentaxe von Fr. 400, eine andere endlich die niedrigste Taxe von Fr. 300. Die Rekurrentin ist also nicht die einzige, welche Fr. 500 bezahlt. Es ist hiernach immer noch möglich, daß die von den Konkurrenzinstituten bezahlte Steuer im Verhältnis zu deren Geschäftsumfang niedriger ist als die von der Rekurrentin entrichtete ; die letztere hat indessen keine Thatsache vorgebracht, welche darauf schließen ließe, daß dem wirklich so wäre. Endlich hat die Rekurrentin sich auf die kantonale Ersparniskasse berufen, welche kraft des Großratsbeschlusses betreffend die Errichtung einer Hypothekar- und Ersparniskasse vom 24. August 1895 Steuerfreiheit genießt. Dieser Beschluß sichert allerdings der Hypothekarkasse eine privilegierte Stellung gegenüber den. Privatbanken. Allein dieses Privilegium erstreckt sich auf alle Steuern .überhaupt und nicht bloß auf die Gewerbesteuer. Will die Rekurrentin die Verfassungsniäßigkeit dieser Bestimmung anfechten, so kann sie dies nur unter Berufung auf Art. 4 der Bundesverfassung, dessen Interpretation in die Befugnisse des Bundesgerichtes gehört.

beschlossen: Der Rekurs wird als unbegründet abgewiesen.

Bern, den 14. Januar

1898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ruffy.

Der 1. Vizekanzler : Schatzmann.

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Bundesratsbeschluss über den Rekurs der Ersparniskasse der Walliser Genossenschaft für gegenseitige Unterstützung, in Sitten, betreffend ihre Unterstellung unter eine Gewerbesteuer. (Vom 14. Januar 1898.)

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26.01.1898

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