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Bundesblatt 102. Jahrgang

Bern, den 9. November 1950

Band III

Erscheint wöchentlich. Preis 28Frankenn im Jahr, 15 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern

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I. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1950) (Vom 2. November 1950)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen unter Vorlage der Akten über 88 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

Gemäss Bundesgesetz über das Zollwesen sind bestraft worden (l--51) : 1. Charles Werlen, 1909, Bankbeamter, Genf, verurteilt wegen Goldschmuggels durch die folgenden zu einer einzigen Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 10. November 1949 zusammengefassten Straf entscheide : a. Wegen Anstiftung seines Bruders zu Ausfuhrbannbruch von Goldstücken im Werte von Fr. 73 200 zu Fr. 14640 Busse, die am 4. Januar 1950 im Sinne der Wiedererwägung herabgesetzt wurde auf Fr. 12 200; b. wegen gewerbsmässiger Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Goldstücken im Werte von Fr. 610 000 zu Fr. 61000 Busse, sowie c.

wegen gewerbsmässiger Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch von 38 kg Industriegold in Barren im Werte von Fr. 188 860 zu Fr. 18 886 Busse. Vom Gesamtbetrag von Fr. 92 086 konnte wegen nachträglicher Unterziehung ein Viertel erlassen werden, so dass sich die zu zahlende Gesamtbusse auf Fr. 69 064.50 beläuft. Davon sind heute total Fr. 24150.55 gedeckt und zwar wurden Fr. 3000 zur Auslösung des im Strafverfahren beschlagnahmten Automobils bezahlt und Fr. 21 150.55 stellen den Gegenwert eines in der Strafuntersuchung beschlagnahmten und in der Folge als Sicherheit für die in Aussicht stehenden Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. III.

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306 Bussen des Gesuchstellers und seines Bruders hinterlegten Betrages in französischer Währung dar, der auf Begehren Werlens in Schweizerfranken umgewandelt worden war.

Der Verurteilte ersucht durch einen Eechtsanwalt um Brlass des sich noch auf Fr. 44913.95 belaufenden Bussenrestes. Er macht geltend, über keine Mittel zu weiteren Zahlungen zu verfügen, so dass er im Palle der Umwandlung trotz seiner bisherigen Zahlungen noch volle drei Monate Haft verbüssen müsste. Ausserdem sei ihm die Kündigung seines Arbeitsplatzes in Aussicht gestellt worden, da eine dreimonatige Abwesenheit im Geschäft nicht tragbar sei. Da es schwer halten würde, in Genf eine neue Arbeitsgelegenheit bei einem Wechselagenten zu finden, würde er gezwungen, ausser Landes zu gehen.

Werlfn ist in kinderloser Ehe verheiratet, hat jedoch ein 4jähriges Töchterchen adoptiert. Er wohnt nach den vorliegenden Berichten in einer komfortablen Wohnung. Seine 'Verhältnisse sind geordnet. Seit 13 Jahren arbeitet er in der gleichen Stelle bei einem Wechselagenten. Über Vermögen will er nicht verfügen. Mit seiner Ehefrau lebt er in Gütertrennung.

Wir möchten zunächst darauf hinweisen, dass Werlen, ohne in irgendwelcher Notlage gewesen zu sein, diese Goldschiebereien vorsätzlich und gewerbsmässig betrieben hat. Er kannte als Fachmann die Folgen seines Verhaltens im Falle der Entdeckung genau, setzte sich jedoch im Hinblick auf den in Aussicht stehenden reichen Gewinn über diese Bedenken hinweg. Überdies hat er noch Dritte angestiftet. Es steht ihm somit schlecht an, sich heute über die eingetretenen Konsequenzen beklagen und um Gnade nachsuchen zu wollen.

Dass Werlen bei Nichtzahlung des Bussenrestes die gleiche Haftdauer wartet, wie wenn er noch überhaupt nichts bezahlt hätte, mag er als besondere Härte empfinden. Demgegenüber sei festgestellt, dass der Verurteilte durch die gesetzliche Beschränkung der Umwandlungsstrafe auf höchstens 8 Monate Haft jenen Gebüssten gegenüber, die für einen Bussenbetrag von Fr. 900 oder wenig darüber im Falle der Nichtzahlung ebenfalls 3 Monate Haft in Kauf nehmen müssen, bereits ausserordentlich bevorteilt erscheint. Die von Werlen behauptete Härte ist eine sich auf dem Gesetz ergebende Folge des Vollzuges, die für sich allein ohne das Vorliegen eigentlicher Kommiserationsgründe ein gnadenweises Entgegenkommen
nicht gestattet. Da zwingende andere Gründe weder geltend gemacht werden, noch sonst bekannt sind, beantragen wir mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

2. Adrien Berthet, 1896, französischer Staatsangehöriger, Autotransportbegleiter, Gaillard (Frankreich), durch S traf Verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldeparternentes vom 19. Oktober 1946 zu einer Busse von Fr. 48 641.40 verurteilt, unter Nachlass eines Viertels wegen nachträglicher Unterziehung, weil er in den Jahren 1944/45 10 632 Goldstücke im Werte von über Fr. 824 000 widerrechtlich aus der Schweiz ausgeführt hat. Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am

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14. Januar 1948 abgewiesen; ebenso in der Dezembersession 1948 durch die Vereinigte Bundesversammlung ein erstes Begnadigungsgesuch (vgl. Antrag 153 des II. Begnadigungsberichtes vom 11. November 1948; BB1 III, 739).

Im Mai dieses Jahres hat der Verurteilte durch seinen Verteidiger ein zweites Gnadengesuch einreichen lassen, in welchem unter Hinweis auf seine heutigen schwierigen Verhältnisse der Erlass des Bussenrestes verlangt wird oder doch zum mindesten eine wesentliche Herabsetzung, bei Bewilligung von monatlichen Teilzahlungen von SFr. 50. In seinem Gesuch lässt Berthet ausführen, er habe bis jetzt, trotzdem er in Frankreich wohne, insgesamt SFr. 20 408.50 an die Busse bezahlt. Seine finanzielle Lage sei aber derart, dass ihm die weitere Tilgung der Bussenschuld fast nicht mehr möglich sei; unter keinen Umständen jedenfalls im Ausmass der von der Oberzolldirektion geforderten Monatsbetreffnisse von Fr. 500. Würde der Bussenrest heute umgewandelt, so müsse er drei Monate Haft verbüssen, ohne dass seine bisherigen bedeutenden Leistungen in Berücksichtigung gezogen werden könnten. Dadurch geschehe ihm im Hinblick auf jene Mitbeschuldigten, die überhaupt nichts bezahlt hätten oder die die Vollstreckungsverjährung im Ausland abwarteten, unrecht. Ausserdem sei er wegen der Veröffentlichung des Begnadigungsantrages im Bundesblatt anlässlich der Behandlung seines ersten Gesuches in Frankreich in der gleichen Sache ebenfalls schwer bestraft worden, was ihn gänzlich ruiniert habe.

Aus eigenen Mitteln hat Berthet bisher insgesamt Fr. 4300 bezahlt. Ausserdem konnte ihm eine von einem Mitbeschuldigten entrichtete Hinterlage von Fr. 16 308.50 an die Busse angerechnet werden, so dass insgesamt Fr. 20 608.50 getilgt sind.

Eine Wiedererwägung des Entscheides der Bundesversammlung aus dem Jahre 1948 wird nur in Betracht gezogen werden können, sofern heute Kommiserationsgründe vorliegen. Die im zweiten Gesuch enthaltenen neuen Vorbringen beschränken sich im wesentlichen auf die Behauptung der seit damals weiterhin verschlechterten finanziellen Lage, den bekundeten Zahlungswillen, sowie auf den Hinweis, Berthet sei durch die Publikation des Begnadigungsantrages des Bundesrates im Bundesblatt weiterer Schaden entstanden.

Wie weit sich die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers seit Abweisung des ersten
Gesuches verschlechtert haben, ist schwer festzustellen, da dieser im Ausland Wohnsitz hat. Nach den durch die Oberzolldirektion angestellten Erkundigungen ist die wirtschaftliche Lage heute offenbar nicht gut.

Schon im Begnadigungsantrag aus dem Jahre 1948 wurde indessen davon ausgegangen, der Gesuchsteller lebe in bescheidenen Verhältnissen und die Bezahlung der Busse werde ihm schwer fallen. Dass seither eine Verschlechterung eingetreten wäre, ist nicht nachgewiesen worden. -- Was die geltend gemachten Zahlungen anbetrifft, so beziffern sich diese seit Abweisung des ersten Gesuches im Dezember 1948 auf Fr. 1800. Ausstehend sind heute noch Fr. 28 032. Die bisherigen Leistungen Berthets werden durchaus anerkannt, doch kann die

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teilweise Verbiissung einer Strafe nicht zugleich als Kommiserationsgrund geltend gemacht und zur Begründung des Erlasses für die Restschuld herangezogen werden. Soweit der Gesuchsteller die ungerechten Folgen der Umwandlung der Busse in Haft hervorhebt, so stellen wir fest, dass eine solche noch gar nicht ausgesprochen worden ist und dass es deshalb verfrüht wäre, hiezu Stellung zu nehmen. -- Was endlich die durch Veröffentlichung des bundesrätlichen Antrages zum ersten Gesuch im Bundesblatt angeblich entstandenen Nachteile anbetrifft, so bilden auch diese keinen Kommiserationsgrund. Berthet bzw. sein Anwalt mussten sich bei Einreichung eines Gnadengesuches zum vornherein über die Tatsache der Veröffentlichung und deren Folgen im Klaren sein und die Konsequenzen einkalkulieren. Dass sich der "Verurteilte übrigens auch gegen die französischen Gesetze vergangen hat und die entsprechende Strafe auf sich nehmen musste, dürfte kaum als Empfehlung zu werten sein und kann auch nicht als Begnadigungsgrund anerkannt werden.

Gesamthaft bringt Berthet überhaupt keine erheblichen neuen Tatsachen vor. Die Situation ist noch genau so, wie sie im Bericht des Bundesrates vom 11. November 1948 dargelegt worden ist: dass nämlich, nachdem Berthet bereits der gesetzliche Viertel der ihm auferlegten Busse erlassen worden ist, kein Anlass besteht, ihm als Ausländer, der in Ausnutzung des ihm in der Schweiz gewährten Gastrechts die schweizerischen Gesetze in gewissenloser Weise und aus reiner Gewinnsucht fortgesetzt und schwer verletzt hat, gnadenweise entgegenzukommen. Wir b e a n t r a g e n deshalb erneut die Gesuchsabweisung, unter Ansetzung einer Frist von 8 Jahren, innerhalb welcher Berthet das Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 8 StGB). Dem Gesuchsteller werden nach wie vor Zahlungserleichterungen zugesichert, allerdings nicht in dem von ihm verlangten Ausmass. Wurden nämlich monatliche Teilzahlungen von Fr. 50 bewilligt, so würde die Eintreibung der Busse sich noch über mehr als 45 Jahre erstrecken, was vom Gesichtspunkt des Strafvollzuges aus eine völlige Unmöglichkeit darstellt.

3. Michel Casali, 1892, Bankangestellter, Genf, durch S traf Verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 19. Oktober 1946 zu einer Busse von Fr. 43 788.57 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen
vorbehaltloser Unterziehung, weil er einem Mitbeschuldigten 37 540 Goldstücke im Werte von Fr. l 134 970 geliefert hat, obschon er genau wusste, dass dieses Gold zur illegalen Ausfuhr nach Frankreich bestimmt war. Eine gegen diese S traf Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 10. Januar 1948 abgewiesen. Ebenfalls abgewiesen wurde in der DezemberSession 1948 von der Vereinigten Bundesversammlung ein erstes Gnadengesuch, jedoch mit dem Hinweis, dass bei späterer Erneuerung des Gesuches ein Entgegenkommen dann ins Auge gefasst werden könnte, wenn der Verurteilte bis dahin keinen Anlass zu neuen Klagen biete und sich ausserdem anstrenge, ansehnliche weitere Teilzahlungen zu leisten (vgl. Antrag 154 des Berichtes vom 11. November 1948; BB1 III, 740).

309 Durch einen Eechtsanwalt hat Casali sein Gesuch im Mai 1950 erneuert.

Unter Hinweis auf seine bisherigen Zahlungen und die Gründe, die bereits im ersten Gesuch vorgebracht wurden, ersucht er um Erlass der sich noch auf Fr. 17101.05 belaufenden Eestbusse.

Casali hat die von der Begnadigungsbehörde für ein Entgegenkommen aufgestellten Bedingungen nicht erfüllt. Wohl sind vom Verurteilten seit Abweisung des ersten Gesuches weitere Fr. 6600 bezahlt worden. Dagegen musste Casali am 12. Dezember 1949 wegen gleichartiger Goldschiebereien erneut zu einer Zollbusse von rund Fr. 6500 verurteilt werden. Der Gesuchsteller hat damit eindeutig bewiesen, dass er eines Vertrauensbeweises nicht würdig ist.

Wir b e a n t r a g e n G e s u c h s a b w e i s u n g , unter Ansetzung einer Frist von 8 Jahren, innerhalb welcher Casali sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

4. Pierino Tarchini, 1911, Kaufmann, Lugano (Tessiri), verurteilt durch Strafverfügungen der Eidgenossischen Oberzolldirektion wie folgt: a. Am 26. September 1946 zu Fr. 13 087.50 Busse, weil er im Jahre 1946 fortgesetzt, gewerbsmässig und unter Anwerbung mehrerer Personen beim Ausfuhrschmuggel mit Zigaretten und Autopneus Gehilfenschaft leistete. Die gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 21. Dezember 1946 abgewiesen. Als Tarchini auch nach Abweisung eines ersten Gnadengesuches (vgl. Antrag 84, des Berichtes vom 6. November 1947; BB1. III, 462) keine Zahlungen leistete, wurde die Busse vom Gerichtspräsidenten von Lugano-Stadt am 9. Dezember 1949 in 3 Monate Haft umgewandelt. 6. Am 26. September 1946 wegen Zollhehlerei zu Fr. 855 Busse, weil er die von den italienischen Schmugglern anlässlich ihrer Grenzübertritte im unter a erwähnten Zigarettenschmuggel aus Italien mitgebrachte Waren übernahm und nach Lugano beförderte. Ausserdem kaufte er einen Posten geschmuggelte Waren von seinem italienischen Auftraggeber.

Wegen Uneinbringlichkeit erfolgte am 9. Dezember 1949 die Umwandlung der Busse in 85 Tage Haft. c. Am 15. November 1946 zu Fr. 5985 Busse wegen Lieferung von Zigaretten an ihm bekannte Schmuggler und Verbringung der Ware an die Grenze. Diese Busse bildete ebenfalls Gegenstand des bereits erwähnten ersten Gnadengesuches. Da nach dessen Abweisung keine
Zahlungen eingingen, erfolgte auch hier die Umwandlung der Busse in 3 Monate Haft.

d. Am 22. April 1947 wegen Zollhehlerei zu Fr. 4688 Busse, weil er von italienischen Schmugglern 1638 m Seidengewebe übernahm, nach Zürich spedierte und dort verkaufte, und weil er ferner einen weiteren Posten von 578 m geschmuggelter Seidengewebe vermittelte. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom Eidgenössischen Finanz und Zolldepartement am7. Juli 1947 abgewiesen. Die Umwandlung in 3 Monate Haft wegen Uneinbringlichkeit erfolgte am 11. April 1949. -- Wegen Bückfalles konnte für keine der vier Bussen ein Nachlass gewährt werden.

310 In vier gleichlautenden Schreiben ersuchte Tarchini am 25. Februar 1950 um Herabsetzung der Bussen auf die Hälfte und um Einräumung der Möglichkeit, die jeweiligen Bussenreste in 80 Teilzahlungen zu entrichten. Lasse man ihn die Haftstrafen verbtissen, so müsste er ein ganzes Jahr im Gefängnis verbringen, was seine Familie in schwere Not stürzen würde. Er sei ausserdem leberkrank, und die lange Haft würde seiner Gesundheit weiteren Schaden zufügen.

Es handelt sich beim Gesuchsteller um einen ausgesprochenen Berufsschmuggler, der rückfällig und ausserdem auch kriegswirtschaftlich und gemeinrechtlich vorbestraft ist. Ein Gnadenakt kann somit bereits aus Gründen der fehlenden persönlichen Würdigkeit nicht befürwortet werden. Tarchini hat zudem bis heute nicht den geringsten Sühnewillen bekundet. Was von seinem im Gesuch erneut abgegebenen Zahlungsversprechen zu halten ist, ergibt sich auch daraus, dass er durch seinen Anwalt die Behandlung der vorliegenden Gnadengesuche erst in der Dezembersession 1950 erbeten liess, um Gelegenheit zur Leistung von Zahlungen zu erhalten. Obschon diesem Gesuche entsprochen wurde, hat der Verurteilte nichts von sich hören lassen. Es muss somit angenommen werden, dass mit dem Ersuchen um Begnadigung und den dabei abgegebenen Zahlungsversprechen nichts anderes bezweckt wird, als in trölerischer Weise den Vollzug hinauszuschieben. Wir b e a n t r a g e n deshalb die G e s u c h s a b w e i s u n g , mit der Bedingung, dass Tarchini für diese 4 Strafen sein Gesuch nicht vor Ablauf von 3 Jahren erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

5. Isaia B e r e t t a , 1890, Posthalter und Stationsvorstand, Verdasio (Tessin), 6. Addolorata B e r e t t a , 1892, Hausfrau, Verdasio, 7. Candido B e r e t t a , 1923, Angestellter, zur Zeit Pratteln (Baselland), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 6. Juli 1946 zu einer gemeinsamen Busse von Fr. 16853.84, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Die drei Verurteilten wurden je für die ganze Busse solidarisch haftbar erklärt; für den Fall einer Umwandlung wurde der Anteil eines jeden jedoch auf einen Drittel festgesetzt.

Auf eine gegen die Strafverfügung verspätet eingereichte Beschwerde konnte das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement nicht mehr eintreten.

Die Verurteilten
haben sich gemeinsam umfangreicher Zollhehlereien schuldig gemacht, indem sie während mehr als einem Jahr bei italienischen Schmugglern bestellte und von diesen ins Haus gelieferte Waren aller Art, teils durch Vermittler, zum grössten Teil aber unter Ausnützung der Stellung Isa'ia Berettas als Posthalter, in Form von Postpaketen an zahlreiche Abnehmer zum Versand brachten. In etlichen hundert solcher Sendungen wurden neben anderen Waren allein mehr als 4000 kg Eeis abgesetzt.

Zu einem von Beretta für sich und die Mitverurteilten eingereichten ersten Begnadigungsgesuch wurde vom Bundesrat für die Junisession 1948 in ab-

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weisendem Sinne Antrag gestellt (vgl. Anträge 277 bis 279 des Berichtes vom 26. Mai 1948; BB1 II, 555 ff.). Die Vereinigte Bundesversammlung ist dem übereinstimmenden Antrag der Begnadigungskommission und des Bundesrates jedoch nicht gefolgt, sondern hat das Gesuch zur nochmaligen Überprüfung der finanziellen Verhältnisse der Verurteilten an die Kommission zurückgewiesen. In ihrem Bericht an die Vereinigte Bundesversammlung für die Dezembersession 1948 kam die Begnadigungskommission nach erneuter eingehender Würdigung der verschiedenen inzwischen neuerdings eingeholten Berichte zum Schiusa, dass dem Gesuchsteller die Bezahlung wenigstens eines Teils der Busse zugemutet werden könne und angesichts der Schwere der Verfehlungen auch zugemutet werden müsse. Daran vermöge auch die neuerdings geltend gemachte Krankheit der Ehefrau des Gesuchstellers und seiner eigenen Person nichts zu ändern. Habe Beretta seinen Zahlungswillen bekundet, so stehe es ihm frei, ein neues Begnadigungsgesuch einzureichen. Die Vereinigte Bundesversammlung folgte diesmal dem Antrag ihrer Kommission und wies das Gesuch in der Wintersession 1948 ab.

Isaia Beretta hat am 9. September 1950 sein Gnadengesuch erneuert. Er verweist auf die früheren Begnadigungsakten und macht wiederum geltend, für eine grosse Familie sorgen zu müssen. Seiner Eeue habe er bereits Ausdruck verliehen ; er verstehe, dass die ihm gegenüber gezeigte Härte den gesetzlichen Vorschriften entspreche und irn Interesse des Landes liege.1 Heute seien einige seiner Söhne erwerbstätig; sein Einkommen erhöhe sich dadurch jedoch nicht, da sie sich zu verheiraten gedächten. Nach dem Entscheid über sein erstes Gesuch habe er Zahlungen geleistet, um sich von seiner Schuld zu befreien. Insgesamt habe er Fr. 6780 an die Busse entrichtet, wovon Fr. 5000 aus einer dieses Jahr fällig gewordenen Lebensversicherung, die seine Ersparnisse dargestellt hätten. Er habe somit alles getan, um seinen Sühnewillen kundzutun.

Für den Abweisungsantrag zum ersten Gesuch Hess sich der Bundesrat im wesentlichen von der Überlegung leiten, das renitente Verhalten Berettas im Strafvollzug, die Gewerbsmässigkeit seiner Widerhandlungen, die durch die Ausnützung seiner Stellung als Posthalter und eidgenössischer Beamter bei der Tatbegehung gezeigte Skrupellosigkeit, sowie endlich die durchaus
geordneten finanziellen Verhältnisse der Gesuchsteller rechtfertigten ein Entgegenkommen derzeit nicht. Auch sah sich der Bundesrat schon damals veranlasst, im Hinblick auf die vielen weit weniger belasteten und in ungünstigeren finanziellen Verhältnissen lebenden abgewiesenen Gesuchsteller die Frage der Eechtsgleichheit aufzuwerfen.

Zum neuen Gesuch der Verurteilten kann zunächst festgestellt werden, dass durch Zahlung von insgesamt Fr. 6980 inzwischen der Suhnewille unter Beweis gestellt worden ist. Diese Tatsache genügt jedoch zur Begründung eines Gnadenaktes nicht, sondern kann sich höchstens bei der Bewertung der Begnadigungswürdigkeit auswirken. Für ein gnadenweises Entgegenkommen unerlässlich ist das Vorliegen von Konamiserationsgründen, d. h. das Vorhandensein von ausserhalb des Urteils oder dessen Vollzug hegenden Tatsachen, die

312 eine entscheidende Verschlechterung der persönlichen oder der finanziellen Verhältnisse eines Verurteilten seit dem Urteil im Gefolge haben. Es ist somit zu prüfen, ob eine derartige Entwicklung bei Beretta Vater, Ehefrau und Sohn eingetreten ist.

Die finanzielle Lage der Gesuchsteller wurde seinerzeit in einem bei den Akten liegenden Bericht der Bundesanwaltschaft an die Begnadigungskommission vom 15. November 1948, der sich auf Berichte der Generaldirektion PTT, der Postdirektion Bellinzona, der Polizeidirektion des Kantons Tessin und der Bundesanwaltschaft stützte, eingehend dargelegt. Wir verweisen auf jene Ausführungen und stellen fest, dass die damalige wirtschaftliche Lage Berettas und seiner Familie als gut bezeichnet werden muss. Inzwischen haben sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Gesuchsteller -- abgesehen von dem durch die bisherigen Zahlungen möglicherweise hervorgerufenen Eückschlag im Vermögen, der jedoch nicht ausschlaggebend ins Gewicht fallen kann -- nicht geändert. Im Gegenteil ist,eine Besserung insofern festzustellen, als verschiedene seiner Kinder ihm heute nicht mehr zur Last fallen und eigenes Einkommen aufweisen. So versteuern nach dem Mitbericht der Oberzolldirektion vom 2. Oktober 1950 die mit den Eltern noch in gemeinsamem Haushalt lebenden 9 Kinder eigenes Einkommen von insgesamt nahezu Fr. 12 000. Was den mitverurteilten, immer noch in Pratteln (Baselland) wohnhaften, jedoch nun in Basel tätigen Sohn Candido betrifft, so wird er weder am Wohnort noch im Kanton Tessin besteuert. Die Oberzolldirektion sah sich deshalb veranlasst, an den Arbeitgeber zu gelangen, wodurch festgestellt werden konnte, dass dieser Verurteilte in der Zeit vom 7. Juni 1949 bis 27. September 1950, somit in etwas mehr als 15 Monaten an Lohn Fr. 7595 bezogen hat. Da Candido Beretta ledig und mit Unterstützungspflichten nicht ( belastet ist, so müssen auch ihm angemessene Leistungen an die Busse, für die auch er solidarisch haftet, deren Abtragung bisher jedoch ausschliesslich durch Zahlungen Vater Berettas erfolgt ist, zugemutet werden. -- Die heutigen finanziellen Verhältnisse lassen somit keine Verschlechterung erkennen, weshalb sich von diesem Gesichtspunkt aus ein Gnadenerlass jedenfalls nicht rechtfertigen lässt.

Aber auch in den persönlichen Verhältnissen ist eine
Veränderung nicht zu verzeichnen. Wohl wird nach wie vor der angegriffene Gesundheitszustand der Eheleute Beretta geltend gemacht und ein dem Gesuch beigelegtes ärztliches Zeugnis bescheinigt auch, dass sich die beiden unter ärztlicher Kontrolle befinden. Indessen handelt es sich nicht um schwere Krankheiten, die einen Verdienstausfall nach sich ziehen, der einzig unter Umständen ein Entgegenkommen rechtfertigen könnte; weder ist durch diese Leiden Isaia Beretta an der Verrichtung seiner dienstlichen Pflichten gehindert, noch wird dadurch seiner Ehefrau die Erfüllung ihrer Aufgaben als Hausfrau unmöglich gemacht.

Die übrigen Umstände, die den Bundesrat veranlassten, die Abweisung des ersten Gesuches za beantragen, bestehen alle heute noch. So namentlich die Gewerbsmässigkeit und Skruppellosigkeit der Tatbegehung, die ausschliesslich

313 gewinnsuchtigen Beweggründe des schon damals gutgestellten Gesuchstellers, vor allem aber der krasse Vertrauensbruch, den Isaia Beretta als Posthalter und somit als eidgenossischer Funktionär begangen hat. Es bedeutete dabei schon eine grosse Milde, dass die Postverwaltung aus diesem Verhalten nicht die Konsequenzen in der Gestalt der Entlassung gezogen, sondern die angeordnete Disziplinarmassnahme der Versetzung ins Provisorium nach Ablauf eines Jahres bereits wieder aufgehoben hat.

Schwere Bedenken gegen ein Entgegekommen sind im Hinblick auf die durchwegs ausserordentlich strenge Praxis in Begnadigungssachen und die zahlreichen abgewiesenen andern Gesuchsteller auch aus Gründen der Eechtsgleichheit am Platz. Gerade hier, in einem der schwersten Hehlerfälle der letzten Jahre und beim Fehlen besonderer Begnadigungsgründe von dieser Praxis abzugehen, lässt sich nicht verantworten. Wir erinnern ausserdem daran, dass seit der Behandlung des ersten Gesuches verschiedene Begnadigungsgesuche betreffend Urteile, denen annähernd der gleiche Sachverhalt zugrunde lag, von der Vereinigten Bundesversammlung abgewiesen worden sind, wobei die finanziellen persönlichen Verhältnisse der betreffenden Gesuchsteller jedenfalls nicht besser waren als im Falle Beretta. Ein Entgegenkommen diesem gegenüber wurde somit eine offensichtliche Bechtsungleichheit und Ungerechtigkeit darstellen, was zu verhüten ist. Wir erinnern hier ^namentlich an die Gesuche: Speranza Gamboni (Antrag 92 des Berichts v,om 13. Mai 1949: BEI I, 1030), Letizia Albisetti (Antrag 74 des gleichen Berichts; BEI 1949, I, 1018), Guido Gamboni und Ilde Gamboni (Antrag 73/74 des Berichts vom 19. Mai 1950; BB11, 1253). Auch die Oberzolldirektion, die sich entschieden gegen einen Erlass ausspricht, weist in ihrem Mitbericht darauf hin, eine auch nur teilweise Begnadigung würde, angesichts der vielen abweisenden Entscheide der Begnadigungsbehörde gegenüber verurteilten Tessiner Mitbürgern, die aus Not gehandelt und auch aus Not nicht bezahlen konnten, unverständlich erscheinen. Die Oberzolldirektion macht gleichzeitig auf die von zwei mitverurteilten Warenbezügerinnen Berettas eingereichten Begnadigungsgesuche aufmerksam, von welchen das eine in der Junisession 1947 (Antrag 24 des Berichts vom 19. Mai 1947; BB1 II, 177) abgewiesen wurde, das andere
hier unter Antrag 46 zur Behandlung steht.

Zusammenfassend kommen wir zum Schluss, dass eigentliche Kommiserationsgründe, deren Nachweis erste Voraussetzung für einen Gnadenakt bilden müsste, nicht vorliegen, dass sich hinsichtlich der Würdigkeit derGesuchsteller, trotz dem nunmehr bekundeten Zahlungswillen, sehr ernste Bedenken aufdrängen und dass sich ein gnadenweises Entgegenkommen schliesslich auch aus Gründen der Bechtsgleichheit verbietet. Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung. Wir erachten es überdies als angebracht, den Gesuchstellern im Sinne von Art. 395, Abs. 3, StGB eine Frist von 3 Jahren anzusetzen, innerhalb welcher sie ihre Gesuche nicht erneuern dürfen.

Sollte indessen die Begnadigungsbehörde aus ihrem Entscheid vom Dezember 1948, wonach dem Verurteilten freigestellt wurde, nach Bekundung

314 des Zahlungswillens das Gesuch zu erneuern, eine gewisse Zusicherung für späteres Entgegenkommen ableiten, so möchten wir uns jedenfalls schon hier mit aller Entschiedenheit gegen den Erlass des ganzen noch mehr als die Hälfte ausmachenden Bussenrestes aussprechen. Die bisherigen Zahlungen der Verurteilten entsprechen weder dem, was bei der Schwere der Verfehlungen an Sühne unbedingt verlangt werden muss und nach den vorliegenden wirtschaftlichen Verhältnissen auch verlangt werden kann. Auch wenn sich die Vereinigte Bundesversammlung durch ihren früheren Entscheid tatsächlich irgendwie als gebunden erachten sollte, so würde sich unseres Erachtens angesichts des Fehlens von Kommiserationsgründen der Erlass von mehr als einem Viertel der Gesamtbusse in keiner Weise rechtfertigen lassen.

8. Georges Marclay, 1917, Landwirt, Champéry (Wallis), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 4. Juli 1947 zu Fr. 14563.34 Busse wegen Bannbruchs und Gehilfenschaft dazu, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Marclay hat im Jahre 1945 Goldstücke im Werte von Fr. 76 250 und 300 Chronographen nach Frankreich geschmuggelt und ausserdem weitere Goldchronographen und Goldstücke im Werte von über Fr. 50 000 an französische Schmuggler geliefert.

Eine gegen die Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 30. Dezember 1947 abgewiesen.

Marclay hat zunächst Fr. 2000 und in Eaten weitere Fr. 500 bezahlt, es dann aber zur Betreibung und Ausstellung eines Verlustscheines kommen lassen. Seither hat er in regelmässigen Teilzahlungen weitere Fr. 2300 getilgt, so dass heute noch Fr. 9763.34 ausstehen.

Unter Hinweis darauf, dass ihm bei seinem bescheidenen Einkommen als Landwirt die Bezahlung der Busse nicht möglich sei und seine bisherigen Leistungen nur mit Hilfe unschuldiger Verwandten hätten aufgebracht werden können, ersucht der Verurteilte um Begnadigung. Diese Schuld belaste sein ganzes Leben und verunmögliche ihm die Heirat.

Marclay ist ledig und wohnt bei seinen wohlhabenden Eltern. Er übt seinen Beruf nicht aus und wird als wenig arbeitsliebend geschildert. Ausserdem hat er sich seit Eröffnung der Gegenstand dieses Gesuches bildenden Strafverfügung wiederum mit der widerrechtlichen Ausfuhr von Goldstücken befasst und musste
erneut gebüsst werden. Marclay ist deshalb eines Gnadenaktes nicht würdig. Wir b e a n t r a g e n die Gesuchsabweisung.

9. Giovanbattista Verga, 1902, italienischer Staatsangehöriger, Kaufmann, Cernobbio (Italien), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom I.April 1948 zu Fr. 2550.67 Busse wegen Einfuhrschmuggels mit Eeis, Damenkleidern, Seidenstrümpfen, Brillengestellen und verschiedenen anderen Waren und durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom G.April 1948 zu Fr. 9263.34 Busse wegen verbotener Ausfuhr von Zigaretten, Saccharin und anderen Waren. Für

315 beide Bussen konnte wegen vorbehaltloser Unterziehung je ein Drittel nachgelassen werden. Beschwerden gegen diese Strafverfügungen wurden vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement, bzw. vom Bundesrat abgewiesen. -- Verga hat als Sicherheit bei seiner Entlassung aus der Kollusionshaft Fr. 8000 hinterlegt. Nach Abzug der hinterzogenen Einfuhrabgaben und Deckung der von der Oberzolldirektion ausgesprochenen Busse sowie einer solchen der Alkoholverwaltung verbleiben zur Anrechnung an die Ausfuhrbusse noch Fr. 4548.83, so dass noch Fr. 4714.51 zu tilgen sind. Verga hat den durch Vermittlung seines damaligen Schweizeranwaltes an ihn gerichteten Zahlungsaufforderungen keine Folge gegeben, sondern am 27. Mai 1950 ein Begnadigungsgesuch eingereicht.

Der Verurteilte führt darin zunächst aus, die ausgesprochenen Bussenbeträge seien seinen persönlichen Verhältnissen in keiner Weise angemessen.

Ausserdem sei ihm bei der Hinterlegung der Fr. 8000 gesagt worden, dass damit die Ansprüche der Zollverwaltung ihm gegenüber voll befriedigt seien. Andernfalls hätte er es nämlich vorgezogen, die entsprechenden Haftstrafen zu verbüssen. Nicht Rechnung getragen worden sei auch dem Umstand, dass er 27 Tage in Haft behalten worden sei. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse seien bescheiden. Bereits hätte die Bezahlung der Fr. 8000 die Einschränkung des Studiums seiner Kinder zur Folge. Er habe sogar Mühe, seinen Pflichten als Familienvater nachzukommen und sehe keine Möglichkeit, den noch ausstehenden Bussenbetrag zu tilgen.

Die Angemessenheit der beiden Bussen ist bereits in den Beschwerdeentscheiden begründet worden. Darauf zurückzukommen, ist hier nicht möglich. Was die von Verga gerügte Nichtberücksichtigung der ausgestandenen Haft anbetrifft, so befand sich dieser vom 13. Januar bis 3. Februar 1948 in Kollusionshaft. Weitere 6 Tage wurde er noch in Haft behalten, bis er die geforderte Hinterlage beschaffen konnte; die 6 Tage werden ihm im Falle der Umwandlung des Bussenrestes in Haft angerechnet werden (vgl. Art. 90, Abs. 2, Ziff. 2, und 98, Abs. 3, des Zollgesetzes). Unglaubwürdig ist die Behauptung des Gesuchstellers, er sei in den Glauben versetzt worden, mit der Bezahlung der Fr. 8000 sei die Angelegenheit für ihn erledigt. Er stellt sich damit in Gegensatz zu der Feststellung der Zollbehörden, es sei
der Gesuchsteller ausdrücklich darauf hingewiesen worden, die Bussen müssten vorerst durch die zuständigen Behörden festgesetzt werden und deren genaue Höhe sei noch nicht bekannt. Was endlich die geltend gemachten misslichen finanziellen Verhältnisse anbetrifft, so fehlte angesichts des Wohnsitzes Vergas im Ausland die Möglichkeit irgendwelcher amtlicher Abklärung. Aber auch wenn seine Angaben zutreffen sollten, so bildet dies noch keinen Begnadigungsgrund, um so weniger als das Verhalten des Gesuchstellers, der über längere Zeit hinweg gewerbsmässig (eingebautes Versteck im Benzintank seines Automobils) gegen die schweizerischen Gesetze verstossen hat, ihm eines Gnadenaktes ohnehin wenig würdig erscheinen lässt. Mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion b e a n t r a g e n wir deshalb die Gesuchsabweisung.

316 10. Marie Blum, 1911, österreichische Staatsangehörige, Hausfrau, Höchst (Österreich), verurteilt durch S traf Verfügung der Oberzolldirektion vom 7. Mai 1947 wegen Ausfuhrbannbruchs und Anstiftung dazu zu Fr. 11 025 Busse. Da Frau Blum rückfällig ist, konnte ihr ein Nachlass nicht gewährt werden. Die Verurteilte hat in den Jahren 1945/46 700 Kartons Saccharin im Inlandwert von Fr. 7350 teils selbst nach Österreich geschmuggelt, teils schmuggeln lassen. Die Busse wurde am 20. Februar 1948 vom Bezirksgericht Unterrheintal wegen Nichtbezahlung in 90 Tage Haft umgewandelt.

Frau Blum ersucht um teilweisen Erlass der Busse. Sie macht geltend, dass sie auch in Österreich mit einer Haftstrafe belegt worden sei, die ihr ebenfalls teilweise erlassen wurde. Sie habe für vier Kinder zu sorgen, so dass die Verbüssung der seitens der Schweiz über sie verhängten Strafe sich für die Familie sehr nachteilig auswirken müsste. Ausserdem sollte sie auch dem Verdienst nachgehen. Seit ihrer Schulzeit habe sie immer in der Schweiz gearbeitet, was sie auch heute wieder gerne tun würde.

Die finanzielle Lage der Gesuchstellerin ist dem Bericht der Oberzolldirektion zufolge schlecht. Es dürfte eindeutig feststehen, dass sie auch eine herabgesetzte Busse nicht bezahlen könnte. Die Euckwandlung der Haftstrafe verbunden mit der Herabsetzung der Busse wäre somit, abgesehen von den Vollzugsschwierigkeiten, sinnlos. Es könnte sich allenfalls nur darum handeln, die Umwandlungshaft von drei Monaten gänzlich oder teilweise zu erlassen.

Nun hat aber die Begnadigungsbehörde mit Kecht seit jeher den Standpunkt vertreten, dass Gesuchen, die Freiheits- bzw. Umwandlungsstrafen betreffen und vom Ausland her eingereicht werden, nicht zu entsprechen sei, bevor die Gesuchsteller ihre Strafe angetreten haben. Es besteht nicht der geringste Anlass, gegenüber der uns wenig würdig scheinenden Frau Blum, die rückfällig ist, die den ihr zur Arbeitsaufnahme in der Schweiz seinerzeit bewilligten Grenzübertritt zu fortgesetztem Schmuggel missbraucht und dazu noch einen Schweizer angestiftet hat und deren moralisches Vorleben nach dem Leumundsbericht der Wohnsitzbehörden ausserdem keineswegs einwandfrei ist, von dieser Praxis abzuweichen. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

11. Walter
D ü r r e n m a t t , 1918, Chauffeur, Birsfelden (Baselland), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 15. Januar 1949 zu Fr. 10 100 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Dürrenmatt hat sich der Zollübertretung, des Einfuhrbannbruchs und der Hinterziehung der Warenumsatzsteuer schuldig gemacht dadurch, dass er im Laufe des Jahres 1948 grössere Mengen Kugellager, chirurgische Instrumente, elektrische Handbohrmaschinen, Mikrometer, Nähnadeln, Tischdecken und andere Waren anlässlich zahlreicher Fahrten im Lastwagen seines Arbeitgebers versteckt aus Deutschland in die Schweiz schmuggelte. An die Busse konnte ein Verwertungserlös von Fr. 81.30 angerechnet werden. Der Best steht noch aus. Das bereits gestellte Umwandlungsbegehren wurde nach Einreichung des Begnadigungsgesuches zurückgezogen.

317 In den Jahren 1948 und 1949 musste Dürrenmatt wegen Schmuggels ausserdem wie folgt bestraft werden: Am 24. Februar 1948 wegen Einfuhrschmuggels von 1,4 kg Kokain, am 15. September 1948 wegen Einfuhrbannbruchs mit 200 Easiermessern, am 11. Januar 1949 wegen Ausfuhrbannbruchs mit verschiedenen Waren nach Deutschland und schliesslich am 4. Januar 1949 wegen verbotener Einfuhr einer Pelzjacke aus Frankreich. Alle diese geschmuggelten Waren hatte der Verurteilte jeweils im Lastwagen versteckt über die Grenze gebracht. Der aus diesen Strafverfügungen sich ergebende Gesamtbetrag von über Fr. 900 wurde unter der Umwandlungsandrohung gänzlich getilgt. Diese Bussen stehen somit hier nicht mehr zur Behandlung.

Für den Verurteilten ersucht dessen Ehefrau um Begnadigung. Sie könne nicht begreifen, dass ihr Ehemann, nachdem er all die andern Bussen bezahlt habe, nun doch noch drei Monate ins Gefängnis gehen müsse. Leider hätte sich der Ehemann des Nebenverdienstes wegen zu diesen Schmuggelhandlungen verleiten lassen. Er und die Familie seien aber durch die bisherigen Zahlungen bereits genügend bestraft worden. Es bedürfe der Haftstrafe nicht mehr.

Dürrenmatt ist Vater von 6 Knaben im Alter von l--7 Jahren. Er wird beruflich als tüchtig bezeichnet. Abgesehen von den vorstehenden Zollstrafen ist gegen ihn nichts Nachteiliges bekannt. Die finanziellen Verhältnisse sind im Hinblick auf die grossen Versorgerpflichten als bescheiden anzusprechen.

Dagegen ist eine Verschlechterung der Verhältnisse seit dem Urteil nicht eingetreten, wenn auch zuzugeben ist, dass die Bezahlung von über Fr. 900 eine schwere Einbusse bedeutet. Es geht jedoch keineswegs an, mit diesen Bussenzahlungen für die noch nicht getilgte Strafe die Begnadigung begründen zu wollen. Dürrenmatt hat sich als notorischer Schmuggler ausgewiesen, der, ohne sich in einer Notlage zu befinden, auch dann fortfuhr, sich skrupellos gegen die Gesetze zu verstossen, als die ersten Strafuntersuchungen bereits hängig waren. Dieses Verhalten lässt den Gesuchsteller einer Begnadigung unwürdig erscheinen. Zweifellos sind die Folgen der allfälligen Haftverbüssung für den Gesuchsteller und namentlich für dessen Familie bedauerlich. Auch hier muss sich der Verurteilte aber sagen lassen, dass er daran früher hätte denken müssen. Wir beantragen deshalb mit der
Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

12. Hans Friedli, 1917, Kaufmann, Zürich, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 12. Mai 1949 zu Fr. 10 835.34 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Jahre 1946 einem Dritten Goldstücke im Werte von Fr. 162 530 beschaffte, wobei er sich bewusst war, dass dieses Gold zur widerrechtlichen Ausfuhr bestimmt war. Es ist denn auch tatsächlich ins Ausland geschmuggelt worden.

Friedli ersucht um Erlass des sich noch auf Fr. 6795.34 belaufenden Bussenrestes, wozu er geltend macht, er sei inzwischen an einer Hirnhautentzündung erkrankt, was eine grosse finanzielle Belastung mit sich gebracht

318 habe. Überdies habe er noch unverschuldet seine Stelle verloren, so dass er nicht wisse, wie er neben seinen Unterhaltspflichten gegenüber seiner Familie weitere Teilzahlungen aufbringen solle. Man möge auch berücksichtigen, dass er bisher seine Bürgerpflichten pünktlich erfüllt habe. In den Erlass einbeziehen möge man auch die für ihn offenbar im gleichen Zusammenhang noch in Aussicht stehende kriegswirtschaftliche Busse wegen Schwarzhandels.

Die Angaben im Gesuch über die persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers treffen nach den Erhebungen der Vollzugsbehörde zu. Eine Verschlechterung der Lage war somit offenbar gegeben. Sie wurde indessen seit der Einreichung des Begnadigungsgesuches weitgehend beseitigt durch den Umstand, dass Friedli nun ein eigenes Geschäft eröffnet hat, das sich nach seinen eigenen Angaben durchaus befriedigend entwickelt. Der einzige geltend gemachte Kommiserationsgrund ist somit in Wegfall gekommen; allfällige noch bestehende Anfangsschwierigkeiten im eigenen Geschäftsbetrieb können im Vollzugsverfahren durch die Aufstellung eines entsprechenden Tilgungsplanes berücksichtigt werden. Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung. Nicht eingetreten werden kann auf das Gesuch, soweit es sich auf die kriegswirtschaftliche Seite der Verfehlungen bezieht, da ein Gnadenrecht auch bei Vorliegen von Kommiserationsgründen nur in bezug auf eine durch rechtskräftiges Urteil verhängte Strafe möglich ist.

13. Verena B r u n e t t i , 1894, Angestellte, früher in Lugano (Tessin), nunmehr unbekannten Aufenthaltes in Italien, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 7. März 1947 zu Fr. 9208.80 Busse (die sich zusammensetzt aus Fr. 13 800 wegen Zollhehlerei und Fr. 13.20 wegen Zollübertretung und Widerhandlung gegen den Bundesratsbeschluss über die Warenumsatzsteuer, unter Nachlass von einem Drittel wegen vorbehaltloser Unterziehung). Frau Brunetti hat in der Zeit vom November 1945 bis September 1946 verschiedene Waren gekauft, von denen sie wusste, dass sie in die Schweiz eingeschmuggelt worden sind. Sie verkaufte diese Waren selbst oder mit Hilfe von Drittpersonen weiter. Das gehehlte Schmuggelgut, dessen Inlandwert sich auf rund Fr. 13 800 belief, unterlag zum Teil dem Einfuhrverbot. Frau
Brunetti hat überdies selber 6 Paar Handschuhe widerrechtlich in die Schweiz eingeführt.

Die Verurteilte hat den Zahlungsaufforderungen keine Folge geleistet, sodass für den nach Anrechnung eines Verwertungserlöses noch verbleibenden Bussenbetrag von Fr. 8562.80 Betreibung eingeleitet wurde. Frau Brunetti war jedoch inzwischen ins Ausland verzogen, so dass der Zahlungsbefehl nicht zugestellt werden konnte. Der Gerichtspräsident von Mendrisio wandelte deshalb die Busse auf Begehren der Vollzugsbehörde am 28. Oktober 1948 in drei Monate Haft um.

Durch einen schweizerischen Eechtsanwalt ersucht die Verurteilte vom Ausland aus um gnadenweisen Erlass der Haftstrafe, wozu sie ihr Alter geltend macht und ihrem Wunsche Ausdruck gibt, die letzten Jahre ihres Lebens in

319 der Schweiz zu verbringen. Bis vor wenigen Jahren habe sie für den Unterhalt ihrer Mutter und ihrer Schwester aufkommen müssen. Es sei ihr unmöglich gewesen, die Basse abzutragen. Sie habe aber den Willen, Zahlungen an die Busse zu leisten; allerdings sei sie dazu nur in der Lage, wenn sie in der Schweiz arbeiten könne. Ihr Vorleben sei einwandfrei. Die Zollverfehlungen könnten nicht einem gemeinrechtlichen Vergehen gleichgestellt werden, sondern müssten als ein aus Leichtsinn begangener Fehler betrachtet werden.

Die Gesuchstellerin hat sich durch Flucht ins Ausland dem weiteren Vollzug des Urteils entzogen. Unter diesen Umständen ist es nach der ständigen Praxis der Begnadigungsbehörde nicht möglich, auf das Gesuch einzutreten.

Frau Brunetti hat sich zunächst den schweizerischen Behörden zu stellen, worauf erst ein allenfalls erneut eingereichtes Gnadengesuch materiell behandelt werden kann. Es muss aber bereits hier mit aller Deutlichkeit darauf verwiesen werden, dass die Verurteilte auch in jenem Zeitpunkt kaum mit einer Gutheissung würde rechnen können. Nicht nur steht einem Entgegenkommen die ausgesprochen gewerbsnaässige Begehungsweise der Verfehlungen sowie das Verhalten Frau Brunettis irn Strafvollzug entgegen, sondern auch der Umstand, dass sie auch nach der bereits eingeleiteten zollamtlichen Strafuntersuchung sich erneut der widerrechtlichen Einfuhr von zwei Pelzmänteln schuldig gemacht hat, wofür sie mit einer weiteren Busse von Fr. 1350 bestraft werden musste. Es darf deshalb schon heute festgestellt werden, dass die Gesuchstellerin eines Gnadenaktes nicht würdig ist. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion, es sei auf das Gesuch nicht e i n z u t r e t e n .

Im Falle des Eintretens sei es abzuweisen.

14. Josef Frei, 1910, Ingenieur, Baden (Aargau), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz -und Zolldepartementes vom 17. Dezember 1949 zu Fr. 9095 Busse, ohne Nachlass, da rückfällig, weil er im Jahre 1948 Messerschmiedwaren im Werte von Fr. 18 190 in die Schweiz schmuggeln liess.

Mit Zustimmung des Verurteilten ersucht die Armenpflege der Stadt Baden um Erlass der Busse. Es wird geltend gemacht, es handle sich bei Frei um einen Eückwanderer, der zunächst den richtigen Weg nicht gefunden habe, dem nun aber eine Stelle hätte
verschafft werden können, in der er sich bis jetzt bewährt habe, die er aber wieder verlieren würde, wenn die Busse in Haft umgewandelt und abgesessen werden musste. Frei und seine Familie würden so wieder in die Misere zurückgeworfen und die Armenbehörde musste damit rechnen, bald wieder in Anspruch genommen zu werden.

Zunächst sei grundsätzlich festgestellt, dass eine Begnadigung nicht befürwortet werden kann, soweit die gesuchstellende Armenbehörde damit nur die Schonung der öffentlichen Mittel im Auge hat. Ein Entgegenkommen könnte einzig verantwortet werden, wenn der Verurteilte dafür die strengen Anforderungen in persönlicher Hinsicht erfüllen würde und wenn ausserdem in dessen Verhältnissen seit dem Urteil eine wesentliche Verschlechterung eingetreten wäre. Beides trifft nach unserem Dafürhalten nicht zu. Auf Grund der Aus-

320 führungen in dem bei den Akten liegenden ausführlichen Bericht der Zolldirektion Schaffhausen von 5./13. September 1950, auf die wir verweisen, rtrass der Leumund des Gesuchstellers, auch abgesehen von seiner Bückfälligkeit, ungünstig beurteilt werden. Dass er sich offenbar in seiner neuen, ihm durch die Armenbehörde vermittelten Stelle bisher befriedigend gestellt hat, vermag das frühere Verhalten noch nicht aufzuwägen. Andererseits hat sich die finanzielle Lage Preis seit dem Urteil nicht verschlechtert, sondern gebessert.

Es ist unter diesen Umständen verständlich, dass sich seine zahlreichen Gläubiger melden und dass bereits mehrere Betreibungen angehoben worden sind.

Wird ihm doch der Vorwurf gemacht, er habe über seine Verhältnisse und auf Beisen sogar verschwenderisch gelebt. Der Verurteilte wird wohl kaum erwarten können, dass ihm angesichts seines unseriösen Haushaltens nun nachträglich im Gnadenweg entgegengekommen wird. Ein Gnadenakt gegenüber Frei müsste von allen jenen Abgewiesenen als Ungerechtigkeit empfunden werden, deren finanzielle Verhältnisse sich seit dem Urteil jeweils ebenfalls nicht verschlechtert haben, die jedoch in persönlicher Hinsicht eines Entgegenkommens durchaus würdig gewesen wären. Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung. Die Eidgenössische Oberzolldirektion sichert Frei auch weiterhin seinem Einkommen entsprechende Zahlungserleichterungen zu.

15. Monique Ferrerò, 1926, italienische Staatsangehörige, Schneiderin, Genf, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 4. Juni 1948 zu Fr. 7116.67 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie gegen Entschädigung für einen Dritten Goldstücke im Werte von Fr. 53 375 aus der Schweiz geschmuggelt hat. An die Busse wurden bisher Fr. 4600 bezahlt.

Frau Ferrerò ersucht durch einen Bechtsanwalt um Begnadigung. Sie macht geltend, sich im Jahre 1949 verheiratet und im Mai 1950 einem Kinde das Leben geschenkt zu haben. Sie sei deshalb nicht mehr in der Lage, den Schneiderinnenberuf wie vorher auszuüben, weshalb sie auch über keine Mittel zu weiteren Zahlungen an die Busse verfüge. Ihre Lage sei um so schwieriger, als ihr Ehemann in Italien wohne und ihr nicht helfen könne.

Nach den von der Oberzolldirektion
veranlassten Erhebungen treffen die Angaben der Gesuchstellerin zu. Die Oberzolldirektion weist darauf hin, Frau Ferrerò sei den Verführungen des Dritten, der sich auf ihren verstorbenen Vater berufen habe, erlegen. Die Widerhandlungen habe die damals 21jährige nicht aus Baffiniertheit, sondern aus jugendlicher Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit begangen. Wohl bilde die Zahlungsunfähigkeit an sich keinen Begnadigungsgrund; wenn jedoch Fr. 4600 in 15 regelmässigen Baten bezahlt worden seien, so müsse darin eine erhebliche Leistung erblickt werden. Da in den persönlichen Verhältnissen der Gesuchstellerin wesentliche Änderungen eingetreten seien, die ihr die weitere volle Erwerbstätigkeit nicht mehr gestatteten, so sei darin eine Verschlechterung ihrer Lage zu erblicken,

321 die einen Teilerlass des noch ausstehenden Bussenbetrages zu rechtfertigen vermöchte. Wir sind mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion der Meinung, dass sich unter den geschilderten Umständen ein Entgegenkommen rechtfertigen lasse, und b e a n t r a g e n mit dieser die H e r a b s e t z u n g des Bussenrestes auf Fr. 500. Die Yollzugsbehörde erklärt sich überdies bereit, der Verurteilten weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen zu gewähren.

16. Ernest K u c h e n , 1899, Metzger, Genf, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 19. Oktober 1946 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Goldstücken im Werte von Fr. 196 965 und Chronographen im Werte von Fr. 7000 zu Fr. 6798.84 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom Bundesrat am 10. Januar 1948 abgewiesen. -- Kuchen hat freiwillig nichts bezahlt, so dass Betreibung eingeleitet werden musste, die durch Lohnpfändung bisher Fr. 1840 ergab.

Kuchen gelangte mit einem Gesuch an die Begnadigungskommission, mit dem er, ohne irgendeinen Antrag zu steilen, wohl den Erlass der Bestbusse bezweckt. Zur Begründung führt er aus, wegen eines Transportes von Goldstücken für einen Dienstkarneraden bestraft worden zu sein. Während dem Krieg sei das Leben teuer gewesen und er habe gehofft, damit etwas zu verdienen.

Kuchen hat sich weder zur Zeit der Tatbegehung in einer Notlage befunden, noch liegt heute eine solche vor. Begnadigungsgründe macht er überhaupt keine geltend. Kuchen hat sich ausschliesslich der Belohnung wegen vorsätzlich und fortgesetzt in den Dienst von Schmugglern gestellt. Von der Busse ist kaum viel mehr getilgt, als der erzielte widerrechtliche Vermögensvorteil ausmachte. Unter diesen Umständen lässt sich ein Entgegenkommen nicht rechtfertigen. Wir b e a n t r a g e n mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

17. Giannino T a r a b o r i , 1905, Elektriker, Spruga (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen. Oberzolldirektion vom 24. August 1949 wegen Zollhehlerei zu Fr. 6975 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er in den Jahren 1945 bis 1948 grosse Mengen Beis von italienischen Schmugglern erwarb und mit dieser Ware ein eigentliches
Versandgeschäft betrieb. Die gegen diese Strafverfügung eingereichten Beschwerden sind vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 8. November 1949 und vom Bundesrat am 13. Februar 1950 abgewiesen worden. -- Als Taraboni die Zahlungsaufforderungen überhaupt nicht beachtete, wurde Betreibung eingeleitet, worauf dieser ein Gnadengesuch einreichte.

Der Verurteilte ersucht urn Erlass der Busse, wozu er auf seine missliche finanzielle Lage hinweist, die ihm die Zahlung der Busse nicht gestatte.

Es erscheint durchaus glaubwürdig, dass der gegenwärtig als Taglöhner tätige Gesuchsteller die Busse nicht bezahlen kann. Das ist aber, da eine Verschlechterung seiner Lage seit dem Urteil nicht eingetreten ist, noch kein Grund Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. III.

23

322 für einen Gnadenakt. Taraboni hat überdies keinen guten Ruf. Als Posthalter musste er wegen Unregelmässigkeiten entlassen werden. Auch wurde er bereits im Jahre 1945 zweimal wegen Zollvergehen bestraft, ohne dass ihn dies von weiteren Widerhandlungen gegen die Zollvorschriften abgehalten hätte. Vielmehr hat er seine Zollhehlereien gewerbsmässig von seiner ersten Verurteilung hinweg bis ins Jahr 1948 fortgesetzt. Wir halten den Verurteilten unter diesen Umständen eines Gnadenaktes als nicht würdig und b e a n t r a g e n mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

18. Pius B i s c h o f f , 1910, Landwirt, St. Margrethen (St. Gallen), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 7. Mai 1947 zu einer Busse von Fr. 6860, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er einer Grenzgängerin den Schmuggel von 700 Schachteln Saccharin nach Österreich ermöglichte, indem er dieser in der Schweiz gekaufte Ware jeweils an die Grenze brachte.

Ein erstes Begnadigungsgesuch Bischoffs wurde in der Dezembersession 1947 abgewiesen, in der Meinung, der Verurteilte könne sein Gesuch erneuern, wenn er sein Versprechen auf Leistung von Abzahlungen erfüllt und seinen Willen zur Tilgung der Busse bekundet habe. Bischoff hat daraufhin Fr. 860 bezahlt und wiederum ein Gnadengesuch eingereicht, das von der Vereinigten Bundesversammlung in der Dezembersession 1948 in Übereinstimmung mit dem Antrag des Bundesrates erneut abgewiesen wurde mit dem Hinweis, ein Gnadenakt könne erst gewährt werden, wenn die Bussenhälfte von Fr. 8430 entrichtet sei, wozu dem Gesuchsteller bis Ende des Jahres 1950 Frist angesetzt wurde (vgl. Antrag 79 des Berichtes vom 6. November 1947; BB1 III, 459, und Antrag 138 des Berichtes vom 21. September 1948; BEI III, 282).

In seinem dritten Gesuch weist Bischoff wiederum auf seine bescheidenen Verhältnisse hin, wobei ihn namentlich auch Krankheiten in der Familie, die sogar die Einlieferung der Ehefrau und eines Kindes ins Spital erforderlich machten, schwer belastet hätten.

Die Vollzugsbehörde kommt nach ihren neuesten Erhebungen zum Schluss, die bisherigen Leistungen des Verurteilten dürften angesichts seiner sehr bescheidenen wirtschaftlichen Lage und der erheblichen Familienlasten als grosse Leistung bewertet werden,
und eine Begnadigung dürfte heute, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den guten Leumund, den die ganze als arbeitsam bezeichnete Familie mit 6 Kindern geniesst, verantwortet werden. Wir können uns dieser Auffassung anschliessen und beantragen, nachdem Bischoff die ihm bei Abweisung seines zweiten Gesuches für eine Begnadigung gesetzte Bedingung restlos erfüllt hat, den Erlass des Bussenrestes.

19. Giorgio Galli, 1917, Kaufmann, Minusio (Tessin), verurteilt wie folgt: Durch S traf Verfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 12. Dezember 1947 zu Fr. 3865.65 Busse, ohne Nachlass, da eine Unterziehungs-

323 erldärnng nicht abgegeben worden ist, weil er beim Kauf von 337 Golduhren eine mit einer fiktiven Nummer versehene Grossistenerklärung abgegeben und dadurch den Lieferanten veranlasst hat, ihm die Ware ohne Berechnung der Warenumsatzsteuer abzugeben. Der umgangene Steuerbetrag belief sich auf Fr. 1288.55. Im Vollzug liess es der Verurteilte trotz weitgehendem Entgegenkommen der Vollzugsbehörde zur Umwandlung kommen, die vom Gerichtspräsidenten von Locamo am 19. Mai 1949 ausgesprochen wurde. Erst jetzt bequemte er sich im Zusammenhang mit einem ihm vom Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Tessin gewährten Strafaufschub zu Zahlungen. Bis November 1949 hat er an die Busse Fr. 2500 entrichtet. Seither ist nichts mehr eingegangen, trotzdem sich die Eidgenössische Steuerverwaltung mit der Herabsetzung der Einzelbetreffnisse einverstanden erklärt hatte. -- Femer verurteilt durch S traf Verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 6. April 1949 zu Fr. 1983.34 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Juli 1947 150 Goldchronographen im Werte von Fr. 14 500 nach Italien schmuggelte. An diese Busse hat Galli noch überhaupt nichts bezahlt.

Galli ersucht unter Hinweis auf seine misslichen finanziellen Verhältnisse um Begnadigung. Er habe sich, solange es ihm möglich gewesen sei, bemüht, die ihm gewährten Zahlungsbedingungen von Fr. 200 monatlich einzuhalten.

Heute verfüge er jedoch über keine Mittel mehr, um damit fortzufahren. Müsse er die entsprechenden Umwandlungsstrafen verbüssen, so würden dadurch seine unschuldigen Kinder in Not geraten.

Die wirtschaftliche Lage des Gesuchstellers ist offenbar nicht gut. Die Eidgenössische Steuerverwaltung gibt der Auffassung Aasdruck, dass es Galli sicher schwer gefallen sei, den Betrag von Fr. 2500 aufzubringen. Ebenso scheint es begreiflich, dass er nicht neben der Abtragung der Steuerbusse gleichzeitig noch Zahlungen an die Zollbusse leisten konnte. Trotzdem können wir einen Gnadenakt nicht befürworten. Einmal kommt im ganzen Verhalten des Gesuchstellers -- er musste 1949 auch wegen Zechprellerei zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und im laufenden Jahr wegen Nichtbezahlung der Militärsteuer mit Arrest belegt werden -- eine äusserst fragwürdige Gesinpung zum Ausdruck. Galli hat sich zudem im März
1950 neuerdings eines Zollvergehens schuldig gemacht dadurch, dass er Porzellanwaren und Gemälde aus Italien in die Schweiz schmuggelte. Unter diesen Umständen muss er eines Entgegenkommens als gänzlich unwürdig bezeichnet werden, was zwangsläufig zur Abweisung seines Gesuches führen muss. Dass durch den Vollzug dieser Strafen auch seine Familie in Mitleidenschaft gezogen wird, bildet keinen Begnadigungsgrund. Es sind dies Folgen, die mit der Verbüssung jeder Strafe auftreten können und die der Verurteilte vor der Tatbegehung hätte ins Auge fassen müssen. Wir b e a n t r a g e n mit der eidgenössischen Steuerverwaltung und der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

324 20. Giovanni Gianolli, 1897, Landwirt, Somazzo di Salorino (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 7. August 1947 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu Fr. 14 873.34 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Gianolli hat es im Kahmen eines gross aufgezogenen Tabakwarenschmuggels, der einen Gesamtwert von rund Fr. 200 000 umfasste, zugelassen, dass eine von ihm gepachtete Alp mit Hütte von der Schmuggelorganisation als Übergabeort für einen Teil der Waren (rund 1/10 des Gesamtwertes) benützt werden konnte.

Im Beschwerdeverfahren hat der Bundesrat die Busse am 10. März 1949 auf Fr. 5577.50 herabgesetzt, in besonderer Berücksichtigung des Umstandes, dass Gianolli nicht aktiv am Schmuggel beteiligt gewesen und möglicherweise von den Schmugglern eingeschüchtert worden sei, so dass er sich einfach um den ganzen Verkehr in der abgelegenen Hütte nicht mehr bekümmerte.

Gianolli hat bisher an die Busse nichts bezahlt. In der gegen ihn eingeleiteten Betreibung hat er Eechtsvorschlag erhoben.

Durch seinen Eechtsbeistand ersucht der Verurteilte um Begnadigung, wozu er geltend macht, der Bundesrat habe in seinem Beschwerdeentscheid dem Umstand zu wenig Rechnung getragen, dass seiner Tätigkeit bei diesem Schmuggel rein akzessorischer Charakter zukomme, dass der erzielte Gewinn geringfügig sei, und dass er im Falle der Meldung an die schweizerischen Zollorgane angesichts der Abgelegenheit der Alp mit Eepressalien seitens der italienischen Schmuggler habe rechnen müssen. Es sei ferner nicht bekannt gewesen, dass ein Sohn wegen traumatischer Epilepsie in ständiger ärztlicher Behandlung stehe. Im Jahre 1948 sei er selbst während Monaten völlig arbeitsunfähig gewesen; seine Arbeitsfähigkeit sei auch heute noch stark herabgesetzt, und wann eine Besserung eintrete, könne nicht vorausgesehen werden. Ausserdem sei auch zu berücksichtigen, dass gegenüber den Haupttätern und Organisatoren, welche die gerichtliche Verurteilung verlangt hätten, die ursprüngliche durch das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement ausgefällte Busse von den Gerichten derart herabgesetzt worden sei, dass sie zu der ihm auferlegten Busse in keinem Verhältnis mehr stehe. Es stelle dies eine Ungerechtigkeit dar, die hier wieder gut gemacht werden könne.
Das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement hat die beiden hauptschuldigen Schweizer, Mario und Fernando Mascotti, Vater und Sohn, unter Annahme erschwerender Umstände, zu einer gemeinsamen Busse im eineinhalbfachen Warenwert, somit zu Fr. 286 575 belegt. Bei der gerichtlichen Beurteilung wurde diese gemeinsame Basse vom Bezirksgericht Mendrisio auf Fr. 9552.50 herabgesetzt. Dieses Urteil ist vom Kassationshof des Kantons Tessin bestätigt worden. Die von der Bundesanwaltschaft wegen Verletzung eidgenössischen Eechtes eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Kassationshof des Bundesgerichtes geschützt, worauf das Bezirksgericht Mendrisio, in Berücksichtigung der eindeutigen Erwägungen des Bundesgerichtes die gemeinsame Busse auf Fr. 12000 heraufsetzte. Dieses Urteil steht

325 zu der jahrelangen vom Finanz- und Zolldepartement zur Anwendung gebrachten und im Beschwerdeverfahren auch vom Bundesrat geschützten Strafpraxis in Widerspruch. Für die Beurteilung der übrigen in diesem Straffall ausgefällten Bussen kann jedenfalls das genannte Urteil nur einen relativen Massstab bilden. Würde damit eine Herabsetzung der übrigen Bussen begründet, so könnte die mit Recht von Gianolli geltend gemachte Rechtsungleichheit für seine Strafe wohl beseitigt werden, indessen würde die Ungerechtigkeit gegenüber all den vielen andern in Zollsachen nach dem normalen Maßstab Verurteilten noch weit grösser. Wir können uns deshalb der im Mitbericht der Eidgenössischen Oberzolldirektion vorn 19. September 1950 vertretenen Auffassung insofern anschliessen, als die Vorbringen im Begnadigungsgesuch Gianolli, soweit sie sich auf das Urteil Mascetti stützten, allein ein Entgegenkommen nicht zu rechtfertigen vermögen. Es ist deshalb zu prüfen, ob sich aus den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Lage des Gesuchstellers Kommiserationsgründe ergeben, die einen Gnadenakt zu rechtfertigen vermögen. Wir möchten dies mit der Oberzolldirektion bejahen. Einmal haben sich auf Grund der vorliegenden Berichte die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers seit dem Urteil verschlechtert. Gianolli, der an sich in sehr bescheidenen Verhältnissen lebt und auch von seinen vier Söhnen keine finanzielle Hilfe erwarten kann, war im Jahre 1948 lange Monate krank und arbeitsunfähig und steht seither wegen chronischem Ischias mit Lähmungserscheinungen ständig in ärztlicher Behandlung. Nach den Angaben der Zolldirektion Lugano soll sich dieser ärztlich bestätigte Zustand langsam verschlechtern.

Dem Verurteilten liegt aber auch die Fürsorge für seinen jüngsten 17-jährigen Sohn ob, der wegen einer vernachlässigten Schädelfraktur an traumatischer Epilepsie erkrankt ist, die trotz langer Pflege und kostspieliger chirurgischer Behandlung keine wesentliche Besserung erfahren hat. Wenn auch die kantonale Fürsorge eingesprungen ist, so sind doch für den Vater die Nebenauslagen gross genug und bedeuten eine schwere Belastung. Da anderseits nichts vorliegt, was den Gesuchsteller in persönlicher Hinsicht eines Entgegenkommens als nicht würdig erscheinen liesse, b e a n t r a g e n wir in Berücksichtigung aller
Umstände die Herabsetzung der Busse auf Fr. 500, für deren Tilgung ihm durch die Vollzugsbehörde angemessene Zahlungsbedingungen festgesetzt werden können.

21. Emilio Bernasconi, 1896, Landwirt und Fuhrhalter, Magliaso (Tessin), verurteilt am 12. Februar 1949 wie folgt: Durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu Fr. 832 Busse und durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion wegen Zollhehlerei zu Fr. 176 Busse. Für beide Strafen konnte wegen vorbehaltloser Unterziehung ein Drittel nachgelassen werden.

Bernasconi hat für einen Dritten 27 gebrauchte Strickmaschinen, die von diesem zerlegt und in einzelne Lasten verpackt waren, ans Seeufer transportiert, in voller Kenntnis darüber, was die Lasten enthielten, und dass sie unter Umgehung des Ausfuhrverbots und der Zollkontrolle nach Italien verbracht würden.

326 Ausserdem führte Bernasconi für den gleichen Auftraggeber einen Transport von 50 Flaschen Wermuth und 4 Bilderrahmen durch, wobei er auch hier wusste, dass es sich um Schmuggelware handelte.

Da der Verurteilte nichts bezahlte, wurde er betrieben. Den von ihm erhobenen Eechtsvorschlag zog er vor dem Eichter zurück, worauf ihm entsprechend seinem Ersuchen Teilzahlungen von monatlich Fr. 100 bewilligt wurden. Bezahlt hat er jedoch insgesamt lediglich Fr. 37.25.

In seinem Gnadengesuch macht Bernasconi geltend, er hätte seinerzeit gar nicht gewusst, dass es sich um eine gesetzwidrige Sache handle, da ihm der Dritte immer versichert hätte, mit dem Zoll gehe alles in Ordnung. Bis jetzt sei er nie bestraft worden. Die ihm auferlegte Busse entspreche in keiner Weise seinen bescheidenen Verhältnissen. Werde die Busse durch Zwangsvollstreckung eingetrieben, so müsste er den Verlust seines die Existenzgrundlage bildenden Pferdes gewärtigen.

Bernasconi versucht erneut die Schuldfrage auf zuwerf en. Darauf kann jedoch hier nicht eingetreten werden. Es sei lediglich festgestellt, dass er seinerzeit im Strafprotokoll unterschriftlich bestätigt hat, sich bei der Tatbegehung der Gesetzwidrigkeit seines Verhaltens bewusst gewesen zu sein.

Der Gesuchsteller lebt mit seiner Ehefrau -- seine beiden Töchter sind verheiratet und führen einen eigenen Haushalt ·-- in geordneten Verhältnissen, die sich seit dem Urteil nicht verschlechtert haben. Es liegen somit keine Kommiserationsgründe vor, die ein Entgegenkommen zu rechtfertigen vermöchten.

Im Gnadengesuch nicht erwähnt, jedoch im Mitbericht der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 22. September 1950 hervorgehoben wird der Umstand, dass der Auftraggeber des Gesuohstellers, der gerichtliche Beurteilung verlangt hatte, vom Bezirksgericht Mendrisio bloss zu Fr. 3217.50 wegen Gehilfenschaft verurteilt wurde (die Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes lautete auf Fr. 25 740 Busse, entsprechend dem einfachen Warenwert, wegen Mittäterschaft). Da auch hier das vom Bezirksgericht Mendrisio zur Anwendung gebrachte Strafmass mit der allgemein üblichen Strafpraxis des Bundesrates in Zollsachen nicht in Übereinstimmung zu bringen ist, stellt sich die gleiche Frage wie im Fall Giovanni Gianolli (Antrag 20 dieses Berichtes), wobei wir auf die dortigen
Erwägungen verweisen. Da beim hier zur Behandlung stehenden Gesuch, wie oben dargelegt wurde, jedoch Kommiserationsgründe bezüglich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fehlen, ausserdem auch das nachträgliche Bestreiten des subjektiven Tatbestandes für Bernasconi keine Empfehlung darstellt, beantragen wir mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung. Sache der Vollzugsbehörde wird es sein, darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang dem Verurteilten, der bisher jeden Sühnewillen vermissen Hess, durch Gewährung von Zahlungserleichterungen entgegengekommen werden kann.

327 22. Emilie S c h n y d e r , 1913, Mechaniker, Magliaso (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 12. Februar 1949 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu Fr. 832 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Jahre 1948 die Einlagerung von 27 zur widerrechtlichen Ausfuhr bestimmten Strickmaschinen in seiner Garage übernahm und nachher die dort zerlegten und in Lasten verpackten Maschinen ans Seeufer transportierte. Da Schnyder den Zahlungsaufforderungen keine Folge leistete, musste die Betreibung eingeleitet werden. Erst jetzt verpflichtete sich der Verurteilte gegenüber der Vollzugsbehòrde, die Busse in Teilzahlungen abzutragen. Er entrichtete indessen bloss ein Betreffnis von Fr. 57.25, worauf er ein Begnadigungsgesuch einreichte.

Schnyder macht geltend, die Maschinen wie jede andere Ware befördert zu haben und im Glauben an die Versicherungen seines Auftraggebers der Auffassung gewesen zu sein, es handle sich um einen durchaus legalen Transport.

Irgendeinen Gewinn habe er bei der Sache nicht erzielt. Kein Verschulden treffe ihn auch an der bisherigen Nichtbezahlung der sehr hohen Busse. Er habe für eine Familie mit drei Kindern zu sorgen, was angesichts der geringen Einnahmen aus seinem kleinen Garagebetrieb in Magliaso eine schwere Last darstelle.

Hinsichtlich des als hoch bezeichneten Strafmasses begnügen wir uns mit dem Hinweis auf unsere Ausführungen zum Gesuch des Emilio Bernasconi (Antrag 21 dieses Berichtes), dessen Widerhandlungen im gleichen Zusammenhang und im Auftrag der gleichen Drittperson begangen wurden. Soweit der Gesuchsteller mit der Behauptung seiner seinerzeitigen Gutgläubigkeit auf die Schuldfrage zurückkommt, kann er nicht gehört werden. Die Überprüfung des Urteils ist hier nicht möglich. Festgestellt sei indessen, dass Schnyder im Laufe der Untersuchung und auch in dem von ihm unterzeichneten Strafprotokoll anerkannt hat, von der beabsichtigten widerrechtlichen Ausfuhr der Maschinen gewusst zu haben. Die heutigen bewusst wahrheitswidrigen diesbezüglichen Einwände des Gesuchstellers bilden für ihn keine Empfehlung. Zu einem Gnadenakt vermögen übrigens auch seine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse nicht Anlass zu geben. Diese sind vielmehr als geordnet zu
bezeichnen; eine Verschlechterung wird weder geltend gemacht, noch ist von einer solchen sonst etwas bekannt. Schnyder ist im Zentralstrafenregister ausserdem mit vier gemeinrechtlichen Verurteilungen verzeichnet, was die Befürwortung eines Entgegenkommens auch bei Vorliegen von Kommiserationsgründen ausschliessen würde. Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

23. Joseph Luisier, 1913, Vertreter, Montreux (Waadt), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 4. Juli 1947 zu Fr. 4357.78 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er verschiedenen Schmugglern, teils auf eigene Bech-

328 nung, teils zusammen mit einem Dritten, Uhren im Gesamtwert von rund Fr. 98 000 lieferte, wobei ihm bekannt war, dass diese Ware ausgeschmuggelt würde. Luisier hat die Busse bis heute unter dauernden Mahnungen bis auf Fr. 1007.78 abgetragen. Die Vollzugsbehörde hat auf erneute Zahlungsversprechen des Verurteilten auf die Fortsetzung der Betreibung verzichtet. Statt aber sein Wort zu halten, hat Luisier nach Bezahlung von weiteren Fr. 50 ein Begnadigungsgesuch eingereicht.

Der Verurteilte macht seine Familienverhältnisse und die bescheidene finanzielle Lage geltend und weist auf die besonderen Umstände der Tatbegehung hin.

Auf die Beweggründe, die den Gesuchsteller seinerzeit zu seiner gesetzwidrigen Tätigkeit bewegten, kann hier nicht eingetreten werden. Dieses Vorbringen bezieht sich auf die Schuldfrage, die im Begnadigungsweg nicht zar Überprüfung steht. Hinsichtlich der finanziellen Lage ist, wie sich aus dem Bericht der Zolldirektion Lausanne ergibt, eine Verschlechterung nicht eingetreten ; auch ist keine Veränderung in den Verpflichtungen festzustellen, denen der Gesuchsteller nachzukommen hat. Wir gelangen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion zum Schluss, dass Luisier, seinen guten Willen vorausgesetzt, in der Lage ist, auch den Bussenrest zu tilgen, wozu ihm die Vollzugsbehörde, trotz den bisher mit ihm gemachten nicht immer erfreulichen Erfahrungen, auch weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen in Aus- .

sieht stellt. Wir beantragen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

24. .Mathilde Kaiser, 1895, liechtensteinische Staatsangehörige, Inhaberin eines Spezereigeschäftes, Schaanwald (Fürstentum Liechtenstein), verurteilt durch S traf Verfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 24. September 1947 zu Fr. 4613.34 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie im Frühjahr 1947 Schmugglern Saccherin und Tabak im Werte von Fr. 6920 lieferte. Gleichzeitig mit kleineren Bussen belegt wurden zwei ihrer Söhne, die in ihrem Auftrag die Waren den Schmugglern überbracht hatten. Die gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 5. Dezember 1947 abgewiesen.

Die Verurteilte hat bis jetzt die Bussen ihrer beiden Söhne im Betrag von zusammen Fr. 940.34
bezahlt und ausserdem die eigene Busse bis auf Fr. 1000 abgetragen.

Frau Kaiser ersucht um Erlass des Bussenrestes, wozu sie auf ihre schwierigen finanziellen Verhältnisse hinweist und geltend macht, sie hätte zwecks Aufbringung der Mittel für die bisherigen Leistungen bereits ein Stück Land und eine Kuh verkaufen und für die letzte Zahlung von Fr. 1000 ein Darlehen aufnehmen müssen. Da sie überschuldet sei und ausserdem letztes Jahr ihren Ehemann plötzlich verloren habe, wäre sie gezwungen, auch noch das letzte

329 Stück Vieh und das letzte Stück Land zu verkaufen, wenn ihr nicht entgegengekommen werden könne.

Das Ehepaar Kaiser hat sechs Kinder aufgezogen, die heute alle erwachsen sind und einen guten Leumund geniessen. Fünf davon sind selbständig; eine Tochter lebt noch bei der heute kränkelnden Mutter. Frau Kaiser selbst ist ebenfalls gut beleumdet und geachtet. Die Angaben über den plötzlichen Tod ihres Ehemannes und über die finanziellen Verhältnisse treffen nach den Erhebungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion zu. Die Zolldirektion Chur, die, wie übrigens auch die Oberzolldirektion, das Gesuch befürwortet, teilt ausserdem mit, es sei ihr bekannt, dass Frau Kaiser nach ihrer Verurteilung verlockende Angebote auf Lieferung von Schmuggelgut erhalten, diese jedoch trotz dem hohen in Aussicht stehenden Gewinn zurückgewiesen habe.

Nach den vorliegenden Berichten muss angenommen werden, dass in den Verhältnissen der Gesuchstellerin tatsächlich eine erhebliche Verschlechterung eingetreten ist, die einen Gnadenakt rechtfertigt. Da Frau Kaiser, nicht zuletzt auch wegen des bekundeten Sühnewillens, in persönlicher Hinsicht eines Entgegenkommens würdig erscheint, beantragen wir mit der Oberzondirektion den Erlass des noch ausstehenden Bussenrestes.

25. Adolf Sonderegger, 1922, Mechaniker, Au-Oberfahr (St. Gallen), verurteilt durch S traf verfugung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 14. Juli 1947 zu Fr. 4630 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Jahre 1947, zusammen mit einem Dritten, Saccharin im Werte von Fr. 3970 illegal nach Österreich verbrachte und einen weiteren Posten Saccharin Schmugglern zur Ausfuhr übergab. Obschon Sonderegger seitens der Vollzugsbehörde, wie auch vom Betreibungsamt weitgehendes Entgegenkommen gezeigt wurde, hat er in den verflossenen Jahren nur Fr. 100 bezahlt, so dass die Busse schliesslich vom Bezirksgericht Unterrheinthal am 25. Januar 1949 in 3 Monate Haft umgewandelt werden musate. Auch seit der Umwandlung sind keine Zahlungen eingegangen.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung und macht geltend, er habe aus Not gehandelt und sei sich der Schwere seiner Verfehlungen nicht bewusst gewesen. Sein Vorschlag, die Busse in kleinen Teilzahlungen abzutragen, sei nicht angenommen worden. Der Versuchung, sich erneut mit dem
WarenSchmuggel zu befassen und aus dem Gewinn die Busse zu zahlen, habe er widerstanden. Müsste er die Haftstrafe verbussen, so würde er seine Stelle verlieren und die Familie der Öffentlichkeit zur Last fallen.

Die finanzielle Lage des Gesucbstellers ist tatsächlich bescheiden. Es trifft somit zweifellos zu, dass ihm die Zahlung des geschuldeten Betrages schwer fallen wird, hat er doch für eine Familie mit 3 Kindern aufzukommen.

Trotzdem können wir ein Entgegenkommen nicht befürworten. Einmal sind die Angaben im Gesuch insofern unzutreffend, als Sonderegger nicht aus Not gehandelt hat. Er war damals nach dem Bericht der Zollbehörden in imgekündigter Stellung und hat sich ausschliesslich durch den in Aussicht stehenden hohen

330

Gewinn verleiten lassen. Unrichtig ist ferner, dass ihm die Vollzugsbehörde keine Zahlungserleichterungen gewährt habe. Es wurden ihm vielmehr Teilzahlungen von monatlich Fr. 150 vorgeschlagen, die er jedoch nicht annehmen wollte. Die von ihm in Aussicht gestellten Raten von monatlich Fr. 50 waren im Hinblick auf die sich daraus ergebende Vollzugsdauer von über 90 Monaten unannehmbar. Übrigens wurden ihm später vom Betreibungsamt Zahlungserleichterungen in dem von ihm selbst gewünschten Bahmen eingeräumt, ohne dass er sich daran gehalten hätte. Dass die allfällige Haftverbüssung ihn und seine Familie schwer treffen wird, ist zutreffend. Sonderegger hätte sich jedoch vorher darüber Rechenschaft geben müssen. Als Grenzbewohner sind ihm die bei Aufdeckung des Schmuggels in Aussicht stehenden strafrechtlichen Folgen ohne Zweifel bekannt gewesen. Da Kommiserationsgründe fehlen und überdies auch das Gnadengesuch des mitverurteilten Dritten abgewiesen worden ist (Antrag 292 des Berichtes vom 26. Mai 1948; BEI II, 563), b e a n t r a g e n wir der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

26. Max Weder, 1910, Wirt, St. Margrethen (St. Gallen), durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 6. November 1946 zu Fr. 3600 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im September 1946 an einem Ausfuhrschmuggel mit Saccherin und anderen Waren im Gesamtwert von Fr. 2700 teilgenommen hat.

Nachdem die Vereinigte Bundesversammlung die Begnadigung des Weder bereits zweimal abgelehnt hat (vgl. Antrag 298 des Berichtes vom 26. Mai 1948; BB1II, 566 und Antrag 14 des Berichtes vom 14. November 1949; BEI II, 909) ersucht er erneut um Erlass des noch ausstehenden Bussenregtes von Fr. 560, wozu er wiederum seine schlechte finanzielle Lage geltend macht. Er habe seine Liegenschaft verkauft, und die Anzahlung sei sofort vom Betreibungsamt behändigt worden.

Nach den vorliegenden Berichten hat Weder seine Wirtschaft tatsächlich veräussert; er betreibt sie heute pachtweise. Seine finanziellen Verhältnisse sind nach wie vor unübersichtlich. Auch heute sind die Zollbehörden jedoch der Auffassung, Weder könnte die Busse zahlen, wenn er dies wirklich wollte. Diese Feststellung wurde durch die nochmalige Überprüfung durch Organe der Bundesauwaltschaft
vollauf bestätigt. Übrigens hat Weder vor der Behandlung des zweiten Gesuches selbst erklärt, er würde die Busse selbstverständlich bezahlen, wenn es zur Pfändung, Pfandverwertung oder gar zur Umwandlung kommen sollte. Das bisherige Verhalten Weders, der seit August 1949 überhaupt nichts mehr an die Busse bezahlt hat, erweist sich als ausgesprochen trölerisch und verdient kein Entgegenkommen. Wir beantragen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung mit der besonderen Weisung, dass Weder sein Gesuch vor Ablauf von 3 Jahren nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

27. Jean Geiser, 1912, Viehhändler, Genf, verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 5. September 1946 zu-

331 sammen mit einem früheren Angestellten zu einer gemeinsamen Busse von Fr. 3375, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er zwei Pferde unter Umgehung der Zollkontrolle in die Schweiz verbrachte, um sie hier zu verkaufen. Eine Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanzund Zolldepartement am 30. November 1946 abgewiesen. Auf Gesuch der Vollzugsbehörde bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Genf wurde der uneinbringliche Eestbetrag dieser Busse (Fr. 1138.30) in 8 Monate Haft umgewandelt und der damals in Frankreich ansässige Geiser ausgeschrieben.

Ein erstes Begnadigungsgesuch, das sich noch auf zwei weitere Zollbussen erstreckte, ist von der Bundesversammlung in der Junisession 1949 abgewiesen worden (vgl. Antrag 75 des II. Berichtes vom 18. Mai 1949; BEI I, 1020).

Es ist bereits damals erwähnt worden, dass die Abschiebung Geisers aus Frankreich als unerwünschter Ausländer zu erwarten sei. Seine Eückkehr ist inzwischen Tatsache geworden. Dabei brachte er neben einigem Mobiliar auch 8 Pferde mit sich, für welche keine Einfuhrbewilligung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vorlag. Im Hinblick auf den der Zollverwaltung gegen ihn ausgestellten Verlustschein und die drohende Beschlagnahme der einzuführenden Tiere offerierte nun Geiser der Zollverwaltung, gegen Beschaffung der Einfuhrbewilligung, die Abtretung des nach Abzug des Einfuhrzolls und der Taxen verbleibenden Verkaufserlöses der Tiere zwecks Tilgung der bereits umgewandelten Eestbusse. Die Zollverwaltung nahm diese Offerte an. Die Busse wurde auf diese Weise gedeckt und die Strafe ist somit vollstreckt.

Geiser ersuchte in der Folge, es sei ihm im Wege der Begnadigung der fragliche Betrag zurückzuerstatten, unter gleichzeitigem Erlass der Restbusse, bzw. der Umwandlungsstrafe. Er habe nur mit wenig Habe in die Schweiz zurückkehren können und stehe vor der schwierigen Aufgabe, hier für seine Familie wieder ein Heim und eine Existenz aufzubauen. Auch sei zu berücksichtigen, dass mit dem überwiegenden Teil des von ihm an die gemeinsame Busse bezahlten Betrages nicht sein Anteil, sondern jener des mithaftenden früheren Angestellten gedeckt worden sei.

Die Angaben des Gesuchstellers treffen im wesentlichen zu, doch vermögen sie die Bückgängigmachung der Bussenzahlung nicht zu begründen. Gemäss der
völlig freiwillig getroffenen Vereinbarung mit den Zollbehörden hat Geiser die Busse, für deren gänzliche Tilgung er mit seinem Angestellten solidarisch haftete, bezahlt. Die Busse ist somit vollstreckt, und eine Begnadigung kann ebensowenig ausgesprochen werden, wie dies für eine verbüsste Gefängnisstrafe möglich wäre. Die Begnadigungsbehörde ist deshalb bereits in früheren Fällen, in voller Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesrates, auf Gesuche, die sich auf bereits bezahlte Bussen bezogen, nicht eingetreten (vgl. z. B. Antrag 47 des I. Berichtes vom 14. November 1949; BB1II, 935). An dieser Praxis ist festzuhalten. Wir b e a n t r a g e n deshalb Nichteintreten.

332 28. Luigi Belloni, 1918, Vernickler, Genestrerio (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion wie folgt: Am 24. Juni 1947 zu Fr. 690 Busse, ohne Naohlass wegen Nichtunterziehung, weil er am 29. April 1947 zusammen mit einem von ihm angestifteten Dritten versuchte, 1800 Päckchen Zigaretten über die Grenze zu bringen. Gerichtliche Beurteilung wurde nicht verlangt und eine gegen die Strafverfügung eingereichte Beschwerde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 21. November 1947 abgewiesen. -- Am 17. August 1948 ferner zu einer Busse von Fr. 2220, ohne Nachlass, da rückfällig, weil er am 23. Januar 1948 versuchte, zusammen mit zwei andern von ihm angeworbenen Männern, italienischen Schmugglern Zigaretten im Werte von Fr. 2220 an die Grenze zu bringen. Auch hier wurde er von den schweizerischen Grenzzollorganen überrascht. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 9. November 1948 abgewiesen.

Da sich die beiden Bussen als uneinbringlich erwiesen, sind sie vom zuständigen Eichter in 69 Tage bzw. 8 Monate Haft umgewandelt worden. Der Verurteilte hat sich des ihm namentlich beim Vollzug der erstgenannten Strafe gezeigten Entgegenkommens nicht würdig erwiesen. Seine Zahlungsversprechen hat er nicht eingehalten und nach Ablauf der ihm auch nach der Umwandlung noch gewährten Strafaufschübe kurzerhand ein Begnadigungsgesuch eingereicht.

Zur Begründung seines Gesuches macht Belloni geltend, die Not seiner Familie habe ihn zum Schmuggel getrieben. Aus seinem Lohn könne er kaum den Unterhalt für seine Familie bestreiten. Ausserdem sei seine Frau krank und könne nur noch die Hausgeschäfte verrichten. Müsse er die Haftstrafen verbüssen, so würden die materiellen und moralischen Auswirkungen für seine Familie unabsehbar sein.

Nach dem Erhebungsbericht der Zollverwaltung ist die finanzielle Lage Bellonis bescheiden. Auch trifft es offenbar zu, dass Frau Belioni schonungsbedürftig ist. Ihr Zustand ist jedoch nicht derart, dass sie ihre Hausfrauenpflichten sowie auch die von ihr früher schon übernommenen Schneiderarbeiten für Dritte nicht mehr verrichten könnte. Jedenfalls liegt keine unmittelbare Notlage vor und es fehlt auch jeder Anhaltspunkt dafür, dass eine solche im Zeitpunkt der Tatbegebung vorgelegen
hätte. Es wäre dem Gesuchsteller zweifellos möglich gewesen, wenigstens durch kleine Teilzahlungen seinen guten Willen zu bekunden. Statt dessen hat er trotz der weitgehenden Eücksichtnahme seitens der Vollzugsbehörde nicht nur nichts bezahlt, sondern sich sogar erneut vergangen. Das auf eine gewerbsmässige Schmuggeltätigkeit hinweisende Vorgehen Bellonis sowie sein jeden Sühnewillens bares Verhalten im Strafvollzug verbieten ein gnadenweises Entgegenkommen, weshalb wir die Gesuchsabweisung beantragen.

29. Paul Huber, 1909, Schreiner, Basel, durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 28. Mai 1949 wegen Zollübertretung, Bannbruches und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu

333

Fr. 2853.75 Busse verurteilt, ohne Gewährung eines Nachlasses, weil rückfällig. Huber hat im Laufe des Jahres 1948 grosse Mengen Numerateure, Basiermesser, Scheren, sowie eine elektrische Haarschneidemaschine, einen Schraubstock und eine Ledermappe in die Schweiz geschmuggelt.

Der Verurteilte ersucht um Erlass dos noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr. 1353.75, wozu er geltend macht, er habe den Schmuggel nicht begangen, um sich zu bereichern, sondern um einem Landsmann in Deutschland und dessen 12 Kindern zu helfen.

Diese Version des Sachverhaltes ist neu und wird im Mitbericht der Oberzolldirektion als dem Inhalt des Strafprotokolls widersprechend und unwahr bezeichnet. Die Oberzolldirektion stellt ferner fest, Huber habe die Untersuchung erschwert und hartnäckig geleugnet, bis ein Mitbeschuldigter das Vergehen zugegeben habe.

Die im Gnadengesuch enthaltenen Vorbringen vermögen ein Entgegenkommen nicht zu begründen. Huber lebt in wohlgeordneten Verhältnissen und weist zusammen mit seiner Ehefrau ein Arbeitseinkommen auf, das ihm die Zahlung des noch ausstehenden Bussenbetrages ohne weiteres gestattet.

Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchs ab Weisung.

30. Fritz B u r r i , 1920, Tramangestellter. Genf, verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 27. Juli 1949 wegen Zollübertretung, Bannbruchs und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu Fr. 2971.84 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Burri hat im Jahre 1948 die illegale Einfuhr von Canadiennes-Jacken, Handschuhen, Baskenmützen, Schuhen, Parfüm, eines Fahrrades und eines Ledermantels organisiert.

Die geschuldeten Abgaben sind bezahlt und ausserdem wurden an die Busse Fr. 654.20 entrichtet.

Der Verurteilte ersucht um Herabsetzung der Busse auf Fr. 1200. Er habe seinerzeit infolge der erstandenen Kollusionshaft seine Stelle verloren. Auch seien bei der Festsetzung der Busse seine finanzielle Lage und namentlich die Umstände der Tatbegehung nicht genügend berücksichtigt worden. Man möge ihm zugute halten, dass er sich zum erstenmal gegen die Zollgesetze vergangen habe.

Die gegenwärtige finanzielle Lage des Gesuchstellers ist besser als zur Zeit der Strafausfällung. Er hat heute eine feste Anstellung. Da er alleinstehend ist, muss ihm bei seinem
Einkommen die weitere Abtragung der Busse zugemutet werden, um so mehr, als die bisherigen Leistungen nur rund einen Fünftel des Gesamtbetrages ausmachen. Auf die die Strafausfällung berührenden Hinweise der Gesuchsbegründung kann hier nicht eingetreten werden, da die Urteilsüberprüfung im Begnadigungsweg nicht angängig ist. Immerhin darf festgestellt werden, dass Burri angesichts der Schwere seiner aus Gewinnsucht begangenen Verfehlungen und des ihm von der Vollzugsbehörde bisher gezeigten Entgegen-

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kommens keinen Ànlass hat, sich zu heklagen. Wir halten dafür, dass Kommiserationsgründe nicht vorhanden sind und b e a n t r a g e n deshalb die Gesuchsabweisung.

31. Walter Kislig, 1914, Chauffeur, Eorschach (St. Gallen), verurteilt durch S traf Verfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 4. September 1947 wegen Bannbruchs und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu Fr. 2540 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Jahre 1947 für einen Dritten 5080 Kugellager in seinem Automobil widerrechtlich in die Schweiz einführte. Eine gegen die Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 31. Mai 1949 abgewiesen. -- Kislig hat trotz des sehr weitgehenden Entgegenkommens der Vollzugsbehörde -- diese hat auf erneute Zahlungsversprechen hin sogar zur Einstellung der laufenden Betreibung Hand geboten -- nur Fr. 89.20 bezahlt. Nach Anrechnung eines "Verwertungserlöses konnten an die Busse insgesamt Fr. 269 gutgeschrieben werden. Statt der erneuten Zahlungsaufforderung nachzukommen, hat Kislig um Erlass des ausstehenden Bussenbeträges nachgesucht.

Die Gründe, die der Verurteilte für seine Begnadigung geltend macht, sind seine schlechte finanzielle Lage und die Befürchtung, die Busse könnte trotz seiner schuldlosen Zahlungsunfähigkeit in drei Monate Haft umgewandelt ·werden. Er verweist dabei auf einen richterlichen Entscheid, nach welchem eine Lohnpfändung bei seinem geringen Einkommen als nicht zulässig erklärt worden sei.

Dem Bericht der Zollbehörden zufolge sind die finanziellen Verhältnisse Kisligs hoffnungslos schlecht und er wird in absehbarer Zeit nichts an die Busse zahlen können. Die Angaben des Gesuchstellers über seine wirtschaftliche Lage treffen somit zu. Zahlungsunfähigkeit vermag indessen für sich allein einen Gnadenakt nicht zu begründen. Ein gewisses Entgegenkommen könnte übrigens zum vornherein nur dann in Betracht fallen, wenn die Voraussetzungen dafür auch in persönlicher Beziehung vorliegen würden. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Kislig ist mehrfach schwer vorbestraft und geniesst einen entsprechenden Leumund, was einen gnadenweisen Erlass ausschliesst. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

32. Georges Blanc, 1909, Tapezierer, Colombier (Neuenburg),
verurteilt durch Straf Verfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 26. Juli 1947 zu Bussen von Fr. 1893.84 und Fr. 540, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, wegen Einfuhrschmuggels von Zigarettenpapier, Parfüm, Gesichtspuder, 8 Feldstechern und 3 Fellen im Jahre 1944, sowie wegen Ausfuhrbannbruchs mit Tabak, Kakao, Kaffee, Damenstrümpfen, Jagdartikeln und gebrauchten Kleidern. Ferner am 1. Mai 1947 von der Eidgenössischen Alkoholverwaltung zu Fr. 364 Busse, ebenfalls unter Nachlass eines Drittels, wegen Widerhandlung gegen das Alkoholgesetz (verbotene Einfuhr von Parfüm).

335 Nach Zahlung von Fr. 700.61 hat Blanc im Jahre 1949 ein erstes Gnadengesuch eingereicht, das von der Vereinigten Bundesversammlung entsprechend dem Antrag des Bundesrates in der Wintersession 1949 abgewiesen worden ist (vgl. Antrag 19 des I.Berichtes vom U.November 1949; BEI II, 918). Da Blanc in der Folge nur Fr. 80 bezahlte, musste die Betreibung eingeleitet werden, die mit der Ausstellung eines Verlustscheines endete. Hierauf reichte der Verurteilte ein neues Begnadigungsgesuch ein.

Blanc ersucht um teilweisen Erlass der Busse und Gewährung von Zahlungserleichterungen. Er sei verheiratet und habe für zwei Kinder im schulpflichtigen Alter aufzukommen. Die Umwandlung der noch ausstehenden Bussenbeträge und die Verbüssung der Haftstrafen würden seine Familie ins Elend bringen.

Blanc hat im Jahre 1950 eine Witwe geheiratet, die ihm zwei Kinder in die Ehe brachte. Inwieweit sich dadurch seine wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben, konnte von den Zollbehörden nicht einwandfrei festgestellt werden. Die Zolldirektion Lausanne schliesst eher auf eine Besserung seiner Lage. Wie dem auch sei, eine Begnadigung könnte auch bei einer Schlechterstellung nicht in Betracht kommen, da der Gesuchsteller, wie schon im Antrag zum ersten Gesuch ausgeführt wurde, eines Gnadenaktes angesichts seiner 19 gemeinrechtlichen Vorstrafen zum vornherein unwürdig erscheint. Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, unter Ansetzung einer Frist von zwei Jahren, innerhalb welcher Blanc das Gesuch nicht erneuern darf (Art. 895, Abs. 8, StGB).

83. Luigi Bazzi, 1928, Handlanger, Brissago (Tessin), verurteilt durch S traf Verfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion wie folgt: am 5. April 1946 wegen Ausfuhrbannbruchs mit Zigaretten zu Fr. 645 Busse und am 9. April 1947 wegen Ausfuhrbannbruchs von Uhren und Schmuckstücken zu Fr. 1628.83 Busse. Wegen Bückfälligkeit konnte ein Nachlass nicht gewährt werden. -- Bazzi leistete den Zahlungsaufforderungen überhaupt keine Folge.

Die Betreibung endete mit einem Verlustschein, so dass die Bussen vom Gerichtspräsidenten von Locamo am 20., bzw. 26. Januar 1950 in 64 und 90 Tage Haft umgewandelt wurden. Das Justizdepartement des Kantons Tessin schob den Strafvollzug bis zum 80. Juni hinaus, um Bazzi nochmals Gelegenheit zu geben,
seine Schuld abzutragen. Der Verurteilte hat davon jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern ein Gnadengesuch eingereicht.

Bazzi macht geltend, er habe sich alle Mühe gegeben, das für die Tilgung der Bussen nötige Geld aufzubringen. Der Erfolg sei jedoch ausgeblieben. Teilzahlungen habe er deshalb nicht geleistet, weil er von Drittpersonen erfahren habe, die von der Vollzugsbehörde geforderten monatlichen Betreffnisse würden in seinem Fall mehr als die Hälfte seines Lohnes ausmachen. Man möge berücksichtigen, dass er bei Verbüssung der Haftstrafen seine Stelle verlieren würde und dass diese Verfehlungen bereits lange zurücklägen.

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Der ledige und mit keinerlei Unterstützungspflichten belastete' Gesuchsteller hat sich während Jahren nicht um die Bezahlung seiner Bussen bekümmert, obschon er als alleinstehender junger Mann ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, wenigstens Teilzahlungen zu leisten. Schlechthin als Ausrede zu werten ist der Hinweis auf die angebliche Auskunft durch Drittpersonen über die Praxis der Vollzugsbehörde betreffend die Festsetzung der Zahlungsmodalitäten. Die Zollbehörden üben beim Bussenvollzug bei vorhandenem Sühnewillen, wie anhand der im Laufe der Jahre der Begnadigungsbehörde unterbreiteten Straf- und Vollzugsakten festgestellt werden konnte, sehr weitgehende Eücksichtnahme. Da der Verurteilte ausserdem rückfällig und auch gemeinrechtlich vorbestraft ist, b e a n t r a g e n wir mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

34. Karl Zeller, 1916, Kaufmann, Gais (Appenzell a. Eh.), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 30. November 1948 zu Fr. 2191.80 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, wegen widerrechtlicher Einfuhr eines Automobils. Auf die Zahlungsaufforderungen reagierte Zeller nicht, sondern liess es zur Betreibung kommen, wo er Rechtsvorschlag erhob. Nach Beseitigung dieses Hemmnisses durch den Eichter und durchgeführter Pfändung versprach der Verurteilte Teilzahlungen, liess es aber mit der Ablieferung von Fr. 60 bewenden, so dass das Betreibungsverfahren zu Ende geführt (Verlustschein) und am 12. Januar 1950 vom Eichter die Umwandlung der Bestbusse in 8 Monate Haft ausgesprochen wurde. Nach Zustellung des Aufgebots zum Haftantritt erklärte sich der Vater des Verurteilten bereit, die Busse in drei Eaten zu begleichen, wobei die erste Eate von Fr. 1121.15 auch geleistet wurde. Da weitere Zahlungen jedoch nicht eingingen, hatte Zeller am 15. August 1950 seine Haftstrafe anzutreten. Er wurde jedoch im Hinblick auf das inzwischen eingereichte Begnadigungsgesuch bereits am 1. September wieder entlassen. Nach dem Bericht der Ortsbehörde befindet er sich inzwischen unbekannten Aufenthaltes im Ausland.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen und entsprechende Herabsetzung der Haftstrafe von drei Monaten. Es sei billig, auf die Tatsache Eücksicht
zu nehmen, dass Eltern und Sohn ihr Möglichstes getan hätten, um die Busse abzutragen.

Die sehr abschweifenden Ausführungen der Gesuchsbegründung, die sich vor allem gegen das Zollgjsetz sowie gegen die Umwandlungs- und Vollzugspraxis in Fiskalstrafsachen richten und sogar auf das römische Eecht zurückgreifen, enthalten nichts, womit ein Gnadenakt begründet werden könnte.

Dass die finanzielle Lage des Gesuchstellers schlecht ist, trifft offensichtlich zu; sie ist es jedoch ausschliesslich aus eigenem Verschulden des Verurteilten. Der Leumundsbericht über Zeller lautet denkbar schlecht. Wir verweisen diesbezüglich auf den Bericht der Gemeindekanzlei Gais vom 19. August 1950 und das nicht weniger als sechs Einträge umfassende Strafregister. Der Gesuch-

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steller, der seine Frau und seine Kinder böswillig verlassen hat, verdient überhaupt keine Gnade. Da Zeller unbekannten Aufenthaltes ist,'beantragen wir gemäss ständiger Praxis der Begnadigungsbehörde in derart gelagerten Fällen N i c h t e i n t r e t e n , im Falle des Eintretens jedoch entschieden die Gesuchsabweisung. Gleichzeitig ist zu bestimmen, dass Zeller sein Gesuch nicht vor Ablauf von 8 Jahren erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

35. Walter Braun, 1905, Mechaniker, Schaffhausen, verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 1. November 1948 zu Fr. 2378.60 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Braun hat sich unter erschwerenden Umständen der Zollübertretung, des Bannbruchs und der Hinterziehung der Luxussteuer schuldig gemacht dadurch, dass er im Sommer 1947 grössere Mengen ihm und einem Dritten gehörender Waren aller Art durch angeworbene Schmuggler illegal in die Schweiz verbringen liess. -- Zur Zahlung aufgefordert, stellte der Verurteilte die Einreichung von Tilgungsvorschlägen nach Durchführung der Zollpfandverwertung, die für ihn in der Folge einen an die Busse anzurechnenden Anteil von Fr. 441:75 ergab, in Aussicht. Von diesem Ergebnis unterrichtet, reichte Braun statt der Tilgungsvorschläge ein Begnadigungsgesuch ein.

Braun ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages, wozu er geltend macht, er sei in Deutschland aufgewachsen, wo er sich im Laufe des Krieges Bepressalien ausgesetzt gesehen habe. Wegen Abhörens des Senders Beromünster sei er zu l1/^ Jahren Zuchthaus verurteilt worden, die er in den Kalibergwerken von Ensisheim-Elsass verbüsst habe. Seine Gesundheit sei seither schwer geschwächt. Namentlich ein Herzleiden verbiete ihm, weiterhin in seinem Beruf tätig zu sein. Seit 1943 sei er andauernd zu Schaden gekommen, niemand hätte ihm geholfen, so dass er zuletzt zur Selbsthilfe geschritten sei.

Endlich weist Braun noch auf den 1945 'durch einen Unfall hervorgerufenen Tod seiner Mutter hin, der ihn finanziell belastet hätte.

Der Gesuchsteller scheint in seinem Gesuch den Eindruck erwecken zu wollen, als handle es sich bei ihm um einen Auslandschweizer. Die durchgeführten Erhebungen zeigten indessen, dass er seine Berufslehre in der Schweiz absolvierte und hierauf während Jahren an verschiedenen Orten in der Schweiz
arbeitete und nach seiner ersten Verheiratung auch in Schaffhausen wohnte.

Seit 1939, nachdem er mit einer Deutschen die zweite Ehe eingegangen war, siedelte er wieder nach Deutschland über. -- Braun soll den Mechanikerberuf nach den Angaben seiner Arbeitgeberfirma wegen eines Herzfehlers nicht -mehr ausüben können; er wird als Werkzeugausgeber beschäftigt. ,Es wird indessen im Gesuch verschwiegen, dass dieses Leiden bereits im Jahre 1941, also lange vor der Strafverfügung, bestand. Auch die übrigen Vorbringen beziehen sich ausschliesslich auf die Vorgänge, die sich zeitlich vor seiner Verurteilung abspielten und deshalb hier nicht berücksichtigt werden können; ganz abgesehen davon, dass die von Braun angegebene Begründung für die l ^.jährige Zuchthausstrafe nicht überprüft werden konnte und es der Verurteilte unteiiiess, Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. III.

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für die ihm durch den Tod der Mutter angeblich entstandene finanzielle Belastung irgendeinen Nachweis zu erbringen.

Andererseits hat sich der Gesuchsteller um die Bezahlung seiner Busse überhaupt nicht bemüht. Sein Zahlungsversprechen hat er nicht gehalten, sondern kurzerhand um gnadenweisen Erlass ersucht. Dieses Verhalten rechtfertigt einen Gnadenakt nicht. Wenn auch seine finanziellen Verhältnisse bescheiden sind, so ist er doch durchaus in der Lage, angemessene Teilzahlungen an die Busse zu entrichten. Wir b e a n t r a g e n mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

36. Otto Eoos, 1908, Fabrikarbeiter, Berikon (Aargau), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 30. August 1948 zu Fr. 1888 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Frühjahr 1948 im Auftrag eines Dritten ein Motorrad und zwei junge Hunde illegal in die Schweiz eingeführt hat. Eoos leistete der an ihn gerichteten Zahlungsaufforderung keine Folge, sondern liess es zur Durchführung der Betreibung und zur Umwandlung der Busse in drei Monate Haft kommen, die vom Bezirksgericht Bremgarten am 20. April 1950 ausgesprochen wurde. Das Gericht empfahl indessen mit dem Hinweis, es handle sich beim Verurteilten um einen mittellos aus Polen zurückgekehrten Auslandschweizer, eine Begnadigung.

Eoos bezieht 'sich in seinem Gesuch auf diese Empfehlung und ersucht um Begnadigung, wobei er auf seine vier Kinder hinweist und geltend macht, er habe inzwischen seine Ehefrau durch Unfall verloren. Die Busse stehe ausserdem in keinem Verhältnis zum Wert des eingeschmuggelten Motorrades und der beiden Hunde.

Das Bezirksgericht Bremgarten hat sich bei seiner Empfehlung offenbar von rein gefühlsmässigen Gesichtspunkten leiten lassen. Es hatte möglicherweise diesen Hinweis auf die Begnadigung unterlassen, wäre ihm bekannt gewesen, dass Eoos nach dem Tode seiner Ehefrau Versicherungsbeträge von insgesamt Fr. 18 000 ausbezahlt worden sind. Statt an die Tilgung seiner Bussenschuld zu denken, hat er diesen hohen Betrag innert kurzer Zeit durchgebracht. Heute soll er bereits wieder Schulden haben. Ebenfalls war es dem Gericht offenbar nicht mehr gegenwärtig, dass es Eoos in den letzten beiden Jahren, wie wir dem Auszug aus dem Zentralstrafregister entnehmen, zweimal wegen
Körperverletzung hat bestrafen müssen. -- Von seinen vier Kindern sind heute nur noch zwei zu seinen Lasten, was gegenüber seinen Verhältnissen zurzeit der Strafverfügung eher auf eine Besserung schliessen lässt. Unter diesen Umständen fehlt es an den nötigen Voraussetzungen für ein Entgegenkommen, weshalb wir mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung beantragen.

37. Alfred Wermelinger, 1889, Vulkaniseur, Zürich, verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 13. Dezember 1945 zu Fr. 2080 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unter-

339 ziehung, weil er im Sommer 1945 Kohguinmi, Gummisauger, Fahrradmäntel und Safran kaufte, obschon er wusste, dass diese Waren in die Schweiz geschmuggelt worden waren. Im Beschwerdeverfahren wurde die Busse vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 4. April 1946 auf Fr. 1600 herabgesetzt.

Der Verurteilte ersucht unter Hinweis auf seine Mittellosigkeit um Erlass des sich noch auf Fr. 570 belaufenden Bussenrestes. Er habe seine Vulkanisieranstalt angesichts des Fehlens von Aufträgen und auch wegen seines Gesundheitszustandes aufgeben müssen und versuche, sich mit dem Vertrieb selbsthergestellter Schmierseife und Bodenwichse durchzubringen. Er sei bestrebt, niemandem zur Last zu fallen, sei indessen auf Unterstützungen seines Sohnes angewiesen.

Die Angaben im Gesuch treffen zu. Nach den durch das Zollinspektorat Zürich durchgeführten Erhebungen ist der schwerhörige, an Arterienverkalkung leidende 61jährige Mann, nicht mehr in der Lage, mit seiner Hände Arbeit ein genügendes Einkommen zu erzielen. Er ist tatsächlich auf die Hilfe des Sohnes angewiesen, der selbst nur über bescheidene Mittel verfügt. Wermelinger hat sich trotz seiner bescheidenen Lage in den letzten 4 Jahren bemüht, seine Busse in Teilzahlungen abzutragen. Wenn er auch oft gemahnt werden rausste, so hat er mit der Bezahlung von insgesamt Fr. 1030 doch eine sehr beachtliche Anstrengung gemacht. Ein Entgegenkommen lässt sich deshalb rechtfertigen.

Wir b e a n t r a g e n mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des sich noch auf Fr. 570 b e l a u f e n d e n B u s s e n r e s t e s .

38. Luigi Bergamaschi, 1921, Mechaniker, Locamo (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 5. Dezember 1947 wegen Zollübertretung in Verbindung mit Bannbruch und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu Fr. 1578 Busse, ohne Nachlass, da rückfällig, weil er im Frühjahr 1946 für einen Dritten 487 Paar Seidenstrümpfe in die Schweiz schmuggelte und für deren Verkauf- besorgt war. Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartemeiit am 16. April 1948 abgewiesen. Da keine Zahlungen eingingen, wurde die Busse vom Gerichtspräsidenten von Locamo am 16. November 1948 in drei Monate Haft umgewandelt.

Der Verurteilte ersucht um vollständigen Erlass
der Busse, eventuell um teilweisen Erlass unter der Bedingung der sofortigen Zahlung von Fr. 500. Er macht Unterhaltspflichten gegenüber seiner betagten Mutter geltend. Mit Hilfe Dritter sei es ihm inzwischen gelungen, sich eine selbständige Existenz zu schaffen. Er betreibe eine eigene mechanische Werkstätte, was ihm den Wiederaufbau seiner moralischen und wirtschaftlichen Existenz ermögliche.

Dies werde ihm aber nicht gelingen, wenn er die Haftstrafe von drei Monaten verbüssen müsse. Wohl habe ihm das kantonale Justiz- und Polizeidepartement nochmals die Möglichkeit der Abtragung der Busse eingeräumt; die angesetzten Teilzahlungen von Fr. 300 zu entrichten, sei jedoch untragbar. Auf

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diese Weise verweigere man ihm, sich wieder einzuordnen und ein brauchbares Mitglied der Gemeinschaft zu werden.

Die Angaben des Gesuchstellers treffen, was seine Mutter und seine wirtschaftliche Lage anbetrifft, zu. Indessen vermögen diese Verhältnisse, im Hinblick auf den Umstand, dass Bergamaschi den Schmuggel berufsmässig betrieben hat und dass er im Jahre 1948 auch wegen Veruntreuung zu einer bedingten Freiheitsstrafe hat verurteilt werden müssen, ein gnadenweises Entgegenkommen nicht zu begründen. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die G e s u c h s a b w e i s u n g .

39. Ernestine Vanoni, 1878, Hausfrau, Cuzzago (Italien), verurteilt durch Strafverfügungen des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom 4. Mai 1948 wegen Bannbruchs zu Fr. 1529.34 Busse und der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 29. April 1948 wegen Zollübertretung und Zollhehlerei zu einer solchen von Fr. 106.67. Für beide Bussen konnte wegen vorbehaltloser Unterziehung ein Drittel nachgelassen werden. Frau Vanoni hat für eine Drittperson grosse Mengen von Uhren- und Zählersteinen aus der Schweiz nach Italien geschmuggelt und schmuggeln lassen und einen Teil davon bearbeitet wieder illegal nach der Schweiz verschoben. Die Verurteilte hat bis zur Einreichung ihres Gesuches in 22 regelmässig geleisteten Teilzahlungen insgesamt Fr. 925 entrichtet.

Frau Vanoni ersucht um Erlass des Bussenrestes mit der Begründung, sie habe nur'aus Gefälligkeit einer Bekannten gegenüber und ohne jede gewinnsüchtigen Beweggründe gehandelt. Die bisherigen Zahlungen habe sie der bescheidenen Eente ihres Ehemannes entnommen, was angesichts der Unterhaltspflichten gegenüber einer Schwester des Mannes, der steigenden Preise und des ungünstigen Lirekurses schwer gefallen sei. Mit diesen Leistungen fortzufahren, sei ihr heute kaum mehr möglich. Bereits habe ihr Ehemann eine Lebensversicherung zurückkaufen müssen, um die Kosten für den Unterhalt und namentlich auch die Pflege der kränklichen Schwester bestreiten zu können.

Im Mitbericht der Eidgenössischen Oberzolldirektion wird ausgeführt, Frau Vanoni sei dem Drängen ihrer Bekannten zum Opfer gefallen, ohne sich über die Folgen ihrer Handlungsweise Rechenschaft zu geben. Wenn auch auf die Strafverfügung im Wege der Begnadigung nicht zurückgekommen werden
kann, so sei diese Feststellung, gerade weil sie von den Zollbehörden selbst herrührt, hier doch erwähnt. Das Verhalten der Gesuchstellerin in der Untersuchung, so stellt die Oberzolldirektion fest, sei korrekt gewesen;'sie habe auf erstes Befragen vollständige und wahre Auskunft gegeben.

Das Ehepaar Vanoni lebt heute von der bescheidenen Eente des Ehemannes, eines früheren schweizerischen Eisenbahnbeamten. Nach den Feststellungen der Zollbehörden sollen die Verhältnisse ärmlich sein. Es darf der Gesuchstellerin deshalb geglaubt werden, dass ihr die Bezahlung der Fr. 925

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/ schwer gefallen ist und dass es ihrerseits einer bemerkenswerten Anstrengung bedurfte. Mit der Oberzolldirektion glauben wir deshalb, es sei hier ein Entgegenkommen zu verantworten und beantragen den gnadenweisen Erlass des Bussenrestes.

40. Johann Bleichenbacher, 1907, Hilfsarbeiter, Arbon (Thurgau), verurteilt wie folgt: a. Durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 1. März 1948 zu Bussen von Fr. 886.45 wegen Zollübertretung, Bannbruchs, Hinterziehung der Warenurnsatzsteuer und Anstiftung dazu und von Fr. 75. 70 wegen Zollhehlerei, wovon je ein Drittel wegen vorbehaltloser Unterziehung erlassen werden konnte. Der Verurteilte hat in den Jahren 1946/47 selbst Präzisionswerkzeuge, Kugellager, Kontrolluhren, Widiastahl, eine Ledermappe und zusammen mit einem Dritten Autobestandteile in die Schweiz geschmuggelt, durch einen französischen Zollbeamten Kugellager und Widiastahl illegal einführen lassen und endlich einen weiteren Posten Widiastahl, von dem er wusste, dass er unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt worden war, gekauft.

fe. Ebenfalls durch S traf Verfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 1. März 1948 zu Fr. 60 Busse, unter Nachlass eines Drittels, wegen verbotener Ausfuhr verschiedener neuer Kleidungs- und Wäschestücke.

Eine gegen diese Strafverfügungen eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 27. Mai 1948 abgewiesen.

Der Vollzug der Bussen gestaltete sich schwierig. Es wurde zunächst Stundung und auf Zahlungsversprechen hin weitere Erleichterungen gewährt mit dem Ergebnis, dass insgesamt Fr. 15 eingingen. Im Betreibungsweg konnten schliesslich noch Fr. 173 erhältlich gemacht werden. Dazu kam eine weitere Zahlung von Fr. 20, so dass heute unter Einrechnung eines kleinen Verwertungserlöses insgesamt Fr. 208 der Gesamtschuld von Fr. 1022.15 getilgt sind.

Um dem Gesuchsteller nochmals Gelegenheit zu geben, wenigstens seinen guten Willen zu bekunden, wurden auch die Verhandlungen über das Umwandlungsbegehren nochmals sistiert. Nach Ablauf der ihm für die Zahlungen gesetzten Frist hat er, ohne diese neue Chance irgendwie benützt zu haben, ein Begnadigungsgesuch eingereicht.

Bleichenbacher ersucht um Herabsetzung des Bussenrestes auf Fr. 500 oder aber Gewährung von monatlichen Teilzahlungen von Fr. 50. Er verweist
auf seine finanziellen Schwierigkeiten und auf seine Pflichten gegenüber seinen drei Kindern und namentlich gegenüber seiner schwerkranken Frau.

Die Eidgenössische Oberzolldirektion hat die Verhältnisse des Gesuchstellers sehr eingehend untersucht. Wir verweisen diesbezüglich auf den bei den Begnadigungsakten liegenden Mitbericht dieser Amtsstelle vom 21. August 1950. Festzuhalten ist hier, dass sich die Einzelangaben im Gesuch Bleichen bachers, der sich gegenwärtig in einer Trinkerheilanstalt aufhält, zum Teil als unwahr erwiesen haben. Es handelt sich beim Gesuchsteller um einen haltlosen, nicht gut beleumdeten, auch gemeinrechtlich vorbestraften Mann in den besten

342 Jahren, der sich des ihm entgegengebrachten Vertrauens und der, namentlich seiner tapferen Frau wegen immer wieder gewährten Hilfe und Eücksichtnahme nicht würdig erwiesen hat. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, wobei die Vollzugsbehörde von weiteren Massnahmen während der Dauer der Versorgung absehen wird. Auch stellt · die Eidgenössische Oberzolldirektion, um Bleichenbach die Bückkehr in ein geregeltes Leben nicht zu erschweren, in Aussicht, diesem nach der Entlassung nochmals Gelegenheit zu geben, seine Schuld in massigen Teilzahlungen abzutragen.

41. Franco Della Chiesa, 1919, Chauffeur, Lugano (Tessin), verurteilt durch S traf Verfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 16. Oktober 1947 wegen Mittäterschaft bei Zollübertretung zu Fr. 1459.74 Busse, weil er es übernommen hatte, von Dritten in Italien gekaufte Waren (15 Pelzmäntel, 44 Angora-ensembles, 20 Paar Lederhandschuhe und 20 Seidenfoulards) in die Schweiz schmuggeln zu lassen, wo er die Ware auf einer Alp übernahm und den Eigentümern zukommen liess. Eine gegen die Straf Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 6. März 1948 abgewiesen. Nachdem sich im Betreibungsverfahren die Uneinbringlichkeit der Busse ergeben hatte, wurde diese vom Gerichtspräsidenten von Lugano-Stadt am 9. Dezember 1949 in drei Monate Haft umgewandelt.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung, wozu er auf seine schwierige wirtschaftliche Lage hinweist, die durch die Krankheit seines Kindes und die Unterhaltspflichten gegenüber seiner alten Mutter bedingt sei. Müsse er die Haftstrafe verbüssen, so käme seine Familie in schwere Bedrängnis.

Der Gesuchsteller anerkennt im Gesuch nochmals ausdrücklich den der S traf Verfügung zugrunde liegenden Sachverhalt und erklärt, leichtfertig und unüberlegt gehandelt zu haben. Es zeugt dies von seiner Einsicht und spricht für ihn. -- Die wirtschaftliche Lage des Della Chiesa ist schlecht und hat sich namentlich seit dem Urteil dadurch verschlimmert, dass sein Töchterchen inzwischen an Tuberkulose erkrankt ist. Dieses befindet sich zur Zeit in einem Sanatorium. Der Gesuchsteller hat monatlich Fr. 100 zu zahlen; der Eest wird durch die kantonale Tuberkulosefürsorge übernommen. Zieht man das ausgewiesene Berufseinkommen
als Chauffeur von Fr. 320 monatlich in Betracht, zu dem hie und da noch eine magere Prämie aus seiner Nebentätigkeit als Badrennfahrer kommt, so ist Della Chiesa zu glauben, dass er neben den Auslagen für den Unterhalt seiner Ehefrau und der alten Mutter auch bei bestem Willen nichts an die Busse zahlen konnte und auch in Zukunft nicht viel wird zahlen können. Wir möchten bei dieser Sachlage mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion ein Entgegenkommen befürworten, wobei auch berücksichtigt werden darf, dass der Gesuchsteller einen guten Buf geniesst und dass er zu seinen einmaligen Verfehlungen von Dritten, die wahrscheinlich seine bescheidene Lage kannten und ausnützten, angestiftet worden ist. Auszugehen für einen Gnadenakt ist von der Umwandlungsstrafe. Wir b e a n t r a g e n

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deshalb den b e d i n g t e n Erlass der dreimonatigen H a f t s t r a f e , unter Ansetzung einer P r o b e z e i t von 3 Jahren und mit der besonderen Bedingung, dass Della Chiesa innerhalb der Probezeit einen Betrag von Fr. 200 nach einem von der Vollzugsbehörde festzulegenden angemessenen Zahlungsplan zu entrichten hat.

42. Virginia Streit, 1907, Hausfrau, Viganello (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldeparteruentes vom 22. März 1947 zu Fr. 1393.34 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie im Jahre 1945 Uhren im Werte von Fr. 10 450 widerrechtlich aus der Schweiz ausführen liess.

Die Verurteilte ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenrestes von Fr. 213.34, wozu sie geltend macht, sie und nach ihrer Verheiratung auch ihr Ehemann hätten sich nach Kräften bemüht, die Busse zu tilgen. Heute sei es ihr aber im Hinblick auf die Krankheit des Gatten nicht mehr möglich, mit den Teilzahlungen fortzufahren. Sie bittet auch zu berücksichtigen, dass sie in Frankreich, wo sie kurz nach der Übernahme der geschmuggelten Uhren verhaftet worden sei, nur nach Zahlung einer Busse und unter Zurückbehaltung der Ware freigelassen worden sei.

Angesichts der tatsächlich schwierigen finanziellen Lage, in der sich das Ehepaar Streit befindet, sowie auch im Hinblick auf den bisher bekundeten Zahlungswillen könnte ein Entgegenkommen an sich in Erwägung gezogen werden. Dagegen vermag die Gesuchstellerin wegen ihrer schwerwiegenden Vorstrafen die persönlichen Voraussetzungen für einen Gnadenakt nicht zu erfüllen und muss aus diesem Grund eines Entgegenkommens als unwürdig bezeichnet werden. Wir b e a n t r a g e n deshalb die Gesuchsabweisung.

43. Leo Schwyzer, 1884, Landwirt, Sur Chenal bei Grandfontaine (Bern), verurteilt durch Strafverfugung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 21. März 1947 wegen Gehilfenschaft bei Bannbruch, begangen in fortgesetztem Delikt zu einer Busse von Fr. 1137.50, ohne Gewährung eines Nachlasses, weil rückfällig. Schwyzer hat in den Jahren 1946/47 zusammen mit seiner Tochter grosse Mengen Tabak, Kakao, Kaffee, Zichorie und Tee an französische Grenzbewohner verkauft, obschon er wusste, dass diese Waren nach Frankreich geschmuggelt würden. -- Schwyzer hat zunächst gerichtliche Beurteilung verlangt,
seine Einsprache jedoch am 20. Januar 1949 zurückgezogen. Die Strafverfügung der Oberzolldirektion ist somit in Rechtskraft erwachsen. Schwyzer hat die Busse in regelmässigen Teilzahlungen bis auf Fr. 287.50 abgetragen.

Der Verurteilte ersucht um Erlass «eines grossen Teils der Summe». Er weist auf seine grosse Familie, die auf seinem Heimwesen lastenden grossen Schulden und seine sich daraus ergebenden Schwierigkeiten hin. Sein Gut liege 150 Meter von der Grenze ab und werde von den Grenzzollbeamten beschritten, was auch Schaden verursache ; dafür habe er aber noch nie eine Entschädigung verlangt. Ende des Krieges habe er eine grosse Zahl von Flüchtlingen bei sich aufgenommen und diesen alles zur Verfügung gestellt.

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Auf das Gesuch kann nur eingetreten werden, soweit es sich auf den noch ausstehenden Bussenbetrag bezieht. Was den durch die Grenzbegehung durch die Zollorgane behaupteten Schaden betrifft, so kann dieser, sofern ein solcher durch die Beschreitung von Wald und Weide tatsächlich verursacht wird, nicht im Zusammenhang mit diesem Gnadengesuch geltend gemacht werden.

Das gleiche gilt für die seinerzeit aufgenommenen Flüchtlinge, die übrigens vor ihrer Flucht nach den Angaben der Oberzolldirektion zu der guten Kundschaft des im Winter 1944/45 vom Gesuchsteller neu eröffneten und sich sehr einträglich entwickelnden Spezereigeschäftes gehörten. In finanzieller Hinsicht bestehen keine Bedenken, dem sich in keiner Notlage befindlichen Gesuchsteller, dessen Kinder alle erwachsen sind, die Zahlung des Bussenrestes zuzumuten. Ein Gnadenakt könnte übrigens auch unter dem Gesichtspunkt der Würdigkeit nicht verantwortet werden; Schwyzer ist rückfällig und ausserdem wegen Verleumdung vorbestraft. Wir beantragen Gesuchsabweisung, unter Einräumung von Zahlungserleichterungen wie bisher.

44. Gaston Grand, 1919, Vertreter, Genf, verurteilt durch Strafverfügungen des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom l. September 1947 wegen Bannbruchs und Gehilfenschaft dazu zu Bussen von Fr. 406.67 und Fr. 662.67, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, wegen Ausfuhrschmuggels von insgesamt 100 Goldstücken zu zwanzig Franken und wegen Beschaffung von Gold in Barren im Werte von Fr. 9940 zum Zwecke der verbotenen Ausfuhr.

Der bisherige Vollzug der Busse ergab, zum Teil aus Betreibung und Lohnpfändung, den Betrag von Fr. 694.80, so dass heute noch Fr. 375.04 geschuldet sind. Grand ersucht um Erlass der Bestschuld, wozu er seine schwierige finanzielle Lage geltend macht. Durch die Abzahlungen an die Busse sei er mit andern Verpflichtungen in Kuckstand geraten. Es sei ihm angesichts seines bescheidenen Einkommens nicht möglich, Schulden zu zahlen (namentlich Arztrechnungen und Steuern), sowie ein für die Anschaffung von Hausrat erhaltenes Darlehen und gleichzeitig die Busse abzutragen, ohne dass seine Familie mit zwei Kindern darunter zu leiden hätte.

Es trifft zu, dass die Verhältnisse Grands bescheiden sind und dass ihm die Bezahlung der Busse nicht leicht fallen wird. Auch wird anerkannt,
dass Grand mit den zum Teil freiwilligen Bezahlungen von rund zwei Dritteln des Bussenbetrages seinen Zahlungswillen bewiesen hat. Wir können indessen der Auffassung der Oberzolldirektion, die gestützt auf diese Tatsache glaubt, ein Entgegenkommen hinsichtlich des Restbetrages verantworten zu dürfen, nicht folgen. Einmal ist die Tilgung einer Teilbusse noch kein Grund, um auch den Eest zu erlassen, wenn die Möglichkeit der gänzlichen Tilgung in Teilzahlungen zugemutet werden kann, was, wenn auch mit Verzichten in anderer Beziehung verbunden, der Fall ist. Dass dadurch auch die Familienangehörigen betroffen werden, hätte der Gesuchsteller voraussehen können und sich vor der Tatbegehung überlegen müssen. Gegen eine Begnadigung sprechen ausserdem die

345 Umstände, die seinerzeit zum Austritt Grands aus dem Staatsdienst als Gefangenenwärter im Gefängnis St-Antoine in Genf geführt haben. Wir beantragen deshalb die G e s u c h s a b w e i s u n g , unter Einräumung angemessener Teilzahlungen wie bis anhin.

45. Gustave Eapin, 1908, Chauffeur, Versoix (Genf), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 4. Juli 1946 zu Fr. 946.67 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Jahre 1945 als Chauffeur des Internationalen Eoten Kreuzes nach einer Fahrt durch Deutschland, ira Einvernehmen mit dem ebenfalls gebüssten Kolonnenführer, gegen Entschädigung 10 dort zusammengekaufte Autopneus und 2 Luftreifen bei seiner Ruckkehr in die Schweiz schmuggelte.

Die gegen die Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 23. Oktober 1946 abgewiesen. -- Eapin leistete den Zahlungsaufforderungen keine Folge, sondern liess es zur Durchführung der Betreibung kommen, die Fr. 198.05 und für die Eestforderung einen Verlustschein ergab. Dem in der Folge bei der zuständigen richterlichen Behörde eingereichten Umwandlungsbegehren wurde auf die Zahlungsversprechen des "Verurteilten auf Zusehen hin keine Folge gegeben. Vom April 1949 bis Februar 1950 hat Eapin insgesamt Fr. 642.90 bezahlt, worauf er ein Gnadengesuch einreichte.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des Bussenrestes von Fr. 303.77, wozu er geltend macht, er habe sich im März 1948 einer schweren Operation unterziehen müssen, wovon er sich noch heute nicht ganz erholt habe. Die langandauernde gänzliche und teilweise Arbeitsunfähigkeit habe ihn in eine finanzielle Notlage gebracht. Es falle ihm schwer, seinen Verpflichtungen gegenüber der Familie und namentlich auch gegenüber seinen zwei in einer Berufslehre stehenden Söhnen nachzukommen.

Die Angaben des Gesuchstellers über seine Krankheit scheinen zuzutreffen.

Dagegen ist seine wirtschaftliche Lage nicht abgeklärt. Eapin wurde durch die Zolldirektion Genf wiederholt schriftlich, zuletzt sogar durch eingeschriebenen Brief aufgefordert, vorzusprechen, um über seine Verhältnisse Auskunft zu erteilen. Er hat darauf überhaupt nicht reagiert. Dieses Verhalten spricht gegen den Gesuchsteller. Zieht man ausserdem in Betracht, dass er im Zentralstrafenregister
nicht weniger als neunmal verzeichnet ist, so muss die Frage der persönlichen Würdigkeit verneint werden, was zum vornherein einen Gnadenakt ausschliesst. Wir b e a n t r a g e n deshalb die Gesuchsabweisung.

46. Alice Vosti, 1920, Hausfrau, Gerra Verzasca (Gerra Piano), Tessin, durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 6. Juli 1946 wegen Zollhehlerei zu Fr. 1533 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Frau Vosti hat in den Jahren 1944/45 Schmuggelwaren aller Art gekauft. Der umgangene Zoll betrug Fr. 766.50, die hinterzogene Warenumsatzsteuer Fr. 143.24. Der Bundesrat hat im Beschwerde-

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verfahren die Busse, in Berücksichtigung des Umstandes, dass die Waren zum grössten Teil von der 14köpfigen'Familie der damals noch ledigen Verurteilten verbraucht worden waren, auf Fr. 800 herabgesetzt. Die von Frau "Vosti versprochenen monatlichen Teilzahlungen von Fr. 100 sind nicht eingehalten worden; dagegen sind während 13 Monaten jeweils Fr. 10 regelmässig eingegangen. Die Eestbusse beträgt somit noch Fr. 670.

Frau Vosti ersucht um Begnadigung, wozu sie darauf hinweist, sich inzwischen verheiratet zu haben und Mutter von Zwillingen geworden zu sein.

Ihr Mann, der gesundheitlich schonungsbedürftig sei und nur über ein bescheidenes Einkommen verfüge, habe mit ihren Verfehlungen nichts zu tun gehabt. Sie könne ihm deshalb nicht zumuten, die Busse zu zahlen. Auch wenn er dazu gewillt wäre, würden dafür im Hinblick auf die Unterhaltskosten für die so plötzlich angewachsene Familie die Mittel fehlen. Man möge berücksichtigen, dass sie nicht aus Gewinnsucht straffällig geworden sei, sondern aus Rücksicht auf ihre Familie.

Die Zollverwaltung hat die Verhältnisse der Gesuchs tellerin näher untersucht und stellt fest, dass diese sehr bescheiden sind. Sie kommt zum Schluss, Frau Vosti sei eines Entgegenkommens würdig und vertritt, unter Hinweis auf den bekundeten Zahlungswillen, die harten Begleitumstände bei Vollzug der Haft im Falle der Umwandlung und die unbefriedigenden Folgen einer allfälligen weiteren Aufschiebung des Strafvollzuges, die Auffassung, der Erlass der Eestbusse könne verantwortet werden. Wir sind mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion einverstanden, dass sich gegenüber Frau Vosti ein Entgegenkommen rechtfertigt. Dagegen halten wir dafür, dass der Erlass des ganzen Bussenrestes im Hinblick auf die bereits vom Bundesrat im Beschwerdeverfahren, zum Teil aus den gleichen Gründen erfolgte Herabsetzung der Busse auf die Hälfte zu weit gehen würde und b e a n t r a g e n deshalb den Erlass von Fr. 500. Für den noch zu bezahlenden Betrag von Fr. 170 werden weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen gewährt.

47. Marguerite Broquet, 1883, Hausfrau, Zürich, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 31. Juli 1947 wegen Zollhehlerei zu Fr. 847.60 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie für ihre Tochter
und Schwiegertochter 2235 Paar Seidenstrümpfe, von denen sie wusste, dass sie unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt worden waren, in ihrer Wohnung in Zürich zur Aufbewahrung übernahm und der Tochter beim Sortieren und Verkaufen der Ware behilflich war. Eine Beschwerde wurde am 2. April 1949 vom Bundesrat abgewiesen. -- In kleinen Teilzahlungen hat die Verurteilte bisher Fr. 150 abgetragen.

In ihrem Gnadengesuch macht die Verurteilte geltend, ihre schon früher bescheidenen finanziellen Verhältnisse hätten sich seit dem Tod ihres Ehemannes im Jahre 1948 verschlechtert. Nicht nur habe der Verstorbene Schulden hinterlassen, die sie tilgen müsse, sondern ihre Tochter sei schwer krank ge-

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wegen und habe nachher lange keine Stelle gefunden. Ausser einer bescheidenen Übergangsrente sei sie für ihren Unterhalt ausschliesslich auf das kleine Einkommen ihrer Tochter angewiesen. Durch all die schweren Schicksalsschläge seien ihre Nerven erschöpft. Ausserdem stehe sie in ärztlicher Behandlung wegen eines Beinleidens.

Nach den von den Organen der Oberzolldirektion durchgeführten Erhebungen haben sich die Verhältnisse der Gesuchstellerin seit dem Urteil eher verschlechtert. Die Tatbegehung fiel offenbar in eine Zeit grosser Schwierigkeiten und einer auswegslos scheinenden finanziellen Lage. Inzwischen trat insofern eine Besserung ein, als ein Teil der Schulden bereits abgetragen werden konnte und ausserdem durch den Verdienst der Tochter und die Übergangsrente die Not gebannt erschien. Die Tochter blieb jedoch, da lungenkrank, weiterhin schonungsbedürftig. Sie hat sich nun vor kurzem einer Operation unterziehen müssen, was nicht nur neue Auslagen, sondern auch den Verlust der Stelle mit sich brachte. Diese Umstände lassen bei Berücksichtigung des bisher bekundeten Sühnewillens und der Unbescholtenheit der Gesuchstellerin einen Teilerlass als gerechtfertigt erscheinen. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Oberzolldirektion die H e r a b s e t z u n g der Busse auf die H ä l f t e . Für die Tilgung des Eestbetrages stellt die Vollzugsbehörde weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen in Aussicht.

48. Hans B ü h r e r , 1926, Landwirt, Bibern (Schaffhausen), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 25. August 1948 zu Fr. 785.40 Busse, weil er zu Beginn des Jahres 1948 einen Posten chirurgischer Instrumente auf Schleichwegen in die Schweiz einführte und dabei gleichzeitig die für diese Ware geschuldete Warenumsatzsteuer hinterzog. Eine Beschwerde gegen diese S traf Verfügung wurde vom Eidgenössischen Finanzund Zolldepartement am 27. November 1948 abgewiesen. Bührer hat monatliche Teilzahlungen geleistet, so dass nach Anrechnung eines bescheidenen Verwertungserlöses von der Busse heute noch Fr. 496.70 ausstehen.

Der Verurteilte ersucht um Prüfung, ob ihm nicht gnadenweise der Bussenrest erlassen werden könnte. Er macht dazu seine Familienpflichten und seine misslichen finanziellen Verhältnisse geltend.

Bührer hat sich trotz bescheidener finanzieller Lage
Mühe gegeben, seinen aus dem Urteil sich ergebenden Pflichten nachzukommen. Seine Lage hat sich insofern wesentlich verschlechtert, als er die stark überschuldete Erbschaft seines verstorbenen Vaters, die fünf seiner sechs Geschwister ausgeschlagen hatten, annahm. Aus dem bescheidenen Verdienst, aus dem er früher die Teilzahlungen an die Busse geleistet hat, sieht er sich nun gezwungen, seine Gläubiger zu befriedigen, von denen er dauernd bedrängt wird. Eine Betreibung müsste nach Auffassung der Zolldirektion Schaffhausen unweigerlich zur Versteigerung des kleinen Heiniwesens führen, was nach Ansicht der Oberzolldirektion eine unangebrachte Härte darstellen würde, nachdem sich der Gesuchsteller unter schweren Opfern bemüht hat, dieses Heim seiner Mutter und seiner Familie

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zu erhalten. -- Der Leumund des Gesuchstellers lautet günstig. Allerdings musste er früher dreimal mit kleinen Zollbussen belegt werden, weshalb ihm auch das übliche Drittel nicht nachgelassen werden konnte. Die Zollbehörden bezeichnen jedoch diese Übertretungen als geringfügig. Bührer ist verheiratet und seit kurzem Vater eines Sohnes. Gesundheitlich ist er schwer beeinträchtigt durch ein epileptisches Leiden, dem übrigens auch die Mutter und eine deswegen versorgte Schwester verfallen sind. Durch die dauernde Einnahme von Mitteln gegen diese Krankheit sollen sich schwere Magenstörungen gezeigt haben, die bereits einen Spitalaufenthalt nötig machten.

Wir halten unter diesen Umständen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion dafür, dass die hier angeführten Kommisarationsgründe ein Entgegenkommen rechtfertigen, und b e a n t r a g e n den Erlass des Bussenrestes.

49. Mario L u r à , 1910, Maurer, Mendrisio (Tessin), verurteilt durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion wie folgt : Am 22. März 1946 zu Fr. 900 Busse wegen widerrechtlicher Ausfuhr von 150 kg Pfeffer, wobei es bei 45 kg beim Versuch blieb; am 9. Juli 1946 zu Bussen von Fr. 54.40 wegen Zollhehlerei mit geschmuggelten Damenpullovers und von Fr. 545 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit 305 Uhren. Für alle Bussen konnte wegen vorbehaltloser Unterziehung ein Drittel nachgelassen werden. -- Lurà hat durch regelmässige Teilzahlungen von insgesamt Fr. 954.50 die ersten beiden Bussen getilgt; jene von Fr. 545 steht noch aus.

Der Verurteilte ersucht um gnadenweisen Erlass des noch geschuldeten Betrages, wobei er darauf hinweist, es sei ihm angesichts seiner Familienlasten und seines geringen Einkommens nicht mehr möglich, mit den monatlichen Teilzahlungen fortzufahren. Würde jedoch die letzte Busse in Haft umgewandelt, so musste die Familie der Öffentlichkeit zur Last fallen. -- Lurà anerkennt im übrigen nochmals seine Verfehlungen und bemerkt dazu, er habe sich aus Leichtsinn dazu verleiten lassen.

Der Gesuchsteller lebt in bescheidenen Verhältnissen. Er hat für den Unterhalt seiner Familie mit zwei offenbar kränklichen Kindern aufzukommen.

Ausserdem unterstützt er seine kranke Mutter. Angesichts dieser bescheidenen Lage hat Lurà einen bemerkenswerten Zahlungs- und Sühnewillen bekundet.

Die Zolldirektion Lugano
befürwortet deshalb in ihrem Erhebungsbericht ein Entgegenkommen. Demgegenüber ist festzustellen, dass die Tilgung einer Bussenschuld nach ständiger Praxis der Begnadigungsbehörde keinen Kommiserationsgrund darstellt. Eine Verschlechterung der Verhältnisse ist aber seit dem Urteil nicht festzustellen. Ausserdem musste Lurà im Jahre 1946 wegen versuchter Unzucht mit Kindern zu einem Jahr Gefängnis verurteilt werden (bedingt mit Probezeit von 5 Jahren), was bei dem überaus strengen Massstab, den die Begnadigungsbehörde an die persönliche Würdigkeit des einzelnen Gesuchstellers anlegt, einen Gnadenakt ausschliesst. Wir b e a n t r a g e n deshalb

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mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, wobei jedoch die Vollzugsbehörde weiterhin weitgehende Zahlungserleichterungen i zusichert.

50. Margrit Parisot, 1921, französische Staatsangehörige, Hausfrau, St-Louis (Frankreich), verurteilt durch Straf Verfügung der Zolldirektion Basel vom 6. September 1948 wegen Zollübertretung in Verbindung mit Bannbruch, sowie wegen Hinterziehung der Warenumsatz- und Luxussteuer zu Fr. 265.44 Busse, ohne Nachlass, da rückfällig. Die Verurteilte hat Pelzwaren, einen Damenmantel, eine Damenhandtasche aus Schlangenleder und Spielzeug unter Umgehung der Zollkontrolle und zum Teil unter Umgehung des Einfuhrverbotes in die Schweiz verbracht.

Frau Parisot ersucht um Erlass des sich noch auf Fr. 83.84 belaufenden Bussenrestes. Sie macht geltend, mit ihrem Kind allein dazustehen und sich in einer Notlage zu befinden, die ihr weitere Zahlungen unmöglich machten.

Die Gesuchstellerin wurde von der Zolldirektion Basel über ihre persönlichen Verhältnisse angehört. Nach ihren Aussagen bezieht sie von ihrem abgeschiedenen Ehemann monatlich Alimente, die offenbar den Unterhalt für sie und das Kind nicht voll zu decken vermögen. Ausserdem soll sie krank gewesen sein und einen Unfall erlitten haben, der ihr grössere Kosten verursacht habe. Gegenwärtig sei ihr Gesundheitszustand nicht so, dass sie einer Berufstätigkeit nachgehen könnte.

Die. Zolldirektion Basel bemerkt dazu, dass es ihr angesichts des Wohnsitzes der Gesuchstellerin im Ausland nicht möglich gewesen sei, eigene Erhebungen anzustellen und die Angaben einer Überprüfung zu unterziehen.

Frau Parisot habe jedoch den Eindruck hinterlassen, sich einer recht guten Gesundheit zu erfreuen und bestimmt in der Lage zu sein, einem Erwerb nachzugehen.

Wir sind mit den Zollbehörden .der Auffassung, die Gesuchstellerin habe ihre Lage absichtlich zu schwarz dargestellt und sie sei bei gutem Willen in der Lage, den Bussenrest zu tilgen. Wird ferner berücksichtigt, unter welchen Umständen es zu ihrer Bestrafung kam -- ihre Verfehlungen kamen ans Licht im Zusammenhang mit einem Zollverfahren gegen den von ihr selbst denunzierten Ehemann --, so deutet dies auf eine Persönlichkeit hin, deren Angaben jedenfalls mit Vorsicht aufgenommen werden müssen. Wir sind der Meinung, dass Kommiserationsgründe nicht vorliegen,
und b e a n t r a g e n deshalb die Gesuchsabweisung.

51. Attilio Canonica, 1928, Handlanger, Corticiasca (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung der Zolldirektion Lugano vom 18. September 1945 wegen Zollhehlerei zu Fr. 150 Busse. Canonica fand im Juli 1945 in einem Gebüsch einen Sack mit 10 kg Eeis, 3 Begenmänteln und 100 g Safran, der von Unbekannten dort abgelegt worden war, um ihn der Beschlagnahme durch die Zollorgane zu entziehen. Er behändigte diesen Sack und nahm ihn zu sich nach

350 Hause. Eine Unterziehung erfolgte nicht, so dass ein Nachlass nicht gewährt werden konnte. Nachdem auch keine Beschwerde eingereicht worden ist, erwuchs die Strafverfügung in Rechtskraft. -- Bezahlt hat der Verurteilte nichts.

Die Durchführung der Betreibung wurde vom Betreibungsamt zunächst verweigert. Das nach Eintritt der Volljährigkeit wieder aufgenommene Verfahren ergab für die Forderung einen Verlustschein. Der Gerichtspräsident von Lugano-Land hat die Busse am 18. April 1950 in 15 Tage Haft umgewandelt.

Canonica ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er geltend macht, die Bussenverfügung stelle angesichts seiner Minderjährigkeit im Zeitpunkt des Tatbegehung ein Unrecht dar. Es sei eine absurde Zumutung, von einem 17jährigen zu verlangen, er hätte das Gesetz zu kennen, wo es doch sogar Advokaten gebe, denen es nicht geläufig sei. Im übrigen sei der von ihm gefundene Sack bei ihm zu Hause nachher gestohlen worden, und der Dieb habe die Anzeige erstattet. Nach Recht und Gerechtigkeit hätte dieser Dieb bestraft werden müssen und nicht ein Minderjähriger.

Nach dem Bericht der Zolldirektion Lugano soll das hier in Frage stehende Schmuggelgut vom Vater des Verurteilten vor den Zollorganen versteckt, hierauf von einem andern Dorfbewohner gestohlen, jedoch auf Anzeige des Vaters Canonica hin wieder zurückgegeben worden sein. Als Vater Canonica zur Sache einvernommen wurde, habe er, um sich aus der Strafsache zu ziehen, angegeben, der Sohn habe den Sack in einem Gebüsch gefunden. Der Sohn gab diesen Sachverhalt zu, worauf dieser, da nichts anderes bewiesen werden konnte, ins Eecht gefasst wurde.

Die Vorbringen des Gesuchstellers beziehen sich ausschliesslich auf das Urteil und die zur Zeit der Tatbegehung bestandene Minderjährigkeit. Es sind dies aber keine Begnadigungsgründe. Auffallen muss, dass sich Canonica bis zur Umwandlung der Busse in Haft um die Angelegenheit überhaupt nicht gekümmert hat. Einem 17jährigen Jüngling ist es aber ohne weiters zuzumuten, dass er sich um die Erledigung einer derartigeil Angelegenheit bemüht. Canonica hätte ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, sich bei der Zolldirektion in Lugano zu erkundigen, wo man ihn auch über die Möglichkeiten allfälliger Erleichterungen beraten hätte. Er hat sich jedoch weder der Strafverfügung unterzogen noch hat er auch von seinem
Beschwerderecht Gebrauch gemacht oder gerichtliche Beurteilung verlangt. Er unternahm auch nachher nichts, um die Angelegenheit in Ordnung zu bringen, und blieb verstockt, bis mit der Umwandlung Ernst gemacht wurde. Dieses Verhalten spricht keineswegs für den Gesuchsteller.

Abzulehnen ist auch die Behauptung der Gesetzesunkenntnis; es unterliegt keinem Zweifel, dass ein siebzehnjähriger Grenzbewohner genau weiss, was Schmuggel bedeutet und was mit Schmuggelware zu geschehen hat. Überdies ist seiner Jugendlichkeit bereits im Strafmass Rechnung getragen worden. Da die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesuchstellers von der Zolldirektion Lugano als normal bezeichnet werden und Kommiserationsgründe weder geltend gemacht werden noch tatsächlich vorliegen, andererseits die Überprüfung der Strafverfügung im Wege der Begnadigung nicht möglich ist, be-

351 antragen wir mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, wobei es Canonica auch heute noch freisteht, die Busse zu zahlen und so der Verbüssung der Haftstrafe zu entgehen.

Gernäss den Vorschriften über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln sind verurteilt worden (52--73) : 52. Hans Lerch, 1912, Metzger, Grossdietwil (Luzern), verurteilt am 4. Mai 1946 vom l', kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu drei Wochen Gefängnis, bedingt erlassen unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren und zu Fr. 4000 Busse. Ausserdem wurde der Strafregistereintrag verfügt. Lerch hat in den Jahren 1942/43 die Schlachtung von 16 Kälbern, 4 Schweinen, l Ziege, 9 Gitzi und 4 Schafen nicht in die Schlachtkontrolle und die Monatsrapporte eingetragen, die Schlachtgewichte im Umfang von rund 4900 kg und die Fettausbeute im Umfang von 80 kg zu niedrig angegeben, er hat Fleisch und Fett im Ausmass von über 6 Tonnen der regulären Marktversorgung entzogen und im Schwarzhandel abgesetzt.

Lerch ersucht um Erlass des sich noch auf Fr. 891.82 belaufenden Bussenrestes. Er macht dazu seine schwierigen finanziellen Verhältnisse geltend, die sich schon aus den vielen Betreibungen ergäben. Zu allem Unglück habe er nun auch noch mit einem Verlust aus einer Wechselbürgschaft zu rechnen. Endlich verweist er auf seine zahlreichen Aktivdiensttage.

Auf Grund der eingeholten Berichte kann eine Verschlechterung der Lage des Gesuchstellers seit dem Urteil nicht erkannt werden. Wenn auch die Betriebsmittel beschränkt sind, so hat Lerch sein Auskommen. Im Einkommen ist sogar eine Erhöhung eingetreten. Dass neue Betreibungen in letzter Zeit seltener geworden sind, gibt ebenfalls den Hinweis auf eine Besserung. Überdies ist zu beachten, dass es noch nie zur Ausstellung von Verlustscheinen gekommen ist. Allerdings hat sich Lerch inzwischen verheiratet. Da die Ehe jedoch kinderlos geblieben ist, bedeutet das keine Belastung, um so mehr als die Frau den Lieferwagen zu lenken versteht und ihm so auch im Geschäft beistehen kann.

Wäre ein Entgegenkommen nicht schon aus diesen Erwägungen abzulehnen, so müsste es angesichts der kriegswirtschaftlichen und gemeinrechtlichen Verurteilungen des Gesuchstellers, vor allem im Hinblick auf die Schuldbefunde wegen Autofahrens in angetrunkenem Zustand und
trotz Entzug des Führerausweises verweigert werden. Selbst bei Würdigung der für einen Metzgermeister in solchen Lagen geschäftsbedingten Schwierigkeiten lassen diese Verurteilungen den Gesuchsteller in einem Licht erscheinen, das die Bejahung der Begnadigungswürdigkeit ausschliesst. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die G e s u c h s a b w e i s u n g , wobei ihm für die Zahlung des noch ausstehenden Bussenbetrages von der Vollzugsbehörde weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen zugesichert werden.

352 53. Bruno Bizzozzero, 1909, Metzger und Wirt, Cagiano (Tessin), verurteilt am 20. März 1948 vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 3000 Busse, weil er in den Jahren 1943 bis 1946 zu übersetzten Preisen 7 Stück Grossvieh unter Umgehung der Viehannahmekommission gekauft, dieses Vieh nebst 6 Schweinen und 2 Kälbern schwarz geschlachtet und das angefallene Fleisch, zum Teil ohne Eationierungsausweise entgegenzunehmen, verkauft hat. Ausserdem hat er 3 Stück Grossvieh, die er geschlachtet von einem "Viehhändler erworben hatte, nicht in die Schlachtkontrolle eingetragen.

Im Vollzug wurden Bizzozzero für die Tilgung der nach Abzug eines eingezogenen Betrages noch verbleibenden Bussensumme von Fr. 2104.50 auf sein Ersuchen hin weitgehende Zahlungserleichterungen eingeräumt. Da davon jedoch kein Gebrauch gemacht wurde, war die Vollzugsbehörde zur Einleitung der Betreibung gezwungen, worauf der Verurteilte Eechtsvorschlag erhob, den er erst vor dem Rechtsöffnungsrichter zurückzog, um hernach ein Begnadigungsgesuch einzureichen.

Bizzozzero ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages. Er macht geltend, sich nur wegen der ungenügenden Schlachtgewichtszuteilungen vergangen zu haben. Sodann beruft er sich auf seine Pflichten gegenüber seinen zwei minderjährigen Kindern.

Auf die vom Verurteilten zur Begründung seines Gesuches angeführten Beweggründe zur Tatbegehung kann hier nicht eingetreten werden, da die Schuldfrage im Wege der Begnadigung nicht überprüft werden kann. Es sei lediglich vermerkt, dass das Gericht diesen Umständen bei der Strafzumessung Rechnung getragen hat. -- Nach den vorliegenden Berichten hat sich aber auch die finanzielle Lage des Gesuchstellers seit dem Urteil nicht etwa verschlechtert, sondern im Gegenteil verbessert. Er befindet sich nicht in einer Notlage, sondern seine Verhältnisse sind derart, dass ihm die Abtragung der Restschuld zugemutet werden muss; ganz abgesehen davon, dass er angesichts seines gänzlich fehlenden Sühnewillens auch bei Vorliegen von Kommiserationsgründen eines Gnadenaktes wenig würdig erscheinen würde. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekratariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

54. Antonio Beer, 1880, Kaufmann und Landwirt, Misox (Graubünden), 55. Reto Beer, 1912, Metzger und
Fleischschauer, Misox, verurteilt am 10. September 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Bussen von Fr. 1500 bzw. Fr. 1000.

Vater und Sohn Beer haben gemeinsam erhebliche Mengen rationierter Lebensmittel schwarz gekauft und zu übersetzten Preisen verkauft, sowie mindestens 3 Stuck Grossvieh und 2 Schweine schwarz geschlachtet und einen Teil des Fleischanfalles ohne Entgegennahme von Rationierungsausweisen abgegeben.

Antonio Beer hat ausserdem, als er seinen Sohn als Fleischschauer vertrat, verschiedene Privatpersonen bei Hausschlachtungen durch tatsachenwidrige

353 Eegistrierung der Todgewichte begünstigt und ein Paar Schuhe schwarz gekauft. Reto Beer wird neben den schon erwähnten Verfehlungen noch der Schwarzverkauf von aus Notschlachtungen angefallenem Fleisch sowie der Kauf und Verkauf von Textilien, Schuhen, Gummisohlen zu übersetzten Preisen und ohne Abgabe und Entgegennahme von Bationierungsausweisen zur Last gelegt.

Auf die Zahlungsaufforderung hin haben die Verurteilten um Erlass der Bussen nachgesucht. Beide machen geltend, sich in bedrängter finanzieller Lage zu befinden. Der Vater führt als Beweis dafür an, er sei Bezüger einer Übergangsrente, die er der Vollzugsbehörde zur Tilgung der Busse zur Verfügung stelle. Der Sohn erklärt, er sei wegen der gleichen Widerhandlungen noch mit einer Zollbusse belegt worden, die in 8 Monate Haft umgewandelt worden sei. Um der Schande einer Haftverbussung zu entgehen, habe er unter grössten Opfern Teilzahlungen an die Zollbusse geleistet. Gegenwärtig sei er arbeitslos. Überdies habe er bei einem Militarunfall zwei Finger seiner rechten Hand eingebüsst und erhalte für diese Teilinvalidität nur eine unbedeutende Eente.

Die Gesuchsteller machen nichts geltend, was nicht bereits von den Gerichten erwogen und berücksichtigt worden wäre. Gerade die finanziellen Verhältnisse der Gesuchsteller veranlassten den erstinstanzlichen Eichter, die Bussen weit unter den Anträgen der Überweisungsbehörde anzusetzen. Die Berufungsinstanz erklärte die Bussen im Hinblick auf die Schwere und den Umfang der Widerhandlungen ausdrücklich als milde. -- Ein gnaden weises Entgegenkommen könnte nur in Erwägung gezogen werden, wenn sich die persönlichen und finanziellen Verhältnisse der Gesuchsteller seit dem Urteil entscheidend verschlechtert hätten. Dies trifft nun aber in keiner Weise zu.

Wir verweisen diesbezüglich auf die Ausführungen des bei den Akten liegenden Mitberichtes des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 7. Oktober 1950. Danach ist in der wirtschaftlichen Lage von Vater und Sohn eher eine Besserung eingetreten. Unter diesen Umständen kann jedenfalls der Vollzug des Urteils nicht als eine vom Gericht nicht gewollte Härte erscheinen. Demzufolge lässt sich auch ein Gnadenakt nicht rechtfertigen.

Bei dieser Sachlage erübrigt sich die nähere Überprüfung der personlichen Würdigkeit der
Gesuchsteller. Immerhin sei festgestellt, dass der Leumund des Beer Vater von der Gemeindebehörde als mittelmässig bezeichnet wird.

Eeto Beer hat im Gesuch falsche Angaben gemacht, mit denen er offenbar die Begnadigungsbehörde zu einem , Entgegenkommen glaubte veranlassen zu können. Einmal ist er als Inhaber des vom Vater übernommenen Ladengeschäftes und eines Tea-Eooms in San Bernardino wohl kaum arbeitslos.

Wenn er in seinem Gesuch ferner von der seinerzeitigen Verletzung der rechten Hand schreibt, obschon eine Teilinvalidität der linken Hand vorliegt, so kann diese «Verwechslung» wohl kaum anders als absichtlich erfolgt sein.

Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. III.

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354 Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung. Da bei der bisher gänzlich fehlenden Sühnebereitschaft der beiden Gesuchsteller mit einer sofortigen Erneuerung der Gesuche gerechnet werden muss, erachten wir ausserdem die Ansetzung einer Frist von 2 Jahren gemäss Art. 395, Abs. 2, StGB als angebracht.

56. Emilio Brack, 1901, Vertreter, Minusio (Tessin), verurteilt am 6. August 1946 vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1000 Busse wegen unerlaubten Handels mit Mahlzeitencoupons. Der Vollzug dieser Strafe gestaltete sich angesichts des Verhaltens des Verurteilten mühsam. Trotz langmütigen Entgegenkommens zahlte er nur Fr. 300, so dass der Eestbetrag von Fr. 700 vom Eichter am 9. September 1949 in 70 Tage Haft umgewandelt werden musste. Die Berufungsinstanz hat den Einwand der unverschuldeten Zahlungsunfähigkeit verneint und das erstinstanzliche Erkenntnis bestätigt.

Unter Hinweis auf bescheidene finanzielle Verhältnisse und grosse ausserordentliche Auslagen wegen Krankheit der Ehefrau ersucht Brack um Erlass des umgewandelten Bussenrestes, eventuell Herabsetzung auf Fr. 200. Er übt ausserdem Kritik am Appellationsurteil und beruft sich auf die längst vollzogene Aufhebung der Eationierungsvorschriften.

Der in kinderloser Ehe lebende Gesuchsteller versteuert tatsächlich ein nur kleines Einkommen und es erscheint glaubhaft, dass ihm die Bezahlung der Busse nicht leicht fallen wird. Auch wird bestätigt, dass ihm durch einen Spitalaufenthalt seiner Ehefrau erhebliche Kosten entstanden sind. Anderseits ist nicht zu übersehen, dass es der Verurteilte vor der Krankheit seiner Ehefrau während Jahren an der Zahlungsbereitschaft hat fehlen lassen, dass er kriegswirtschaftlich insgesamt sechsmal gebüsst werden musste, und dass das Strafregister nicht weniger als 10 Einträge über gemeinrechtliche Bestrafungen aufweist. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

57. Berta Eoth, 1890, Hausfrau, Zürich, verurteilt am 28. Mai 1946 vom 5. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1200 Busse wegen bestimmungswidriger Verwendung, unsachgemässer Aufbewahrung und Verderbenlassens grosser Mengen Lebensmittel sowie wegen Abgabe von solchen ohne
Entgegennahme von Bezugsscheinen und Überlassen von Eationierungsausweisen an Dritte. Die Stadt Zürich wurde für Busse und Kosten solidarisch haftbar erklärt. -- Der verstorbene Ehemann der Verurteilten war Verwalter des stadtzürcherischen Männerheims «Zur Weid» in Eossau. Frau Eoth versah die Stelle einer Hausmutter und hatte die Aufsicht und das Verfügungsrecht über die Vorräte der Anstalt. Anlässlich einer Kontrolle wurde eine katastrophale Unordnung in der Lagerhaltung und eine grosse Menge verdorbener Lebensmittel festgestellt.

Frau Eoth hat bereits früher ein Gnadengesuch eingereicht, das in der Dezembersession 1948 zur Abweisung gelangte. Schon damals war die Busse

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getilgt. Die Begnadigungsbehörde ist auf das Gesuch trotzdem eingetreten, weil die Zahlung aus einem zurückgestellten Eentenanspruoh durch die Stadt Zürich bezahlt worden war, somit aus eigenen Mitteln der Gesuchstellerin, jedoch ohne ihre Zustimmung, und weil die Behandlung durch das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zugesichert worden war. Sowohl die Begnadigungskommission wie auch die Vereinigte Bundesversammlung kamen damals in Übereinstimmung mit der vom Bundesrat vertretenen Auffassung zum Schluss, ein gnadenweises Entgegenkommen lasse sich nicht rechtfertigen (vgl. Antrag 221 des Berichtes vom 11. November 1948; BEI III, 780).

Die Verurteilte erneuert ihr Gesuch unter Hinweis auf ihre schwierige finanzielle Lage und macht geltend, ihre Aufgabe in der Anstalt sei damals schwer gewesen, was ihre Verfehlungen sicher in einem etwas milderen Lichte erscheinen lasse. Sie wirft abschliessend die Frage auf, ob nicht die bezahlte Busse in eine Hilfe für Ausbildung und Unterhalt ihres blinden Sohnes umgewandelt werden könnte.

Nachdem die Begnadigungsbehörde anlässlich der Behandlung des ersten Gesuches nach eingehender Prüfung der persönlichen und finanziellen Verhältnisse in abweisendem Sinn entschieden hat, ist die Tilgung der bereits damals bezahlten Busse eine definitive geworden. Wird doch nichts geltend gemacht, was jene Abweisung als einen Fehlentscheid erscheinen lassen könnte.

Für die Behandlung des neuen Gesuches ist somit davon auszugehen, dass um Erlass für eine bereits vollzogene Busse nachgesucht wird. Die Begnadigungsbehörde hat es nun aber seit jeher abgelehnt, auf derartige Gesuche einzutreten (vgl. auch Antrag 27 dieses Berichtes und dort zitierten Entscheid).

Ausgangspunkt für diese Praxis ist die Tatsache, dass eine Strafe durch die Begnadigung nicht aufgehoben wird, sondern einzig hinsichtlich des Vollzuges gemildert werden kann. Ist daher eine Strafe vollstreckt, so ist damit die im Wege der Begnadigung zu prüfende Frage, ob nämlich der Vollzug eine nicht zumutbare Härte darstellen würde, bereits gegenstandslos geworden. Dass diese Auffassung richtig ist, zeigt sich eindrücklich bei vollstreckten Freiheitsstrafen. Ist aber die Eückgängigmachung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe nicht möglich, so muss sie auch mit Bezug auf die Bussen,
wo eine Bückerstattung im Bereich des Möglichen liegen würde, abgelehnt werden.

Von diesem klaren Standpunkt abzuweichen, möchten wir der unabsehbaren Folgen wegen dringend abraten. Könnten sich doch beim Abweichen von der bisher eingehaltenen geraden Linie leicht andere Verurteilte aus irgendwelchen Gründen veranlasst sehen, ebenfalls bereits bezahlte Bussenbeträge im Wege der Begnadigung zurückverlangen zu wollen.

Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Nicht eintreten.

58. Vinzenz Battaglia, 1918, Waldarbeiter, Trans (Graubunden), verurteilt am 12. August 1949 vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu

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Fr. 1000 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Vermögensvorteils von Fr. 849.50 an den Bund, weil er im Juli 1946 Bationierungsausweise für 441 kg Zucker, von denen er nach den Feststellungen des Gerichts wissen musste, dass sie gefälscht waren, für insgesamt Fr. 1250 an verschiedene Drittpersonen verkaufte.

Unter Hinweis auf seine bescheidene finanzielle Lage, die Krankheit seiner Ehefrau und die sich daraus ergebenen grossen Verpflichtungen ersucht der Verurteilte um Begnadigung.

Die Angaben im Gesuch über die wirtschaftliche Lage Battaglias und namentlich über die Krankheit seiner Ehefrau treffen zu. Trotzdem können wir einen Gnadenakt nicht befürworten. Einmal hat bereits das Gericht diese Vorbringen durch Herabsetzung der Busse gegenüber dem Strafantrag weitgehend berücksichtigt; es hat ausserdem die Aufhebung der Bationierungsvorschriften in Beatmung gestellt. Eine Verschlechterung ist seither offenbar nicht eingetreten. Gegen ein Entgegenkommen spricht auch der bisher gänzlich fehlende Sühnewille; trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Vollzugsbehörde hat der Gesuchsteller nicht die geringste Anstrengung gemacht. Wir sind deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes der Auffassung, dass es Sache des Umwandlungsrichters sei zu prüfen, ob der Gesuchsteller tatsächlich schuldlos ausserstande ist, die Busse ganz oder teilweise abzutragen. Dem Kichter stehen hiezu Mittel zur Verfügung, die der Begnadigungsbehörde verschlossen sind ; so kann er namentlich den Verurteilten vorladen, befragen und sich von diesem einen persönlichen Eindruck verschaffen. Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweisung. Eine wesentliche Erleichterung wird für Battaglia ferner dadurch eintreten, dass das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Voraussetzungen für einen Erlass der Verfahrenskosten und der Verpflichtung zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinns gestützt auf Art. 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 als gegeben erachtet.

i

59. Marguerite Grettenand, 1907, Geschäftsfrau, Produit-Leytron (Wallis), verurteilt am 13. Januar 1948 vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 800 Busse, weil sie in den Jahren 1944 bis 1947 Brot und Gebäck schwarz verkauft, nicht alle Massnahmen zur Verhütung der Brotkrankheit ergriffen, ausschliesslich zur menschlichen Ernährung bestimmte Waren verfüttert und durch unrationelle Verwendung von Mehl in ihrem Vorrat einen Verlust von über 17 Tonnen entstehen liess.

Die Verurteilte ersucht unter Hinweis auf ihre hoffnungslose finanzielle Lage und ihre Familienlasten um Erlass der Busse.

Frau Grettenand, die einen Bäckerei- und Lebensmittelladen geführt hat, musste ihr Geschäft aufgeben und einen gerichtlichen Nachlassvertrag abschliessen. Sie ist heute gänzlich mittellos, hat aber anderseits als Witwe für den Unterhalt von 7 minderjährigen Kindern aufzukommen. Ein Gnadenakt gegen-

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über dieser sich in einer verzweifelten Lage befindlichen Mutter drängt sich auf. Wh- beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements den E r l a s s der Busse.

60. André Gremaud. 1919, Landwirt, Vuadens (Freiburg), verurteilt am 3. Januar 1949 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 700 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 350 an den Bund, weil er in den Jahren 1946/47 1780 kg Mehl zu übersetzten Preisen schwarz veräussert und xvberdies unerlaubterweise 900 kg Inlandgetreide gekauft hat.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung. Er macht geltend, das Urteil sei in deutscher Sprache ergangen, obschon er welscher Zunge sei. Auch sei er persönlich nie vor den Eichter geladen worden und habe sich demzufolge auch nicht richtig verteidigen können. Er bearbeite zusammen mit seinem Vater einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb und sei ohne jegliches Vermögen.

Gremaud wurde zusammen mit acht weiteren Angeklagten verurteilt, von denen 7 in Biel wohnhaft waren. Es war deshalb durchaus gegeben, diesen Straffall zur Beurteilung dem deutschsprachigen l. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu übertragen, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich Biel hegt.

Dass die Urteile in deutscher Sprache ausgefertigt wurden, stimmt mit den Vorschriften des Artikels 56 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 über das kriegswirtschaftliche Strafrecht und die kriegswirtschaftliche Strafrechtspflege uberein. Zutreffend ist, dass Gremaud vom Gericht nicht vorgeladen worden ist. Auch dies entspricht jedoch den Verfahrensvorschriften (Art. 23 des genannten BEB), nach denen das Begehren um mundliche Urteilsverhandlung in Einzelrichterfallen abgelehnt werden kann, wenn feststeht, dass die Ansetzung einer mündlichen Verhandlung den Ausgang des Verfahrens nicht beeinflussen kann. Übrigens wurde die Anklageschrift seinerzeit dem Anwalt des Gesuchstellers zugestellt, der die Gremaud zur Last gelegten Verfehlungen weder bestritt noch die mündliche Urteilsverhandlung verlangte. Überdies sind diese Vorbringen auch in der Appellationsschrift geltend gemacht, jedoch von der Berufungsinstanz als unbegründet zurückgewiesen worden. Was die finanzielle Lage des Gesuchstellers
anbetrifft, so ist eine Änderung seit dem Urteil ebenfalls nicht zu verzeichnen, weshalb wir angesichts des Fehlens von Kommiseriationsgründen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die G e s u c h s abweisung beantragen.

61. Johann Sommerhalder, 1903, Müller, Munchringen (Bern), verurteilt am 3. April 1947 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 600 Busse, weil er als Kundenmüller wesentlich zu helles Backmehl hergestellt hat.

Ein erstes Begnadigungsgesuch des Verurteilten wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Dezembersession 1948 abgewiesen. Die Begnadi-

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gungsbehörde stellte damals im Sinne unseres Antrages darauf ab, Sommerhalder sei wegen gleicher Vergehen schon fünfmal vorbestraft worden und habe die Vorschriften fortgesetzt in gröbster Weise verletzt. Die Busse sei vom Eichter nur mit Eücksicht auf das geringe Einkommen und die bestehenden Unterstützungspflichten sowie vor allem im Sinne einer letzten Bewährungsprobe so niedrig angesetzt worden. Es wurde dem Verurteilten ferner völliger Mangel an Einsicht vorgeworfen und auf seine seit dem Urteil gänzlich unverändert gebliebenen Verhältnisse hingewiesen (vgl. Antrag 42 des Berichtes 21. September 1948; BB1 III, 237).

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Erlass des inzwischen bis auf Fr. 250 abgetragenen Bussenrestes. Er sei finanziell schwach und die Zahlung der ganzen Busse falle ihm ausserordentlich schwer. Die musterwidrige Ausmahlung sei nicht absichtlich erfolgt, sondern auf die alte Müllereieinrichtung zurückzuführen. Auch die Eidgenössische Getreidekommission habe sich in einem Beschwerdeentscheid vom 23. Januar 1950 in dieser Eichtung ausgesprochen und ausgeführt, seinen kriegswirtschaftlichen Verfehlungen dürfe kein allzu grosses Gewicht beigelegt werden, da für die Nichteinhaltung des Typenmusters offenbar vorwiegend die alte Mahleinrichtung verantwortlich gemacht werden müsse.

Soweit der Gesuchsteller das Urteil anficht, ist er nicht zu hören. Auch der Hinweis auf den Entscheid der Eidgenössischen Getreidekommission betreffend Kontingentszuteilung vermag ein Entgegenkommen nicht zu begründen. Die in ganz anderem Zusammenhang stehenden und drei Jahre nach dem Urteil angestellten Erwägungen dieser Kommission sind ausserdem eindeutig als Vermutungen formuliert und vermögen an den ganz eindeutigen Feststellungen des Eichters nichts zu ändern. Da sich überdies auch die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers seither nicht ungünstig entwickelt haben, sondern nach dem neuesten Steuerausweis sowohl im Einkommen wie im Vermögen eher eine Erhöhung eingetreten ist und überdies im Ortspolizeibericht das Vorliegen von Unterstützungspflichten verneint wird, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes erneut die Gesuchsabweisung, unter Ansetzung einer Frist von 2 Jahren, innerhalb welcher Sommerhalder sein Gesuch nicht
erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

62. Giovanni Buzzi, 1920, italienischer Staatsangehöriger, Angestellter, Chiasso (Tessin), verurteilt am 6. Januar 1950 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 600 Busse wegen Verkaufs von seinem Arbeitgeber gestohlenen Eationierungsausweisen für Zucker zum Preise von Fr. 3.50 je kg-Goupon.

Durch seinen Verteidiger ersucht Buzzi um Erlass der Busse, eventuell um wesentliche Herabsetzung. Er macht geltend, nicht aus Gewinnsucht gehandelt zu haben. Seine Verfehlungen seien lediglich auf sein jugendliches Alter und auf den Druck von Freunden zurückzuführen. Schliesslich sei nicht zu übersehen, dass er aus seiner alten Stelle entlassen worden sei, xmd dass es ihm bisher nicht

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gelungen sei, eine neue Stelle in seinem Beruf zu finden. Mit seinem knappen Monatslohn müsse er für seine betagten Eltern sorgen, die, wenn er die Busse bezahlen müsse, obwohl gänzlich unschuldig, in Mitleidenschaft gezogen würden.

Die Rationierungsvorschriften seien überdies nun schon seit langem aufgehoben.

Die Vorbringen Buzzis enthalten bei näherem Zusehen nicht einen einzigen Kormniserationsgrund ; vielmehr lassen die verschiedenen unrichtigen Behauptungen den Gesuchsteller zum vornherein wenig begnadigungswürdig erscheinen.

Genügend ausgewiesen ist wohl die Gewinnsucht des Verurteilten, der die gestohlenen Coupons zu hohem Preis verkaufte und sich dadurch einen ungerechtfertigten Gewinn von rund Fr. 300 verschaffte. Ob seine Freunde ihn tatsächlich zu seinen Verfehlungen gedrängt haben, berührt die Schuldfrage, die hier nicht erneut überprüft werden kann. Dass Buzzi zur Zeit der Tatbegehung noch jung war, ist bereits vom Richter bei der Strafzumessung berücksichtigt worden and bildet keinen Begnadigungsgrund. Ebenso unerheblich ist die angesichts der begangenen Diebstähle durchaus nicht überraschende Tatsache, dass er seinerzeit an seinem alten Arbeitsplatz entlassen worden war. Er hat übrigens wieder eine Stelle gefunden und verfugt über ein Einkommen, das ihm die Abtragung der Busse durchaus gestatten wurde, wenn er sich wirklich darum bemühen wollte. Liegen doch dem ledigen Gesuchsteller, entgegen seinen Behauptungen, nach dem Bericht der Ortsbehörden gegenüber seinen Eltern, bei denen er lebt, keine Unterstützungspflichten ob. Unter diesen Umständen ist nicht einzusehen, mit was sich hier ein Gnadenakt begründen liesse. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdeparternentes die Gesuchsabweisung.

63. Ottorino Fischbach, 1916, Konditor, Chiasso (Tessin), verurteilt am 14. Januar 1950 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 600 Busse, weil er mit Rationierungsausweisen für Zucker Handel getrieben hat, wobei er beim Kauf Fr. 3.50 je kg-Coupon bezahlte und beim Verkauf Fr. 4.50 bis Fr. 5. -- forderte.

Ein Teil dieser Rationierungsausweise war gefälscht. Das Gericht hat ausserdem die Einziehung von beschlagnahmten Zuckercoupons im Bezugswert von über 25 kg Zucker angeordnet.
Der Verurteilte ersucht durch seinen Verteidiger um Erlass der Busse, eventuell um eine wesentliche Herabsetzung der Strafe. Die Rationierungsvorschriften seien längst aufgehoben, so dass sich schon aus diesem Grund ein Entgegenkommen rechtfertigen lasse. Ausserdem habe er sich seinerzeit aus einer Notlage heraus vergangen, die auf die ungenügenden Zuteilungen seitens der zuständigen Behörden zurückzuführen sei. Zur Zeit der Tatbegehung sei er ausserdem noch jung gewesen. Dies und die von ihm geleisteten 700 Diensttage müssten ebenfalls berücksichtigt werden.

Die Gesuchsbegründung bezieht sich ausschliesslich auf Tatsachen, die bereits im Urteil berücksichtigt worden sind und eine Begnadigung nicht zu

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begründen vermögen. Fetsstellen möchten wir, dass der Verurteilte Kationierungsausweise nicht nur gekauft, sondern auch verkauft hat, was sich mit der von ihm geltend gemachten Notlage als Beweggrund der Tatbegehung nicht deckt. Dass die schon längere Zeit erfolgte Aufhebung der Bationierungsvorschriften keinen Grund für einen Straferlass darstellt, wurde bereits früher wiederholt auseinandergesetzt. Da sich auch die wirtschaftliche Lage des Gesuchstellers als geordnet darstellt, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

64. Félicien Bürgisser, 1901, Viehhändler, La Magne (Freiburg), verurteilt am 23. Mai 1949 vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 600 Busse, weil er zu Beginn des Jahres 1948 widerrechtlich 5 Stück Grossvieh geschlachtet und das Fleisch, ohne Metzger zu sein und somit ohne über ein Kontingent zu verfügen, verkauft hat.

Bürgisser ersucht um gänzlichen Erlass der Busse, wozu er erneut die Umstände der Tatbegehung erörtert und geltend macht, er sei zu Unrecht verurteilt worden.

Alle Vorbringen im Gesuch Bürgissers beziehen sich ausschliesslich auf das Urteil, das jedoch hier keiner Überprüfung unterzogen werden kann. Konnte sich der Verurteilte mit dem Schuldbefund des 6. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes nicht einverstanden erklären, so hätte er die Berufung einlegen müssen. Dies hier im Begnadigungsweg nachzuholen, ist nicht möglich. Da Kommiserationsgründe weder geltend gemacht werden noch sonst bekannt sind, und da namentlich auch die finanzielle Lage des Gesuchstellers seit dem Urteil keine Änderung erfahren hat, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

65. Christian Wenger, 1894, Müller, St. Ursen (Freiburg), verurteilt am 13. Juni 1949 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 400 Busse, weil er im Laufe des Jahres 1947 widerrechtlich über rund 90 Zentner im Eigentum des Bundes stehendes Brotgetreide (Pflichtlager) verfügt hat.

Der Verurteilte ersucht um Herabsetzung der Busse, wozu er namentlich auf seine schlechte finanzielle Lage hinweist. Im Sommer 1949 sei ihm überdies eine Scheune abgebrannt, was ihm weiteren Schaden zugefügt habe.
Diese Vorbringen wurden durch die von der Vollzugsbehörde durchgeführten Erhebungen bestätigt. Namentlich war dem Bichter nicht bekannt, dass der durch den Brand verursachte Schaden durch die Versicherung nur zum Teil gedeckt war. Es wirkt sich dies heute in einer wesentlichen Überbelastung seiner Liegenschaft -aus. Da ausserdem nach den Angaben der Steuerbehörden auch sein Einkommen zurückgegangen ist, darf auf eine tatsächliche Verschlechterung seiner Lage geschlossen werden, die einen Teilerlass zu rechtfertigen vermag. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Herabsetzung deiBusse auf die Hälfte.

361 66. Hans Kopp, 1912, Bauarbeiter, Ruswil (Luzern), verurteilt am 10. Mai 1950 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 400 Busse, weil er in den Jahren 1944 bis 1946 bei der Schwarzschlachtung von 25 Schweinen und einem Stier Gehilfenschaft geleistet hat. An die Busse sind bisher Fr. 30 eingegangen.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung, wozu er auf erlittenes Unglück und Krankheiten hinweist, durch die er sein ganzes "Vermögen verloren habe.

Er habe einen Nachlassvertrag abschliessen müssen und sei nun gezwungen, das dafür aufgenommene Geld abzuzahlen.

Kopp hat früher eine Wirtschaft gefuhrt, die jedoch ohne anderweitige Erwerbstätigkeit keine Existenzgrundlage zu bieten vermochte. Er hat dabei sein Erspartes verloren und betätigt sich heute als Bauarbeiter. Die Verhältnisse des Gesuchstellers sind bescheiden, doch war dies bereits dem Richter bekannt; eine Verschlechterung seit dem Urteil ist nicht nachgewiesen. Gegen eine Begnadigung spricht ferner eine gemeinrechtliche Vorstrafe aus dem Jahre 1947. Wir halten dafür, dass Kopp die Zahlung der noch ausstehenden Busse zugemutet werden muss, wobei für ihn dadurch eine gewisse Erleichterung eintreten wird, dass das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaf tsdepartementes vorsieht, auf den Einzug der Verfahrenskosten gestützt auf Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 zu verzichten.

Wir beantragen deshalb mit der Vollzugsbehörde die Gesuchsabweisung.

67. Werner G r a f , 1900, Landwirt, Zeli (Luzern), verurteilt am 2. September 1946 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 400 Busse, weil er in den Jahren 1943 bis 1945 3720 Liter Milch nicht abgeliefert und davon widerrechtlich 3300 Liter an Pferde und 420 Liter an Jungvieh verfuttert hat. Auf ein erstes Begnadigungsgesuch hin wurde die Busse durch die Vereinigte Bundesversammlung auf Fr. 300 herabgesetzt (Antrag 35 des Berichtes vom 29. April 1949; BEI I, 873). Am 15. August 1950 hat die Vollzugsbehörde gestützt auf Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 ausserdern auf den Einzug der Verfahrens- und Betreibungskosten verzichtet.

Der Verurteilte ersucht neuerdings um Erlass der Bussenschuld. Sein Gesundheitszustand lasse sehr zu wünschen übrig und auch in finanzieller Beziehung habe
sich seine Lage weiterhin verschlechtert.

Der Gesuchsteller ist nach dem Bericht der Ortsbehörde voll arbeitsfähig.

Seine finanzielle Lage ist nach wie vor bescheiden, hat sich aber seit der gerade im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Gesuchstellers erfolgte teilweise Gutheissung des ersten Gesuches nicht wesentlich verändert. Aber auch wenn dies zutreffen sollte, wären wir gezwungen, uns hinsichtlich eines erneuten Entgegenkommens in verneinendem Sinne auszusprechen. Lässt sich doch bei Graf trotz aller Milde, die ihm gezeigt wurde und trotz der in seinem ersten Gesuch abgegebenen Zahlungsversprechen auch nicht das geringste Zeichen guten Willens feststellen. Angesichts der völlig fehlenden Sühnebreitschaft er-

362 achten wir den Verurteilten, der in Zeiten des grössten Milchmangels skrupellos tausende von Litern Milch an Pferde verfüttert hat, jedes weiteren Gnadenaktes als unwürdig und beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung, mit der besonderen Weisung, dass Graf sein Gesuch vor Ablauf von 2 Jahren nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

68. Josef Jegge, 1905, Landwirt, Stein (Aargau), verurteilt am 27. Januar 1947 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichtes, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 350 Busse wegen Nichtablieferung von insgesamt 1100 kg Futtergetreide der Ernten 1943 und 1944.

Ein erstes Begnadigungsgesuch des Jegge wurde in der Junisession 1948 abgewiesen (vgl. Antrag 210 des Berichtes vom 22. Mai 1948; BEI II, 498).

Den hierauf an ihn gerichteten erneuten Zahlungsaufforderungen hat er keine Folge geleistet, was die Vollzugsbehörde zur Einleitung der Betreibung zwang, in deren Verlauf er es bis zur richterlichen Rechtsöffnung kommen liess. Die nachher vollzogene Pfändung ergab volle Deckung. Am 22. August 1950 erteilte das Betreibungsamt dem Verurteilten eine Aufschubbewilligung. Seither ist einzig ein Betrag von Fr. 34.10 an die Verfahrenskosten eingegangen.

Am 31. Juli 1950 ersuchte der Verurteilte erneut um Begnadigung, wozu er geltend macht, er könne sich mit der ungerechten Strafe immer noch nicht abfinden. Als Wehrmann habe er seine Pflicht erfüllt. Ein der Armee zur Verfügung gestelltes Pferd habe er kurz nach der Entlassung abtun müssen. Endlich sei ihm durch den von der Versicherung verlangten Liegenschaftsumbau finanzieller Schaden entstanden.

Die Erklärung des Gesuchstellers, er könne sich mit dem Urteil immer noch nicht abfinden, kann nicht gehört werden. Schon bei Behandlung seines ersten Gesuches wurde dies mit aller Deutlichkeit festgestellt. Ebenso bildet die Aktivdienstleistung keinen Begnadigungsgrund. Soweit im Gesuche eine Verschlechterung der finanziellen Lage geltend gemacht wird, ist dazu folgendes zu bemerken. Das Steuereinkommen Jegges erfuhr gemäss den sich bei den Akten befindlichen Unterlagen seit dem Jahre 1945 eine ständige Zunahme, dagegen ist das reine Steuervermögen gemäss dem Ortspolizeibericht vom 17. August 1950 gegenüber dem Jahre
1947 auf rund die Hälfte heruntergegangen. Dieser Eückgang dürfte jedoch, wenigstens zum Teil, nur ein scheinbarer sein, da er auf Umbauten an der Liegenschaft zurückzuführen ist, deren Wertvermehrung üblicherweise steuerlich nicht voll erfasst wird. Jedenfalls muss die finanzielle Lage des Gesuchstellers nach wie vor als durchaus geordnet bezeichnet werden. Hätte er den Willen zur Sühne besessen, so wäre es ihm längst möglich gewesen, die Busse zu tilgen. An dieser Feststellung ändert auch die Tatsache nichts, dass er sich im Februar dieses Jahres verheiratet hat und ihm nun neben der Unterhaltspflicht für seine Mutter noch jene für seine Ehefrau obliegt. Hätte Jegge seine Busse doch längst vor der Verheiratung und der von ihm heute geltend gemachten Verschlechterung seiner finanziellen

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Lage bezahlen können. Der Gesuchsteller hat sich jedoch seit rund 3% Jahren durch eine seltene Kenitenz hervorgetan. Bin Gnadenakt könnte unter diesen Umständen auch bei einer tatsächlichen ins Gewicht fallenden Verschlechterung der Verhältnisse wegen fehlender Würdigkeit nicht verantwortet werden.

Wir beantragen deshalb entschieden die Gesuchsabweisung, wobei Jegge gleichzeitig eine Frist von 2 Jahren anzusetzen ist, innerhalb welcher er sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

69. Josef Arnold, 1891, Wirt, Menzmgen (Zug), verurteilt am 18. Juni 1946 vom Binzelrichter des 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu Fr. 300 Busse wegen Gehilfenschaft bei Schwarzschlachtungen von Schweinen, begangen dadurch, dass er seinem Sohn sechs Schweine zum Schwarzschlachten verkauft hat.

Auf ein erstes Begnadigungsgesuch hin hat die Vereinigte Bundesversammlung dem Verurteilten die Busse im Hinblick auf die seit dem Urteil eingetretene Verschlechterung seiner finanziellen Lage auf die Hälfte herabgesetzt (vgl. Antrag 126 des Berichtes vom 10. Mai 1948; BEI II, 325).

Der Verurteilte ersucht neuerdings um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr. 75, wozu er sich auf ein Herzleiden und die dadurch herabgesetzte Arbeitsfähigkeit und seine missliche finanzielle Lage beruft.

Nach den von der Vollzugsbehörde durchgeführten Erhebungen hat sich die finanzielle Lage des Gesuchstellers seit dem Entscheid über sein erstes Gnadengesuch weiterhin verschlechtert. Auch die Angaben Arnolds über seinen Gesundheitszustand treffen zu. Er ist heute sozusagen mittellos und nur noch sehr beschränkt arbeitsfähig. Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes spricht sich unter diesen Umständen für den Verzicht auf den Vollzug der Bestbusse aus. Wir können dieser Beurteilung zustimmen und b e a n t r a g e n den Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr. 75.

70. Arturo Grossi, 1918, Landwirt, Monte Carasso (Tessin), verurteilt am 29. Januar 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 250 Busse, weil er zu Beginn des Jahres 1947 zusammen mit seinem Schwager drei Stück Grossvieh unter Umgehung der Viehannahmekommission kaufte und schwarz schlachtete.

Grossi ersucht um Erlass der Busse. Er weist darauf
hin, nicht aus Gewinnsucht gehandelt zu haben, sondern um seinem Schwager zu helfen. Diesen Entschuldigungsgrund habe er vor Gericht nicht geltend machen können, da er verwirrt gewesen sei. Wohl sei ihm vom Gericht entgegengekommen worden, doch entspreche die ausgesprochene Busse trotzdem noch nicht seiner finanziell schwierigen Lage.

Die Vorbringen des Gesuchstellers beziehen sich auf Schuldfrage und Strafzumessung und vermögen, da das Urteil hier einer Überprüfung nicht unterzogen werden kann, ein gnadenweises Entgegenkommen nicht zu begründen.

Die finanziellen Verhältnisse Grossis sind zwar bescheiden, jedoch geordnet

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und eine Verschlechterung seit dem Urteil wird nicht behauptet. Da somit Kommiserationsgrunde fehlen, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung, wobei die Vollzugsbehörde dem Verurteilten angemessene Zahlungserleichterungen zusichert.

71. Friedrich Christen, 1900, Landwirt, Wolhusen (Luzern), verurteilt am 81. Januar 1950 vom Einzelrichter des l. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 220 Busse wegen Verwendung von 200 kg Buchmehl zu Futterzwecken.

Christen ersucht um Begnadigung, wozu er bereits im Strafverfahren erhobene Einreden erneuert und auf verschiedene Umstände hinweist, die den Liegenschaftsertrag in den Jahren 1948 und 1949 herabgesetzt haben sollen.

Ausserdem beruft er sich auf die grossen Unterhaltspflichten für die zahlreiche Familie und auf ein Herzleiden.

Soweit der Gesuchsteller bereits im Strafverfahren erhobene Einwände erneuert und auf dem Urteil vorangegangene Umstände verweist, kann er hier nicht gehört werden. Auch ist eine Verschlechterung seiner finanziellen Lage seit dem Urteil nicht eingetreten; die Zahlen des Steuerausweises decken sich im Wesentlichen mit jenen, von denen der Eichter bei der Strafzumessung ausgegangen ist. Dagegen seien dem Eichter, so fuhrt das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in seinem Mitbericht vom 27. September 1950 aus, weder die Unterhaltspflichten gegenüber einer Familie mit 11 Kindern noch die auch von den Ortsbehörden bestätigte Schonungsbedürftigkeit des Gesuchstellers bekannt gewesen, so dass der Vollzug der ganzen Busse den Gesuchsteller bei den vorherrschenden bescheidenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen härter treffen würde, als es dem richterlichen Willen entsprochen habe, weshalb sich ein Teilerlass rechtfertige. Wir können uns dieser Betrachtungsweise anschliessen. In persönlicher Hinsicht ist der Gesuchsteller eines Entgegenkommens würdig. Durch seine bisherigen regelmässigen Zahlungen an die Verfahrenskosten, die bis auf einen unbedeutenden Teilbetrag bezahlt sind, hat Christen auch seinen guten Willen bekundet.

Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die H e r a b s e t z u n g der Busse auf Fr.120.

72. Josef P u r t s c h e r t ,
1891, Bäcker und Futterwarenhändler, Arth (Schwyz), verurteilt am 14. Juli 1950 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts, in Milderung dos erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 200 Busse wegen Abgabe von Euchmehl an Landwirte zu Futterzwecken.

Purtschert ersucht, ohne bisher etwas bezahlt zu haben, um Erlass der Busse. Er macht geltend, die Verfehlungen seien nicht nachgewiesen und der Schuldbefund sei eine Lüge. Auch habe er für den ihm gegenüber seitens der Ermittlungsbeamten erhobenen Vorhalt, er sei ein Schwarzhändler, noch keine Satisfaktion erhalten.

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Der Gesuchsteller macht nichts geltend, was ein Entgegenkommen zu begründen vermochte. Weder kann die von ihm am Urteil geübte Kritik gehört werden, noch stellen seine Klagen gegen die Untersuchungsbeamten einen Begnadigungsgrund dar. Nach den protokollarisch festgehaltenen Aussagen des von der kriegswirtschaftlichen Untersuchungsbehörde beigezogenen Ortspolizeibeamten hat sich übrigens die Einvernahme des Gesuchstellers in durchaus korrekter Weise abgespielt. Purtschert lebt überdies in finanziellen Verhältnissen, die ihm die Zahlung der bescheidenen Busse ohne weiteres gestatten.

Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

73. Ernst Kern, 1911, Landwirt, Ennetbürgen (Nidwaiden) verurteilt am 14. August 1947 vom Einzelrichter des 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 150 Busse wegen Gehilfenschaft bei Schwarzschlachtung,, begangen dadurch, dass er einem Metzger Kälber ohne Gesundheitsschein lieferte. -- An die Busse sind bisher Fr. 40 bezahlt worden.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung, wozu er sich auf seine misslichen finanziellen Verhältnisse beruft. Er bringe kaum das Nötigste für seine Familie auf und könne die Busse mit dem besten Willen nicht bezahlen.

Die Angaben Kerns über seine finanziellen Verhältnisse treffen nach den eingeholten Berichten zu. Seine Lage hat sich offenbar auch seit der Urteilsausfällung verschlechtert; er ist nicht mehr selbständiger Landwirt, sondern nur noch ein wenig erfolgreicher Vertreter und neuestens alpwirtschaftlicher Gehilfe. In den Strafakten befindet sich ausserdem kein Hinweis auf die grossen Familienlasten des Gesuchstellers (6 Kinder), so dass angenommen werden muss, der Eichter habe davon bei ,der Strafzumessung überhaupt keine Kenntnis gehabt.

Angesichts des guten Leumundes des Gesuchstellers lässt sich unter diesen Umständen ein Entgegenkommen verantworten. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes den Erlass des Bussenrestes.

Gemäss den Vorschriften betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung sind bestraft worden (74--81): 74. Fritz N i e d e r b e r g e r , 1915, Garagist, Stans (Nidwaiden), verurteilt am 15. Juli 1949 vom kriegswirtschaftlichen
Strafappellationsgericht, in Bestätigung des ersünstanzlichen Urteils, zu Fr. 2500 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 5000 an den Bund, (weil er einen Occasionslastwagen unter Überschreitung des zulässigen Preises und der handelsüblichen Gewinnmarge verkauft hat.

Durch einen Piechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Herabsetzung der sich aus dem Urteil ergebenden Verpflichtungen. Er macht geltend, das strenge und den tatsächlichen Verhältnissen nicht angepasste Urteil treffe ihn sehr hart und er sehe nicht, wie er diese Summe aufbringen solle.

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Der Gesuchsteller wurde bereits durch die Vollzugsbehörde darüber belehrt, dass im Begnadigungsweg bestenfalls die Busse erlassen werden könnte. Niederberger hat daraufhin die Verfahrenskosten abgetragen und die Tilgung des widerrechtlichen Gewinnes in Teilzahlungen aufgenommen.

Nicht einzutreten ist auf das Gesuch, soweit darin das Urteil angefochten wird. Im übrigen ist es abzuweisen, da Niederberger über ein Einkommen sowie auch über Vermögen verfügt, die ihm auch bei Berücksichtigung seiner Verpflichtungen gegenüber der von ihm getrennt lebenden Ehefrau und der drei Kinder erlauben, die Busse zu zahlen. Da überdies auch sein Leumund, namentlich im Hinblick auf seine zahlreichen Vorstrafen, als getrübt erscheint, beantragen wir mit dem Generalsekretatiat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

75. Wilhelmine Bont, 1882, Hausfrau, Oberriet (St. Gallen), verurteilt am 14. Januar 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 2000 Busse, weil sie in den Jahren 1943 bis 1945 grössere Mengen Mais und Kleie widerrechtlich, zum Teil zu übersetzten Preisen, kaufte und diese Waren, sowie unbestimmbare Mengen Mastfutter unter Erzielung eines bedeutenden ungerechtfertigten Gewinnes verkaufte. -- Im Laufe des eingeleiteten Betreibungsverfahrens zahlte Frau Bont Fr. 1200, so dass heute noch der Bussenrest von Fr. 800 sowie die Verfahrenskosten und die Verzugszinsen ausstehen.

Die Verurteilte ersucht um Verzicht auf den weiteren Strafvollzug, wozu sie geltend macht, sie könne die betreibungsamtlich festgesetzten Monatsbetreffnisse von Fr. 200 unmöglich aufbringen. Ihre Gastwirtschaft habe sie wegen vorgerückten Alters verkaufen müssen und die gepfändeten Liegenschaften böten angesicbt der Belastungen ohnehin keine Sicherheit. Für die Zahlung der Fr. 1200 habe sie ein Darlehen aufnehmen müssen.

Die Gesuchstellerin ist Witwe und lebt bei ihrem Sohn, der als einziger von 6 Kindern heute noch unverheiratet ist. Ihre Bergliegenschaft mit Gasthaus hat sie angesichts des auch vom Betreibungsamt bestätigten schlechten Geschäftsganges verkaufen müssen. Die finanzielle Lage der Gesuchstellerin hat sich seit dem Urteil nach den durch die Vollzugsbehörde durchgeführten Erhebungen wesentlich verschlechtert. Schon die
Berufungsinstanz ist allerdings davon ausgegangen, die Verhältnisse der Gesuchstellerin seien bescheiden; im Gegensatz zu damals versteuert sie jedoch heute überhaupt kein Einkommen mehr und das Vermögen ist auf einen kleinen aus der Liegenschaft und der Viehhabe bestehenden Betrag zurückgegangen, wobei das Betreibungsamt überdies die Auffassung vertritt, dass trotz der formellen Deckung bei Durchführung der Zwangsvollstreckung ein negatives Ergebnis durchaus im Bereich der Möglichkeit liege. Frau Bont stand ausserdem wegen eines Hautleidens in ärztlicher Behandlung, was ihr ebenfalls Auslagen verursacht hat. Ferner darf berücksichtigt werden, dass sie in einem Alter steht, wo es ihr schwer fallen dürfte, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Mit der Zahlung von Fr. 1200 hat sie

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jedenfalls unter schwierigen Verhältnissen einen bemerkenswerten Sühne willen bekundet. Da endlich über die Gesuchstellerin nichts vorliegt, was sie eines Gnadenaktes als unwürdig erscheinen liesse, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartemeiites den Erlass des noch a u s s t e h e n d e n Bussenbetrages. Hinsichtlich der Verfahrenskosten und der ATerzugszinse, die im Begnadigungsweg nicht erlassen werden können, wird das Generalsekreoariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes prüfen, ob ein Verzicht auf den weiteren Vollzug gestützt auf Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 verantwortet werden kann.

76. David Marelli, 1914, Tischler. Genf, verurteilt am 19. Dezember 1949 vom 3. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1000 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Er. 200, weil er im Juni 1947 gegen Entschädigung die Abtretung einer Mietswohnung gegen den Kauf von Möbeln zum Preise von Fr. 2000 vermittelt hat, wobei aber dieses Mobiliar einen Wert von höchstens Fr. 650 aufwies; ferner weil er im Juni 1948 die Abtretung seiner eigenen "Wohnung abhängig machte vom Kauf von Mobiliar zum Preise von Fr. 4000, dessen effektiver Wert jedoch höchstens Fr. 650 betrug.

Marelli ersucht urn Erlass der Busse. Er habe wegen einer schweren Erkrankung mehrere Monate nicht arbeiten können und überdies sei seine Ehefrau das Opfer eines Unfalles geworden. Im Jahre 1939 habe er seine Schwiegermutter und zwei Kinder in seinen Haushalt aufnehmen müssen. Endlich macht er geltend, er habe zur Zeit der Urteilsverhandlung an den Folgen einer Gehirnerschütterung gelitten und seine Verteidigungsrechte nicht voll ausüben können.

Nicht berücksichtigt werden kann die vor mehr als zehn Jahren durch Unterstützungspflichten entstandene finanzielle Belastung, die inzwischen in Wegfall gekommen ist. Ebensowenig vermag die behauptete Unfähigkeit zur richtigen Verteidigung ein Entgegenkommen zu begründen. War er doch an den Gerichtsverhandlungen selbst zugegen und ausserdem durch einen Eechtsanwalt verbeiständet. Auch von der Möglichkeit der Appellation hat er keinen Gebrauch gemacht. -- Dagegen wird die geltend gemachte Krankheit im Bericht der Ortspolizeibehörde bestätigt. Wir gehen deshalb mit dem Generalsekretariat
des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes darin einig, dass der sich daraus ergebende Verdienstausfall und die damit verbundene Verschlechterung seiner Verhältnisse ein teilweises Entgegenkommen zu rechtfertigen vermögen.

Da der Verurteilte in persönlicher Beziehung die Voraussetzungen für einen Gnadenakt erfüllt, b e a n t r a g e n wir mit der Vollzugsbehörde die Herabsetzung der Busse auf die H ä l f t e .

77. Arnold Dürlewanger, 1895, Landwirt, Thal (St. Gallen), verurteilt am 22. Juli 1949 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Straf appellationsgerichts, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 400 Busse wegen

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Festsetzens, Forderns und Abnehmens nicht genehmigter Miet- und Pachtzinse. Seit Abweisung seines ersten Gnadengesuches (vgl. Antrag 103 des Berichtes vom 19. Mai 1950; BB1 I, 1274) hat der Verurteilte weitere Fr. 100 an die Busse bezahlt.

Dürlewanger hat kurz nach Eröffnung des abweisenden Entscheides der Bundesversammlung sein Gesuch um Erlass des sich noch auf Fr. 100 belaufenden Bussenrestes eingereicht. Er beanstandet zunächst, dass ihm in unserem ersten Antrag ein ungünstiges Leumundszeugnis ausgestellt worden sei. Im Übrigen bezeichnet er das kriegswirtschaftliche Strafverfahren als eine Niederträchtigkeit und beruft sich auf seine Pflichterfüllung im Berufe und als Soldat. Er erwähnt angebliche ortsbedingte Schwierigkeiten und kann nicht verstehen, dass nicht auch ein Pächter schuldig befunden worden sei.

In den Verhältnissen des Gesuchstellerg hat sich seit dem Urteil und auch seit Abweisung des ersten Gesuches nichts geändert. Dürlewanger ist angesichts seiner geordneten finanziellen Verhältnisse durchaus in der Lage, den noch ausstehenden Bussenbetrag zu begleichen. Soweit sich seine Ausführungen gegen das Urteil richten, kann er nicht gehört werden. Wenn der Bundesrat in seinem ersten Antrag erwähnte, der Leumund Dürlewangers sei nicht vorbehaltlos gut, so stützte er sich dabei auf die damals vorliegenden Berichte. Dass er sich übrigens bei dieser Feststellung nicht getäuscht hat, zeigt das inzwischen ergangene Urteil des Bezirksgerichtes Unterrheintal, wonach der Gesuchsteller wegen Gewalt gegenüber einem Beamten, Beschimpfung und Hausfriedensbruch bedingt mit drei Wochen Gefängnis bestraft werden musste. Wir sehen deshalb keinen Anlass, auf unseren früheren Antrag zurückzukommen und b e a n t r a g e n mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung, wobei Dürlewanger eine Frist von 2 Jahren anzusetzen ist, innerhalb welcher er sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

78. Eichard Menk, 1896, Hausierer und Händler, Zürich, verurteilt am 24. Februar 1950 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichtes, in teilweiser Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 200 Busse und zur Zahlung eines Teils des widerrechtlich erzielten Vermögensvorteils in der Höhe von Fr. 200, weil er in den Jahren
1947 bis 1949 ein Doppelzimmer seiner Mietwohnung zu einem übersetzten, behördlich nicht genehmigten Zins vermietete, diesen Mietzins forderte und auch annahm. -- Menk hat bis jetzt Fr. 40 an die Busse bezahlt.

Der Verurteilte ersucht unter Berufung auf seine ärmlichen Verhältnisse um Verzicht auf den weiteren Vollzug des Urteils.

Der Gesuchsteller lebt mit seiner Ehefrau nach dem Bericht der Ortsbehörde in einem Wohnwagen. Er hat neben dem Hausiergewerbe seit einiger Zeit den Handel mit Altmöbeln aufgenommen und besitzt heute sogar einen kleinen Lieferwagen. Da auch die ausgewiesenen Einkommensverhältnisse gleich geblieben sind, ist jedenfalls eine Verschlechterung seit dem Urteil, in

369 welchem die bescheidenen Verhältnisse Menks übrigens bereits durch die Berufungsinstanz besondere Berücksichtigung gefunden haben, nicht gegeben.

Überdies lassen das Vorstrafenregister und die zahlreichen Polizeibussen den Verurteilten in einem wenig günstigen Licht erscheinen. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung. Die Verfahrenskosten und die Verpflichtung zur Ablieferung des widerrechtlichen Gewinnes können im Wege der Begnadigung nicht erlassen werden. Es wird Sache der Vollzugsbehörde sein zu prüfen, ob auf die Eintreibung dieser Beträge gestützt auf Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 verzichtet werden darf.

79. Max Manger, 1889, Kaufmann, Basel, verurteilt am S.März 1950 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzliöhen Urteils, zu Fr. 180 Busse, weil er im Frühjahr 1945 beim Kauf von 2000 kg Haselnusskernen übersetzte Preise bezahlt hat.

Der Verurteilte ersucht unter Hinweis auf seine missliche finanzielle Lage um Verzicht auf den Urteilsvollzug. Er macht ferner geltend, das Urteil sei ungerecht, da es den auch in anderer Hinsicht straffälligen und straflos ausgegangenen Mitbeteiligten nicht erfasse und überdies die Solidarhaft der Firma nicht ausgesprochen habe.

In bezug auf den gegen das Urteil vorgebrachten Einwand wird auf die Erwägungen im Urteil der Berufungsinstanz verwiesen, die sich aussschliesslich mit der Überprüfung dieser Fragen zu befassen hatte. Hier darauf zurückzukommen, ist nicht angängig.

Manger befindet sich zwar in schlechten finanziellen Verhältnissen. Im Hinblick auf seine weiteren kriegswirtschaftlichen Verfehlungen, die er zum Teil noch nach der Einleitung des hier massgeblichen Strafverfahrens begangen hat, sowie namentlich in Berücksichtigung einer gemeinrechtlichen Bestrafung aus dem Jahre 1948, können wir jedoch einen Gnadenakt nicht befürworten.

Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Vollzugsbehörde die Gesuchsabweisung.

Was die Verfahrenskosten anbetrifft, so ist Eintreten nicht möglich. Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes glaubt jedoch auf den Einzug gestützt auf Artikel 14C des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 verzichten zu können, wodurch dem
Gesuchsteller eine gewisse Erleichterung zuteil wird. Überdies werden ihm Zahlungserleicherungen eingeräumt werden.

80. Adolfo H u n z i k e r , 1904, Wirt, Lugano (Tessin), 81. AG. Gambrinus, Eestaurant, Lugano, verurteilt am 18. Februar 1950 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in wesentlicher Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, wie folgt : Adolfo Hunziker zu Fr. 1000 Busse, weil er in seiner Eigenschaft als Geschäftsleiter der Firma Gambrinus AG. in Lugano während Jahren warme Getränke und Semmeln zu übersetzten Preisen verkauft hat. Die Firma Gambrinus AG. wurde für die Zahlung von Bundesblatt. 102. Jahrs;. Bd. III.

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Busse und Kosten solidarisch haftbar erklärt und gleichzeitig, in Milderung des erstinstanzlichen Entscheides, zur Bezahlung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 6000 an den Bund verhalten.

Ein Eechtsanwalt ersucht für Adolfo Hunziker und die Firma Gambrinus AG. um Erlass der Busse und Herabsetzung des widerrechtlichen Gewinnes auf Fr. 3000. Die Begründung des Gesuches besteht ausschliesslich in der Anfechtung des Urteils, wobei ausdrücklich gesagt wird, es müsse, da kein Eechtsmittel mehr zur Verfügung stehe, im Wege der Begnadigung die erforderliche Korrektur herbeigeführt werden.

Auf das Gesuch kann nicht eingetreten werden, soweit es sich auf den an den Bund abzuliefernden widerrechtlichen Gewinn und die Kosten bezieht, die keine Strafen im Sinne des Artikels 396 StGB darstellen und somit im Wege der Begnadigung überhaupt nicht erlassen werden können. Was andererseits die Busse anbetrifft, so werden weder Kommiserationsgründe vorgebracht, noch sind solche sonst bekannt. Hunziker ist angesichts seiner guten finanziellen Verhältnisse im Gegenteil durchaus in der Lage, seinen sich aus dem Urteil ergebenden Verpflichtungen nachzukommen. Mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragen wir deshalb, es sei auf das Gesuch nicht einzutreten, soweit es den teilweisen Verzicht auf die Einzahlung des widerrechtlich erzielten Gewinnes zum Gegenstand hat, im übrigen sei es abzuweisen.

Gemäss den Vorschriften über die Überwachung des Handels mit Gold, teilweise in Verbindung mit anderen kriegswirtschaftlichen Vorschriften sind bestraft worden (82--86): 82. Hermann Pilloud, 1903, Chauffeur, Jogny s. Vevey (Waadt), verurteilt am 14. November 1947 vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 2000 Busse wegen Teilnahme an Schiebereien mit 2500 Goldstücken, wobei er unrechtmässig einen Gewinn von Fr. 3500 erzielte.

Die Busse wurde vom gleichen Gericht wegen Uneinbringlichkeit am 2. März 1949 in 3 Monate Haft umgewandelt, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 3 Jahren und mit der besonderen Weisung, monatlich Fr. 50 an die Busse abzutragen. Da Pilloud diese besondere Bedingung nicht erfüllte, wurde der bedingte Strafvollzug am 30. September 1949 widerrufen. Gegen diesen Widerruf hat der Anwalt Pillouds die Appellation erklärt; der
Berufungsentscheid steht noch aus.

Gleichzeitig ersuchte der Verurteilte um Begnadigung, wozu er seine misslichen finanziellen Verhältnisse und Unglück in der Familie geltend macht.

Während des Scheidungsprozesses müsse er seiner Ehefrau, die ihn böswillig verlassen habe, sein halbes Einkommen abliefern. Müsste er die Haftstrafe verbüssen, so würde er seine Stelle verlieren, wobei es ihm wahrscheinlich sehr schwer fallen würde, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

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Im noch hängigen Appellationsverfahren wird durch die Berufungsinstanz zu prüfen sein, ob Pilloud seinen Verpflichtungen aus dem Urteil aus unverschuldeter Zahlungsunfähigkeit nicht nachgekommen ist. Was aber Gegenstand der richterlichen Überprüfung bildet, kann nicht gleichzeitig im Begnadigungsweg geltend gemacht werden. Im übrigen fehlt es auch an den persönlichen Voraussetzungen für ein gnadenweises Entgegenkommen. Der Verurteilte ist kriegswirtschaftlich und zollrechtlich vorbestraft; seine letzte Stelle hat er wegen Trunksucht verloren. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchs ab Weisung.

83. Eobert Bard, 1896, Kaufmann, Genf, verurteilt wegen umfangreicher Goldschiebereien am 7. Juli 1948 vom 5. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1000 Busse und zur Zahlung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 1200 an den Bund, sowie am 22. Dezember 1948 vom 6. kriegswirtschaftlichen Stiafgericht zu Fr. 600 Busse. -- Bard hat bis jetzt in Teilzahlungen insgesamt Fr. 2970.50 bezahlt, womit er vorab die Verfahrenskosten und den widerrechtlichen Gewinn zu decken -wünschte. Durch den verbleibenden Eest wurden auch die beiden Bussen bis auf Fr. 200 abgetragen.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um gänzlichen oder teilweisen Erlass der beiden Bussen. Er habe in diesen beiden Straffällen eine gänzlich untergeordnete Eolle gespielt und befinde sich ausserdem in sehr bescheidenen finanziellen Verhältnissen.

Soweit die Ausführungen Bards sich auf die Schuldfrage beziehen, so kann darauf nicht eingetreten werden, da das Urteil im Wege der Begnadigung nicht neu überprüft werden kann. -- Im übrigen befindet sich der mit keinerlei Unterstützungs- und Familienpflichten belastete Gesuchsteller in finanziellen Verhältnissen, die ihm die Bezahlung des bescheidenen Bussenrestes durchaus erlauben. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

84. Fritz Walther, 1914, Vertreter, Langendorf (Solothurn), verurteilt am 12. Januar 1950 vom. Einzelrichter des 5. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 700 Busse und zur Zahlung eines unrechtmassig erzielten Vermögensvorteils von Fr. 800 in die Bundeskasse, weil er, ohne im Besitze einer entsprechenden Konzession
zu sein, mit Goldstücken im Gesamtwert von über Fr. 25 000 zu übersetzten Preisen Handel getrieben hat.

Walther ersucht unter Hinweis auf seine Stellenlosigkeit um Erlass der Busse und Verzicht auf die Eintreibung des von ihm zu zahlenden widerrechtlichen Gewinns.

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich die Lage des schon 1949 ausgepfändet gewesenen Gesuchstellers, der wahrend dem ganzen letzten Jahr nichts verdient haben will, der aber im Frühling dieses Jahres eine Stelle als Vertreter hat übernehmen können, verschlechtert haben soll. Wir sind vielmehr der Auf-

372 fassung, es wäre dem in den besten Jahren stehenden, ledigen, mit keinen Unterstützungspflichten belasteten, jedoch auch im Polizeibericht als nachlässig bezeichneten Verurteilten durchaus möglich gewesen, Arbeit zu finden und seine Schuld in Teilzahlungen zu begleichen. Im Hinblick auf das Fehlen von Kommiserationsgründen beantragen wir deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

Soweit sich das Gesuch auf den abzuliefernden widerrechtlichen Gewinn bezieht, so kann darauf im Begnadigungsweg nicht eingetreten werden, da es sich nicht um eine Strafe handelt. Die Vollzugsbehörde wird dagegen prüfen, ob in dieser Hinsicht ein Erlass im Sinne des Artikels 145 des BEB vom 17. Oktober 1944 über das kriegswirtschaftliche Strafrecht und die kriegswirtschaftliche Strafrechtspflege möglich ist.

85. Karl Wyss, 1908, Vertreter, Biel (Bern), verurteilt am 15. Juli 1950 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in teilweiser Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 350 Busse und zur Ablieferung eines Teils des widerrechtlich erzielten Gewinnes im Betrage von Fr. 1000, weil er sich, ohne im Besitze einer Konzession zu sein, an grossangelegten zu übersetzten Preisen getätigten Goldgeschäften beteiligte.

Der Verurteilte ersucht um Verzicht auf den Urteilsvollzug, wobei er die bereits in der Appellationsbegründung vorgebrachten Einwände wiederholt.

Sein kleines Einkommen gestatte ihm angesicht seiner Unterhaltspflichten für die abgeschiedene Frau und seine Tochter sowie für ein aussereheliches Kind bei bestem Willen nicht, auch noch Zahlungen an die Busse zu leisten.

Da im Wege der Begnadigung nur Strafen erlassen werden können, ist auf das Gesuch nicht einzutreten, soweit es sich auf die Verfahrenskosten und auf die Verpflichtung zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes bezieht. Im übrigen ist es abzuweisen, da sich die finanzielle Lage des Wyss seit dem Urteil der Berufungsinstanz, die ihm durch Verzicht auf die volle Abschöpfung des ingesamt Fr. 2200 ausmachenden widerrechtlichen Gewinnes bereits sehr weit entgegengekommen ist, nicht geändert hat. Der Verurteilte hat in seinem Gesuch überdies wahrheitswidrige Angaben über sein Einkommen gemacht, was ihn eines Gnadenaktes überhaupt nicht würdig erscheinen lässt.
Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

86. Lina Tarne, 1916, italienische Staatsangehörige, Hausfrau, Locamo (Tessin), verurteilt am 25. Februar 1950 vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 200 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 1000 an den Bund, weil sie gegen Entschädigung von Fr. 1000 für einen Dritten 1000 Goldstücke zu zehn Franken zu übersetztem Preis verkauft hat.

An die Busse sind bisher keine Zahlungen eingegangen.

Frau Tarne ersucht um Erlass des geschuldeten Gesamtbetrages. Sie macht geltend, nicht aus Gewinnsucht gehandelt zu haben. Sie sei geschieden und ihr früherer Ehemann vernachlässige die ihm auferlegten Unterstützungs-

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pflichten, so dass sie über die Mittel zur Zahlung der Busse und der übrigen sich aus dem Urteil ergebenden Verpflichtungen nicht verfüge.

Da im Begnadigungsweg nur Strafen erlassen werden können, ist auf das Gesuch nicht einzutreten, soweit es sich auf den widerrechtlich erzielten Gewinn und die Verfahrenskosten bezieht. Soweit hingegen darauf eingetreten werden kann, ist es abzuweisen. Die Gesuchstellerin, eine gebürtige Schweizerin, geniesst nach dem Bericht der Ortsbehörden keinen guten Ruf. Sie sei nicht erwerbstätig, führe einen leichten Lebenswandel und lebe auf grossem Fusse.

Im Dezember 1948 ist sie wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger schwerer Körperverletzung bedingt zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt worden, unter Ansetzung einer Probezeit von 5 Jahren. Frau Tarne ist unter diesen Umständen eines Gnadenaktes nicht würdig, weshalb wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung beantragen.

Gemäss den Vorschriften über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Brennstoffen sind bestraft worden (87 und 88) : 87. Hans von Allmen, 1908, Zimmermeister, Häutligen (Bern), verurteilt am 19. November 1947 vom Einzelrichter des l. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu Fr. 450 Busse, weil er als Inhaber eines Holzbaugeschäftes in den Nutzungsperioden 1945/46 und 1946/47 die Meldung über Käufe von Eundholz an die kantonale Zentralstelle unterlassen und 1945/46 sein Einkaufskontingent an Eundholz ohne Bewilligung uin 133 m3 überschritten hat. ·--· Im Betreibungsverfahren gingen an die Busse Fr. 220 ein; für den Best kam es zur Ausstellung eines Konkurs Verlustscheines.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des Bussenrestes von Fr. 230, wozu er geltend macht, er habe durch Konkurs seine selbständige Stellung verloren und arbeite heute als Holzarbeiter zu einem Lohn, der kaum ausreiche, um seine Familie mit 5 kleinen Kindern durchzuhalten. Im Konkursverfahren sei er übrigens nicht einmal als rechtmässiger Käufer des Holzes anerkannt, sondern das Holzlager sei einer andern Firma zugesprochen worden.

Der letzterwähnte Einwand des Gesuchstellers kann hier nicht gehört werden, da er sich gegen das Urteil richtet. Die Überprüfung rechtskräftiger richterlicher Entscheide im Begnadigungsweg ist nicht möglich. Dagegen trifft zu, dass sich die
bereits vom Gericht als bescheiden bezeichnete wirtschaftliche Lage des Gesuchstellers inzwischen weiterhin wesentlich verschlechtert hat.

Es kann von Allmen ohne weiteres geglaubt werden, dass er mit seinem heutigen Lohne Mühe hat, einigermassen für seine 5 Kinder zu sorgen und dass er auch bei bestem Willen für die Tilgung des Bussenrestes nichts mehr erübrigen kann. Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes spricht sich deshalb in seinem Mitbericht vom 28. September 1950 für den Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages aus. Da der Leumund des Gesuchstellers sowohl zurzeit des Urteils wie auch nach dem neuesten

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Bericht der Ortsbehörde als gut bezeichnet wird, können wir uns der Auffassung der Vollzugsbehörde anschliessen und beantragen den Erlass des Bussenrestes.

88. Alfred Schnüriger, 1901, Wirt und Landwirt, Eothenthurm (Schwyz), verurteilt am 5. Dezember 1946 vom Einzelrichter des 5. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 300 Busse wegen Schwarzhandels mit Torf im Jahre 1945.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenrestes von Fr. 150, wozu er Kränklichkeit und ein ihn betroffenes Brandunglück geltend macht.

Die persönlichen und finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers haben sich, wie dem Mitbericht des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 11. Oktober 1950 zu entnehmen ist, ganz wesentlich verschlechtert. Einmal ist sein Einkommen wesentlich zurückgegangen und durch den im Gesuch erwähnten Brand wurde sein Wirtschaftsgebäude vollständig vernichtet. Auch in gesundheitlicher Hinsicht ist eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten. Nach Einreichung seines Gesuches hat der schon vorher kranke Verurteilte noch einen Hirnschlag erlitten, der ihn vollständig arbeitsunfähig machte. Schnüriger ist heute ein gänzlich gebrochener Mann. Unter diesen Umständen lässt sich dem gutbeleumdeten Gesuchsteller gegenüber ein Gnadenakt befürworten. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartemeotes den Erlass des noch ausstehenden Bussenrestes.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 2. November 1950.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der 9343

Bundespräsident: Max Petitpierre

Der Bundeskanzler: Lcimgruber

375 Anhang Verzeichnis der in diesem Bericht unterbreiteten Begnadigungsgesuche Zollvergehen : 1. Charles Werlen, 1909, Bankbeamter, Genf, 2. Adrien Berthet, 1896, französischer Staatsangehöriger, Autotransportbegleiter, Gaillard (Frankreich), 3. Michel Casali, 1892, Bankangestellter, Genf, 4. Pierino Tarchini, 1911, Kaufmann, Lugano (Tessin), 5. Isaia Beretta, 1890, Posthalter und Stationsvorstand, Verdasio (Tessin), 6. Addolorata Beretta, 1892, Hausfrau, Verdasio, 7. Candido Beretta, 1923, Angestellter, zurzeit Pratteln (Baselland), 8. Georges Marclay, 1917, Landwirt, Champéry (Wallis), 9. Giovanbattista Verga, 1902, italienischer Staatsangehöriger, Kaufmann, Cernobbio (Italien), 10. Marie Blum, 1911, österreichische Staatsangehörige, Hausfrau, Höchst (Österreich), 11. Walter Dürrenmatt, 1918, Chauffeur, Birsfelden (Baselland), 12. Hans Friedli, 1917, Kaufmann, Zürich, 13. Verena Brunetti, 1894, Angestellte, früher in Lugano (Tessin), nunmehr unbekannten Aufenthaltes in Italien, 14. Josef Frei, 1910, Ingenieur, Baden (Aargau), 15. Monique Ferrerò, 1926, italienische Staatsangehörige, Schneiderin, Genf, 16. Ernest Kuchen, 1899, Metzger, Genf, 17. Giannino Tarabori, 1905, Elektriker, Spruga (Tessin), 18. Pius Bischoff, 1910, Landwirt, St. Margrethen (St. Gallen), 19. Giorgio Galli, 1917, Kaufmann, Minusio (Tessin), 20. Giovanni Gianolli, 1897, Landwirt, Somazzo di Salorino (Tessin), 21. Emilie Bernasconi, 1896, Landwirt und Fuhrhalter, Magliaso (Tessin), 22. Emilio Schnyder, 1913, Mechaniker, Magliaso (Tessin), 23. Joseph Luisier, 1913, Vertreter, Montreux (Waadt), 24. Mathilde Kaiser, 1895, liechtensteinische Staatsangehörige, Inhaberin eines Spezereigeschaftes, Schaanwald (Fürstentum Liechtenstein), 25. Adolf Sonderegger, 1922, Mechaniker, Au-Oberfahr (St. Gallen), 26. Max Weder, 1910, Wirt, St. Margrethen (St. Gallen), 27. Jean Geiser, 1912, Viehhändler, Genf, 28. Luigi Belloni, 1913, Vernickler, Genestrerio (Tessin), 29. Paul Huber, 1909, Schreiner, Basel, 30. Fritz Burri, 1920, Tramangestellter, Genf, 31. Walter Kislig, 1914, Chauffeur, Rorschach (St. Gallen), 32. Georges Blanc, 1909, Tapezierer, Colombier (Neuenburg), 33. Luigi Bazzi, 1923, Handlanger, Brissago (Tessin), 34. Karl Zeller, 1916, Kaufmann, Gais (Appenzell A.-Rh.), 35. Walter Braun, 1905, Mechaniker, Schaffhausen, 36. Otto Roos,
1908, Fabrikarbeiter, Berikon (Aargau), 37. Alfred Wermelinger, 1889, Vulkaniseur, Zürich, 38. Luigi Bergamaschi, 1921, Mechaniker, Locamo (Tessin), 39. Ernestine Vanoni, 1878, Hausfrau, Cuzzago (Italien), 40. Johann Bleichenbacher, 1907, Hilfsarbeiter, Arbon (Thurgau), 41. Franco Della Chiesa, 1919, Chauffeur, Lugano (Tessin), 42. Virginia Streit, 1907, Hausfrau, Viganello (Tessin), 43. Leo Schwyzer, 1884, Landwirt, Sur Chenal bei Grandfontaine (Bern),

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Gaston Grand, 1919, Vertreter, Genf, Gustave Rapin, 1908, Chauffeur, Versoix (Genf), Alice Vosti, 1920, Hausfrau, Gerra Verzasca (Gerra Piano) Tessin), Marguerite Broquet, 1883, Hausfrau, Zürich, Hans Bührer, 1926, Landwirt, Bibern (Schaffhausen), Mario Lurà, 1910, Maurer, Mendrisio (Tessin), Margrit Parisot, 1921, französische Staatsangehörige, Hausfrau, St-Louis (Prankreich).

51. Attilio Canonica, 1928, Handlanger, Corticiasca (Tessin).

Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln: 52. Hans Lerch, 1912, Metzger, Grossdietwil (Luzern), 53. Bruno Bizzozzero, 1909, Metzger und Wirt, Caslano (Tessin), 54. Antonio Beer, 1880, Kaufmann und Landwirt, Misox (Graubünden), 55. Reto Beer, 1912, Metzger und Fleisohschauer, Misox, 56. Emilio Brack, 1901, Vertreter, Minusio (Tessin), 57. Berta Roth, 1890, Hausfrau, Zürich, 58. Vinzenz Battaglia, 1918, Waldarbeiter, Trans (Graubünden), 59. Marguerite Crettenand, 1907, Geschäftsfrau, Produit-Leytron (Wallis), 60. Andre Gremaud, 1919, Landwirt, Vuadens (Freiburg), 61. Johann Sommerhalder, 1903, Müller, Munchringen (Bern), 62. Giovanni Buzzi, 1920, italienischer Staatsangehöriger, Angestellter, Chiasso (Tessin), 63. Ottorino Fischbach, 1916, Konditor, Chiasso (Tessin), 64. Félicien Bürgisser, 1901, Viehhändler, La Magne (Freiburg), 65. Christian Wenger, 1894, Müller, St. Ursen (Freiburg), 66. Hans Kopp, 1912, Bauarbeiter, Euswil (Luzern), 67. Werner Graf, 1900, Landwirt, Zeli (Luzern), 68. Josef Jegge, 1905, Landwirt, Stein (Aargau), 69. Josef Arnold, 1891, Wirt, Menzingen (Zug), 70. Arturo Grossi, 1918, Landwirt, Monte Carasso (Tessin), 71. Friedrich Christen, 1900, Landwirt, Wolhusen (Luzern), 72. Josef Purtschert, 1891, Bäcker und Futterwarenhändler, Arth (Schwyz), 73. Ernst Kern, 1911, Landwirt, Ennetbürgen (Nidwaiden), Kosten der Lebenshaltung und Schutz der regulären Marktversorgung: 74. Fritz Niederberger, 1915, Garagist, Stans (Nidwaiden), 75. Wilhelmine Bont, 1882, Hausfrau, Oberriet (St. Gallen), 76. David Marelli, 1914, Tischler, Genf, , 77. Arnold Dürlewanger, 1895, Landwirt, Thal (St. Gallen), 78. Richard Menk, 1896, Hausierer und Händler, Zürich, 79. Max Manger, 1889, Kaufmann, Basel, 80. Adolfo Hunziker, 1904, Wirt, Lugano (Tessin), 81. AG. Gambrinus, Restaurant, Lugano.

Verbotener Goldhandel: 82. Hermann Pilloud, 1903,
Chauffeur, Jogny s.Vevey (Waadt), 83. Robert Bard, 1896, Kaufmann, Genf, 84. Fritz Walther, 1914, Vertreter, Langendorf (Solothurn), 85. Karl Wyss, 1908, Vertreter, Biel (Bern), 86. Lina Tarne, 1916, italienische Staatsangehörige, Hausfrau, Locamo (Tessin).

Sicherstellung 'der Landesversorgung mit Brennstoffen: 87. Hans von Allmen, 1908, Zimmermeister, Häutligen (Bern), 88. Alfred Schnüriger, 1901, Wirt und Landwirt, Bothenturm (Schwyz).

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1950) (Vom 2. November 1950)

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