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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Friedrich Moser, von Biglen, wohnhaft in Lyß.

(Vom 29. November 1898.)

Tit.

Friedrich Moser, gewesener Weinreisender in Lyß, wurde vom Richteramt Nidau unterm 8. Juni 1897 zu einer Geldbuße von Fr. 20 nebst Kosten verurteilt, weil er zugestandenermaßen bei Privaten Bestellungen auf Wein aufgesucht hatte, obwohl er nur im Besitze einer Gratisausweiskarte war, die ihn gemäß Art. l des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden, vom 24. Juni 1892 CA. S. n. F. XIII, 43), nur berechtigte, in Verkehr mit Geschäftsleuten zu treten, die den betreffenden Handelsartikel wiederverkaufen oder in ihrem Gewerbe verwenden.

Gegen dieses Urteil appellierte die Staatsanwaltschaft an die Polizeikammer des Appellations- und Kassationshofes des Kantons Bern, welche den Appellaten am 4. September 1897, in Abänderung des erstinstanzlichen Urteiles und in Anwendung der Art. 2, 4 und 8, litt, c, sowie Absatz 2 des citierten Bundesgesetzes, zu einer Geldbuße von Fr. 100, für den Fall der Unerhältlichkeit umgewandelt in 20 Tage Gefängnis, und zu den Kosten des Staates im Betrage von Fr. 32. 50 verurteilte.

Nachdem der Verurteilte, laut Bescheinigung des Regierungsstatthalteramtes Nidau, an jener Buße Fr. 45 bezahlt hat, stellt er mit Zuschrift vom 26. August d. Js. durch Vermittlung des

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Regierungsrates des Kantons Bern das Gesuch um Erlaß des Restes der Buße, behauptend, daß er mittellos und nicht im stände sei, den ganzen Betrag zu erlegen.

Mit Schreiben vom 15. und 26. Oktober d. Js. ersuchten wir den Regierungsrat des Kantons Bern um Erhebung eines Vermögens-, beziehungsweise Armutszeugnisses und, mit Rücksicht auf die Vorschrift des Art. 8, Absatz 2 des erwähnten Bundesgesetees über die Umwandlung nicht erhältlicher Bußen in Gefängnis, eines ärztlichen Zeugnisses über den körperlichen Zustand des Verurteilten.

Vom Gemeinderat in Lyß wird nun bezeugt, daß Potent kein Vermögen besitze, und sein Verdienst infolge körperlicher Schwäche zum Unterhalte seiner Familie nicht hinreichend sei, so daß seine Kinder schon seit längerer Zeit für den Mietzins seiner Wohnung aufzukommen hätten.

In dem ärztlichen Zeugnis über den körperlichen Befund des Petenten kommt der begutachtende Arzt zu dem Schlüsse, daß von einer Gefängnisstrafe aus Gesundheitsrücksichten Umgang genommen werden sollte.

Aus diesen Gründen beantragen wir Ihnen, dem Gesuchsteller den Rest der ihm durch das Urteil der Polizeikammer des Kantons Bern vorn 4. September 1897 auferlegten Geldbuße von Fr. 100 in Gnaden zu erlassen.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

Bern, den 29. November

1898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ruffy.

Der I. Vizekanzler: Schatzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Friedrich Moser, von Biglen, wohnhaft in Lyß. (Vom 29. November 1898.)

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30.11.1898

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