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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über zusätzliche Beiträge des Bundes an anerkannte Krankenkassen für die Jahre 1950 und 1951 (Vom 4. April 1950)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über zusätzliche Beiträge des Bundes an anerkannte Krankenkassen zu unterbreiten.

I. Die zusätzlichen Bundesbeiträge für die Jahre 1944-1949 Seit dem Jahre 1944 gewährt der Bund den anerkannten Krankenkassen im Hinblick auf die infolge des Krieges eingetretene Verteuerung der Versicherung für Arzt und Arznei (Krankenpflegeversicherung) eine besondere Hilfe durch Erhöhung der in Artikel 35, Absätze l und 2, des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung (KUVG) je Mitglied und Jahr festgesetzten Bundesbeiträge (Kopfbeitrage). Für die Jahre 1944 bis 1947 betrugen diese zusätzlichen Beiträge 2 Franken je Kind und 2 Franken 50 Eappen für jede für Krankenpflege versicherte Frau.

Durch den Bundesbeschluss vom 12. März 1948 wurden sie für die Jahre 1948 und 1949 wegen der inzwischen weiter fortgeschrittenen Verteuerung der Krankenpflegeversicherung auf 2 Franken 50 Eappen je Kind und 3 Franken 50 Eappen für jede für Krankenpflege versicherte Frau festgesetzt. Ausserdem wurden den Kassen für diese Jahre für jeden für Krankenpflege versicherten Mann ein zusätzlicher Beitrag von einem Franken ausgerichtet. Mit Eücksicht auf die besonders schwierige finanzielle Lage der Gebirgskassen wurde zudem die obere Grenze für die Gebirgszuschläge gemäss Artikel 37, Absatz l, Krankenund Unfallversicherungsgesetz von 7 auf 10 Franken je Mitglied und Jahr erhöht.

Demgemäss betrugen die jährlichen Kopf beitrage des Bundes an die anerkannten Krankenkassen, ohne die Gebirgszuschläge, in den Jahren 1948 und 1949 absolut und im Verhältnis zu den in Artikel 35, Absätze l und 2, Krankenund Unfallversicherungsgesetz festgesetzten Beiträgen:

826 Bundesbeiträge Bundes!) eiträge nach Art. 35, nach BB v. 12. 3.

Abs. 1 und 2, 1948 f. die Jahre EUVG 1848 und 1949 Versicherte

Erhöhung

Kinder . . . .

180/360*) 360/540 ·) in % der in o/o der 180/360 360/540 180/360 360/540 Bundes*) *) *) *) absolut Bundesbeiträge absolut beiträge nach KUV6 nach KUV Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

3.50 4.-- 6. -- 6.50 2.50 71,4 2.50 62,5

Frauen: Pflege allein. .

Pflege und Geld

4.-- 5.--

4.50 5.50

7.50 8.50

8.-- 9

3.50 3.50

87,5 70,0

3.50 3.50

77,8 63,6

Männer: Pflege allein. .

Pflege und Geld

3.50 5.--

4.-- 5.50

4.50 6.--

5.-- 6.50

1.-- 1

28,6 20,0

1 1

25,0 18,2

*) 180/360 bzw. 360/540 bedeutet eine Versicherungsdauer von 180 bzw.

360 Tagen innerhalb 360 bzw. 540 aufeinanderfolgenden Tagen.

Infolge des Zuwachses an Versicherten und der für die Jahre 1948 und 1949 beschlossenen Erhöhung stiegen die zusätzlichen Beiträge im gesamten von 2 925 388 Franken im Jahre 1944 auf 5 565 463 Franken im Jahre 1948. Für das Jahr 1949 werden sie rund 5 750 000 Franken betragen.

Für die Krankenversicherung überhaupt wurden für das Jahr 1948 folgende Bundesbeiträge zugesprochen.

Beträge in Franken

Art der Bundesbeiträge für das Jahr 1948

Beiträge für Männer, Frauen und Kinder gemäss Artikel 35, Absätze l und 2, KUVG Zusätzliche Beiträge gemäss Bundesbeschluss vom 12. März 1948 .

Wochenbettbeiträge und Stillgelder gemäss Artikel 35, Absatz 3, KUVG Gebirgszuschläge gemäss Artikel 37, Absatz l, KUVG . . . .

Beiträge an die Tuberkuloseversicherung Beiträge an Kantone oder Gemeinden, die in dünn bevölkerten Gebirgsgegenden mit geringer Wegsamkeit Einrichtungen unterstützen, welche die Verbilligung der Krankenpflege oder der Geburtshilfe bezwecken gemäss Artikel 37, Absatz 2, KUVG Beiträge an die von Kantonen oder Gemeinden übernommenen Versicherungsprämien für dürftige, obligatorisch versicherte Kassenmitglieder gemäss Artikel 38, KUVG

12 298 552 5 565 463

l 742 760 859 826 4163226

242 068 273 155

Total 25 145 050

827 u. Die Ausrichtung zusätzlicher Bundesbeiträge îtir die Jahre 1950 und 1951 1. Mit einer Eingabe vom 9. November 1949 an das Bundesamt für Sozialversicherung (B S V) ersuchte das Konkordat Schweizerischer Krankenkassen für die Zeit bis zur Eevision der Krankenversicherung um Gewährung von wenigstens gleich hohen zusätzlichen Bundesbeiträgen wie für die Jahre 1948 und 1949. In der Eingabe wird festgestellt, dass die Finanzlage der Krankenkassen sich auch in den letzten Jahren wieder verschlimmert habe, wobei immerhin die Verschlimmerung im Jahre 1948 weniger gross gewesen sei als früher. Die Ausgaben, insbesondere diejenigen für die Krankenpflegeversicherung seien erneut gestiegen und eine weitere Zunahme der Kosten für diesen Versicherungszweig stehe bevor. In den letzten Jahren hätten die Mitgliederbeiträge wieder erhöht werden müssen, und zwar bei fast allen grossen Kassen im Ausmass von 20--30%, in einzelnen Fällen sogar bis zu 50%. Für die finanziell schwächeren Mitglieder, zu welchen die Mehrzahl der Versicherten gehöre, sei damit die Grenze des Tragbaren erreicht. Unter diesen Umständen seien die Krankenkassen auch in Zukunft auf eine zusätzliche Hilfe des Bundes für die Krankenpflegeversicherung angewiesen.

Ähnlich lautende Gesuche sind dem Bundesamt für Sozialversicherung zugegangen von der «Fédération des Sociétés de secours mutuels de la Suisse romande», der «Federazione ticinese delle casse malati», dem Schweizerischen Verband öffentlicher Krankenkassen, den Krankenkassenverbänden der Kantone Zürich, Graubünden, Thurgau und Wallis, dem Christlichsozialen Arbeiterbund der Schweiz und dem Christlichnationalen Gewerkschaftsbund der Schweiz.

2. In unserer Botschaft vom 11. Februar 1948 über zusätzliche Beiträge des Bundes an anerkannte Krankenkassen für die Jahre 1948 und 1949 gingen wir von der finanziellen Entwicklung der Krankenversicherung bis zum Jahre 1945 aus. Um über die seitherige Entwicklung ein möglichst genaues Bild geben zu können, haben wir mit unserer Stellungnahme zur Frage einer Fortsetzung dieser Hilfe an die Krankenkassen nach dem Jahre 1949 zugewartet, bis die Bechnungsergebnisse der Kassen für das Jahr 1948 vorlagen und statistisch verwertet waren. Die Unterlagen für das Jahr 1949 konnten nicht abgewartet werden, da die Kassen nach den gesetzlichen Bestimmungen
ihre Bilanzen und Statistiken dem Bundesamt für Sozialversicherung bis Mitte des dem Eechnungsjahr folgenden Jahres einreichen können und ihre Verarbeitung längere Zeit in Anspruch nimmt. Über das Jahr 1949 können deshalb nur einige vorläufige, wenn auch nicht unwesentliche Angaben gemacht werden.

Auf Grund der Unterlagen der Kassen bis und mit dem Jahre 1948 gelangen wir zu folgenden Feststellungen über die finanzielle Entwicklung und den Stand der Krankenversicherung.

a. Am 81. Dezember 1948 waren bei den anerkannten Krankenkassen 2 903 784 Personen oder 62,9 % der "Wohnbevölkerung versichert. Davon waren:

828 574 124 Kinder, l 210 151 Männer, 1119 509 Frauen.

In diesen Zahlen sind allerdings die bei zwei Kassen Versicherten doppelt gezählt, so dass der effektive Bestand an Versicherten etwa 5--6 % geringer war. Von Ende 1945 bis Ende 1948 traten der Krankenversicherung rund 880 000 Personen bei. Die Krankenversicherung hat also in diesen Jahren bezüglich der Zahl der Versicherten erneut an Bedeutung gewonnen.

b. Die Kosten der Krankenpflegeversicherung sind bei den 555 Kassen, die bereits das letztenmal Gegenstand einer besonderen Untersuchung waren und welche im Jahre 1948 durchschnittlich l 816 861 Versicherte umfassten, sowohl für die Kinder als auch für die Erwachsenen (Männer und Frauen) seit dem Jahre 1945 weiter gestiegen. Die grösste Kostensteigerung ergab sich, wie in den früheren Jahren, bei den Frauen. Diese belasten, die Kosten für die Wochenbettleistungen gemäss Artikel 14 Krankenund Unfallversicherungsgesetz nicht mitgerechnet, die Kassen immer noch im Durchschnitt rund anderthalbmal so stark wie die Männer. Über Einzelheiten gibt die nachstehende Tabelle Auskunft: Beträge in Franken Krankenpflegekosten je Mitglied Versicherte

1845

1947

1948

Zunahme 1945/48

Manner . . . .

35.57

39.70

43.85

8.28

Frauen . . . .

50.94

59.06

64.14

13.20

Kinder

31.36

34.75

36.40

5.04

Durchschnitt . .

41.28

46.83

50.78

9.50

Die Zunahme der Kosten bei den einzelnen Versichertengruppen von 1988--1948 beträgt: Beträge in Franken Krankenpflegekosten Je Mitglied Versicherte Zunahme

1938

1948

Manner . . . .

26.28

43.85

17.57

Frauen . . . .

37.62

64.14

26.52

Kinder

22.45

36.40

13.95

Durchschnitt . .

30.36

50.78

20.42

829 Die Wochenbettkosten stiegen je pflegeversicherte Frau von 8 Franken 91 Rappen im Jahre 1945 auf 4 Franken 38 Kappen im Jahre 1948. Da die Frauen nach wie vor sich ungleich auf die Kassen verteilen, wirkt sich diese Kostenentwicklung für einzelne Kassengruppen besonders nachteilig aus. Die grösste Zahl an Frauen weisen die öffentlichen, die geringste dieBetriebskrankenkassen auf.

3. Zur Sicherstellung der von ihnen übernommenen Verpflichtungen wird von den Krankenkassen wenigstens eine Eeserve in der Höhe einer durchschnittlichen Jahresausgabe verlangt. Vom versicherungsmathematischen Standpunkt aus stellt eine solche Reserve ein Minimum dar. Strengere Anforderungen an die Kassen bezüglich der Äufnung von Reserven hätten jedoch für viele von ihnen die Anerkennung durch den Bund verunmöglicht, weil die Mitglieder die nötigen Prämien nicht aufgebracht hätten. Sie hatten damit auch nicht in den Genuss der Bundesbeiträge gelangen können, und es wäre nicht möglich gewesen, die Krankenversicherung gerade auch in jenen.

Gebieten einzuführen, in denen sie wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung besonders nötig ist.

Viele Kassen waren aber nicht einmal in der Lage, die bescheidene Reserve einer durchschnittlichen Jahresausgabe zu äufnen. Am Ende des Jahres 1945 waren 1151, Ende 1948 1152 Kassen anerkannt. Im Jahre 1945 wurde die Reserve in der Höhe einer Jahresausgabe von 341, Ende 1948 aber von 435 Kassen nicht erreicht. Die Reserven je versichertes Mitglied waren im Jahre 1948 zwar nur um weniges geringer als im Jahre 1938 (1948 Fr. 48.17, 1938 Fr. 49.55). In dieser Zeit stiegen aber die jährlichen Ausgaben je Versicherten von Fr. 44.86 auf Fr. 73.24. Das hatte eine Verringerung der Reserven der Kassen im Verhältnis zu ihren Ausgaben zur Folge, welche allein in den Jahren 1945--1948 10% betrug. Von 1938--1948 ergibt sich folgende Entwicklung des Vermögens im Verhältnis zu den Ausgaben: Jahr

Vermögen in °/0 der jährlichen Ausgaben

1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948

111,6 111,0 112,3 113,2 105,5 89,7 79,6 77,1 70,1 67,5 66,9

Bis zum Jahre 1947 bestand diese verhältnismässige Rückbildung der Reserven bei sämtlichen Kassengruppen. Einzig im Jahre 1948 konnten die sog. zentralisierten Kassen, d. h. 11 Kassen, deren Tätigkeitsgebiet sich über mehrere Kantone oder die ganze Schweiz erstreckt, im Durchschnitt eine be-

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scheidene Vermehrung ihres Vermögens im Verhältnis zu den Ausgaben erzielen, auf deren mutmassliche Ursache wir noch zu sprechen kommen.

Hinsichtlich der Entwicklung von Ausgaben und Eeserven der Kassen ergeben sich für die einzelnen Kassenarbeiten für die Jahre 1945--1948 folgende Zahlen : Vermögen in o/0 der Ausgaben

1945

1946

1947

1948

Öffentliche Kassen . .

37,9

32,1

29,3

28,4

Betriebskassen . . . .

151,5

139,3

127,3

122,9

Zentralisierte Kassen .

52,5

46,6

45,5

47,7

Andere Kassen . . . .

90,9

84,6

82,2

81,8

Sämtliche Kassen. . .

77,1

70,1

67,5

66,9

In den vorstehenden Tabellen sind die Ausgaben und Eeserven für die Krankenpflege- und die Krankengeldversicherung nicht ausgeschieden, weil viele Kassen diese Ausscheidung aus Gründen der Vereinfachung ihrer Buchführung nicht vornehmen. Aus den dem Bundesamt für Sozialversicherung vorliegenden Jahresrechnungen geht aber hervor, dass die reinen Krankengeldkassen in den letzten Jahren fast durchwegs gute bis sehr gute Ergebnisse erzielt haben, während bei den Kassen mit Krankenpflege- und Krankengeldversicherung, welche die beiden Abteilungen rechnerisch getrennt betreiben, in der Eegel ein mehr oder weniger grosser Teil der Überschüsse der Geldversicherung zur Deckung der Defizite der Pflegeversicherung verwendet werden musste. Es ergibt sich daraus, dass die Eeserven der Kassen zur Hauptsache aus den Überschüssen der Geldversicherung gebildet worden sind, so dass, würde man die Eeserven für beide Versicherungszweige ausscheiden, das Bild für die Krankenpflegeversicherung noch ungünstiger wäre.

4. Zur richtigen Beurteilung der dargestellten Entwicklung der Krankenpflegeversicherung ist in Betracht zu ziehen, dass das Bundesamt für Sozialversicherung in den Jahren 1945 bis 1948 mehr als 800 Kassen, und zwar fast ausnahmslos solche mit Krankenpflegeversicherung, verpflichtet hat, zu den bereits in den Vorjahren getroffenen Massnahmen zur Verbesserung ihrer finanziellen Lage weitere derartige Vorkehren zu treffen. Diese Kassen wurden je nachdem verpflichtet, entweder die Beiträge (zum Teil ganz beträchtlich) heraufzusetzen, die Kostenbeteiligung der Mitglieder in der Krankenpflegeversicherung (Selbstbehalt) zu erhöhen, Krankenscheingebühren einzuführen, die Verwaltung einfacher zu gestalten oder in besonders ungünstigen Fällen gewisse freiwillige, nicht absolut notwendige Leistungen einzuschränken. Die Versicherten sind dadurch in der einen oder andern Form in weitem Masse zur Tragung der vermehrten Kosten der Krankenpflegeversicherung herangezogen

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worden. Trotz diesen Massnahmen, den zusätzlichen Bundesbeiträgen und erhöhten Beiträgen von verschiedenen Kantonen und Gemeinden gelang es, im ganzen gesehen, nicht, die Bückbildung der Eeserven im Verhältnis zu den Ausgaben und damit eine Verschlimmerung der finanziellen Lage der Kassen zu verhindern. Selbst die kleine Verbesserung bei den zentralisierten Kassen wäre ohne die zusätzlichen Bundesbeiträge nicht eingetreten. Bei der Heranziehung der Mitglieder zur Deckung der Kosten der Krankenpflegeversicherung muss jedoch immer mehr darauf Bedacht genommen werden, dass die Belastungen nicht zu gross werden. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Krankenversicherung findie weniger bemittelten Versicherten und damit für den grössten Teil der Kassenmitglieder aus einer Wohltat zu einer schwer tragbaren Last wird.

Schon heute steht fest, dass die Kosten der Krankenpflegeversicherung seit 1948 wieder gestiegen sind, und in den kommenden Jahren noch weiter steigen werden. Im Jahre 1948 wurden in verschiedenen Kantonen die Arzttarife im Sinne eines Teuerungsausgleichs erhöht und dadurch den Kassen Kosten verursacht, die erst im Jahre 1949 zur Auswirkung kamen. Auch im Jahre 1949 traten in mehreren Kantonen solche Tariferhöhungen ein, deren Auswirkungen sich erst im laufenden Jahr bemerkbar machen. Darüber hinaus finden aber jetzt noch in gewissen Kantonen zwischen Kassen und Ärzten Verhandlungen über Tariferhöhungen statt, die sich erst in den kommenden Jahren auswirken werden. Das gleiche gilt für die Anpassung der Spitalleistungen der Krankenkassen an die erhöhten Tagestaxen der Krankenanstalten. Bei den Arzneimitteln macht sich eine zunehmende Verschreibung teurer Spezialitäten in der Kassenpraxis bemerkbar, so dass auf diesem Gebiet auch dann, wenn die Preise der Arzneimittel in der nächsten Zeit etwas sinken sollten, im ganzen keine finanzielle Entlastung erwartet werden kann.

Im Jahre 1948 war, wie das Konkordat der Schweizerischen Krankenkassen richtig feststellt, die Morbidität besonders günstig. Daran und in der Erhöhung der Prämien liegt die Ursache, dass die Bechnungsergebnisse der Kassen, insbesondere der zentralisierten, in diesem Jahre etwas besser waren. Aus den günstigen Morbiditätsverhältnissen eines Jahres können aber erfahrungsgemäss für die Zukunft keine Schlüsse gezogen werden. Ein
nur wenig ungünstigerer Verlauf der Morbidität in den kommenden Jahren kann den Kassen ebenfalls beträchtliche vermehrte Auslagen bringen, was übrigens schon in einem gewissen Grade für das Jahr 1949 der Fall gewesen zu sein scheint.

5. Im Hinblick auf diese Sachlage kann auf die Fortsetzung der zusätzlichen Hilfe des Bundes an die Kassen mit Krankenpflegeversicherung zurzeit nicht verzichtet werden. Die reinen Krankengeldkassen bedürfen nach wie vor keiner zusätzlichen Beitragsleistung. Selbst wenn die zusätzlichen Bundesbeiträge in bisherigem Umfange ausgerichtet werden, so werden die meisten Kassen mit Krankenpflegeversicherung nicht darum herum kommen, mit der Zeit in irgendeiner Form die Mitgliederbeiträge für diesen Versicherungszweig nochmals zu erhöhen. Der Wegfall der zusätzlichen Beiträge aber hätte für 700

832 bis 800 Kassen zur Folge, dass die Prämien sofort entsprechend heraufgesetzt werden müssten.

Besonders schwer würde sich dies bei den Gebirgskassen auswirken, welche nicht nur die zusätzlichen Beiträge zu Artikel 35 Kranken- und 'Unfallversicherungsgesetz, sondern auch diejenigen zu den Gebirgszuschlägen gemäss Artikel 37, Absatz l, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz verlieren würden.

Dabei handelt es sich um Kassen, welche mit wenigen Ausnahmen nur die Krankenpflegeversicherung durchführen und deren Mitglieder in bescheidenen Verhältnissen leben. Die Hilfe an die Gebirgskrankenkassen durch die Heraufsetzung der Gebirgszuschläge kann als besonders nötig und zweckmässig bezeichnet werden, weil ihr Umfang mit Eücksicht auf die Verhältnisse der einzelnen Kassen festgesetzt wird.

Nicht mit Unrecht weisen die Kassen auch darauf hin, dass der Anteil der Kopfbeiträge gemäss Artikel 35 Kranken- und Unfallversicherungsgesetz an den Ausgaben der Kassen pro Versicherten seit dem Inkrafttreten des Kranken- und Unfallversicherungegesetzes stark gesunken sei. In der Botschaft zu diesem Gesetz vom 10. Dezember 1906 wird ausgeführt, dass die Kassen, welche ärztliche Behandlung und Arznei gewähren, besser unterstützt werden sollen als jene, welche nur Krankengeld ausrichten. Man rechnete damals mit einem Bundesbeitrag von ca. 60% der jährlichen Kosten je für Krankenpflege versicherte Person. Seither ist der Anteil des ordentlichen Bundesbeitrages gemäss Artikel 35 Kranken- und Unfallversicherungsgesetz an diesen Auslagen im Durchschnitt auf 8,2% gesunken. Zusammen mit dem bisherigen zusätzlichen Beitrag macht er durchschnittlich 12,8% aus. Nur bei den Gebirgskassen sind die Verhältnisse in dieser Beziehung besser, weil hier noch der Gebirgszuschlag dazukommt. Die Kassen waren nicht in der Lage, dieser Steigerung der Ausgaben Halt zu gebieten. Gewiss sind in den im Laufe der Zeit entstandenen Mehrausgaben auch solche enthalten, die auf den Ausbau der Leistungen über den vom Gesetz vorgeschriebenen Umfang hinaus zurückzuführen sind. Sie spielen aber im Verhältnis zu der Verteuerung, die in dieser Zeit durch die Geldentwertung und die Entwicklung der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft verursacht wurde, nur eine untergeordnete Rolle. Die Kassen haben durch diesen relativen Rückgang der Bundesbeiträge
einen so grossen indirekten Subventionsabbau auf sich nehmen müssen, dass die Krankenversicherung, ausser der Unfallversicherung, heute zu dem Zweig der Sozialversicherung geworden ist, für den die öffentliche Hand, d. h. Bund, Kantone und Gemeinden zusammen, verhältnismässig am wenigsten aufwendet. Auch unter diesem Gesichtspunkte rechtfertigt sich eine gewisse Erhöhung der Beiträge an die Krankenpflege Versicherung.

m. Dauer, Höhe und finanzielle Auswirkungen der zusätzlichen Bundesbeiträge 1. Die Krankenkassen ersuchen in ihren Eingaben um Ausrichtung von wenigstens gleich hohen Beiträgen wie für die Jahre 1948 und 1949 sowie um

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deren Gewährung bis zur Revision der Krankenversicherung. Diesem Begehren kann nicht in vollem Umfange entsprochen werden. Die Finanzlage des Bundes würde eher eine Herabsetzung der bisherigen zusätzlichen Beiträge erfordern.

Die Ausrichtung gleicher Ansätze wie bisher muss davon abhängig gemacht werden, dass der Bund die Berechtigung dieser Hilfe an die Kassen ohne Eücksicht auf das naturgemäss Ungewisse Schicksal der Eevision der Krankenversicherung nach Ablauf eines angemessenen Zeitraumes erneut überprüfen kann. Wir schlagen Ihnen deshalb vor, die Ausrichtung gleicher zusätzlicher Bundesbeiträge wie bisher für zwei weitere Jahre zu beschliessen. Soweit die Kassen mit diesen Beiträgen ihr finanzielles Gleichgewicht nicht finden können und Prämienerhöhungen für ihre Mitglieder nicht tragbar sind, muss es den betreffenden Kantonen oder Gemeinden überlassen werden, ihnen die erforderliche Hilfe zu gewähren.

2. Legt man den Berechnungen über die finanzielle Auswirkung des vorhegenden Entwurfes zu einem Bundesbeschluss die Zahl der Versicherten des Jahres 1948 zugrunde, und stellt man für die kommenden Jahre einen durchschnittlichen, jährlichen Zuwachs von 70000 Versicherten in Rechnung (die durchschnittliche Zunahme in den letzten 10 Jahren betrug 86 000 Versicherte), so ergibt sich für das Jahr 1950 eine Ausgabe von 5 900 000 Franken und für das Jahr 1951 eine solche von 6 050 000 Franken. Dabei ist zu beachten, dass die Beiträge jeweils in dem, dem Subventionsjahr folgenden Jahr ausbezahlt werden, so dass die entsprechende Belastung des Bundes ein Jahr später eintritt.

Schon der Umstand, dass die Zahl der Versicherten jetzt gegen 3 000 000 oder rund 65 % der Bevölkerung beträgt, spricht für eine langsamere durchschnittliche Zunahme als früher. Die Krankenkassen erhielten infolge der in den vergangenen Jahren abgeschlossenen Gesamtarbeitsverträgen einen erheblichen Zuwachs an Mitgliedern, ein Vorgang, der im wesentlichen abgeschlossen zu sein scheint. Viele Neueintritte entfielen in der letzten Zeit auch auf die in Industrie und Landwirtschaft beschäftigten Fremdarbeiter. Da deren Zahl im Rückgang begriffen ist, kann erwartet werden, dass in der nächsten Zeit ein Teil der Neueintritte durch Austritte versicherter Fremdarbeiter kompensiert wird.

Über das Ausmass des zu erwartenden Rückgangs des
Mitgliederzuwachses lässt sich zurzeit allerdings nichts Genaues sagen. Wir glauben immerhin mit einer durchschnittlichen jährlichen Zunahme von rund 70 000 Versicherten rechnen zu können.

IV. Bemerkungen zu den einzelneu Artikeln des Entwurfes Artikel l hat den gleichen Wortlaut wie Artikel l der früheren Bundesbeschlüsse.

Artikel 2 stimmt wörtlich mit dem entsprechenden Artikel des Bundesbesehlusses vom 12. März 1948 überein. Er hat sich in der Praxis bewährt, so dass keine Änderung nötig ist.

Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. I.

59

834

Artikel 3 ist ebenfalls aus den früheren Bundesbeschlüssen herübergenommen worden. Er musste bisher nie angewendet werden, ist aber unerlässlich, damit die Kassen allenfalls zu der nötigen Selbsthilfe verhalten werden können.

Artikel 4. Da auch dieser Bundesbeschluss wieder allgemeine Bestimmungen enthält, die praktisch auf eine zeitlich begrenzte Abänderung des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes hinauslaufen, ist der Keferendumsvorbehalt anzubringen.

Wir beehren uns, Ihnen zu beantragen, es sei auf den vorliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss über zusätzliche Beiträge des Bundes an anerkannte Krankenkassen einzutreten und derselbe zum Beschlüsse zu erheben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 4. April 1950.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Leimgruber

«35

(Entwurf)

Bundesbeschluss über

zusätzliche Beiträge des Bundes an anerkannte Krankenkassen für die Jahre 1950 und 1951

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 84bls der Bundesverfassung und nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 4. April 1950, beschliesst :

Art. l Die in Artikel 35, Absatz l, lit. a und b, und Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung festgesetzten Bundesbeiträge werden für die Jahre 1950 und 1951 erhöht: a.

b.

> c.

Bundes-

für Kinder um 2 Franken 50; für Frauen, welche für Krankenpflege (ärztliche Behandlung und Arznei) versichert sind, um 3 Franken 50; für Männer, welche für Krankenpflege (ärztliche Behandlung und Arznei) versichert sind, um l Franken.

Art. 2 Der in Artikel 37, Absatz l, des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung festgesetzte Gebirgszuschlag an Kassen in dünn bevölkerten Gebirgsgegenden mit geringer Wegsamkeit kann in besondern Fällen bis auf 10 Franken für jedes versicherte Mitglied erhöht werden.

Geb z

ÌfE9" TMc

836

Art. 8 Bedingungen

x

Mit der Gewährung der erhöhten Bundesbeiträge können besondere Anordnungen über die finanzielle Sicherheit der Kasse, die Beteiligung der Mitglieder an den Krankenpflegekosten, die Verwaltung, die Bechnungsführung und Bilanzierung verbunden, und es kann der Wegfall sowohl der zusätzlichen als auch der ordentlichen Bundesbeiträge verfügt werden, wenn die Kasse den ergangenen Weisungen nicht nachkommt, 2 Die Kassen haben den Aufsichtsbehörden die erforderlichen Unterlagen über den Geschäftsgang und die nötigen Statistiken einzureichen.

Art. 4 AusführungaVorschriften

x

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Bundesbeschlusses Beauftragt und erlässt die hiezu erforderlichen Ausführungsvorschriften.

2

Der Bundesrat wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung diesesBundesbeschlusses zu veranlassen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über zusätzliche Beiträge des Bundes an anerkannte Krankenkassen für die Jahre 1950 und 1951 (Vom 4. April 1950)

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

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