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Bundesblatt 102. Jahrgang

Bern, den 16. November 1950

Band III

Erscheint wöchentlich

Preis US Franken im Jahr, 15 franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Rappen d i e Petitzeile oder deren Kaum. -- Inaerate franko

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II. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1950) (Vom 10. November 1950) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen unter Vorlage der Akten über weitere 55 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

Gemäss Bundesgesetz über das Zollwesen vom 1. Oktober 1925 sind bestraft worden (89-101): 89. Jakob, Spirig, 1919. Kaufmann, Diepoldsau (St. Gallen), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 19. Dezember 1947 zu Fr. 65 280 Busse, ohne Nachlass, ' da ruckfällig, weil er ausländischen Schmugglern Saccharin im Werte von Fr. 87 040 zur illegalen Ausfuhr geliefert hat. Trotzdem Spirig sich der Strafverfügung vorbehaltlos unterzogen hatte, verlangte dessen Anwalt gerichtliche Beurteilung. Das Bezirksgericht Unterrheintal ist mit Urteil vom 14. Januar 1949 auf die Einsprache nicht eingetreten.

Mit Schreiben vorn 14. März 1949 ersuchte der Verurteilte um Herabsetzung der Busse auf Fr. 5000. Er macht geltend, dieser Betrag wurde ihm von seinen Verwandten zur Verfügung gestellt. Er selbst sei gänzlich mittellos. Er habe sich im Herbst 1948 verheiratet und seine Frau erwarte ein Kind. Er appelliere an die vernünftige Denkweise der obersten Landesbehörde, die, wie er hoffe, bereit sei, die menschliche Moral und die Familie zu schützen. Sollte diese Verurteilung keine Begnadigung erfahren, so würde die Vereinigte Bundesversammlung die Ehre eines Menschen und damit einer ganzen Familie in den Schmutz treten.

Das Gesuch Spirigs musste zurückgelegt werden, weil die vollständigen Akten vom Gericht nicht früher erhältlich gemacht werden konnten. Wie es Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. III.

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mit der Moral und Ehre des Gesuchstellers bestellt ist, zeigen seine zahlreichen Widerhandlungen gegen das Zollgesetz sowie auch die Einträge im Strafregister. Wir beantragen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

90. Oreste Galanchina, 1918, Mechaniker, Massagno (Tessin), verurteilt wie folgt : durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 5. Mai 1950 wegen Zollübertretung in Verbindung mit Hinterziehung der Warenumsatzsteuer und wegen Zollhehlerei zu Bussen von Fr. 17 657.60 und Fr. 232 und durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 3. Mai 1950 wegen Ausfuhrbannbruchs zu Fr. 562.50 Busse, wobei jeweils ein Drittel wegen vorbehaltloser Unterziehung erlassen werden konnte. Calanchina hat zusammen mit zwei weiteren Beschuldigten die widerrechtliche Einfuhr von 2800 Metern Seidengewebe organisiert und selbst 560 seidene Foulards, 50 Angoragamituren, 25 Echarpen und 25 Paar Handschuhe, die er in seinem Automobil versteckte, der Zollkontrolle verheimlicht.

Er hat ferner 125 Seidenfoulards in der Schweiz übernommen, obschon er wusste, dass sie illegal eingeführt worden waren. Endlich hat er als teilweise Zahlung für die zusammen mit Dritten eingeführten Waren den italienischen Schmugglern Zigaretten im Werte von Fr. 3375 geliefert, die in der Folge widerrechtlich ausgeführt wurden.

Der Verurteilte ersucht um gänzlichen Erlass aller drei Bussen. Er macht geltend, er habe sich aus einer Notlage heraus vergangen. Er sei zur Zeit der Tatbegehung arbeitslos gewesen, und die Ehefrau habe sich im Spital befunden.

Er habe sich angesichts seiner Vaterpflichten gegenüber drei kleinen Kindern nicht anders zu helfen gewusst. Einen Gewinn habe er wegen seiner völligen Unerfahrenheit in derartigen Geschäften nicht erzielt. Über irgendwelche Mittel zur Zahlung der hohen Bussen verfüge er nicht.

Calanchina hat sein Gesuch sofort nach Eröffnung der Strafverfügungen eingereicht. Er hat sich somit überhaupt noch nicht um die Abtragung dieser Schuld bemüht, was den Schluss nahelegt, es fehle ihm sowohl an der nötigen Einsicht in die Schwere seiner Verfehlungen, wie auch am Sühnewillen. Hinsichtlich der persönlichen und finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers meldet die Eidgenössische Oberzolldirektion auf Grund ihrer Erhebungen folgendes:
Die wirtschaftliche Lage der Familie Calanchina ist nicht gut; die Schuld daran trägt der Verurteilte, der einen schlechten Euf besitzt, nicht arbeitet, obschon er gelernter Mechaniker ist, und seine Frau die Mittel für den Unterhalt der Familie verdienen lässt. Calanchina ist überdies wegen Zechprellerei gemeinrechtlich vorbestraft. Wir sind der Auffassung, dass unter diesen Umständen ein auch nur teilweiser Erlass nicht in Frage kommen kann, und beantragen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

91. Alfred Machie r, 1909, Automechaniker, Zürich, verurteilt durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 4. Juni 1948

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wegen Zollübertretung, Einfuhrbannbruchs, Hinterziehung der Warenumsatzund Luxussteuer, begangen in fortgesetztem Delikt, gewerbsmässig und unter erschwerenden Umständen, zu Fr. 8064.40 Busse und wegen Ausfuhrbannbruchs zu einer solchen von Fr. 456.67. Für beide Bussen konnte wegen vorbehaltloser Unterziehung je ein Drittel nachgelassen werden. Beschwerden gegen diese Strafverfügungen wurden vom Bundesrat am 14. Januar 1949 abgewiesen.

Mächler hat in den Jahren 1946/47 in einem eigens zu Schmuggelzwecken hergestellten Doppelboden seines Automobils grosse Mengen Waren verschiedener Art ein- und ausgeschmuggelt. -- In Teilzahlungen hat der Verurteilte bisher Fr. 300 entrichtet. Ein Gesuch um Gewährung monatlicher Teilbeträge von nur Fr. 50 musste abgewiesen werden, da sich sonst der Vollzug über volle 13 Jahre erstreckt hätte. Der Aufforderung, brauchbare Vorschläge zu machen, hat Mächler trotz Gewährung eines von ihm verlangten Aufschubes nicht entsprochen, sondern er reichte nach Ablauf dieser Frist ein Gnadengesuch ein.

Mächler ersucht um Herabsetzung der Bussen und um Gewährung von Zahlungserleichterungen in dem von ihm ursprunglich vorgeschlagenen Umfang. Er verfüge über kein Vermögen und sein Lohn erlaube ihm grössere Zahlungen nicht. Es sei ihm unverständlich, dass der Staat es vorziehe, ihn unter Verzicht auf die ganze Forderung während drei Monaten zu verpflegen, wenn er doch sein Möglichstes tun wolle, seinen Verpflichtungen nachzukommen und seine Verfehlungen zu sühnen.

Wir stellen fest, dass der Verurteilte sein Möglichstes zur Abtragung seiner Bussenschuld nicht getan hat. Nach dem von der Vollzugsbehörde vorgelegten Bericht hätte der Gesuchsteller, der nur für sich selbst zu sorgen hat, im Hinblick auf sein anständiges Einkommen sehr wohl mehr leisten können als die monatlichen Fr. SO. Er hat aber nicht einmal diese von ihm selbst als tragbar erachteten Beträge überwiesen. Auch zur Zeit der Tatbegehung befand sich Mächler nicht in einer Notlage, sondern er hat sich ausschliesslich des leichten Gewinnes wegen vergangen. Gegen den Gesuchsteller spricht überdies, dass er vom Polizeirichteramt Zürich nicht weniger als 18mal wegen Übertretungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften hat verurteilt werden müssen. Wir erachten unter diesen Umständen die Voraussetzungen für fein gnadenweises
Entgegenkommen weder in persönlicher noch in sachlicher Hinsicht als gegeben und beantragen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

92. Georges Massara, 1911, italienischer Staatsangehöriger, Kaufmann, Lausanne (Waadt), verurteilt durch Straf Verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 13. Mai 1947 zu Fr. 5381.67 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er zusammen mit seinem Schwager einen Pelzmantel widerrechtlich einführte, die illegale Einfuhr von Seidenstrümpfen und Messerschmiedwaren organisierte sowie finanzierte, und weil er schliesslich selbst verschiedene m Italien gekaufte Waren in die Schweiz schmuggelte. Der von Massara eingereichten Beschwerde hat der Bundesrat am 22. April 1948 teilweise entsprochen und die Busse auf

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Grund eines herabgesetzten Inlandwarervwertes auf Fr. 4211.67 ermässigt. -- Der Verurteilte hat bisher 9/10 der Busse (Fr. 3773.45) bezahlt. Nach Anrechnung eines Verwertungserlöses von Fr. 17.10 stehen heute noch Fr. 421.12 aus.

Massara ersucht um Begnadigung, wozu er geltend macht, er befinde sich in einer misslichen finanziellen Lage. Als Folge seiner Verfehlungen habe er nicht nur seine Ersparnisse verloren, sondern auch seine Ehe sei in die Brüche gegangen. Da er in seinem früheren Beruf keine Stelle mehr habe finden können, suche er heute seinen Unterhalt und die Mittel für die Alimentenzahlungen als Marktfahrer zu verdienen. Bereits habe er bei seinem Bruder Darlehen aufnehmen müssen, um seineu Verpflichtungen nachzukommen. Dies sei nun aber nicht mehr möglich.

Die Eidgenössische Oberzolldirektion bestätigt die Angaben des Gesuchstellers und stellt eine wesentliche Verschlechterung der finanziellen Lage seit dem Urteil fest. Sie hebt anderseits den bekundeten Zahlungswillen hervor.

Auch habe die Vereinigte Bundesversammlung seinem mitverurteilten Schwager wegen ahnlicher Verumständungen einen Bussenrest erlassen (Antrag 69 des Berichtes vom 19. Mai 1950; BB11,1250). Die Eidgenössische Oberzolldirektion spricht sich deshalb für den Erlass des Bussenrestes aus. Da Massara erstmals wegen eines Zollvergehens bestraft wurde, im Strafregister nicht verzeichnet und über ihn auch sonst nichts Nachteiliges bekannt ist, können wir der Auffassung der Eidgenössischen Oberzolldirektion zustimmen und b e a n t r a g e n den Erlass des noch ausstehenden Bussenrestes.

93. Pietro Mazzier, 1896, Steinhauer, Camedo (Tessin), verurteilt durch Straf Verfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion wie folgt : Am 2. August 1945 wegen Zollhehlerei mit 1400 kg Eeis, begangen vom Oktober 1944 bis Februar 1945, zu Fr. 1860 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, sowie am 15. Oktober 1947 wegen Zollhehlerei mit Eeis, Wurstwaren, Eauchfleisch, Käse und Knoblauch, begangen im September/ Oktober 1945 und Sommer 1946, und wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Kaffee, Zigaretten und Saccharin zu Bussen von je Fr. 602.50. Für die beiden letzteren Bussen konnte der Nachlass eines Drittels nur gewährt werden, soweit sich die damit erfassten Verfehlungen nicht als Eückfall
qualifizierten. Die gegen alle drei Strafverfügungen eingereichten Beschwerden wurden vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement abgewiesen. -- Der bisherige Vollzug gestaltete sich schwierig. Nachdem Mazzier an die erste Busse Fr. 1120 bezahlte hatte, reichte er für diese ein Gnadengesuch ein, das durch die Vereinigte Bundesversammlung am 11. Dezember 1947 abgewiesen wurde (vgl. Antrag 72 des Berichtes vom 6. November 1947, BEI III, 456).

Da weitere Zahlungen ausblieben und die Betreibung für alle drei Bussen mit einem Verlustschein endigte, erfolgte am 17./18. Mai 1949 deren Umwandlung in 74 und zweimal 60 Tage Haft. Die kantonale Vollzugsbehörde gewährte Mazzier hierauf zweimal und nach Zahlung von Fr. 100 ein weiteres Mal Strafaufschub.

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Mazzier ersucht um Begnadigung. Er macht geltend, seine Tochter sei unheilbar krank, was ihm grosse Auslagen verursache. Mit Hilfe seines Bruders habe er trotzdem erhebliche Zahlungen geleistet. Heute befinde er sich jedoch in einer gänzlich aussichtslosen Lage. Wurde er die Haft verbüssen müssen, so stünde seine Familie völlig mittellos da.

Der Verurteilte hätte sich vor der Tatbegehung über die Polgen seines Verhaltens Rechenschaft geben müssen. Als Grenzbewohner hat er zweifellos wissen müssen, dass er sich und die Seinen im Falle der Entdeckung dadurch ins Unglück bringen werde. Er hat es aber nicht einmal bei der ersten Widerhandlung bewenden lassen, sondern sich nach Ausfällung der ersten Busse erneut strafbar gemacht. Dieses Verhalten spricht gegen ihn.

Wenn wir trotzdem ein gewisses Entgegenkommen befürworten, so stellen wir auf die im Mitbericht der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 20. Oktober 1950 geschilderte heutige Notlage Mazziers ab, der als Handlanger tätig ist und für seine Familie und namentlich für die an den Folgen einer Kinderlähmung leidende Tochter aufzukommen hat, und der als sonst ehrlicher, arbeitsamer Mann geschildert wird.

In Anbetracht der an die erstaufgeführte Busse erfolgten Zahlung beantragen wir den bedingten Erlass der für den Eestbetrag ausgesprochenen Umwandlungsstrafe von 74 Tagen Haft, unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren. Dagegen sind keine genügenden Gründe vorhanden, auch die Umwandlungsstrafen für die beiden Bussen von je Fr. 60^. 50 bedingt zu erlassen. Dagegen kann die nachträglich erfolgte Zahlung von Fr. 100 an diese Umwandlungsstrafe angerechnet werden, so dass hiefür nur noch 110 Tage Haft zu verbüssen sind. Ob dein Gesuchsteller vor der Vollstreckung noch einmal Gelegenheit gegeben werden kann, die dieser Umwandlungsstrafe zugrunde liegenden Bussen abzutragen, ist durch die kantonale Vollzugsbehörde zu entscheiden.

94. Arnold Kienast, 1926, Kaufmann, Zürich, verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 29. April 1949 zu Fr. 2470.68 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er den Motor, das Getriebe und verschiedene andere Bestandteile seines Automobils im Ausland auswechseln liess und diese Eeparaturen wie auch verschiedene andere im Wagen untergebrachte Waren bei der
Zollkontrolle beim Wiedereintritt nicht anmeldete. Eine Beschwerde gegen die Straf Verfügung wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 30. Juni 1949 abgewiesen. -- Kienast wurden für die Tilgung der Busse Zahlungserleichterungen eingeräumt. Bisher hat er unter 12 Malen insgesamt Fr. 600 bezahlt.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des sich noch auf Fr. 1870.68 belaufenden Bussenrestes. Er macht geltend, als Eückwanderer grosse Mühe beim Aufbau einer Existenz zu haben. Durch die Wiederausreise seiner Eltern, auf deren Hilfe er bei seinen bisherigen Zahlungen angewiesen gewesen sei, gestalte sich seine finanzielle Lage wesentlich ungünstiger, was ihm verunmögliche, den

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festgesetzten Tilgungsplan weiterhin einzuhalten. Ausserdem hätten seine Eltern das Automobil, in welches die nicht angemeldeten Bestandteile eingebaut worden seien, wieder ausgeführt.

Mit dem letztegenannten Einwand lässt sich ein gnadenweises Entgegenkommen nicht begründen. Auch wenn der Wagen inzwischen ausgeführt worden ist, sind die seinerzeitigen Verfehlungen damit nicht aufgehoben. Im übrigen erscheint es glaubwürdig, dass dem Gesuchsteller das Aufbringen der selbst vorgeschlagenen Teilzahlungen nicht leicht fallen wird. Indessen sind wir auf Grund der von der Vollzugsbehörde durchgeführten Erhebungen der Auffassung, die weitere Tilgung der Busse könne Kienast zugemutet werden. Bis sich seine heute gegenüber der Zeit der Urte'ilsausfällung nicht schlechter darstellende Lage noch etwas besser überblicken lässt, d. h. bis ein Geschäftsabschluss des nun unter seiner alleinigen Leitung stehenden Unternehmens vorliegt, erklärt sich die Eidgenössische Oberzolldirektion übrigens zu einer gewissen Eevision des aufgestellten Tilgungsplanes bereit. Dagegen liegen Gründe für einen auch nur teilweisen Erlass der Busse nach unserem Dafürhalten nicht vor. Wie beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

95. Oswald Voigt, 1912, Vertreter, Bern, verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 1. Mai 1948 zu Fr. 2368 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Winter 1946/47 insgesamt 1330 Foulards, von denen er wusste, dass sie illegal in die Schweiz eingeführt worden waren und die er zum Teil direkt bei italienischen Schmugglern bestellt hatte, übernahm. -- Dem Verurteilten wurden auf sein Gesuch hin Zahlungserleichterungen eingeräumt, die er jedoch nur unregelmässig einhielt. Als weitere Zahlungen überhaupt ausblieben, musste die Betreibung eingeleitet werden, worauf er wieder zu zahlen versprach, es jedoch mit der Überweisung von Fr. 50 bewenden liess, dafür aber ein Gesuch um gnadenweisen Erlass des sich noch auf Fr. 2018 belaufenden Bussenrestes einreichte.

Voigt macht geltend, er habe selbst nicht geschmuggelt und die Ware habe er nicht unverzollt verkaufen wollen, sondern er sei von den Lieferanten hintergangen worden. Nach der Verurteilung sei seine Frau erkrankt und während vollen sieben Monaten
pflegebedürftig gewesen. Zur Deckung der daraus entstandenen Kosten habe er ein Darlehen aufnehmen müssen, das nun zurückzuzahlen sei. Zu berücksichtigen seien auch die von ihm geleisteten über 2000 Aktivdiensttage.

Die die Schuldfrage betreffenden Behauptungen des Verurteilten können hier nicht gehört werden. Sie widersprechen übrigens seinen Aussagen im Strafprotokoll, wo er ohne weiteres zugegeben hat, gewusst zu haben, dass es sich bei dieser Ware um Schmuggelgut handelte. Zutreffend ist die Erkrankung seiner Ehefrau, die offenbar erhebliche Auslagen mit sich gebracht hat, welche zum Teil auch belegt sind. Angaben über den gegenwärtigen Gesundheitszustand der Frau Voigt fehlen, so dass angenommen werden muss, es habe sich

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hier nur um eine vorübergehende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage gehandelt und Voigt werde sich von diesem Bückschlag wieder erholen. Im übrigen sind sich sowohl die Zollkreisdirektion Basel, wie auch die Eidgenössische Oberzolldirektion darin einig, dass der Gesuchsteller, wenn er sich wirklich angestrengt hätte, seit Mitte 1948 bedeutend mehr als die insgesamt überwiesenen Fr. 350 hätte zahlen können. Eine Begnadigung im gegenwärtigen Zeitpunkt scheint also zum mindesten verfrüht, ganz abgesehen davon, dass die beiden, wenn auch nicht überaus gravierenden Einträge im Strafregister in Verbindung mit dem festgestellten Mangel an Sühnewillen auch gewisse Bedenken in die Begnadigungswürdigkeit Voigts aufkommen lassen. Den überwiegenden Teil der im Gesuch erwähnten Aktivdienstleistung hat Voigt freiwillig und durchaus zu seinem eigenen Vorteil geleistet. Wir beantragen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

96. Fritz Schumacher, 1920, Bäckermeister, Blauen (Bern), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 9. März 1950 zu Fr. 1907.84 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er ein in Frankreich gekauftes Motorrad sowie eine Posaune auf Schleichwegen in die Schweiz einführte. Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 17. Juni 1950 abgewiesen. -- Um die als Zollpfand beschlagnahmten geschmuggelten Gegenstände auszulösen, bezahlte Schumacher Fr. 500, die ihm an die Busse angerechnet wurden.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des noch ausstehenden Betrages von Fr. 1407.84. Er macht geltend, nach dem Krieg ohne Betriebskapital von seiner Mutter in Blauen eine Wirtschaft übernommen und darin noch eine Bäckerei eingebaut zu haben. 1947 sei seine Gattin gestorben, was ihn, zusammen mit den finanziellen Sorgen, ausserordentlich hergenommen habe. Diese Umstände bildeten weitgehend auch die Beweggründe für die vorliegenden Verfehlungen.

Der Gesuchsteller hat sich offenbar mit dem Bau der Bäckerei zu viel zugemutet. Die Liegenschaft ist jedenfalls über den Schatzungswert hinaus hypothekarisch belastet. Auch trifft es zu, dass Schumacher seine Ehefrau verloren hat. Das sind aber Tatsachen, die bereits vor der Tatbegehung bestanden haben und
deshalb im Begnadigungsweg keine ausschlaggebende Eolle auszuüben vermögen. Wenn auch dem Verurteilten die Tilgung der Busse nicht leicht fallen mag, so muss sie ihm angesichts seines Einkommens und des Fehlens jeglicher Familien- und Unterstützungspflichten trotzdem zugemutet werden.

Im Hinblick auf das Fehlen von Kommiserationsgründen beantragen wir mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

97. Josef Schäfli, 1920, Metzger, Zürich, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 12. Oktober 1948, wegen Ausfuhrbannbruchs mit Gold und Gehilfenschaft dabei, zu Fr. 1579.67 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Die gegen die Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am

412 12. September 1949 abgewiesen. Da Schäfli beim Kauf und Verkauf des Goldes gleichzeitig auch gegen die Vorschriften betreffend die Überwachung des Handels mit Gold verstiess, wurde er vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes am 1. September 1949 überdies zu Fr. 200 Busse verurteilt. -- Es wurden bisher in unregelmässigen Zahlungen an die Zollbusse Fr. 420 und an die kriegswirtschaftliche Busse Fr. 80 entrichtet.

Schäfli ersucht um Erlass der noch ausstehenden Bussenbeträge, wozu er geltend macht, er befinde sich gegenwärtig in einer finanziellen Notlage und könne mit dem besten Willen weitere Zahlungen nicht mehr leisten. Aus seinem bescheidenen Monatslohn als Metzger im städtischen Schlachthaus müsse er feste Verpflichtungen erfüllen (Miete, Abzahlung der Möbel, Alimente an ein ausserehelicb.es Kind, Versicherungen) und zugleich den Unterhalt seiner Ehefrau bestreiten. Diese könne ihrer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen, da sie ein Kind erwarte. Der Metzgerei-Personal-Verband der Schweiz unterstützt das Gesuch seines Mitgliedes.

Die durch die Oberzolldirektion und die kriegswirtschaftliche Vollzugsbehörde unabhängig voneinander durchgeführten Erhebungen zeitigten das gleiche Ergebnis: danach treffen die Angaben des Gesuchstellers zu. Seine finanziellen Verhältnisse haben sich seit Ausfällung der beiden Urteile gesamthaft gesehen wesentlich verschlechtert, ohne dass ihn daran ein Verschulden treffen würde. Die Oberzolldirektion, wie die kriegswirtschaftliche Vollzugsbehörde sprechen sich deshalb für ein Entgegenkommen aus. Wir können uns dieser Auffassung anschliessen. Ein Gnadenakt lässt sich auch im Hinblick auf den guten Leumund und den bisher trotz bestehenden finanziellen Schwierigkeiten bekundeten Zahlungs- und Sühnewillen rechtfertigen. Wir beantragen deshalb die Herabsetzung des noch ausstehenden Betrages der Zollbusse auf Fr. 150 und den gänzlichen Erlass der kriegswirtschaftlichen Restbusse. Für die noch zu leistenden Zahlungen werden dem Gesuchsteller angemessene Zahlungserleichterungen zugesichert, deren Ausmass durch die Vollzugsbehörde festzusetzen ist.

98. Wilhelm Decker, 1912, deutscher Staatsangehöriger, Schuhmacherund Taxichauffeur, Singen (Deutschland), verurteilt durch S traf Verfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 16. September 1949
zu Fr. 998.67 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Sommer 1948 mit seinem Motorfahrzeug wiederholt grössere Mengen Messerschmiedwaren und Kugellager, die er im Holzvergaser versteckte, widerrechtlich in die Schweiz verbrachte. Durch bisherige Zahlungen und nach Anrechnung der für die Auslösung des beschlagnahmten Motorfahrzeuges geleisteten Hinterlage und eines Verwertungserlöses ist die Busse bis auf Fr. 184.62 abgetragen.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der Eestbusse, wozu er vorbringt, angesichts des schlechten Geschäftsganges keine Möglichkeit zu weiteren Zahlungen mehr zu sehen.

Die wirtschaftliche Lage des Gesuchstellers ist, soweit sie durch die Zolldirektion Schaff hausen überprüft werden konnte, offenbar nicht gut. Erfolgten

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auch die bisherigen Zahlungen zum Teil aus einer Zwangslage heraus (Auslösung des Taxi), so bedeuteten sie für Decker im Hinblick auf seine bescheidenen Verhältnisse doch eine Anstrengung. Wenn wir ein Entgegenkommen trotzdem ablehnen, so deshalb, weil der Gesuchsteller am 23. Februar 1949 vom Amtsgericht Singen wegen Hehlerei bei Bandendiebstahl mit 5 Monaten Gefängnis bestraft werden musste. Wie die ' Oberzolldirektion in ihrem Mitbericht vom 17. Oktober 1950 mit Eecht festhält, lassen die Verfehlungen, die diesem Urteil zugrunde liegen, auf eine Gesinnung schliessen, welche die Befürwortung eines Gnadenaktes unmöglich macht. Wir beantragen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die G e s u c h s a b w e i s u n g .

99. Paul Manz, 1917, deutscher Staatsangehöriger, Gastwirt und Kinobesitzer, Stühlingen (Deutschland), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 28. Oktober 1947 zu 'Fr. 890.67 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehimg, weil er im Jahre 1947 eia einem Schweizer verkauftes Motorrad mit Hilfe des Käufers illegal in die Schweiz einführte. -- Die dem Verurteilten zugebilligten weitgehenden Zahlungserleichterungen wurden nur zürn Teil eingehalten, wobei mehrmals mit der Umwandlung gedroht werden musste. Innerhalb von fast drei Jahren sind insgesamt Fr. 448.67 eingegangen.

Manz ersucht um Erlass des Bussenrestes. Er weist auf seine schwierige finanzielle Lage hin, die ihm die Zahlung der vollen Busse nicht gestatte.

Ausserdem sei seine Frau seit 1948 lungenkrank, was ihm hohe Auslagen verursache.

Die Zolldirektion Schaffhausen hat sich bemüht, die Verhältnisse des im Ausland wohnenden Gesuchstellers nach Möglichkeit zu untersuchen. Wir verweisen auf den ausführlichen Bericht dieser Amtsstelle vom 13. Oktober 1950. Danach ist die finanzielle Lage des Manz keineswegs so misslich, wie er darzutun versucht. Vielmehr hat er vor einem Jahr die bisher gemietete Liegenschaft käuflich erwerben können. Ungefähr zu gleicher Zeit war er in der Lage, einen Deutschen, der für ihn Kaffee geschmuggelt hatte und dabei ertappt wurde, mit DM. 1200 aus der Haft auszulösen. Der Gesuchsteller gilt als grosssprecherisch und unseriös. Noch in diesem Jahre soll er wegen Hehlerei von Diebsgut von einem deutschen Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt
worden sein. Wir b e antragen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

100. Kino P i f f a r e t t i , 1923, Bäcker, Mendrisio (Tessin), verurteilt durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 6. September 1946 wegen versuchten Ausfuhrbannbruchs mit Autopneus zu Fr. 480 Busse und vom 12. Oktober 1946 wegen Bannbruchs mit Zigaretten zu Fr. 200 Busse.

Dem mehrfach rückfälligen Verurteilten konnte ein Nachlass nicht gewährt werden. Die beiden Bussen wurden, weil uneinbringlich, vom Gerichtspräsidenten von Mendrisio in 48 und 20 Tage Haft umgewandelt.

414 Der Verurteilte ersucht um Erlass der beiden Strafen. Er sei nicht in der Lage, Zahlungen zu leisten. Die Verbüssung von bereits 97 Tagen Haft aus anderen Urteilen werde nicht ohne Einfluss auf sein künftiges Verhalten sein.

Der ledige mit Unterstützungspflichten nicht belastete Gesuchsteller hat sich um die Tilgung der Bussen überhaupt nicht bemüht. Einen ihm durch die kantonale Vollzugsbehörde eingeräumten Vollzugsaufschub hat er zu Zahlungen ebenfalls nicht benützt, sondern er hat ein Gnadengesuch eingereicht. Piffaretti gilt als wenig arbeitsamer Bursche, der überdies als händelsüchtig bezeichnet wird und einen schlechten Euf geniesst. Wegen Widerhandlungen gegen das Zollgesetz musste er bereits mehrfach bestraft werden. Bei dieser Sachlage und in Anbetracht des völlig fehlenden Sühnewillens beantragen wir mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

101. Kurt Müller, 1923, Kaminfeger, zurzeit in der Arbeitsanstalt Kalchrain (Thurgau), verurteilt durch Straf Verfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 4. Dezember 1948 zu Fr. 612 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Oktober 1948 bei der Wiedereinreise in die Schweiz die im Ausland erfolgte Auswechslung des Motors des von ihm benützten Automobils der Zollkontrolle nicht gemeldet hat. -- Der bisherige-Vollzug der Busse gestaltete sich mühsam, da Müller den Zahlungsaufforderungen keine Beachtung schenkte und die Behörde zwang, das Umwandlungsbegehren zu stellen. In diesem Zeitpunkt intervenierte der Vormund des Verurteilten, der eine Zahlung von Fr. 300 durch die Heimatgemeinde erwirkte, worauf das Umwandlungsbegehren zurückgezogen wurde.

Hierauf reichte der Vormund des Verurteilten ein Gnadengesuch ein, worin er ausführte, Müller arbeite zu einem Lohn, der ihm Zahlungen an die Busse neben seinen Pflichten gegenüber seiner Familie unmöglich mache.

Bereits heute musste die Heimatgemeinde einen Teil des Unterhalts der Ehefrau und der 4 Kinder aufbringen. Würde auf dem Vollzug einer allfälligen Haftstrafe beharrt, so hätte die Heimatgemeinde die ganze Last zu tragen. Ende September des Jahres teilte der Vormund weiter mit, sein Mündel werde in die Arbeitsanstalt. Kalchrain eingev/iesen werden, so dass weitere Zahlungen an die Busse nicht mehr in Frage kommen könnten. Sollte
dem Begnadigungsgesuch wider Erwarten kein Erfolg beschieden sein, so beantrage er bei allfälliger Umwandlung die Anrechnung des Aufenthalts in der Arbeitsanstalt an die Haftstrafe.

Wie bereits andernorts ausgeführt wurde, dürfen bei der Beurteilung von Gnadengesuchen finanzielle Erwägungen der Armenbehörde nicht den Ausschlag geben. Bei Müller handelt es sich um einen völlig haltlosen, dem Trunke verfallenen Menschen, der die strengen Anforderungen, die in persönlicher Hinsicht an ein Entgegenkommen geknüpft werden, nicht zu erfüllen vermag.

Dass dabei seiner Ehefrau ein ausgezeichnetes Zeugnis ausgestellt wird, vermag an dieser Sachlage nichts zu ändern, da in erster Linie von der Person des Verurteilten auszugehen ist. Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen

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Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung. Ob im Falle der Umwandlung der noch ausstehenden Busse der Aufenthalt in der Arbeitsanstalt an die Haftstrafe angerechnet werden kann, ist nicht im Begnadigungsweg, sondern allenfalls durch die kantonale Vollzugsbehörde zu entscheiden.

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 13. Oktober/29. Dezember 1942 über die Luxussteuer ist verurteilt worden (102) : 102. Albert Giacobino, 1895, Vertreter, Genf, verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 3. Februar 1947 zu Fr. 5000 Busse, weil er Gold Chronographen im Werte von rund Fr. 25 000 im Detailhandel verkauft hat, ohne sich bei der zuständigen Behörde zuvor als luxussteuerpflichtig anzumelden, und weil er auch nachträglich unterlassen hat, diese Anmeldung nachzuholen und die verkaufte Ware zu versteuern.

Die Steuerhinterziehung ist zugestandenermassen vorsätzlich erfolgt. -- Giacobino liess es, ohne sich um die Zahlung der Busse zu bemühen, zur Ausstellung eines Verlustscheines kommen und suchte erst um Teilzahlungen nach, als ihm die Umwandlung. angedroht wurde. Seine Zahlungsversprechen hielt er jedoch nicht ein. Erst die Einreichung des Umwandlungsantrages brachte ihn wieder auf die Beine. Aber auch diese neuen Zahlungsversprechen hat er nicht eingehalten; eine letzte ihm von der Staatsanwaltschaft eingeräumte Zahlungsfrist liess er ebenfalls unbenutzt verstreichen. Der Bussenrest von Fr. 4550 wurde deshalb am 11. September 1950 in 3 Monate Haft umgewandelt.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Begnadigung, wozu er geltend macht, er hätte die versprochenen Teilzahlungen nicht eingehalten, weil seine Ehefrau schwer erkrankt sei, was grosse Kosten mit sich gebracht habe. Er sei gezwungen gewesen, Darlehen aufzunehmen, wobei er sich verpflichtet gefühlt hätte, während den letzten Jahren in erster Linie diese abzutragen. Seine Geschwister hätten sich bereit erklärt, die Summe von Fr. 1500 für ihn aufzubringen.

Wir stellen zunächt fest, dass die versprochene Zahlung von Fr. 1500 nicht eingegangen ist. Es passt dies durchaus in den Bahmen der vom Gesuchsteller bisher angewandten Verzögerungstaktik. Angesichts dieses Verhaltens, wie übrigens auch im Hinblick auf die im Strafregister verzeichneten kriegswirtschaftlichen Vorstrafen Giacobinos und den bei den Akten liegenden
Leumundsbericht erscheint der Verurteilte eines Entgegenkommens als wenig würdig. -- Was seine finanzielle Lage anbetrifft, so hat er es unterlassen, irgendwelche Beweise für die von ihm behaupteten Verpflichtungen vorzulegen.

Verschwiegen hat er im Gnadengesuch bezeichnenderweise auch, dass er heute wie aus einem Polizeibericht vom 3. Februar 1950 hervorgeht -- Witwer ist, und dass ihm keinerlei Familien- oder Unterstützungspflichten mehr obliegen.

Bei dieser Sachlage lässt sich ein Entgegenkommen nicht rechtfertigen. Wenn die Eidgenössische Steuerverwaltung in ihrem Mitbericht vom 14. Oktober 1950 ausdrücklich auf den von ihr geführten hartnäckigen Kampf gegen die

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Missachtung der Luxus- und Warenumsatzsteuervorschriften im Hausier- und Schleichhandel mit Uhren hinweist, so ist ihr darin durchaus zuzustimmen, dass eine milde Begnadigungspraxis diesen Eechtsbrechern gegenüber die Bemühungen der Behörden durchkreuzen oder gar wirkungslos machen müsste.

Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung die Gesuchs ab Weisung.

Gemäss den Vorschriften über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln sind verurteilt worden (103--120) : 103. Walter L e u e n b e r g e r , 1912, Metzger, Zeli (Luzern), verurteilt am 14. November 1947 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in wesentlicher Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu 8 Monaten Gefängnis und Fr. 20 000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung der Urteilspublikation und des Strafregistereintrages. Leuenberger hat in den Jahren 1942--1944 mindestens 220 Schweine und 64 Kälber schwarz geschlachtet und über 20 Tonnen Fleisch schwarz verkauft.

Ein erstes Gesuch um gnadenweisen Erlass der Gefängnisstrafe wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Dezembersession 1948 abgewiesen (vgl. Antrag 194 des Berichtes vom 11. November 1948; BB1 III, 766). Nachdem Leuenberger auf Grund eines amtsärztlichen Berichtes zunäcbt ein weiterer Strafaufschub bewilligt worden ist, hat er die Gefängnisstrafe am 16. August 1950 angetreten. Aus der Strafhaft reichte er am 10./26. September 1950 ein neues Gnadengesuch ein. Wie im ersten verweist er auf ein ihn stark belastendes chronisches Leiden; ferner auf die psychische Belastung, welcher die Ehefrau wahrend seiner Abwesenheit ausgesetzt sei, sowie endlich auf die Schwierigkeiten im Geschäftsbetrieb. -- Das Gesuch wird unterstützt vom Gemeinderat von Zeli, von der Direktion der Strafanstalt, vom Justizdepartement des Kantons Luzern sowie vom kantonalen Metzgermeisterverband.

Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes hat dem Gesuch auf einen amtsärztlichen Bericht hin -- der, ohne die Hafterstehungsfähigkeit zu verneinen, schmerzhafte offene Geschwüre an den Unterschenkeln und eine dadurch bedingte Niedergedrücktheit feststellte -- die aufschiebende Wirkung zugesprochen. Der Verurteilte wurde am 14. Oktober 1950 vorläufig aus der Strafhaft entlassen. Nachdem er die Busse bezahlt hat,
verbleiben ihm noch 31 Tage Gefängnis zu verbüssen.

In seinem Mitbericht vom 25. Oktober 1950 kommt das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes auf Grund der angeblich etwas angespannten finanziellen Lage des Verurteilten und namentlich im Hinblick auf das bestehende Leiden zum Schluss, es sei das Gesuch, nachdem bereits 2/3 der Strafe verbüsst seien, gutzuheissen und der Strafrest von 31 Tagen Gefängnis mit einer Probezeit von 2 Jahren bedingt zu erlassen.

Das vorstehende Gesuch kann nur zur Gutheissung empfohlen werden, wenn der Gesuchsteller eines Gnadenaktes würdig ist und wenn überdies ins

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Gewicht fallende Komruiserationsgründe vorliegen. Es bleibt somit zu prüfen, ob diese Voraussetzungen gegeben sind.

Leuenberger ist als tüchtiger und solider Geschäftsmann allgemein geschätzt und beliebt und geniesst bei den Ortsbehörden einen guten Leumund.

Auch ist ihm zugut zu halten,' dass er die Gefängnisstrafe, wenn auch verspätet, angetreten und die Busse bezahlt hat. Trotz diesem an sich guten Zeugnis ist jedoch über die Würdigkeit noch nichts Endgültiges gesagt. Es ist vielmehr zu beachten, dass der Gesuchsteller auch gemeinrechtlich bereits zweimal hat gebüsst werden müssen und sich kriegswirtschaftlich früher schon verschiedentlich vergangen hat. Namentlich darf heute aber nicht einfach übersehen werden, mit welcher Hemmungslosigkeit und in welchem Umfang sich Leuenberger während Jahren über die "Vorschriften hinweggesetzt hat und wie er ohne Eücksicht auf die damals bestehenden schweren Probleme der Versorgung von Zivilbevölkerung und Armee mit Fleisch alles nur seinem Gewinnstreben unterordnete. Auch aus der Bückschau lässt sich solches Verhalten und solche Gesinnungslosigkeit nicht milder beurteilen. Wir betrachten deshalb den Gesuchsteller zum vornherein eines Entgegenkommens als wenig würdig.

Als Kommiserationsgründe werden vorgebracht : angespannte finanzielle Lage, psychische Belastung der Ehefrau und Krankheit des Gesuchstellers.

Die finanzielle Lage Leuenbergers ist keineswegs schlechter als zur Zeit des Urteils. Das ausgewiesene Steuereinkommen ist um Fr. 1000 höher. Das Vermögen hat sich ungefähr um die an Busse und Kosten geleisteten Zahlungen vermindert, was hier nicht berücksichtigt werden kann; die vennögensrechtlichen Folgen eines Bussenvollzuges können selbstverständlich nicht als Begnadigungsgrund für die im selben Urteil ausgefällte Freiheitsstrafe angerufen werden. Im übrigen macht die ausgewiesene Vermögensverminderung wohl nicht einmal den Betrag des durch die Widerhandlungen erzielten widerrechtlichen Gewinnes aus, den besonders abzuschöpfen das Gericht gänzlich unterlassen hat.-- Was die durch die Abwesenheit Leuenbergers erfolgte psychische Belastung der E h e f r a u anbetrifft, so besteht kein Grund zu einer von der üblichen Betrachtungsweise abweichenden Beurteilung. Wie schon in vielen andern Anträgen ausgeführt wurde, sind dies Folgen, die mit dem Vollzug
jeder Freiheitsstrafe verbunden sein können und die ein Eechtsbrecher sich bei der Tatbegehung vor Augen halten muss. Als Kommiserationsgründe fallen sie nicht in Betracht.

Ebensowenig kann nach der ständigen Praxis der Vereinigten Bundesversammlung der geltend gemachte a n g e g r i f f e n e G e s u n d h e i t s z u s t a n d als Begnadigungsgrund in Betracht gezogen werden. Beim Vollzug von Freiheitsstrafen ist eine Erkrankung von Amtes wegen, aber ausschliesslich durch die Vollzugsbehörde zu berücksichtigen -- sei es durch Gewährung von Erleichterungen jeglicher Art, gegebenenfalls durch Anordnung der Hospitalisierung, oder wenn die Hafterstehungsunfähigkeit amtsärztlich festgestellt wird (was hier nicht zutrifft) sogar durch Gewährung einer Strafunterbrechung. Wir verweisen im übrigen auch auf das Gesuch des Edouard Bornet (Antrag 104 dieses

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Berichtes), wo das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaf tsdepartementes in seinem Mitbericht sich mit Becht kategorisch auf die bisherige Praxis der Begnadigungsbehörde festgelegt hat, wozu seine Schlussfolgerungen im Falle Leuenbergers gewissermassen im Widerspruch stehen.

Wir halten dafür, dass es auch im vorliegenden Fall bei dieser Praxis bleiben sollte.

Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vertritt endlich die Auffassung, es würde eine ausserordentliche Härte bedeuten, wenn Leuenberger trotz seiner guten Haltung seit dem Jahre 1944 die Strafe neuerdings antreten müsste. Wir können dieser Auffassung durchaus nicht beipflichten. Die am 14. Oktober 1950 durch das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes verfügte Strafunterbrechung bildete nicht eine medizinische Notwendigkeit, sondern erfolgte ausschliesslich auf Grund des von Leuenberger eingereichten neuen Gnadengesuches. Der Verurteilte hat den Straf unterbrach selbst herbeigeführt und gewollt. Er kann sich somit nicht über besondere Härte beklagen, wenn er seine Strafe im Falle der Abweisung seines Gnadengesuches wieder antreten muss.

Auf Grund dieser Ausführungen beantragen wir entschieden die Gesuchsabweisung.

104. Edouard Bornet, 1916, Lehrer, Aproz (Wallis), verurteilt am 24.März 1947 vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu zwei Monaten Gefängnis und zu Fr. 500 Busse. Gleichzeitig wurde der Eintrag des Urteils in die Strafregister angeordnet. Bornet hat sich Ende 1945 und zu Beginn des Jahres 1946 Eationierungsausweise für rund 19 Tonnen Zucker angeeignet und davon Coupons für über 16 500 kg an Dritte abgegeben mit dem Auftrag, sie gegen Provision abzusetzen.

Ein erstes durch einen Eechtsanwalt eingereichtes Gnadengesuch wurde von der Vereinigten Bundesversammlung zurückgestellt und, nachdem vorerst ein amtsärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand des Verurteilten eingeholt worden war, in der Junisession 1949 abgewiesen (vgl. Antrag 206 des Berichtes vom 11. November 1948, BEI III, 771, und Bericht der Begnadigungskommission an die Bundesversammlung für die Junisession 1949 vom 9. Juni 1949). Im Bericht der Kommission an die Bundesversammlung wurde ausgeführt, die amtsärztliche Untersuchung durch einen Spezialarzt habe ergeben, dass Bornet
ohne weiteres hafterstehungsfähig sei. Die Ausführungen im Schreiben der Frau Bornet hätten sich somit als starke Übertreibung der tatsächlichen Verhältnisse herausgestellt und charakterisierten sich nach erfolgter Abklärung als Druckversuch gegenüber der Begnadigungskommission.

Bornet wurde inzwischen zweimal zur Verbüssung seiner Strafe aufgeboten. Jedesmal hat er es durch Vorlage neuer Arztzeugnisse verstanden, die kantonale Vollzugsbehörde zur Einholung neuer Instruktionen beim Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu ver-

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anlassen. Dieses hat sich jedoch konsequent dahingehend ausgesprochen, dass es ausschliesslich Sache des Gefàngnisarztes sei, allfällige Verschlechterungen im Gesundheitszustand des Verurteilten angemessen zu berücksichtigen und wenn nötig sogar die Hospitalisierung Bornets anzuordnen. Die verschiedenen Arztberichte hat die kriegswirtschaftliche Vollzugebehörde jeweils dem Amtsarzt zugehen lassen, dem die Begutachtung des Falles zuhanden der Begnadigungsbehörde im Jahre 1949 übertragen war.

Ende Mai dieses Jahres hat die Ehefrau das Gnadengesuch für ihren Mann erneuert. Sie macht geltend, der Verurteilte habe bei Erhalt des Aufgebots zum Strafantritt eine neue Herzkrise erlitten, die eine halbstündige Bewusstlosigkeit zur Folge gehabt habe. Sie legt der Begnadigungsbehörde nochmals nahe, sich der Folgen bewusst zu werden, die der Vollzug dieser Freiheitsstrafe nach sich ziehen könnte. Obschon sich die Familie nicht in guten Verhältnissen befinde, würde es eher zu ertragen sein, wenn die Gefängnisstrafe in eine entsprechende Busse umgewandelt wurde, als dauernd einen neuen Bückfall befürchten zu müssen.

Nach unserem Dafürhalten hat sich in den Verhältnissen, die zur Abweisung des ersten Gesuches in der Sommersession 1949 führten, nichts geändert. Auch das dem neuen Gesuch beigelegte Arztzeugnis enthält nicht den geringsten Hinweis auf die Hafterstehungsunfähigkeit Bornets, sondern beschränkt sich darauf, die erwähnte Herzkrise zu bestätigen und festzustellen, dass der Verurteilte für mindestens 8 Tage das Bett zu hüten habe.

Die Begnadigungsbehörde hat von jeher den Standpunkt vertreten, dass der Gesundheitszustand eines Verurteilten wohl im Zusammenhang mit andern Umständen beim Befinden über ein Gnadengesuch berücksichtigt werden könne, dass er indessen für sich allein, namentlich bei Freiheitsstrafen, keinen Begnadigungsgrund darstelle. Vielmehr sei es ausschliesslich Sache der Vollzugsbehörde bzw. des Amtsarztes, den besonderen gesundheitlichen Verumständungen Bechnung zu tragen, dem Häftling die nötigen Erleichterungen und entsprechende Pflege angedeihen zu lassen, die Hospitalisierung anzuordnen oder die Strafunterbrechung zu veranlassen. An dieser Praxis ist auch in diesem Falle festzuhalten. Dass Frau Bornet für ihren Ehemann Befürchtungen hegt, ist begreiflich; ebenso, dass sie alles
versucht, um ihrem Ehemann die Verbüssung dieser Strafe zu ersparen. Es kann aber in dieser Bichtung auch zu viel geschehen. Im vorliegenden Fall haben wir die bestimmte Überzeugung, dass es neben der offenbar bestehenden Anlage zu Herzkrisen auch am Sühnewillen des Verurteilten fehlt. Angesichts des Fehlens von Kommiserationsgründen b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes nach wie vor die Gesuchsabweisung.

105. Eudolf Kienast, 1904, Metzger, Basel, verurteilt arn 5. Juli 194& vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu 2 Monaten Gefängnis und Fr. 9000 Busse wegen Schwarzschlachtungen in grossem Umfang und häufiger Überschreitungen

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der Schlachtgewichtszuteilungen. Das Gericht verfugte überdies die Urteilspublikation und den Strafregistereintrag.

Bin erstes Begnadigungsgesuch des Verurteilten, das ausschliesslich die Freiheitsstrafe zum Gegenstand hatte, wurde in der Junisession 1947 abgewiesen (Antrag 134 des Berichtes vom 23. Mai 1947; BEI II, 263). Kienast hat daraufhin die 2 Monate Gefängnis verbüsst. An die Busse hat er fünf Teilzahlungen zu Fr. 250 entrichtet und am 17. Oktober 1950 durch seinen Verteidiger weitere Fr. 5250 überweisen lassen, die ihm angeblich vom Vater und von einem Freund zur Verfügung gestellt worden seien.

Durch seinen Verteidiger ersucht der Verurteilte um Verzicht auf den weiteren Urteilsvollzug. Zur Begründung kommt er zunächst auf die Urteilserwägungen und die Strafzumessung zurück und macht in der Folge eine wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage geltend.

Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes hat die finanziellen und persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers eingehend überprüfen lassen und gelangt auf Grund der gesammelten Unterlagen zum Schluss, es sei seit dem Urteil und auch seit Abweisung des ersten Gesuches eine wesentliche Verschlechterung eingetreten, wobei die Gründe des finanziellen Niederganges nicht unehrenhafter Natur seien. Wir verweisen diesbezüglich auf den bei den Akten liegenden Mitbericht dieser Amtsstelle vom 25. Oktober 1950. Danach ist Kienast im Januar 1950 in Konkurs geraten und hat seine selbständige Stellung verloren. Als Angestellter verdient er heute nur wenig mehr als das Existenzminimum. Er hat dabei für Frau und 3 Knaben aufzukommen sowie ansehnliche Alimente an die beiden Kinder aus erster Ehe abzuliefern. -- Anderseits ist durch seine bisherigen Zahlungen ein Teil der Verfahrenskosten gedeckt und die Busse bis auf Fr. 2500 abgetragen. Angesichts des dadurch bekundeten Sühnewillens und des Umstandes, dass der Leumund heute zu keinen Beanstandungen mehr Anlass gibt und tatsächlich nicht ersichtlich ist, wie der schwer verschuldete Verurteilte (Konkursverlustscheine im Betrage von rund Fr. 83 000) weitere Zahlungen aufbringen könnte, spricht sich das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements für den Erlass des Bussenrestes aus.

Bereits im. Antrag zum ersten Gesuch wurde darauf hingewiesen,
dass Kienast finanziell nicht sehr günstig dastehe, was unter Umständen einen teilweisen Bussenerlass hätte rechtfertigen können. Da sich jedoch das Gesuch nur auf die Freiheitsstrafe bezogen hat, erübrigten sich darüber weitere Erörterungen. Inzwischen hat sich die Lage des Gesuchstellers noch ganz wesentlich verschlechtert, und es kann der Vollzugsbehörde darin zugestimmt werden, dass er das ihm heute Mögliche geleistet hat. Da auch in persönlicher Beziehung die Voraussetzungen für einen Gnadenakt als gegeben erachtet werden dürfen, können wir den Schlussfolgerungen des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zustimmen und b e a n t r a g e n mit diesem den Erlass des sich noch auf Fr. 2500 belaufenden Bussenrestes. -- Soweit sich das Gesuch auf die restlichen Verfahrens-, Publikations- und Be-

421 treibungskosten sowie die Vollzugszinsen bezieht, kann darauf hier nicht eingetreten werden, da im Wege der Begnadigung nur Strafen erlassen werden können. Dagegen glaubt das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes auf die weitere Eintreibung dieser Beträge gestützt auf Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 verzichten zu können, was in einer besonderen Verfügung erfolgen wird.

106. Armand Goy, 1916, Kaufmann, Paris (Frankreich), verurteilt am 2. November 1945 vom 10. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu einer Zusatzstrafe von 4 Monaten Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 3 Jahren, und zu Fr. 1500 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages. Goy hat in den Jahren 1942/43 einen umfangreichen Handel mit Bationierungsausweisen für Zucker, Fett und andere Lebensmittel getrieben, wobei er einen widerrechtlichen Gewinn von über Fr. 10 000 erzielte. -- Der Verurteilte hat die Bewährungsfrist für die Gefängnisstrafe bestanden und an die Busse Fr. 1000 entrichtet. Der noch ausstehende Betrag ist am 17. Februar 1950 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht in 50 Tage Haft umgewandelt worden.

Goy ersucht um Erlass der Umwandlungshaft von 50 Tagen, wozu er geschäftliches Missgeschick geltend macht. Er habe nach der Verurteilung eine Drogerie eröffnet, die sich zunächst gut entwickelte, wegen des Abflauens des Fremdenverkehrs und allgemeinen Konjunkturrückganges jedoch nicht habe gehalten werden können. Er befinde sich nun in Paris, um eine neue Existenz aufzubauen, und sei nicht in der Lage, weitere Zahlungen an die Busse zu leisten.

Gegenstand des Gesuches ist nicht mehr die Busse, sondern ausschliesslich die Haftstrafe von 50 Tagen. Auf Gnadengesuche, die vom Ausland her für Freiheitsstrafen eingereicht werden, tritt die Begnadigungsbehörde gemäss ständiger Praxis nicht ein. Es besteht kein Anlass, von diesem Grundsatz im Falle Goy abzuweichen.

Andernfalls wäre das Gesuch abzuweisen, da Kommiserationsgründe weder geltend gemacht werden noch tatsächlich bekannt sind. Namentlich haben sich die finanziellen Verhältnisse, soweit die Lage des im Ausland wohnenden Gesuchstellers überhaupt überprüft werden konnte, gegenüber dem Stand zur Zeit der Urteilsausfällung nicht verschlechtert. Erst
im Februar 1950 hat die Berufungsinstanz übrigens den Einwand der unverschuldeten Zahlungsunfähigkeit zurückgewiesen und auch die Gewahrung des bedingten Strafvollzuges abgelehnt.

Wir beantragen deshalb, es sei auf das Gesuch nicht e i n z u t r e t e n ; im Falle des Eintretens sei es abzuweisen.

107. Johann Wenger, 1890, Muller, Alterswil (Freiburg), verurteilt wie folgt: Am 11. Dezember 1948 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 800 Busse wegen Herstellern von zu hellem Backmehl im Dezember 1947 Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. III.

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sowie am 27. Mai 1950 vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 3 Tagen Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 4 Jahren, und zu einer Busse von Fr. 800, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages, weil er im September 1949 die Mahlvorschriften für Halbweissmehl erneut in krasser Weise missachtete. An die erste Busse sind Fr. 300, an die letztere Fr. 200 bezahlt.

Wenger ersucht um den Verzicht auf den Vollzug der beiden Bussenreste.

Er bezeichnet die mehrfache Büssung als ungerecht und verweist auf verschiedene Missgeschicke bei der Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebes. Wegen Überschwemmungsschäden habe er auch die Wehrablage neu sichern müssen, und teure Vorkehren für die Verstärkung der Wasserkraft stünden noch bevor.

Ohne Grund bezeichnet der Gesuchsteller die Urteile als ungerecht; musste er doch früher wegen gleichartiger Widerhandlungen bereits fünfmal gebüsst werden. Zur Begründung des Urteils vom 27. Mai 1950 hat das 1. kriegswirtschaftliche Strafgericht festgestellt, der Gesuchsteller habe sich weder durch die sechs vorangegangenen Schuldbefunde mit den stets ansteigenden Bussenbeträgen, noch durch die Androhung einer Gefängnisstrafe im Falle des Eückfalles von weiteren Widerhandlungen abhalten lassen. Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges erfolge angesichts der Unbelehrbarkeit und Eenitenz ausschliesslich mit Rücksicht auf das Alter des Angeklagten, mache aber anderseits eine Heraufsetzung der Busse notwendig. Eine solche von Fr. 800 stehe durchaus mit den finanziellen Verhältnissen Wengers in Einklang. -- Diesen Erwägungen des Gerichtes ist durchaus zuzustimmen. Da sich seit dem Urteil auch die finanzielle Lage des Gesuchstellers, der auch noch eine Sägerei betreibt, nicht geändert hat, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

108. Louis Demierre, 1922, Viehändler, Chatel-St-Denis (Freiburg), verurteilt am 3. Dezember 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 3000 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 4500 an den Bund, weil er vom Juni 1947 bis Mitte 1948 vorsätzlich durch Dritte Schwarzschlachtungen von Grossvieh im Umfange von
über 40 Tonnen Fleisch vornehmen liess, wobei er die geschlachteten Tiere unter Umgehung der Viehannahmekommission gekauft hatte, das Fleisch widerrechtlich veräusserte und es unterliess, die den Metzgern vorgeschriebene Kontrolle zu führen.

Der Verurteilte ersucht um Herabsetzung der sich aus dem Urteil ergebenden Verpflichtungen auf die Hälfte, wozu er geltend macht, die für seine Verfehlungen viel zu hohe Busse im Hinblick auf seine bescheidene wirtschaftliche Lage nicht bezahlen zu können.

Demierre hat sein Gesuch zwei Tage nach der Urteilseröffnung eingereicht, was deutlich zum Ausdruck bringt, dass es ihm einzig um die Überprüfung des richterlichen Schuldbefundes und der Strafzumessung geht. Die Vereinigte

423 Bundesversammlung ist aber, wie schon wiederholt hervorgehoben wurde, keine Oberappellationsbehörde. Ein Gnadenakt kann nur gewährt werden, wenn seit dem Urteil unverschuldet Umstände eingetreten sind, die dessen Vollzug als eine unangemessene und auch vom Bichter nicht gewollte Härte erscheinen lassen. Dies trifft hier in keiner Weise zu. Es wirft auf den Gesuchsteller ein eigenartiges Licht, dass er, ohne sich überhaupt um die wenigstens teilweise Tilgung der Busse bemüht zu haben, sofort nach Urteilseröffnung um Erlass nachsucht. Die Vermutung liegt nahe, es fehle ihm an der nötigen Einsicht in die Schwere seiner Verfehlungen, was die Befürwortung eines Gnadenaktes zum vornherein ausschliessen müsste. Im übrigen sind die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers nach den von der Vollzugebehörde durchgeführten Erhebungen keineswegs so schlecht, wie man nach seinen Angaben schliessen könnte. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung hinsichtlich der Busse. Was die Verpflichtung zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes anbetrifft, so handelt es sich dabei nicht um eine Strafe im Sinne des Gesetzes, weshalb ein Erlass im Begnadigungsweg überhaupt nicht möglich wäre (Art. 396 StGB).

109. Alfred Buchs, 1908, Molkereiangestellter, Genf, verurteilt am 23. Juli 1947 vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 2500 Busse wegen illegaler Schweineschlachtungen und Sehwarzverkaufs des angefallenen Fleisches zu übersetzten Preisen, wobei er einen widerrechtlichen Gewinn von mindestens Fr. 600 erzielte.

Der Verurteilte ersucht um Erlass oder doch erhebliche Herabsetzung der Busse. Er macht geltend, im Jahre 1949 in Konkurs geraten zu sein, was eine längere Arbeitslosigkeit nach sich gezogen habe. Heute verdiene er gerade genug, um seine Familie zu ernähren und sein Kind aufzuziehen.

Der Gesuchsteller weist heute ein höheres Einkommen aus als zur Zeit der Tatbegehung. Auch den Konkurs bewerten wir nicht alsi eine Verschlechterung der bereits zur Zeit des Urteils missliehen finanziellen Lage; können doch die Gläubiger, denen Verlustscheine ausgestellt wurden, gegen ihn unter den heutigen Umständen nicht vorgehen. Was uns aber namentlich auch davon abhält, ein Entgegenkommen zu befürworten, ist der Umstand,
dass es Buchs in den verflossenen Jahren unterlassen hat, das geringste Zeichen guten Willens zu bekunden. Obschon ihm die verlangten Teilzahlungen bewilligt wurden, hat er trotz seiner Versprechen bisher überhaupt nichts bezahlt. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung. -- Im Umwandlungsverfahren wird der Verurteilte gegebenenfalls seine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit nachweisen können, worauf dem Eichter die Möglichkeit gegeben ist, die Umwandlung der Busse in Haft auszuschliessen.

110. Aldo Miazza, 1917, Metzger, Genf, verurteilt am 31. Januar 1949 vom 3. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 10 Tagen Gefängnis, bedingt er-

424 lassen, mit einer Probezeit von 2 Jahren, und zu einer Busse von Fr. 1200, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages. Der Verurteilte hat im Jahre 1946 einen umfangreichen Handel mit Eationierungsausweisen für Zucker, Butter und Fett/Öl getrieben, wobei er sich einen widerrechtlichen Vermögensvorteil von rund Fr. 2300 verschaffte.

Durch einen Rechtsanwalt ersucht Miazza um Erlass aller in diesem Urteil ausgesprochenen Strafen, eventuell um Erlass des Bussenrestes. Er macht geltend, in Teilzahlungen Fr. 700 der Busse getilgt zu haben (tatsächlich sind es bloss Fr. 650). Seine finanzielle Lage gestatte ihm weitere Zahlungen nicht mehr.

Durch Begnadigung kann unter gewissen Voraussetzungen auf den Vollzug von Strafen verzichtet werden. Ist jedoch für eine Strafe bereits vom Eichter der bedingte Vollzug gewährt worden, so ist eine Begnadigung nach ständiger Praxis der Vereinigten Bundesversammlung nicht mehr möglich.

Auf das Gesuch kann also nur eingetreten werden, soweit es sich auf die Busse bezieht. In dieser Hinsicht ist es abzuweisen. Zwar ist der durch die Zahlung von etwas mehr als die Bussenhälfte bekundete gute Wille anzuerkennen. Indessen bilden Teilzahlungen, wie schon wiederholt hervorgehoben wurde, keinen Begnadigungsgrund, sondern können sich nur für die Beurteilung der Würdigkeit eines Gesuchstellers vorteilhaft auswirken. Im vorliegenden Fall haben sich die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers seit dem Urteil verbessert, so dass zu einem Gnadenakt kein Anlass besteht. Miazza ist übrigens bereits vom Gericht sehr weitgehend entgegengekommen worden, das auf die Abschöpfung des den Bussenbetrag weit übersteigenden widerrechtlichen Gewinnes vollständig verzichtet hat. Wir halten dafür, es müsse dem Verurteilten die gänzliche Tilgung seiner Schuld zugemutet werden, und beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaf tsdepartementes die Gesuchsabweisung.

111. Heinrich Schaufelberger, 1887, Metzgermeister, Zürich, verurteilt am 30. August 1949 vom 9. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 700 Busse, wegen Schwarzbezugs grösserer Mengen Fleisch zu übersetzten Preisen in der Zeit vom Oktober 1946 bis Juni 1947. -- Nach durchgeführter Pfändung wurde Schaufelberger eine Aufschubbewilligung erteilt, worauf er verschiedene Abschlagszahlungen
leistete. Heute steht noch die halbe Busse aus. Auf den Einzug der ebenfalls noch ausstehenden rund zwei Drittel der Verfahrenskosten und der Verzugszinsen wird das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement voraussichtlich gestützt auf Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 verzichten können.

Der Verurteilte ersucht um den Erlass des noch geschuldeten Bussenrestes. Er macht geltend, er habe aus gesundheitlichen Gründen seine Metzgerei und gleichzeitig auch die Liegenschaft aufgeben müssen. Der Erlös habe kaum zur Ablösung der dringlichsten Verpflichtungen ausgereicht. Wegen Alters und geschwächter Gesundheit könne er keine Stelle mehr annehmen.

425 Die finanzielle Lage des Gesuchstellers hat sich seit dem Urteil, den bei den Akten liegenden Berichten zufolge, zweifellos verschlechtert. Trotzdem können wir ein gnadenweises Entgegenkommen nicht befürworten. Schaufelberger ist nicht weniger als neunmal kriegswirtschaftlich vorbestraft. Einen Teil der dem eingangs erwähnten Urteil zugrunde liegenden Schwarzbezüge hat er sogar nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens begangen. Dieses Vorgehen lässt auf eine Hemmungslosigkeit und eine Gesinnung schliessen, die ein Entgegenkommen ausschliessen. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsa b w e i s u n g . Dem Eichter bleibt es anheimgestellt, die Umwandlung der Busse in Haft auszuschliessen, sofern Schaufelberger seine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit nachzuweisen vermag.

112. Martin Fischer, 1903, Käser, Tafers (Freiburg), verurteilt am 23. September 1949 vom Einzehrichter des 6. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 500 Busse, weil er in den Jahren 1943 bis 1947 die Milchkontrolle ungenau führte, nahezu 2,5 Tonnen Käse nicht in die Fabrikationskontrolle eintrug, in seinem Haushalt über die ihm zukommenden Mengen hinaus Milchprodukte verbrauchte, bei der Herstellung und der nachherigen Behandlung des Käses nicht die erforderliche Sorgfalt verwendete, und weil er endlich im Jahre 1944 die früheren Unterlagen für die Fabrikationskontrolle vernichtete. -- Die «Société coopérative des producteurs de lait de Fribourg et environs» wurde für die Zahlung von Busse und Kosten solidarisch haftbar erklärt.

Fischer ersucht um Herabsetzung der Busse. Er stellt den dem Urteil zugrunde gelegten Sachverhalt in Abrede und weist auf seine bescheidene finanzielle Lage hin. Seine Ehefrau müsse sich überdies einer besonderen ärztlichen Behandlung unterziehen.

Die gegen das Urteil erhobenen Einwände können im Begnadigungsweg nicht berücksichtigt werden. Diese Beanstandungen hätten durch Appellation geltend gemacht werden müssen; diese kann hier nicht nachgeholt werden. Anderseits hat sich die finanzielle Lage des Gesuchstellers seit dem Urteil nicht verschlechtert, sondern sogar leicht gebessert, so dass auch in dieser Hinsicht kein Grund für einen Gnadenakt vorliegt. Was die geltend gemachten Ausgaben für die ärztliche Behandlung der
Ehefrau anbetrifft, so darf, da Fischer es unterlassen hat, darüber nähere Angaben zu machen, und auch im Bericht der Ortspolizeibehörde über eine ernstliche Erkrankung Frau Fischers nichts erwähnt wird, angenommen werden, diese Belastung falle nicht besonders ins Gewicht und werde im wesentlichen durch das leicht erhöhte Einkommen ausgeglichen. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

113. Karl Buchegger, 1907, Vertreter, Wittenbach (St. Gallen), verurteilt am 12. November 1948 vom Einzelrichter des l. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 500 Busse wegen Widerhandlungen gegen die Vorschriften betreffend die Führung der Warenkontrolle, unbewilligten Schlachtens von

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Kälbern, wiederholten Schwarzbezuges von Fleisch, fortgesetzter Abgabe von Fleischgerichten an fleischlosen Tagen und wiederholter Abgabe von Schlagrahm an die Gäste seiner kollektiven Haushaltung. Die Busse wurde vom gleichen Eichter am 16. September 1949 in 50 Tage Haft umgewandelt. Nachträglich hat Buchegger Fr. 800 bezahlt.

Unter Hinweis auf finanzielle Schwierigkeiten und seine grossen Familienlasten ersucht der Verurteilte für den noch ausstehenden Betrag um BegnadigungBuchegger liegt die Fürsorge für sieben Kinder ob. Es ist über ihn bereits vor dem Urteil der Konkurs eröffnet worden. Der Eichter hat diesen Umständen im Urteil bereits Eechnung getragen. Dagegen wusste er nach den Feststellungen des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes nicht, dass der Gesuchsteller bereits zur Zeit des Urteils armengenössig gewesen war. Die Vollzugsbehörde schildert die Lage Bucheggers als auswegslos. Trotz aller Anstrengungen erreiche sein Lohn das Existenzminimum für eine neunköpfige Familie nicht. Es wird deshalb die Auffassung vertreten, der Verurteilte habe mit der nachträglichen Zahlung von Fr. 300 das überhaupt Mögliche geleistet, und ein Entgegenkommen in bezug auf die der Eestbusse von Fr. 200 entsprechende Haft von 20 Tagen lasse sich verantworten. Da Buchegger in persönlicher Hinsicht die Voraussetzungen für einen Gnadenakt erfüllt, können wir uns der Auffassung der Vollzugsbehörde anschliessen und beantragen den bedingten Erlass der noch zu verbüssenden H a f t s t r a f e von 20 Tagen unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren.

114. Alfred Hügli, 1908, Bäckermeister, Lyssach (Bern), verurteilt am 15. März 1950 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 400 Busse und zur Zahlung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 25.20 an den Bund wegen wiederholter Abgabe von Buchmehl zu Futterzwecken und zu Überpreisen. Es wurde gleichzeitig die Anrechnung eines im Strafverfahren beschlagnahmten Betrages von Fr. 97.20 an den widerrechtlichen Gewinn, die Busse und die Verfahrenskosten verfügt. -- Der Zahlungsaufforderung hat Hügli keine Folge gegeben. Es stehen somit von der Basse noch Fr. 328 aus. Auf den Einzug der restlichen Verfahrenskosten, der Betreibungsspesen und der Verzugszinsen wurde durch das Generalsekretariat des Eidgenössischen
Volkswirtschaftsdepartementes gestützt auf Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 bereits verzichtet.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung. Er habe seit längerer Zeit mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Im Jahre 1948 sei er in Konkurs geraten. Seine Verpflichtungen seien auch heute noch gross. Eine herabgesetzte Busse könnte er nur in kleinen Teilzahlungen aufbringen.

Was Hügli in seinem Gnadengesuch vorbringt war alles bereits dem Eichter bekannt und ist von diesem bei der Strafzumessung berücksichtigt worden. Eine irgendwie ins Gewicht fallende Verschlechterung der Lage des

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Gesiichstellers seit dem Urteil ist überhaupt nicht nachgewiesen. Im übrigen ist der Verurteilte, der überhaupt noch keinen Sühnewillen bekundet hat, vorbestraft und sein Leumund nicht einwandfrei, so dass auch in persönlicher Hinsicht die Voraussetzungen für eine Begnadigung nicht gegeben sind. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung, wobei die Vollzugsbehörde nochmals , Zahlungserleichterungen in Aussicht stellt.

115. Sigmund Zumstein, 1899, Tapezierer, Zürich, verurteilt am 19. November 1948 vom Einzelrichter des 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 400 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 400 an den Bund, weil er im Mai 1945 mit Eationierungsausweisen Handel getrieben hat. An die Busse sind bisher Fr. 100 eingegangen.

Für den Verurteilten ersucht dessen Ehefrau um Verzicht auf den weiteren Urteilsvollzug, wozu sie auf die bescheidenen finanziellen Verhältnisse hinweist und geltend macht, sie sei oft leidend. Die Zustimmungserklärung des Verurteilten liegt vor.

Soweit der Gesuchsteller den Verzicht auf den Einzug der Verfahrenskosten und des widerrechtlichen Gewinnes fordert, kann auf das Gesuch nicht eingetreten werden. Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes wird prüfen, ob ein solcher Verzicht gestutzt auf Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 zulässig ist. Im übrigen ist das Gesuch abzuweisen. Einmal fehlt es an den Voraussetzungen in persönlicher Hinsicht. Wenn der Verurteilte heute auch keine schlechte Beurteilung erfährt, so können doch seine Vorstrafen und namentlich die Art der Verfehlungen nicht übersehen werden. Überdies fehlt es am Nachweis einer wesentlichen Verschlechterung der finanziellen Lage. Haben bei gleichem Einkommen früher sogar Verlustscheine ausgestellt werden müssen, so wurden seit dem Urteil gegen Zumstein nur noch vereinzelte Betreibungen eingeleitet. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung, wobei die Vollzugsbehörde dem Verurteilten auch weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen in Aussicht stellt.

116. Albert Tritten, 1875, Landwirt, St. Stephan (Bern), verurteilt am 29. Oktober 1948 vom Einzelrichter des
kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 400 Busse, weil er in den Jahren 1945 bis 1947 widerrechtlich rund 7800 Liter Milch verfüttert, sowie 1946 80 kg Vollfettkäse aus der Alpproduktion nicht abgeliefert, ferner die Alpproduktion verspätet gemeldet und die Milchverwertungskontrolle nicht geführt hat.

Ein Eechtsbeistand ersucht für den Verurteilten um Begnadigung, wozu geltend gemacht wird, der Vollzug der Busse würde Tritten in eine Notlage versetzen. Der Verurteilte stamme aus einer psychisch sehr belasteten Familie, sodass bei Durchführung weiterer Vollzugsmassnahmen mit Kur7«chlusshand-

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hingen gerechnet werden müsste. -- Im übrigen träfen wahrscheinlich die dem Urteil zugrunde gelegten Tatsachen nicht einmal zu. Jedenfalls handle es sich bei Tritten im Verhältnis zu andern um einen kleinen Sünder.

Aus den Akten muss geschlossen werden, dass u. a. auch finanzielle Erwägungen der Armenbehörde von St. Stephan, die befürchtet, Tritten könnte der Gemeinde noch einmal zur Last fallen, für die Einreichung des vorliegenden Gesuches ausschlaggebend waren. Dazu sei vorweg erwähnt, dass für die Beurteilung des Gesuches nur Gründe in Betracht gezogen werden können, die die Person des Verurteilten selbst betreffen. Finanzielle Befürchtungen der Gemeindebehörde, wie übrigens auch die in die Eichtigkeit des Urteils gesetzten Zweifel können hier nicht gehört werden.

Die finanzielle Lage des Gesuchstellers ist seit dem Urteil gleich geblieben.

Sie ist bescheiden, jedoch nicht derart verzweifelt; hat doch die Pfändung für Bussen und Kosten volle Deckung ergeben. Eine Verschlechterung seit dem Urteil ist jedenfalls nicht nachgewiesen. Zuzugeben ist indessen, dass die Tilgung der Busse den 75jährigen Gesuchsteller, der altersschwach, gebrechlich und kaum noch arbeitsfähig ist, schwer treffen würde. Das war aber von den Gerichten gewollt ; diese haben die Busse gegenüber dem Antrag der Überweisungsbehörde sogar noch heraufgesetzt.

Nicht bekannt war den Gerichten der Umstand, dass es sich bei Tritten um einen erblich sehr schwer belasteten Menschen aus einer psychisch sehr labilen Familie handelt, und dass bei üblicher Durchführung des Urteilsvollzuges mit der Möglichkeit von nicht wieder gutzumachenden Eeaktionen des Verurteilten gerechnet werden muss. Wir stimmen deshalb mit der Vollzugsbehörde darin überein, das's in Würdigung dieser ganz besonderen Umstände ein teilweises Entgegenkommen verantwortet werden kann. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die H e r a b s e t z u n g der Busse auf Fr. 100, wobei die Vollzugsbehörde für die Tilgung dieses Betrages angemessene Zahlungserleichterungen gewährt.

117. Gaston M o r a n d , 1908, Vertreter, Delsberg (Bern), verurteilt am 6. August 1949 vom Einzelrichter des 3. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 300 Busse, weil er in den Jahren 1945 bis 1947 die Fabrikationskontrolle für Käse
nachlässig geführt, Käse schwarz verkauft und es überdies unterlassen hat, gegen die Überbezüge seiner Ehefrau für den eigenen Haushalt einzuschreiten.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung. Er macht geltend, sich in einer schwierigen finanziellen Lage zu befinden, die nicht zuletzt auf den langen von ihm geleisteten Aktivdienst zurückzuführen sei.

Die Ortspolizeibehörde konnte über die wirtschaftliche Lage des Gesuchstellers keine genauen Angaben machen. Er soll sich gegenwärtig mit der Vermittlung von Holzgeschäften in Frankreich und in der Schweiz befassen.

Sein Verdienst lasse sich jedoch nicht feststellen. Er lebt von seiner Ehefrau getrennt. Unterhaltspflichten liegen ihm keine ob. -- Noch im April dieses

429 Jahres hat Morand die Abtragung der Busse in monatlichen Teilzahlungen von Fr. 30 in Aussicht gestellt, in der Folge aber überhaupt nichts bezahlt, obschon ihm dies angesichts seines Versprechens offenbar möglich gewesen wäre.

Es lässt dies auf schlechten Willen schliessen. Da schon der Bichter von bescheidenen Verhältnissen ausgegangen ist und Morand eine inzwischen eingetretene Verschlechterung nicht nachweist, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

118. Johann Schmid, 1899, Landwirt, Luzeren (Bern), verurteilt am 9. Dezember 1947 vom Einzelrichter des l. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts za Fr. 800 Busse, weil er in den Jahren 1944 bis 1947 widerrechtlich für einen Knecht, der die Stelle bei ihm gar nie angetreten hatte, 82 Lebensmittelkarten bezogen und die Eationierungsausweise missbräuchlich für die Bedürfnisse seines eigenen Haushalts verwendet hat. Ein erstes Gnadengesuch des Verurteilten wurde in der Junisession 1949 abgewiesen (vgl. Antrag 155 des Berichtes vom 24. Mai 1949; BB1 I, 1107).

Schmid ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenrestes von Fr. 160.

Er macht wiederum seine schwierige finanzielle Lage geltend und erwähnt verschiedene Umstände, die eine weitere Verschlechterung herbeigeführt hätten.

Die finanzielle Lage Schmids ist ohne Zweifel bescheiden. Der Gesuchsteller übersieht jedoch, dass bereits der Eichter diesem Umstand weitgehend Eechnung getragen hat, und dass eine ins Gewicht fallende Verschlechterung seiner Lage seit dem Urteil nicht eingetreten ist. Es fehlen unseres Erachtens nach wie vor Kommiserationsgründe. Wir vertreten die Auffassung, dass Schmid seine Busse, hätte er tatsächlich den erforderlichen Zahlungs- und Sühnewillen besessen, in den verflossenen drei Jahren in kleinen Teilzahlungen längst hätte abtragen können. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes wiederum die Gesuchsabweisung, wobei sich die gleichzeitige Ansetzung einer Frist von 2 Jahren aufdrängt, innerhalb welcher der Verurteilte sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

119. Ernst Ziramerli, 1903, Kaufmann, Cassarate (Tessin), verurteilt am 16. Mai 1949 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts,
in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 250 Busse, weil er im Jahre 1946 in seinem Kolonialwarengeschäft Lebensmittel schwarz abgegeben hat. Ein Bevisionsgesuch wurde vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht am 19. November 1949 abgewiesen.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung. Er macht geltend, die Busse stelle ein rücksichtsloses Unrecht dar. Er wusste nicht, wie er sie bezahlen sollte.

Der Gesuchsteller ist militärisch und gemeinrechtlich vorbestraft und geniesst keinen guten Leumund. Trotzdem sind ihm die Gerichte in Berücksichtigung seiner misslichen finanziellen Lage weitgehend entgegengekommen.

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Eine "Verschlechterung ist seither nicht eingetreten. Andrerseits ist die offenbar angestrebte Überprüfung des Urteils im Wege der Begnadigung nicht möglich.

Die an dem von der Berufungs- und Eevisionsinstanz überprüften richterlichen Entscheid angebrachte Kritik lässt auf mangelnde Einsicht und fehlenden Sühnewillen schliessen. Zimmerli ist eines Gnadenaktes nicht würdig, weshalb wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung beantragen.

120. Gualtiero Gamboni, 1898, Gipser, Luzern, verurteilt am 16. Dezember 1949 vom Einzelrichter des 7. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 200 Busse, weil er im Jahre 1945 seiner Tochter beim rechtswidrigen Verkauf von 700 kg Schmuggelreis Gehilfenschaft leistete, indem er in Luzern Käufer suchte und von diesen den Kaufpreis entgegennahm.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung, wozu er vorbringt, er hätte lediglich gemacht, was andere auch getan hätten, ohne dafür bestraft zu werden. Eine im gleichen Zusammenhang ausgesprochene Zollbusse habe er bereits 'bezahlt. Auch möge man seine Militärdienstleistungen von über 1000 Tagen berücksichtigen. Er sei nur ein einfacher Arbeiter, der in Unkenntnis der geltenden Bestimmungen gehandelt habe, während andere das Land unbehelligt verraten und durch Betrug bei Festungsbauten Tausende von Franken angehäuft hätten.

Die Ausführungen im Gesuch beziehen sich im wesentlichen auf die Schuldfrage und die Strafzumessung und vermögen, da hier eine Überprüfung des Urteils nicht möglich ist, einen Gnadenakt nicht herbeizuführen. Von der Berufungsmöglichkeit hat Gamboni keinen Gebrauch gemacht, sondern innerhalb der Appellationsfrist das vorliegende Gnadengesuch eingereicht. Hinsichtlich der finanziellen Verhältnisse wird eine Verschlechterung seit dem Urteil nicht nachgewiesen. Nach wie vor ist Gamboni in Luzern als Gipser tätig, während seine Familie in Comologno ein kleines Heimwesen bewirtschaftet. Den tatsächlich bescheidenen Verhältnissen des Gesuchstellers hat der Eichter bei der Strafzumessung bereits sehr weitgehend Eechnung getragen.

Da Kommiserationsgründe nicht vorliegen beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung. Die Vollzugsbehörde erklärt sich ihrerseits bereit, dem Verurteilten auch
weiterhin die Möglichkeit zu geben, seine Schuld in kleinen Monatsbetreffnissen abzutragen.

Gemäss den Vorschriften betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung sind verurteilt worden (121--131) : 121. Eobert Porchet, 1902, Metzger, Genf, verurteilt am 25. April 1947 vom 10. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 3 Monaten Gefängnis, abzüglich 9 Tage ausgestandener Untersuchungshaft, und zu Fr. 30 000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages und der Urteilspublikation. -- Porchet hat sich in den Jahren 1940 bis 1945 umfangreicher Wider-

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handlangen gegen die kriegswirtschaftlichen Vorschriften schuldig gemacht.

Namentlich hat er grosse Mengen Milch und Rahm schwarz und zu übersetzten Preisen gekauft und verkauft sowie abgerahmte Milch als Vollmilch abgegeben. Die Gefängnisstrafe ist Vollstreckt, an die Busse hat der Verurteilte jedoch nichts bezahlt, so dass sie vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht am 3. Juni 1949 in 3 Monate Haft umgewandelt werden musste.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Erlass der Umwandlungsstrafe. Er macht geltend, seine oben erwähnten Verfehlungen hätten auch zu einer gemeinrechtlichen Verurteilung zu 3 Monaten Gefängnis (bedingter Strafvollzug musste widerrufen werden) und Fr. 5000 Busse geführt.

Durch die Verbüssung dieser Strafen sei er in Konkurs geraten, worauf er erneut wegen dieses Bankrotts und wegen Nichtführung der Buchhaltung zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt worden sei. Ausserdem habe seine Frau die Scheidung verlangt. Zur Zeit habe er mit Hilfe seines Bruders eine kleine Metzgerei in Genf als Geschäftsführer übernehmen können. Wenn er wiederum drei Monate Haft verbüssen müsse, so sei er gezwungen, diesen Betrieb zu liquidieren. Ein einziger anfänglicher Fehler hätte alle diese Strafen kaskadenmässig nach sich gezogen, was das Mass des Verdienstes sicherlich übersteige.

Eine neuerliche Freiheitsstrafe zu verbüssen, die ursprünglich vom Gericht nicht vorgesehen gewesen sei, wäre eine unmenschliche Härte.

Die sehr zahlreichen Verurteilungen des Gesuchstellers sind nicht eine blosse Folge einer erstmaligen Verfehlung, sondern Porchet hat sich immer wieder neu vergangen. Wir verweisen diesbezüglich auf die im Mitbericht des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes enthaltene Zusammenstellung. Das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht hat ausserdem ausdrücklich festgestellt, dass der Gesuchsteller sich durch eigenes Verschulden in die Unmöglichkeit versetzt habe, seine Busse zu zahlen.

Auch nach erfolgter Umwandlung wurde Porchet noch Gelegenheit gegeben, Zahlungen an die Busse zu leisten, was ihm angesichts der neu geschaffenen Existenz zweifellos möglich gewesen wäre. Entgegen seinen Versprechungen hat er es aber mit der Zahlung von Fr. 100 bewenden lassen. An seinem Arbeitsplatz kann sich der Gesuchsteller während der
drei Monate ohne weiteres vertreten lassen. Dass er gezwungen wäre, das gar nicht ihm gehörende Geschäft aufzulösen, ist eine Ausflucht. Wir erachten Porchet mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes als eines Gnadenaktes völlig unwürdig und beantragen mit diesem die Gesuchsabweisung.

122. Walter Gaehler, 1910, Handlanger, Aire-la-Ville (Genf), verurteilt am 26. September 1945 vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 2 Monaten Gefängnis und Fr. 5000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages, wegen eines umfangreichen Schwarzhandels mit Autopneus, bei welchem übersetzte Preise gefordert wurden.

Die Vereinigte Bundesversammlung hat dem Verurteilten auf ein erstes Gnadengesuch hin für die Freiheitsstrafe den bedingten Erlass mit einer Probezeit von drei Jahren gewährt, ihn jedoch hinsichtlich der Busse an den Um-

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Wandlungsrichter verwiesen, der sich zunächst darüber auszusprechen habe, ob der Gebüsste schuldlos ausserstande sei, die Busse zu bezahlen, was gegebenenfalls den Ausschluss der Umwandlung zur Folge haben werdo (Antrag 149 des Berichtes vom 23. Mai 1947; BB1II, 269). Die Busse wurde am 20. Juli 1949 vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht im Abwesenheitsverfahren in 3 Monate Haft umgewandelt und Gaehler am 24. November 1949 zur Strafverbüssung^ eingeliefert. Auf Grund eines daraufhin eingereichten zweiten Begnadigungsgesuches wurde er nach 3 Tagen wieder aus der Haft entlassen.

Gaehler ersucht um Begnadigung, wozu er wiederum auf seine missliche finanzielle Lage und seine grossen Familienpflichten hinweist und ausserdem geltend macht, er habe sich am 20. Juli 1949 tatsächlich für die Umwandlungsverhandlungen nach Lausanne begeben, sei aber im Gerichtsgebäude von einem Ort zum andern geschickt worden und habe deswegen die Verhandlungen versäumt.

Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes hat die Angaben des Gesuchstellers untersucht und teilt in seinem Mitbericht vom 18. Oktober 1950 mit, sie hätten sich durchwegs bestätigt. Namentlich stehe fest, dass Gaehler nicht aus eigenem Verschulden den Verhandlungen fernblieb. Es vertritt die Auffassung, dass das 6. kriegswirtschaftliche Strafgericht, wäre der Verurteilte bei den Verhandlungen anwesend gewesen, nach seiner ständigen Praxis in Umwandlungssachen die Busse zwar umgewandelt, aber den bedingten Strafvollzug gewährt hätte, bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Zahlung eines angemessenen Teilbetrages. Wir sind ebenfalls der Auffassung, dass dem gutbeleumdeten Gesuchsteller entgegengekommen werden darf. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes den bedingten E r l a s s für die noch zu verbüssende Haftstrafe von 87 Tagen, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren, und mit der besonderen Bedingung, dass der Gesuchsteller in 10 regelmässigen monatlichen Teilzahlungen insgesamt Fr. 200 entrichte. Im Falle der Nichterfüllung dieser Zahlungsverpflichtung wären die 87 Tage Haft zu vollstrecken.

123. Tibor Ernst, 1909, Viehhändler, Lugano (Tessin), verurteilt am 27. August 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen
Urteils, zu Fr. 30 000 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 6087 an den Bund wegen volkswirtschaftlich ungerechtfertigter Schiebungen (Kettenhandel) mit Wein unter Margenüberschreitung beim Verkauf von insgesamt 187 275 Litern an Detaillisten und Grossisten, wobei ein widerrechtlicher Gewinn von 137 690.94 Franken erzielt wurde. Das Gericht hat ferner den Strafregistereintrag und die Urteilspublikation angeordnet und überdies die Firma Eobert Bouché & Co.

in Zürich (inzwischen in Konkurs gefallen) zur Ablieferung des verbleibenden widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 131603.94 verpflichtet sowie für Busse und Kosten solidarisch haftbar erklärt. Ernst kaufte von verschiedenen Genfer

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und Zürcher Firmen billige ausländische Botweine spanischer, portugiesischer und italienischer Provenienz, die er als französische Spitzenweine der besten Marken verkaufte. Um den Eindruck zu erwecken, es handle sich um direkt importierte Ware, liess er die in der Schweiz eingekauften billigen Weine nach Genf an eine Transportfirma senden und durch diese an die Kunden spedieren.

Ernst ersucht um Herabsetzung der Busse auf Fr. 3000, wozu er seine missliche finanzielle Lage geltend macht. Den Weinhandel habe er aufgeben müssen. Zur Zeit befasse er sich mit Viehhandel, was kaum das Nötigste für den Unterhalt seiner Familie abtrage. Ein Entgegenkommen rechtfertige sich auch im Hinblick auf die längst aufgehobenen Preisvorschriften.

Der Urteilsbegründung ist zu entnehmen, dass alle im Gesuch enthaltenen Vorbringen den Gerichten bekannt waren und bei der Strafzumessung berücksichtigt worden sind. So wurde namentlich nur mit Eücksicht auf die längst aufgehobenen Höchstpreisvorschriften für Weine von einer Gefängnisstrafe abgesehen. Anderseits wurde aber auf die krasse Gewinnsucht, den grossen Umfang der Verfehlungen und namentlich auch auf die Tatsache abgestellt, dass Ernst sich nicht einmal durch die Einleitung des Ermittlungsverfahrens davon abhalten liess, weiterhin übersetzte Gewinnmargen zu berechnen. -- Die finanzielle Lage Ernsts hat sich nach den vorliegenden Steuerzahlen seit dem Urteil nicht wesentlich geändert,, so dass sich auch unter diesem Gesichtspunkt ein Entgegenkommen nicht rechtfertigen liesse. Der Verurteilte hat sich im übrigen um die Tilgung der Busse nicht bemüht und seine Zahlungsversprechen nicht eingehalten. Er ist überdies vorbestraft. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes entschieden die Gesuchsabweisung.

124. Pierre E a p p a z , 1906, Wirt, Lausanne (Waadt), verurteilt am 11. Juni 1948 vom 10. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 6000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages, weil er in den Jahren 1944 bis 1947 Speisen und Getränke zu übersetzten Preisen abgegeben und die Kellerkontrolle nicht richtig geführt hat.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des sich noch auf Fr. 2330 belaufenden Bussenrestes, wozu er grosse finanzielle Schwierigkeiten geltend macht.

Um seine misslichen
Verhältnisse darzutun, hat der Gesuchsteller seiner Eingabe die Bilanzen seines Geschäftes beigelegt. Ohne uns zu der derzeitigen Geschäftslage aussprechen zu wollen, stellen wir lediglich fest, dass Eappaz für sich und für die aus der Ehefrau und zwei Töchtern bestehende Familie einen Aufwand treibt, der eine Begnadigung aus finanziellen Gründen zum vornherein ausschliesst. Wir verweisen diesbezüglich auf die im Mitbericht des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 18. Oktober 1950 enthaltene Zusammenstellung. Wir vertreten die Auffassung, dass der Gesuchsteller, der allein für sein Automobil jährlich über Fr. 6000 ausgibt, durch vorübergehende Einschränkung seiner Lebenshaltung sehr wohl in der Lage ist, den noch ausstehenden Bussenbetrag abzutragen. Mit dem

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Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragen wir deshalb die Gesuchsabweisung.

125. Daniel Nicod, 1896, Holzhändler, Zürich, verurteilt am 17. März 1950 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in teilweiser Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 4000 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 5000 an den Bund, weil er beim Kauf und Verkauf von Buchenbrettern die Höchstpreise und beim Verkauf von Schnittholz die höchstzulässige Handelsmarge überschritten hat. -- Nicod zahlte an die Busse bisher Fr. 200.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung. Er macht geltend, es hätten sich auch in anderen Geschäftsbetrieben der gleichen Branche ähnliche Ergebnisse gezeigt, wenn dort ebensolche Eevisionen durchgeführt worden wären.

BuchenholzbretterLhabe man zu gewissen Zeiten überhaupt nur zu Überpreisen bekommen können. Ungerecht sei auch, dass seine Abnehmer ohne Bestrafung geblieben seien. Er habe schon seit langem geschäftlich sehr zu kämpfen. Gegenwärtig sei der Handel flau, und überdies habe er den Verlust eines hohen Betrages für Lieferungen an eine in Konkurs gefallende Firma zu befürchten.

Nach den durch die Vollzugsbehörde durchgeführten Erhebungen steht der Gesuchsteller finanziell tatsächlich nicht gut. Es darf aber nicht übersehen werden, dass die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage bereits der Berufungsinstanz Anlass zur Milderung des Urteils gegeben hat. Da seither ins Gewicht fallende Veränderungen nicht eingetreten sind, fehlen die Voraussetzungen für einen Gnadenakt.

Die übrigen Vorbringen beziehen sich ausschliesslich auf das Urteil, das zu überprüfen hier nicht möglich ist. Da der Gesuchsteller angesichts seines frühern Verhaltens eines Entgegenkommens ohnehin wenig würdig erscheint (die vorliegenden Widerhandlungen, die er durch Falschfakturierungen raffiniert zu tarnen versuchte, beging Nicod kurz nach einer ersten Büssung und während der Dauer eines zweiten kriegswirtschaftlichen Verfahrens), beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung. Sollte Nicod schuldlos ausserstande sein, weitere Zahlungen zu leisten, so wird der Richter, dem eine eingehendere Abklärung der Verhältnisse möglich ist, immer noch die Umwandlung der Busse
in Haft ausschliessen können. Ausserdem wird das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes prüfen, ob gestützt auf Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 auf die Eintreibung der Verfahrenskosten und des widerrechtlichen Gewinnes wenigstens teilweise verzichtet werden kann.

126. Emil Strebel, 1910, Reisender, Basel, verurteilt am 26. August 1949 vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 2500 Busse, weil er eine im Jahre 1948 auf den Markt gebrachte Spezialseife ohne Höchstpreisgenehmigung durch die Preiskontrolle verkaufte und auch nach der Höchstpreisfestsetzung noch nahezu 8 Tonnen dieses Produktes zu übersetzten Preisen vertrieb.

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Auf die Appellation ist die Berufungsinstanz nicht eingetreten, weil es der Verurteilte unterliess einen Antrag zu stellen und zu erklären, in welcher Eichtung das erstinstanzliche Urteil abgeändert werden solle.

Strebel ersucht unter Hinweis auf seine missliche finanzielle Lage und die ihm obliegenden Familienpflichten um Begnadigung.

Den durchgeführten Erhebungen zufolge ist eine Verschlechterung der finanziellen Lage seit dem Urteil, dem bereits bescheidene Verhältnisse zugrunde gelegt wurden, nicht eingetreten. Der Gesuchsteller, dem im Leumundsbericht der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt vom Dezember 1948 das Zeugnis ausgestellt wurde, er führe einen kostspieligen Lebenswandel, und der im Strafregister nicht weniger als 28mal verzeichnet ist, muss überdies eines Gnadenaktes als unwürdig bezeichnet werden. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchs ab Weisung.

127. Viktor Schneider, 1882, Sattlermeister, Zürich, verurteilt am 18. Juli 1949 vom 5. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1200 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 1200, weil er in den Jahren 1946 bis 1948 Mietzinse ohne amtliche Bewilligung erhöht sowie übersetzte Zinse gefordert und angenommen hat. An die Busse wurden bisher Fr. 800 bezahlt.

Schneider ersucht um Verzicht auf den weiteren Urteilsvollzug, wozu er geltend macht, ein derart scharfes Urteil stehe in keinem Verhältnis zu der Schwere seiner Verfehlungen. Er habe im übrigen einen Unfall erlitten, der ihm grossen Schaden zugefügt habe, da angesichts seiner Arbeitsunfähigkeit ein Teil der ihm früher übertragenen Aufträge von der Konkurrenz an sich gezogen worden seien.

Da im Wege der Begnadigung nur Strafen erlassen werden können, ist auf das Gesuch, soweit es sich auf die Verfahrenskosten und die Verpflichtung zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes bezieht, nicht einzutreten. Ebenfalls nicht zu hören sind die Vorbringen, die sich auf die Schuldfrage beziehen und eine Überprüfung des Urteils anstreben. Wir möchten diesbezüglich bloss richtigstellen, dass das Gericht dem Gesuchsteller, der in krasser Weise die Zwangslage einer Mieterin ausgenützt hat und der auch nach Aufdeckung der ersten Verstösse eine neue widerrechtliche Vereinbarung zum Schaden eines
Mieters erzwungen hat, bereits weitgehend entgegengekommen ist. Nur mit Eücksicht auf das Alter des Verurteilten wurde auf die Ausfällung einer Freiheitsstrafe verzichtet.

Als zutreffend hat sich erwiesen, dass Schneider einen Unfall erlitten hat, der ihn vorübergehend arbeitsunfähig machte. Ebenso war1 er vorübergehend in ärztlicher Behandlung wegen eines Herzleidens. Für beide Krankheitsfälle ist er jedoch längst aus der ärztlichen Kontrolle entlassen. Über irgendwelche Dauerfolgen ist nichts bekannt. Eine Verschlechterung seiner finanziellen Lage seit dem Urteil ist nicht nachgewiesen.

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Da der Gesuchsteller als Alkoholiker geschildert wird, der schon vielfach polizeilich gebüsst werden musste, würde es auch bei Vorliegen von Kommiserationsgründen fraglich erscheinen, ob Schneider eines Entgegenkommens überhaupt würdig wäre. Unter den vorliegenden Umständen beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

128. Konrad Bär, 1877, Kaufmann, Zürich, verurteilt am 20. Februar 1950 vom Einzelrichter des 5. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 700 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 580 an den Bund wegen Verletzung der Mietzinsgenehmigungspflicht sowie Forderns und Annehmens eines übersetzten Mietzinses bzw. einer ausserhalb des vertraglichen Mietzinses vereinbarten Entschädigung.

Unter Hinweis auf die Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse ersucht der Verurteilte um Verzicht auf den Vollzug des noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr. 350 und die Verpflichtung zur Ablieferung des widerrechtlichen Gewinnes.

Im Begnadignngsweg können nur Strafen erlassen werden. Es kann somit auf das Gesuch nur eingetreten werden, soweit es sich auf die Busse bezieht.

In dieser Hinsicht ist es abzuweisen, weil eine Verschlechterung der finanziellen Lage nicht nachgewiesen ist. Wir verweisen auf den Mitbericht des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 11. Oktober 1950. Wir erachten überdies Bär eines Gnadenaktes als wenig würdig.

Er ist kriegswirtschaftlich mehrfach vorbestraft; ausserdem hat er im Zinsgenehmigungsverfahren die Behörden durch Verschweigen einer Mehrforderung zu täuschen versucht. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

129. Paul Seitter, 1907, Confiseur, Basel, verurteilt am 13. Juli 1949 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichtes, in Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 300 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 374 an den Bund, weil er im Jahre 1946 20 kg Zucker im Kettenhandel schwarz und zu übersetzten Preisen verkauft und ausserdem 10 kg Fett ohne Entgegennahme von Eationierungsausweisen abgegeben hat. -- Der Vollzug des Urteils gestaltete sich wegen des Verhaltens Seitters mühsam. Er
liess es zur Betreibung und zur richterlichen Kechtsöffnung kommen. Obschon ihm nach durchgeführter Pfändung durch Erteilung einer Aufschubsbewilligung nochmals Gelegenheit zur Tilgung der Busse gegeben worden ist, hat er die Zahlungsbedingungen nicht eingehalten, sondern h'ess es mit einer einzigen Bäte sein Bewenden haben. An die Busse sind heute Fr. 92 abgetragen.

Unter Hinweis auf seinen angegriffenen Gesundheitszustand und die im Jahre 1947 erfolgte Geschäftsaufgabe ersucht Seitter um Herabsetzung der Busse und des zurückzuzahlenden widerrechtlichen Gewinnes.

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Die Vorbringen im Begnadigungsgesuch hat der Gesuchsteller bereits vor der Berufungsinstanz geltend gemacht, die sowohl die Busse herabsetzte wie auch den Betrag des an die Bundeskasse abzuführenden widerrechtlichen Gewinnes ermässigte. Darauf zurückzukommen und die bescheidene Lage des Gesuchstellers im Begnadigungsweg nochmals zu berücksichtigen, käme einer Überprüfung des rechtskräftigen Urteils gleich, die abzulehnen ist. Die Abschöpfung des widerrechtlichen Gewinnes ist überdies keine Strafe, weshalb darauf hier ohnehin nicht verzichtet werden könnte. -- Eine Verschlechterung der Lage Seitters seit dem Urteil ist nicht nachgewiesen. Nach dem Steuerausweis ist vielmehr eine Besserung eingetreten. Der Gesuchsteller hat allerdings gegen die amtliche Einschätzung Eekurs erhoben; der Aufforderung zur Einreichung von Unterlagen kam er aber nicht nach. Auch der Gesundheitszustand des Verurteilten hat keine Verschlimmerung erfahren. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt kommt in ihrem Bericht zum Schluss, dass dem Gesuchsteller die Leistung kleinerer Teilzahlungen ohne weiteres zugemutet werden könne. Da Seitter sich kurz nach Einleitung der hier in Betracht fallenden Strafuntersuchung wieder mit grossangelegten Goldschiebereien befasste -- das Urteil steht noch aus -- überdies bereits im Jahre 1946 zweimal wegen kriegswirtschaftlicher Vergehen gebusst werden musste und auch im Zentralstrafregister in Erscheinung tritt, erachten wir ihn eines Vertrauensbeweises auch nicht würdig und b e a n t r a g e n mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

130. Yvonne Leeb, 1897, Hausfrau, Luzern, verurteilt am 7. August 1947 vom Einzelrichter des 8. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 300 Busse wegen Mietzinsfestsetzung ohne amtliche Genehmigung und Bezug eines zu hohen Mietzinses in der Zeit vom 15. April 1945 bis 31. Oktober 1946. Ein erstes Begnadigungsgesuch der Verurteilten wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Junisession 1949 abgewiesen (vgl. Antrag 193 des Berichtes vom 24. Mai 1949; BBl I, 1128). Die daraufhin versprochenen Teilzahlungen hielt Frau Leeb unter Androhung der Umwandlung nur teilweise ein. Am 1. September 1949 hat der Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichtes den noch ausstehenden
Bussenbetrag von Fr. 255 in 26 Tage Haft umgewandelt. Den bedingten Strafvollzug verweigerte der Bichter mit dem Hinweis auf die Uneinsichtigkeit. Unter der Drohung der Haftvollstreckung hat Frau Leeb weitere Fr. 65 bezahlt. Heute sind noch 16 Tage Haft zu verbüssen.

Die Verurteilte ersucht erneut um Begnadigung, wozu sie geltend macht, sie sei sich keiner Schuld bewusst; das Urteil sei ungerecht und hart. Die Zahlung der Busse sei ihr angesichts ihrer bescheidenen finanziellen Mittel nicht möglich.

Auf Grund der eingeholten Berichte wäre die Gesuchstellerin durchaus in der Lage gewesen, die Busse längst abzutragen. Nach Auffassung der kantonalen Vollzugsbehörde ist ihr dies auch heute noch möglich. Es fehlt ihr aber nicht nur an der Einsicht, sondern auch am guten Willen. Wir erachten Frau Leeb Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. III.

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eines Gnadenaktes unter diesen Umständen als unwürdig und beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung, bei gleichzeitiger Ansetzung einer Frist von 2 Jahren, innerhalb welcher sie das Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 8, StGB).

131. Max Hauser, 1907, Chemiker, Zürich, verurteilt am 14. März 1949 vom 5. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 200 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 400 an den Bund, weil er im Jahre 1945 rund 20 kg Widerstandsdraht «Sandvik» im Kettenhandel und unter Erzielung eines mit der allgemeinen Wirtschaftslage unvereinbaren Gewinnes von Fr. 850 verkauft hat. Das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht ist auf die Berufung gegen dieses Urteil nicht eingetreten, weil Hauser die in Aussicht gestellte Appellationsbegründung nicht eingereicht hat. .-- Der Verurteilte hat die erstinstanzlichen Verfahrenskosten, die Betreibungsspesen und die Kosten des Eechtsöffnungsverfahrens beglichen.

Hauser ersucht um Begnadigung. Zur Begründung kommt er auf die Umstände der Tatbegehung zurück und macht überdies seine finanziell missliche Lage geltend, die ihm die Zahlung der Busse unmöglich mache. Überdies habe sein Sohn im Jahre 1949 ein Sanatorium aufsuchen müssen.

Die Nachholung der aus eigenem Verschulden versäumten Berufung im Wege der Begnadigung ist nicht möglich. Übrigens hat bereits das erstinstanzliche Gericht der finanziellen Lage und dem verhältnismässig weiten Zurückliegen der Verfehlungen durch Ausfällung einer gegenüber dem Strafantrag herabgesetzten Busse und durch Verzicht auf die Abschöpfung des vollen widerrechtlichen Gewinnes weitgehend Bechnung getragen. Eine Verschlechterung der an sich bescheidenen Verhältnisse des Gesuchstellers, der sich nach eigenen Angaben nun wieder eine selbständige Existenz hat aufbauen können und der selbst den Geschäftsgang seit diesem Frühjahr als ziemlich gut bezeichnet, ist jedenfalls nicht nachgewiesen. Auch die geltend gemachte Krankheit seines Knaben ist abgeklungen; die Kosten für die Behandlung wurden zur Hauptsache durch die Krankenkasse und die Fürsorgeeinrichtungen der Stadt Zürich getragen. Da überdies auch das Strafregister Hausers nicht blank ist, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen
Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

Gemäss den Vorschriften über die Sicherstellung der Landesversorgung mit festen Brennstoffen sind verurteilt worden (132--135) : 132. Bosius Eossier, 1912, Eeitlehrer, Freiburg, verurteilt vom Einzelrichter des 3. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts wegen widerrechtlichen Handels mit Brennholz am 24. Juli 1945 und am 7. August 1946 zu Bussen von Fr. 600 bzw. Fr. 200, die wegen Uneinbringlichkeit beide in 60 und 20 Tage Haft umgewandelt werden mussten. Erst nach erfolgter Umwandlung zahlte der Verurteilte an die erste Busse Fr. 150, so dass sich die gesamte noch zu verbüssende Haft auf 65 Tage beläuft.

439 Eossier ersucht um Erlass der ausstehenden Bussenbeträge, wozu er seine missliche finanzielle Lage anführt. Er erwähnt namentlich verschiedene Unfälle, die er seit dem Urteil erlitten habe und die ihn stark in Rückstand gebracht hätten.

Nachdem die Bussen in Haft umgewandelt worden sind, kann sich das Gesuch nur noch auf die Umwandlungsstrafen beziehen.

Die finanzielle Lage des Gesuchstellers ist schlecht. Die Ortsbehörden bezeichnen Eossier als insolvent. Obschon er sich bereits zur Zeit des Urteils in misslichen Verhältnissen befunden hat, dürfte im Hinblick auf die erlittenen Unfälle noch mit einer Verschlechterung gerechnet werden. Trotzdem können wir ein Entgegenkommen nicht befürworten, da der Gesuchsteller gemeinrechtlich vielfach vorbestraft und eines Gnadenaktes unwürdig ist. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung. Ob trotz der Umwandlung noch weitere Zahlungen an die Busse entgegengenommen werden können, liegt ausschliesshch im Ermessen der kantonalen Vollzugsbehörde.

133. Arnold Freymann, 1914, Kaufmann, Zürich, verurteilt am 24. Mai 1945 vom 2. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 7 Tagen Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 5 Jahren, und zu Fr. 200 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages, wegen grossangelegten Schwarzhandels mit Brennholz im Jahre 1943. Das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht hat den bedingten Strafvollzug am 16. Juni 1950 widerrufen, weil der Verurteilte in der Zeit vom Februar 1945 bis Mai 1946, also innerhalb der Probezeit, in betrügerischer Weise die Auszahlung einer Kriegsnothilfe erwirkt hat.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der sieben Tage Gefängnis, wozu er geltend macht, wegen des Schuldbefundes hinsichtlich des widerrechtlichen Bezuges der Kriegsnothilfe, der ihm 40 Tage Gefängnis eingetragen habe, sei nicht nur der bedingte Strafvollzug für die sieben Tage widerrufen worden, sondern er habe auch eine Gefängnisstrafe von einem Jahr antreten müssen.

Er vertritt die Auffassung, diese beiden Strafen dürften für seine Verfehlungen genügen. Es seien dabei auch seine grossen Familienpflichten zu berücksichtigen.

Überdies sei er auch noch durch andere Bussenschulden belastet.

Der Gesuchsteller,
der sein Gesuch noch aus der Strafanstalt einreichte, wurde durch die Vollzugsbehörde ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass er bei dessen Aufrechthaltung und Entlassung nach Verbüssung der übrigen Freiheitsstrafen Gefahr laufe, im Falle der Abweisung die Gefängnisstrafe von 7 Tagen neu antreten zu müssen. Freymann hat am Begnadigungsgesuch jedoch festgehalten.

Der Gesuchsteller ist gemeinrechtlich und kriegswirtschaftlich vorbestraft und geniesst einen denkbar schlechten Leumund. Da er Kommiserationsgründe für einen Erlass der Strafe weder geltend macht und solche auch nicht vorhegen, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisuüg.

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184. Charles Schwendimann, 1906, Landwirt, Le Pâquier (Neuenburg), verurteilt am 10. September 1948 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 3000 Busse wegen Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften betreffend Holzschlag und Holzhandel in den Jahren 1941 bis 1945.

Der Verurteilte ersucht um teilweisen Erlass der Busse, die er nicht bezahlen könne. Würde auf dem Vollzug des Urteils beharrt, so müsste er sein landwirtschaftliches Gut verkaufen. Um Kosten zu sparen, habe er keinen Anwalt genommen, wodurch er in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt gewesen sei.

Die Vollzugsbehörde hat dem Gesuchsteller anlässlich einer Besprechung erklärt, das ihm die Möglichkeit offenstehe, ein Bevisionsbegehren einzureichen, sofern er neue, dem Gericht nicht bekannt gewesene Tatsachen geltend zu machen vermöge. Schwendimann zeigte sich entschlossen, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen und versprach vorerst Fr. 1000 an die Busse zu zahlen und sich nach Durchführung des Bevisionsverfahrens für die Tilgung des allfällig verbleibenden Bussenrests mit der Vollzugsbehörde zu verständigen.

Der Gesuchsteller hat weder die Fr. 1000 bezahlt noch ein Bevisionsbegehren eingereicht. Es entspricht dies durchaus seinem Verhalten im Strafverfahren, wo er, wie das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in seinem Mitbericht vom 18. Oktober 1950 ausführt, die Untersuchung mit allen Mitteln zu hindern versuchte. Unzutreffend ist unseres Erachtens auch die Behauptung des Verurteilten, er müsste sein Gut verkaufen, wenn die Busse vollstreckt würde. Eine Verschlechterung seiner Verhältnisse seit dem Urteil ist jedenfalls nicht nachgewiesen. Wir halten vielmehr dafür, es fehle ihm am Sühnewillen. Da Schwendimann überdies im Strafregister verzeichnet ist, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung. Sollte der Verurteilte wider Erwarten unverschuldet zahlungsunfähig sein, so wird der Bichter immer noch die Umwandlung der Busse in Haft aussehliessen können.

135. Arnold Schwarz, 1906, Molkereibesitzer, Teufen (Appenzell I.-Bh.), verurteilt am 20. August 1947 vom Einzelrichter des 5. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 350 Busse, weil er in der Bationierungsperiode
1943/44 2000 kg Importkohle und 3000 kg Gasholz schwarz bezogen und 4 kg Butter ohne Entgegennahme von Kationierungsausweisen abgegeben hat.

Schwarz ersucht um Begnadigung. Er sei für hohe Beträge aus kriegswirtschaftlichen Strafurteilen betrieben. Früher habe er durch Leistung von Teilzahlungen sein Möglichstes zur Tilgung dieser Verpflichtungen getan. Nun lebe er aber in bescheidenen Verhältnissen. Unglück im Schweinestall hätten ihn zurückgebracht. Ausserdem schulde er seiner Lieferantin, der ButterUnion, noch den Betrag von fast Fr. 40 000.

Die vom Gesuchsteller erwähnten Verpflichtungen aus früheren Urteilen betreffen ausschliesslich Verfahrenskosten und Verzugszinsen, die im Be-

441 gnadigungsweg nicht erlassen werden können. Gemäss Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 hat darüber ausschliesslich das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu entscheiden.

Der zurückzuzahlende, Schwarz von der Butter-Union bevorschusste Betrag belief sich Mitte Oktober 1950 noch auf Fr. 37 000. Der Gesuchsteller hat sich der Gläubigerin gegenüber verpflichtet, zur Tilgung dieser Schuld die Nettoerträgnisse aus seinen beiden Molkereien in Teufen und St. Gallen abzuliefern, was monatlich rund Fr. 1000 ausmacht. Die Butter-Union, welche die Verhältnisse des Verurteilten genau kennt, schätzt dessen Lage heute wieder besser ein; wenn sie auch immer noch schwierig sei, so komme Schwarz doch langsam über den Berg. Da diese Schulden übrigens bereits zur Zeit des Urteils bestanden und auch der geltend gemachte, bei der Schweinezucht erlittene Verlust schon damals eingetreten war, dürfte eine entscheidende Verschlechterung seit der Ausfällung der Strafe nicht eingetreten sein.

Im übrigen halten wir Schwarz auch in persönlicher Hinsicht eines Entgegenkommens nicht würdig. Nicht nur sind seine früheren kriegswirtschaftlichen Bestrafungen zu beachten, sondern es fällt namentlich auch ein gemeinrechtliches Urteil aus dem Jahre 1947 wegen Hausfriedensbruchs, vorsätzlicher Sachbeschädigung, Entziehen von Unmündigen und Inverkehrbringens im Werte verringerter Milch in Betracht. Es spricht überdies gegen den Gesuchsteller, dass er im Gesuch den Besitz eines zweiten Geschäftes in St. Gallen verschwiegen hat. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

Die Vollzugsbehörde stellt dem Verurteilten weiterhin die Einräumung von Zahlungserleichterungen in Aussicht.

Gemäss den Vorschriften über die Sicherstellung der Versorgung von Volk und Heer mit technischen Eohstoffen, Halb- und Fertigfabrikaten ist verurteilt worden (136) : 136. Marius Auderset, 1911, Kaufmann, Lausanne (Waadt), verurteilt am 12. Juli 1947 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Verschärfung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 600 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 450 an den Bund. Auderset hat im Jahre 1945 ohne Bewilligung 3 Tonnen Blei gekauft und zu
übersetzten Preisen wieder abgegeben. Das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht hat am 16. September 1949 ein gegen das Urteil eingereichtes Eevisionsgesuch abgewiesen.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung für den noch ausstehenden Bussenbetrag von Fr. 400, wozu er ausschliesslich Kritik am Urteil übt, das er als ungerecht bezeichnet.

Auderset bezweckt mit seinem Gesuch nichts anderes, als die Anfechtung des Urteils. Er übersieht dabei, dass rechtskräftige richterliche Entscheide im Begnadigungsweg nicht überprüft werden können. Da er sonst keinerlei Köm-

442 miserationsgründe geltend macht und solche auch nicht bekannt sind, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

Gemäss den Vorschriften über die Überwachung des Handels mit Gold, teilweise in Verbindung mit andern kriegswirtschaftlichen Vorschriften, sind verurteilt worden (137--142) : 187. Werner Elsässer, 1910, Hilfsarbeiter, Brugg (Aargau), verurteilt am 1. November 1944 von der 4. strafrechtlichen Kommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu 3 Monaten Gefängnis und zu Fr. 2000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung der Einziehung eines konfiszierten Betrages von Fr. 7714.20 und des Eintrages in die Strafregister. Elsässer hat sich in den Jahren 1941/42 umfangreicher Schiebereien mit Zucker schuldig gemacht. Die Gefängnisstrafe ist verbüsst; die Busse wurde vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht am 8. Dezember 1949 in 3 Monate Haft umgewandelt, die noch zu vollstrecken sind. -- Ferner verurteilt am 22. April 1948 vom l. kriegswirtschaftlichen Strafgericht wegen verbotenen Goldhandels zu Fr. 150 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 110 an den Bund.

Durch seinen Verteidiger ersucht Elsässer um Begnadigung, wozu er auf seine dauernd schwierige finanzielle Lage hinweist und geltend macht, er habe sich inzwischen eine Berufskrankheit zugezogen. Die Auswirkungen des weiteren Urteilsvollzuges würden in keinem Verhältnis za seinen kriegswirtschaftlichen Verfehlungen stehen.

Von einer Verschlimmerung der finanziellen Lage kann wohl kaum gesprochen werden; wies doch der Verurteilte bereits im Jahre 1942 weder Vermögen noch Einkommen aus. Heute verfugt der ledige Gesuchsteller über ein Monatseinkommen, das ihm bei gutem Willen weitere Zahlungen an die Bussen ermöglicht. Hinsichtlich der angeführten Berufskrankheit hat es Elsässer unterlassen, irgendwelche näheren Angaben zu machen.

Auch wenn aber tatsächlich Kommiserationsgründe vorliegen würden, könnten wir im Hinblick auf den ungünstig lautenden Leumund des Gesuchstellers und seine zahlreichen gemeinrechtlichen Vorstrafen einen Gnadenakt trotzdem nicht befürworten. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die, Gesuchsabweisung.

138. Jakob P f e i f f e r , 1914,
Eeisender, Eorschach (St. Gallen), verurteilt am 7. Mai 1948 vorn 5. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 3000 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 2000 an den Bund wegen Handels mit Gold ohne Konzession und unter Überschreitung der Höchstpreise für Gold. Die von ihm selbst vorgeschlagenen Teilzahlungen hat er nur teilweise eingehalten.

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Der Verurteilte ersucht um Verzicht auf den Vollzug des noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr. 1701.50. Er habe das früher betriebene Lederwarengeschäft aus finanziellen Gründen aufgegeben und Besuche nun mit Kurzund Spielwaren die Märkte. Er könne keine neue Existenz aufbauen, solange er immer alles, was er verdiene, für die Tilgung der Busse aufwenden müsse.

Der Gesuchsteller ist gemeinrechtlich vorbestraft und geniesst keinen guten Leumund. Er mache dunkle Geschäfte, verkehre mit Schiebern und Schmugglern. Noch im Oktober 1948 wurde von der Ortspolizei gemeldet, er fahre oft Auto und Motorrad und widme sich dem kostspieligen Motorbootund Segelsport. Die Würdigkeit des Gesuchstellers für ein ,gnadenweises Entgegenkommen muss unter diesen Umständen verneint werden. Da sich überdies auch die finanziellen Verhältnisse seit dem Urteil nicht geändert haben, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirts,chaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

139. Jules Amerzin, 1909, Vertreter, Basel, verurteilt am 22. Dezember 1949 vom l. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1800 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 4774.20 an den Bund, weil er sich in der Zeit vom September 1945 bis Oktober 1946 mit grossangelegten illegalen Goldhandelsgeschäften befasst hat, bei welchen übersetzte Preise gefordert wurden.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung. Er macht geltend, sich in der Voruntersuchung zu seinen Widerhandlungen bekannt zu haben. Übersetzt sei jedoch die Festsetzung des widerrechtlichen Gewinnes durch das Gericht; dieser belaufe sich nur auf die Hälfte. Dass für den Goldhandel eine Konzession nötig sei, habe er lange nicht gewusst. Gewinnsüchtige Beweggründe hätten nicht bestanden. Er befinde sich heute in einer Notlage, und der^Vollzug des Urteils würde ein ungebührliche Härte darstellen.

Die Vorbringen des Gesuchstellers beziehen sich fast ausschliesslich auf die Schuldfrage und die Strafzumessung und vermögen einen Gnadenakt, da eine Überprüfung des Urteils hier nicht möglich ist, nicht zu begründen.

Was die finanzielle Lage Amerzins anbetrifft, so hat sich sein Einkommen gegenüber den Zahlen, von denen das Gericht ausgegangen ist, ganz wesentlich erhöht. Da der Gesuchsteller überdies vorbestraft ist, beantragen wir mit dem
Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchs ab Weisung.

140. Arnold Diggelmann, 1897, Vertreter, Zürich, verurteilt am 8. Februar 1950 vom 2. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1000 Busse wegen umfangreichen Goldhandels ohne Konzession und unter Überschreitung der Höchstpreisvorschriften. Der Verurteilte hat bisher an die sich aus dem Urteil ergebenden Verpflichtungen noch nichts bezahlt.

Diggelmann ersucht um Verzicht auf den Urteilsvollzug. Er weist darauf hin, nur noch teilweise arbeitsfähig zu sein und seit Jahren von Unterstützungen

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zu leben. Gegenwärtig sei er hospitalisiert und es sei noch gänzlich ungewiss, wie er sich nach der Spitalentlassung werde weiterhelfen können.

, Auf das Gesuch kann nur eingetreten werden soweit es sich auf die Busse bezieht. Hinsichtlich der Verfahrenskosten, der Betreibungsspesen und der Verzugszinsen wird das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes auf die Eintreibung gestützt auf Artikel 145 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 voraussichtlich verzichten können.

Im übrigen ist das Gesuch abzuweisen. Nicht nur sind sämtliche von Diggelmann vorgebrachten Tatsachen, insbesondere die schon zur Zeit des Urteils ungünstige finanzielle Lage, bereits dem Gericht bekannt gewesen una von diesem berücksichtigt worden (es hat die Busse gegenüber dem Strafantrag auf die Hälfte herabgesetzt und auf die Abschöpfung des widerrechtlichen Gewinnes überhaupt verzichtet), sondern der Gesuchsteller ist angesichts seiner Vorstrafen und der Tatsache, dass er immer wieder in Strafuntersuchungen hat einbezogen werden müssen, eines gnadenweisen Entgegenkommens wenig würdig. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

Sollte es zur Einleitung des Umwandlungsverfahrens kommen, so steht dem1 Eichter immer noch die Möglichkeit offen, die Umwandlung auszuschliessen, sofern Diggelmann den Nachweis seiner unverschuldeten Zahlungsunfähigkeit zu erbringen vermag.

i!; 141. Walter Paul, 1914, Drogist, Zürich, verurteilt am 11. Januar 1950 vom 5. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 600 Busse, zur Ablieferung eines unrechtmässigen Vermögensvorteils von Fr. 1000 an den Bund, unter Anrechnung eines beschlagnahmten Betrages von Fr. 100 an die Busse. Paul hat eine grosse Zahl von Goldstücken verkauft, ohne im Besitze einer Konzession zu sein, und dabei übersetzte Preise gefordert. Der Verurteilte hat die Verfahrenskosten und Fr. 500 an den widerrechtlichen Gewinn bezahlt. Von der Busse stehen noch die vollen Fr. 500 aus.

Paul ersucht durch einen Rechtsanwalt um angemessene Herabsetzung der Busse und der Verpflichtung zur Ablieferung des widerrechtlichen Gewinnes. Er macht geltend, sich früher noch nie vergangen zu haben und gut beleumdet zu sein. Auch seien seine vielen Aktivdiensttage in Betracht
zu ziehen. Er kritisiert die Goldhandelsvorschriften, die zu der Zeit, in der er sich verfehlt habe, ihren ursprünglichen Sinn eingebüsst gehabt hätten.

' Dass der Gesuchsteller gut beleumdet ist, vermag ein Entgegenkommen für sich allein nicht zu rechtfertigen. Es wurde dies bereits bei der Strafzumessung berücksichtigt. Auch die bisherigen Zahlungen wirken sich nur für die Beurteilung der Würdigkeit aus. Kommiserationsgründe macht Paul keine geltend. Die von ihm am Urteil und an der Goldpolitik der Nationalbank geübte Kritik kann hier überhaupt nicht gehört werden, da das Urteil im Wege der Begnadigung nicht überprüft werden kann. Der Verurteilte hat übrigens nicht einmal die gesetzlichen Rechtsmittel erschöpft. -- In finanzieller Hin-

445 sieht lebt Paul in Verhältnissen, die ihm die Zahlung der Busse ohne weiteres ermöglichen. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

142. Alfons Tschopp, 1916, Vertreter, Basel, verurteilt am 7. Januar 1950 vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 400 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 1500 wegen ausgedehnter Goldschiebereien, bei denen er einen unrechtmässigen Vermögens v orteil von über Fr. 2100 erzielte.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung. Er habe im Dezember 1949 einen Unfall erlitten. Er sei immer noch arbeitsunfähig und mittellos.

Nach einem bei den Akten liegenden Arztbericht hat Tschopp in der Tat eine Daumenquetschung erlitten, die nach wie vor seine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Diese Sachlage war aber bereits dem Gericht bekannt und wurde von diesem bei der Strafzumessung sehr weitgehend in Eechnung gestellt; überdies wurde auf die gänzliche Abschöpfung des widerrechtlich erzielten Gewinnes verzichtet. Eine Verschlechterung seit dem Urteil ist nicht eingetreten. Der alleinstehende Gesuchsteller bezieht überdies ein Unfallgeld von Fr. 15 täglich, so dass man sich füglich fragen könnte, ob es ihm. angesichts des Fehlens von Unterstützungspflichten nicht sogar möglich wäre, bei gutem Willen aus diesen Bezügen Teilzahlungen an die Busse zu leisten. -- Im übrigen sind wir der Auffassung, Tschopp vermöge angesichts seiner gemeinrechtlichen und kriegswirtschaftlichen Vorstrafen die Voraussetzungen für einen Gnadenakt auch in persönlicher Beziehung nicht zu erfüllen. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

Gemäss Artikel 266 StGB ist wegen Angriffs auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft verurteilt worden (143) : 143. Werner Wirth, 1886, alt Pfarrer, zurzeit in der kantonalen Strafanstalt St. Gallen, verurteilt vom Bundesstrafgericht am 20. Dezember 1947 in Sachen Franz Eiedweg und Mitangeklagte zu 10 Jahren Zuchthaus, unter Anrechnimg von 689 Tagen Untersuchungs- und Sicherheitshaft, verbunden mit zehnjähriger Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit über die Strafzeit hinaus, wegen Angriffs auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft und verbotenen politischen
Kachrichtendienstes.

Nach den Urteilserwägungen des Bundesstrafgerichtes hat Wirth vorausgesehen und gebilligt, dass die Schweiz durch wirtschaftlichen Druck des Deutschen Reiches oder wenn nötig durch Einsatz der SS in einen nationalsozialistischen Staat umgestaltet und in das von Hitler geführte Grossgermanische Eeich eingegliedert werde. Er wollte diese Umgestaltung und Eingliederung fördern. Sein Tun war darauf gerichtet, die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft zu verletzen. Er machte sich sowohl dadurch, dass er dem «Bund der Schweizer in Grossdßutschland» (BS G) angehörte, auf dessen

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Geschäftsstelle arbeitete, Versammlungen und Schulungskurse besuchte, Vorträge hielt und einen Artikel in den «Heimatbrief» schrieb, als auch dadurch, dass er den Anstoss zur Errichtung des Oberdeutschen Arbeitsbureaus gab und diese Amtstelle leitete, des Landesverrats schuldig. --· Als1 Leiter des «Oberdeutschen Arbeitsbureaus» hat Wirth vom Sommer 1944 an politischen Nachrichtendienst Vorschub geleistet und selber solchen Nachrichtendienst betrieben, indem er vom Mitverurteilten Benz eine Kartei über reichsfreundliche und reichsfeindliche Schweizer annahm, sie weiter führte und auf dessen Weisung daraus etwa 200 Karten über Eeichsfeinde an den SD Stuttgart abgab, eine Kartei über Judenfreunde erstellte und seinen Bürogehilfen Suter nach Badisch-Eheinfelden und zur Gestapo nach Lörrach sandte mit dem Auftrage, aus der Schweiz Listen über nationalsozialistische Schweizer, verfolgte Nationalsozialisten, Deutschfeinde, Judenschweizer, Judenhelfer und Emigranten zu beschaffen. Ein Vorschubleisten zu politischem Nachrichtendienst liegt auch darin, dass Wirth dem Benz am 8. Oktober 1944 vorschlug, er solle Meyer verwenden, um für das «Oberdeutsche Arbeitsbureau» Listen von schweizerischen Nationalsozialisten und Deutschfreunden zu liefern, die Namen aller Verfolgten, Verhafteten und Verurteilten beizubringen, Adressen von Deutschfeinden, Judenschweizern und gefährlichen Ausländern zu nennen, Angaben über bestimmte Schweizerzeitungen zu machen und festzustellen, welche Personen in den Schlüsselstellungen unbedingt ersetzt werden müssten und welche andern unter Umständen noch zu belassen oder vorerst zu dulden wären. -- Bei der Strafzumessung ist das Bundestrafgericht davon ausgegangen, die strafbaren Handlungen Wirths seien von Hass und Eachsucht gegen Andersdenkende, insbesondere gegen die schweizerischen Behörden diktiert, die er in Briefen an seine Ehefrau als Bande, Lausbuben und Staatsverbrecher bezeichnete, die sich entweder sofort bekehren oder zittern sollten. Seine feindselige Einstellung gegenüber der Schweiz lasse seine verbrecherische Tätigkeit, die schon objektiv schwer sei, auch subjektiv als besonders verwerflich erscheinen. Wirth habe sie bis zum Znsammenbruch des Eeiches fortgesetzt.

Zeichen von Einsicht und Eeue seien nicht vorhanden. Andrerseits erscheine das Verschulden als geringer,
weil Wirth im Zustande verminderter Zurechnungsfähigkeit gehandelt habe (vgl. Urteil Seiten 95 f., 125, 143 f., 162 ff.).

Werner Wirth hat am 12. März 1950 ein Begnadigungsgesuch eingereicht.

Er macht dabei namentlich sein hohes Alter und seinen angegriffenen Gesundheitszustand geltend, kommt dann aber auch auf die Schuldfrage zu sprechen, wobei er sein Schlusswort in den Prozessverhandlungen vor Bundesstrafgericht anführt. Man möge, auf das Ganze gesehen, bedenken, so heisst es dort, dass er schon seit 1940 schwer gebüsst habe infolge von Massnahmen der kirchlichen Oberbehörde, durch die er Amt, Ehre, Gesundheit, Familie und seine ganze Existenz verloren habe. Es sei ihm deshalb die Eeststrafe zu erlassen und die Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit aufzuheben. -- Dem Gesuch wurde ein Zeugnis des Anstaltsarztes beigelegt, das verschiedene Beschwerden bestätigt, die Straferstehungsfähigkeit jedoch eindeutig bejaht,

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Das Begnadigungsgesuch wird zunächst von den Angehörigen warm empfohlen, dann aber auch vom Evangelischen Kirchenrat des Kantons 8t. Gallen unterstützt. Diese Behörde führt in einem Schreiben vom 17. Mai 1950 an die Schweizerische Bundesanwaltschaft aus, sie setze sich für den Gesuchsteller namentlich auch darum ein. weil dieser sich im Dienst der Kirche keiner Vergehen schuldig gemacht habe, die ein hohes Strafmass erforderten.

Seine schwersten Verfehlungen seien erfolgt nach seiner 'aus militärischen Gründen erfolgten Entfernung aus seiner im Gebiete der Festung Sargans liegenden Gemeinde. Eine frühere Entlassung Wirths dürfte auch für die Bevölkerung keine Gefahren mehr in sich schliessen.

Wie üblich liegen Gutachten und Mitbericht der Beamtenkonferenz der Strafanstalt und des zuständigen kantonalen Departementes vor. Die Beamtenkonferenz der kantonalen Strafanstalt St. Gallen hat sich nicht einheitlich ausgesprochen. Dem Gutachten kann indessen entnommen werden, dass eine Mehrheit ein Entgegenkommen befürworten möchte, wenn gesundheitliche Gründe für eine Begnadigung sprechen würden. Im übrigen wird dem Gesuchsteller ein gutes Zeugnis ausgestellt. Er gelte als ruhiger, fleissiger Insasse, der trotz gelegentlicher Depressivzustände oder Nervenüberreizung nie disziplinarisch hätte bestraft werden müssen. -- Das Polizeidepartement des Kantons St. Gallen bestätigt zunächst die Hafterstehungsfähigkeit und verweist dann darauf, Wirth habe durch Vermittlung der Strafanstaltsdirektion ausdrücklich darauf hinweisen lassen, dass er nicht unter Berufung auf seine gesundheitlichen Beschwerden eine Sistierung des Strafvollzuges im Sinne von Artikel 242 BStrP erwirken möchte. Sein Gesuch sei ausschliesslich als Begehren um einen gnadenweisen Erlass der Strafe zu verstehen. Im übrigen hält das Polizeidepartement des Kantons St. Gallen dafür, dass der Gesundheitszustand des Gesuchstellers allein kaum einen genügenden Grund für die Gewährung einer Begnadigung darstelle. Es verzichtet darauf, sich zur Frage auszusprechen, ob die weiteren Ausführungen des Werner Wirth einen Straferlass zu rechtfertigen vermöchten. -- Das Polizeidepartement des Kantons St. Gallen hat am 20. Oktober 1950 auf eine Anfrage der Bundesanwaltschaft hin berichtet, dass seit der ersten Stellungnahme vom Mai dieses Jahres keine Umstände
eingetreten sind, die zu einer Änderung seiner Stellungnahme führen könnten.

Die Überprüfung des Urteils im Wege der Begnadigung ist nicht möglich, weshalb auf das Gesuch Werner Wirths, soweit es sich auf Schuldfrage und Strafzumessung bezieht, nicht eingetreten werden kann. Es bleibt somit einzig die Frage zu prüfen, ob ein Gnadenakt aus Bücksicht auf den Gesundheitszustand des heute 64jährigen Gesuchstellers gewährt werden könnte. Es ist dies zu verneinen. Die Begnadigungsbehörde hat sich in Übereinstimmung mit dem Bundesrat immer wieder dahin " ausgesprochen, dass der schlechte Gesundheitszustand eines Verurteilten keinen Begnadigungsgrund darstelle, sondern ausschliesslich von der Vollzugsbehörde im Eahmen der Vollzugsvorschriften zu berücksichtigen sei. Nach Artikel 242 des hier zur Anwendung

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gelangenden Bundesstrafprozesses wird der Vollzug einer Freiheitsstrafe durch die Vollzugsbehörde aufgeschoben oder unterbrochen, wenn der Gesundheitszustand des Verurteilten oder besondere Verhältnisse es erfordern. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Der Gesuchsteller wird die Strafe am 31. Januar 1956 verbüsst haben.

Die Möglichkeit besteht, ihn bei Wohlverhalten nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe am 30. September 1952 bedingt zu entlassen. Mit der Aussicht auf diese gesetzliche Vollzugserleichterung muss sich der Gesuchsteller, da Kommiserationsgründe für eine Begnadigung nicht vorliegen, begnügen.

Wir beantragen die Gesuchsabweisung.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 10. November 1950.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre 9364

Der Vizekanzler: Ch. Oser

449

Anhang

Verzeichnis der in diesem Bericht unterbreiteten Begnadigungsgesuche

102.

Zollvergehen: Jakob Spirig, 1919, Kaufmann, Diepoldsau (St. Gallen), Oreste Calanchina, 1918, Mechaniker, Massagno (Tessin), Alfred Mächler, 1909, Automechaniker, Zürich, Georges Massaia, 1911, italienischer Staatsangehöriger, Kaufmann, Lausanne (Waadt), Pietro Mazzier, 1896, Steinhauer, Camedo (Tessin), Arnold Kienast, 1926, Kaufmann, Zürich, Oswald Voigt, 1912, Vertreter, Bern, Fritz Schumacher, 1920, Bäckermeister, Blauen (Bern), Josef Schäfli, 1920, Metzger, Zürich, Wilhelm Decker, 1912, deutscher Staatsangehöriger, Schuhmacher und Taxichauffeur, Singen (Deutschland), Paul Manz, 1917, deutscher Staatsangehöriger, Gastwirt und Kinobesitzer, Stühlingen (Deutschland), Rino Piffaretti, 1923, Bäcker, Mendrisio (Tessin), Kurt Müller, 1923, Kaminfeger, zurzeit in der Arbeitsanstalt Kalchrain (Thurgau).

Luxussteuer: Albert Giacobino, 1895, Vertreter, Genf.

103.

104.

105.

106.

107.

108.

109.

110.

111.

112.

113.

114.

115.

116.

117.

118.

119.

120.

Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln: Walter Leuenberger, 1912, Metzger, Zeli (Luzern), Edouard Bornet, 1916, Lehrer, Aproz (Walh's), Rudolf Kienast, 1904, Metzger, Basel, Armand Goy, 1916, Kaufmann, Paris (Prankreich), Johann Wenger, 1890, Muller, Alterswil (Freiburg), Louis Demierre, 1922, Viehhändler, Chatel-St-Denis (Freiburg), Alfred Buchs, 1908, Molkereiangestellter, Genf, Aldo Miazza, 1917, Metzger, Genf, Heinrich Schaufelberger, 1887, Metzgermeister, Zürich, Martin Fischer, 1903, Käser, Tavel (Freiburg), Karl Buchegger, 1907, Vertreter, Wittenbach (St. Gallen), Alfred Hügli, 1908, Bäckermeister, Lyssach (Bern), Sigmund Zumstein, 1899, Tapezierer, Zürich, Albert Tritten, 1875, Landwirt, St. Stephan (Bern), Gaston Morand, 1908, Vertreter, Delsberg (Bern), Johann Schmid, 1899, Landwirt, Luzeren (Bern), Ernst Zimmerli, 1903, Kaufmann, Cassarate (Tessin), Gualtiero Gamboni, 1898, Gipser, Luzern.

89.

90.

91.

92.

93.

94.

95.

96.

97.

98.

99.

100.

101.

450 121.

122.

123.

124.

125.

126.

127.

128.

129.

130.

131.

Kosten der Lebenshaltung und Schutz der regulären Marktversorgung: Robert Porchet, 1902, Metzger, Genf, Walter Gaehler, 1910, Handlanger, Aire-la-Ville (Genf), Tibor Ernst, 1909, Viehhändler, Lugano (Tessin), Pierre Rappaz, 1906, Wirt, Lausanne (Waadt), Daniel Nicod, 1896, Holzhändler, Zürich, Emil Strebel, 1910, Beisender, Basel, Viktor Schneider, 1882, Sattlermeister, Zürich, Konrad Bär, 1877, Kaufmann, Zürich, Paul Seitter, 1907, Confiseur, Basel, Yvonne Leeb, 1897, Hausfrau, Luzern, Max Hauser, 1907, Chemiker, Zürich.

132.

133.

134.

135.

Sicherstellung der Landesversorgung mit festen Brennstoffen: Rosius Rossier, 1912, Reitlehrer, Freiburg, Arnold Freymann, 1914, Kaufmann, Zürich, Charles Schwendimann, 1906, Landwirt, Le Pâquier (Neuenburg), Arnold Schwarz, 1906, Molkereibesitzer, Teufen (Appenzell I.-Rh.).

Sicherstellung der Versorgung von Volk und Heer mit technischen Rohstoffen, Haibund Fertigfabrikaten: 136. Marius Auderset, 1911, Kaufmann, Lausanne (Waadt), 137.

138.

139.

140.

141.

142.

Verbotener Goldhandel: Werner Elsässer, 1910, Hilfsarbeiter, Brugg (Aargau), Jakob Pfeiffer, 19Ì4, Reisender, Rorschach (St. Gallen), Jules Amerzin, 1909, Vertreter, Basel, Arnold Diggelmann, 1897, Vertreter, Zürich; Walter Paul, 1914, Drogist, Zürich, Allons Tschopp, 1916, Vertreter, Basel.

Angriffe auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft: 143. Werner Wirth, 1886, alt Pfarrer, zurzeit in der kantonalen Straf anstatt St. Gallen.

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II. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1950) (Vom 10. November 1950)

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