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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erteilung einer neuen Konzession für die Birsigtalbahn (Vom 24. Februar 1950)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Mit Beschluss vom 30. Oktober 1909 (EAS 25, 253) erteilte die Bundesversammlung der Birsigtalbahn eine einheitliche Konzession an Stelle der damaligen 3 Konzessionen für die Strecken von Basel nach Therwil, von Therwil nach Müh und von Fluh durch das Leimental nach Eodersdorf. Sie ist befristet bis 81. Dezember 1949. Mit Eingabe vom 30. Juli 1949 ersucht die Gesellschaft um Erneuerung der Konzession für weitere 50 Jahre.

Eine Einstellung des Betriebes dieser elektrischen Schmalspurbahn kommt selbstverständlich nicht in Frage, besitzt sie doch für die von ihr bediente Gegend grosse volkswirtschaftliche Bedeutung. In den letzten Jahren beförderte sie je über 3 Millionen Personen. Besonders wichtig ist sie für den Berufsverkehr, nicht zuletzt aber auch für den Ausflugsverkehr. Seit ihrer Gründung im Jahre 1887 betrug die mittlere Dividende 4,3 %, und in den letzten 6 Jahren konnte das Aktienkapital von l Million Franken regelmassig mit 5% verzinst werden.

Trotz ihrer bescheidenen Betriebslänge von nur 16 km berührt die Bahn drei Kantone und französisches Staatsgebiet. Die interessierten Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Solothurn haben sich mit der Erneuerung der Konzession einverstanden erklärt und haben, wie auch die Bahngesellschaft selbst, dem vorliegenden Konzessionsentwurf zugestimmt. Der Betrieb der in Frankreich gelegenen Strecke bildet Gegenstand einer Konzession der zuständigen französischen Behörde.

Der nachstehende Konzessionsentwurf entspricht in seinem Inhalt den heute üblichen Bestimmungen. Die in Artikel 11 vorgesehene Begelung der maximalen Tarife nimmt auf die infolge des Krieges nötig gewordenen Taxerhöhungen Eücksicht. Sie enthält ausserdem den erforderlichen Spielraum,

571 um der Aufsichtsbehörde zu ermöglichen, gewisse später sieh allenfalls aufdrängende Taxerhöhungen ohne Änderung der Konzession bewilligen zu können.

Wir empfehlen Ihnen den Beschlussesentwurf zur Annahme.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 24. Februar 1950.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Max Petitpierre 8980

Der Bundeskanzler: Leimgruber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Erteilung einer neuen Konzession für die Birsigtalbahn

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in ein Gesuch der Birsigtalbahn AG., in Basel, vom 30. Juli 1949, in eine Botschaft des Bundesrates vom 24. Februar 1950, beschliesst : I.

Der Birsigtalbahn AG., in Basel, wird zu den nachstehend angeführten Bedingungen eine neue Konzession für den Bau und Betrieb der elektrischen Schmalspurbahn von Basel nach Eodersdorf erteilt.

Art. l Gesetzgebung

Die jeweiligen Bundesgesetze sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen sind jederzeit genau zu beachten.

Art. 2 Nebenbahn

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3 Dauer

Die Konzession wird für die Dauer von 50 Jahren, d. h. bis 31. Dezember 1999, erteilt.

Art. 4 sitz

Der Sitz der Gesellschaft ist in Basel.

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Art. 5 Die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrates, der Direktion und gegebenenfalls des Direktionsausschusses soll aus Schweizerbürgern, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, gebildet werden.

Nationalität

Art. 6 Mit Bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen zum Betrieb Bg£entuchener der Bahn gelten die einschlägigen Vorschriften der zuständigen Behörden strassen der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft, soweit sie nicht mit den Bestimmungen der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung in Widerspruch stehen.

Art. 7 Die Ausführung von Bauten sowie der zum Betrieb erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, die gemäss den bundesrechtlichen Vorschriften über die Planvorlagen für Eisenbahnbauten vorher durch die Aufsichtsbehörde genehmigt worden sind.

Die Aufsichtsbehörde ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung dieser Anlagen zu verlangen, wenn eine solche für die Betriebssicherheit notwendig erscheint.

Bauplane

Art. 8 Die Konzessionärin übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck, Gütern und lebenden Tieren.

Art. 9 Der Konzessionärin ist im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Verkehrszeiten festzusetzen. Immerhin sind die Fahrpläne nach den geltenden Bestimmungen vor der Inkraftsetzung der Aufsichtsbehörde, die auch über die Fahrgeschwindigkeit der Züge entscheidet, zur Genehmigung vorzulegen.

Transporte

Fahrplan

Art. 10 Die Zahl der Wagenklassen für die Beförderung von Personen wird Wagenklassen durch die Aufsichtsbehörde festgesetzt.

Art. 11 Die Gesellschaft ist berechtigt, für die Beförderung von Personen höchstens 21 Eappen in der 2. Wagenklasse und höchstens 15 Eappen in der 3. Wagenklasse für den Kilometer der Bahnlänge zu erheben.

Tarife

574 Für Hin- und Bückfahrt ist der Fahrpreis gegenüber der doppelten Taxe einfacher Fahrt um mindestens 20% zu ermässigen.

Die Konzessionärin ist gehalten, Abonnemente zu ermässigten Taxen nach mit der Aufsichtsbehörde zu vereinbarenden Bestimmungen auszugeben.

Für die Beförderung von Eeisegepäck darf eine Taxe von höchstens 15 Eappen und für Güter eine solche von 10 Eappen für 100 Kilogramm und den Kilometer erhoben werden. Bei Beförderung von Gütern in Wagenladungen von mindestens 5000 Kilogramm ist eine Ermässigung zu gewähren. Für Güter in Eilfracht können die Taxen um 50% erhöht werden.

Es sind die den Interessen des Handels, der Industrie und der Landwirtschaft dienenden Ausnahmetarife einzuführen.

Für die Beförderung lebender Tiere können Taxen erhoben werden, die nach Klassen abzustufen sind und den Betrag von 60 Eappen für die höchste und 10 Eappen für die niedrigste Tarifklasse pro Stück und Kilometer nicht übersteigen dürfen.

Art. 12 Annen- und Polizeitransporte

Personen, deren Mittellosigkeit durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörden bezeugt wird, sind zum halben Preis zu befördern.

Für Polizeitransporte, die von eidgenössischen oder kantonalen Behörden angeordnet werden, sind die vom Bundesrat erlassenen besonderen Vorschriften massgebend.

Art. 13 Eeglemente und Tarifbestimmungen

Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Eeglemente und Tarife aufzustellen und der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 14

Reservefonds

Die Konzessionärin ist verpflichtet, einen allgemeinen Eeservefonds zu äufnen.

Art. 15

Haftpflichtversicherung

Die Konzessionärin hat sich gegen die Folgen ihrer in der Bundesgesetzgebung über die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen und der Post umschriebenen Haftpflicht bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung oder einer andern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern.

Die Verträge über die Haftpflichtversicherung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

575 Art. 16 Die Konzessionärin hat für das ständige Personal eine Dienstalterskasse oder eine Pensionskasse einzurichten oder es bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung oder einer andern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern.

Sie hat dafür zu sorgen, dass das Personal gegen die wirtschaftliehen Folgen von Krankheit versichert ist.

Die Eeglemente und Jahresrechnungen über die Personalfürsorge bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

FeiBonalffirsorge

Art. 17 Den eidgenössischen Beamten, denen die Aufsicht über den Bau und Betrieb der Bisenbahnen obliegt, ist zu jeder Zeit freie Fahrt und freier Zutritt zu allen Teilen der Anlagen zu gewähren. Das zur Vornahme von Untersuchungen nötige Personal und Material, Pläne inbegriffen, ist ihnen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Konzessionärin und ihr Personal haben ferner den mit der Kontrolle betrauten Organen alle hiefür notwendigen Auskünfte zu erteilen.

Kontrolle

Art. 18 Die Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass Beamte und Angestellte der Eisenbahn, die bei Ausübung ihres Dienstes zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen die nicht von der Verwaltung selbst eingeschritten wird, gemassregelt oder entlassen werden.

Art. 19 Für die Ausübung des Eückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch macht, der Kantone, für die auf ihrem Gebiet gelegenen Linien, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf des ganzen Netzes oder nur von Teilstrecken kann jederzeit erfolgen. Er ist der Konzessionärin drei Jahre zum voraus schriftlich anzukündigen.

b. Durch den Eückkauf wird der Bund Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allem übrigen Zubehör. Immerhin bleiben die Eechte Dritter hinsichtlich der Krankenkasse und der Alters-, Invaliditäts- und Hinterlassenenversicherung vorbehalten.

Zu welchem Zeitpunkt der Eückkauf auch erfolgen mag, ist die Bahn samt Zubehör in gutem Zustande abzutreten. Sollte dieser Pflicht nicht Genüge getan werden, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Eückkaufssumme in Abzug zu bringen.

Disziplinarmasanahmen

Eückkauf

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e. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt den zweiundzwanzigeinhalbfachen Wert des durchschnittlichen Eeinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkt, in welchem der Rückkauf notifiziert wird, unmittelbar vorangehen, unter Abzug des Sollbestandes der gesetzlichen Abschreibungen auf den Anlagen. Bei Ermittlung des Eeinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung, mit Ausschluss aller andern etwa damit verbundenen Geschäftszweige, in Betracht und Berechnung gezogen werden.

Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, einschliesslich der gesetzlichen Abschreibungen auf den Anlagen.

Im Falle des Rückkaufs im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Bundes entweder der Betrag der Anlagekosten unter Abzug des Sollbestandes der gesetzlichen Abschreibungen auf den Anlagen oder eine durch bundesgerichtliche Schätzung zu bestimmende Entschädigung zu bezahlen.

d. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 20

Bückkauf dfnfjsänton

Hat der Kanton die Bahn zurückgekauft, so ist der Bund dennoch jederzeit befugt, sein Ruckkaufsrecht gegenüber dem Kanton auszuüben, und der Kanton hat die Bahn dem Bunde unter den gleichen Rechten und Pflichten abzutreten, wie dieser von der Konzessionärin zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses, der rückwirkend auf den 1. Januar 1950 in Kraft tritt, beauftragt.

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02.03.1950

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