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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Abänderung des Bundesratsbeschlusses über die Warenumsatzsteuer (Vom 21. April 1950)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre. Ihnen mit dieser Botschaft die Abänderung des Bundesratsbeschlusses vom 29. Juli 1941/27. November 1945 über die Warenumsatzsteuer zu beantragen. Diese Abänderung erweist sich als nötig, weil die Erweiterung der Freiliste (Art. 1. Abschnitt B, Ziffer 8, des Bundesbeschlusses vom 21. Dezember 1949 betreffend die Übergangsordnung des Finanzhaushaltes des Bundes *)) im Bäcker- und Konditorengewerbe zu einer unhaltbaren Störung der Konkurrenzverhältnisse geführt hat. Nach Artikel l, Abschnitt B, Ziffer 4, der "Übergangsordnung sind Änderungen am Warenumsatzsteuerbeschluss der Bundesversammlung vorbehalten **).

1. Wesen und Funktion des für die schweizerische Umsatzsteuer geltenden Systems Um die zutage getretenen Schwierigkeiten verständlich zu machen, muss auf die Natur und die Funktion unseres Warenumsatzsteuersystems hingewiesen werden.

Bei der Ausgestaltung der Warenumsatzsteuer hat man ein Erhebungsverfahren angestrebt, das für die Wirtschaft und die Verwaltung möglichst *) AS 1949, 1802.

**) Die Ziffern 3 und 4 von Artikel l, Abschnitt B, der Übergangsordnung haben folgenden Wortlaut: 3. Der Bundesratsbeschluss über die Warenumsatzsteuer wird in dem Sinne geändert, dass die Lieferung, der Eigenverbrauch, der Bezug und die Einfuhr der notwendigen Lebensmittel steuerfrei sind.

4. Die Bundesversammlung kann die in Ziffer l bezeichneten Bundesratsbeschlusse insoweit andern, als dadurch keine Erhöhung der Steuerbelastung bewirkt wird. Sie kann den Erlass solcher Vorschriften dem Bundesrat übertragen.

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wenig Kosten verursacht. Man suchte, den Warenverkehr dort zu erfassen, wo sich die engste Stelle des Warenstromes befindet. Das ist dort, wo die Ware auf ihrem Wege von den Erzeugern zum. Verbraucher, vom letzten an der Umsatzreihe beteiligten Grossisten an den Detaillisten oder an den Konsumenten abgegeben wird. So wurde erreicht, dass nur ca. 60 000 Unternehmungen mit, der Steuerverwaltung abzurechnen haben, während beim System der allgemeinen Umsatzsteuer oder der Detaillistensteuer mit einer vielfach grössern Zahl von steuerpflichtigen Unternehmungen und einem entsprechenden Verwaltungsmehraufwand hätte gerechnet werden müssen.

Als Grossist ist nach Artikel 9 des Warenumsatzsteuerbeschlusses (WUB) bezeichnet worden: a. der Händler, welcher jährlich im Inland für mehr als 35 000 Franken Waren liefert, sofern mehr als die Hälfte des inländischen Umsatzes auf Engroslieferungen entfällt ; 6. der Hersteller, der jährlich im Inland für mehr als 85 000 Franken Waren liefert ; c. Betriebe, die sich sowohl mit dem Wiederverkauf als auch mit der Herstellung von Waren befassen, gelten nach Artikel 10, Absatz 8, WUB als Grossisten, wenn von ihrem Jahresumsatz mehr als 25 % auf Waren entfallen, die sie selbst hergestellt haben.

Der Grossist kann alle zum Wiederverkauf oder als Werkstoff bestimmten Waren steuerfrei beziehen; er hat dagegen für alle nicht auf der Freiliste stehenden Waren, die er an Nichtgrossisten (d. h. an Detaillisten oder Konsumenten) liefert, die Steuer an die eidgenössische Steuerverwaltung abzuliefern.

Der Nichtgrossist bezieht alle nicht auf der Freiliste stehenden Waren versteuert und zwar, sofern es sich um Wiederverkaufswaren oder um Werkstoffe handelt, zum Engrossteuersatz, der bei Lebensmitteln um 25 % höher ist als der Steuersatz für Detaillieferungen. Mit dem Unterschied der Steuersätze wird eine gleichmässige Endbelastung angestrebt. Eine 2% %-Belastung der niedrigem Engrospreise entspricht einer 2 %-Belastung des um die Kleinhandelsmarge von durchschnittlich 25 % vergrösserten Detailpreises von Lebensmitteln.

Unter normalen Verhältnissen ergibt sich bei dieser Ordnung (steuerfreier Warenbezug und steuerbare Lieferung beim Grossisten; versteuerter Bezug, aber steuerfreie Weiterlieferung beim Detaillisten; Unterschied der Steuersätze von Engros- und Detaillieferungen)
eine weitgehende Gleichheit der Belastungsverhältnisse bei Grossisten und Nichtgrossisten.

2. Die Ausdehnung der Freiliste des Warenumsatzsteuerbeschlusses Durch Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1949 ist die Liste der Waren, deren Umsatz von der Warenumsatzsteuer befreit ist, auf alle notwendigen Lebensmittel ausgedehnt worden. Das Finanz- und Zolldepartement hatte nach Artikel 54, Absatz l, des Warenumsatzsteuerbeschlusses die Aufgabe, den

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Bundesbeschluss zu vollziehen. Es stellte in der Verfügung Nr. 9 vom 21. Dezember 1949 eine Liste der Waren fest, die als notwendige Lebensmittel zu gelten haben, nachdem es wegen der Schwierigkeiten und der wirtschaftlichen Tragweite dieser Vollzugsbestimmung vorgängig eine einlässliche Erörterung der Liste im Schosse des Bundesrates veranlagst hatte.

Die Schwierigkeit der zu lösenden Aufgabe bestand darin, dass die Auffassungen darüber, welche Waren als notwendige Lebensmittel anzusehen sind, weit auseinander gehen. Ferner muss auf steuertechnische Gegebenheiten Bucksicht genommen werden. Die Warenumsatzsteuer ist eine Selbstveranlagungssteuer. Sie wird nicht, wie die Zölle, von einem für diesen Zweck besonders geschulten Beamtenstab veranlagt, sondern sie ist von den Steuerpflichtigen unter eigener Verantwortung zu berechnen und zu entrichten. Diesen darf die Handhabung umständlicher Tarife und die Lösung heikler Klassierungs fragen nicht zugemutet werden. Rücksichten dieser Art nötigten dazu, Abgrenzungen möglichst nur nach Gesamtwarengattungen vorzunehmen und darauf zu verzichten, innerhalb solcher Warengruppen Belastungsunterschiede nach blossen Qualitätsmerkmalen vorzusehen, obwohl keineswegs verkannt wurde, dass eine Qualifikation nach der Bedarfsdringlichkeit an sich solche Unterscheidungen bei verschiedenen Warengattungen hätte wünschbar erscheinen lassen. So erwies sich beispielsweise bei Fleisch und Wurstwaren nur eine verhältnismässig rohe Trennung nach der Konservierungsart als praktisch durchführbar.

Bei den Erzeugnissen der Bäcker und Konditoren war die Scheidung nach dem Kriterium des «notwendigen Lebensmittels» leichter. Da das Brot einschliesslich der Kleinbrote schon bisher steuerfrei lieferbar war, das übrige Klein- und Feingebäck einschliesslich der Konfiserie- und Zuckerwaren aber in seiner Gesamtheit nicht den notwendigen Lebensmitteln zuzurechnen ist, konnte man es bei der bisherigen Ordnung bewenden lassen. Einzig der Zwieback wurde mit Rücksicht auf seine Verwendung als Kinder- und Krankennahrung neu auf die Freiliste gesetzt.

An sich wäre es zu rechtfertigen gewesen, auch den Umsatz gewisser Sorten billigern Kleingebäcks von der Besteuerung auszunehmen. Aus technischen Gründen war aber eine solche Trennung nicht möglich. Zwischen dem billigern Klein- und Feingebäck
und feiner Patisserie bestehen so viele Übergangsstufen, dass eine für die praktische Anwendung taugliche Trennungslinie innerhalb dieser Warengruppe nicht zu finden war.

Die Liste der Waren, deren Umsatz seit dem 1. Januar 1950 neu steuerfrei erklärt worden ist, umfasst folgende Positionen: Kindermehl, Zwieback, Teigwaren, Suppenartikel, Eierkonserven, Speiseöle, Speisefette, Fleisch- und Wurstwaren, Fische, Zucker, Kaffee und Kakao.

3. Die Auswirkungen der Ausdehnung der Freiliste auf das Bäcker- und Konditorengewerbe Die unerwünschten und in ihrer Tragweite nicht vorausgesehenen Auswirkungen auf die Konkurrenzverhältnisse im Bäcker- und Konditorengewerbe

956 sind nicht darauf zurückzuführen, dass ausser dem Zwieback keine Erzeugnisse dieser Gewerbe neu auf die Freiliste gesetzt worden sind. Sie rühren vielmehr daher, dass die meisten Eohstoffe, aus denen Back- und Zuckerwaren hergestellt werden, nunmehr steuerfrei umgesetzt werden können.

Bis zum 1. Januar 1950 bezogen die als Grossisten geltenden Bäckerei- und Konditoreibetriebe ihre Eohstoffe und Wiederverkaufswaren steuerfrei und hatten dafür alle ihre Backwarenlieferungen (ausgenommen die Lieferungen von Brot) zu versteuern. Die Nichtgrossistenbetriebe bezogen ihre Eohstoffe, soweit diese nicht wie das Mehl bereits steuerfrei waren, zum Steuersatz für Engrosumsätze. Dafür brauchten sie ihre Backwarenheferungen nicht selbst zu versteuern. Die Belastungen der Lieferungen von Grossisten- und Nichtgrossistenbetrieben hielten sich einigermassen im Gleichgewicht.

Seit dem 1. Januar 1950 figurieren nun fast alle Eohstoffe des Bäckereiund Konditoreigewerbes auf der Freiliste : ausser Mehl, Milch und Butter, die schon bisher auf der Freiliste standen, neu auch noch Zucker, Speiseöle und -fette und Kakao. Die Folge ist, dass Nichtgrossisten nun praktisch weder beim Einkauf der Eohstoffe noch beim Verkauf ihrer Produkte von der Steuer betroffen werden und Backwerk und Zuckerwaren darum durchwegs ohne Steuerbelastung an die Konsumenten abgeben können, während die Bäckereien und Konditoreien, die Grossisten sind, ihre Backwerklieferungen, ausgenommen Brot und Zwieback, versteuern müssen. Das Belastungsverhältnis und damit die Konkurrenzbedingungen sind gestört. Besonders schwer fällt ins Gewicht, dass die Begünstigung nicht nur den Kleinbetrieben mit weniger als 35 000 Franken Jahresumsatz zugute kommt, sondern auch einer Eeihe von gemischten Warenhandels- und Bäckerei- oder Konditoreibetrieben mit zum Teil sehr hohen Back- und Konditoreiwarenumsätzen (in den Fällen, wo die Umsätze an selbst hergestellten Waren nicht mehr als 25 % des gesamten Jahresumsatzes ausmachen). Es handelt sich dabei insbesondere um die Bäckereibetriebe grosser Konsumgenossenschaften und um die Konditoreibetriebe einzelner Warenhäuser.

Es ist verständlich, dass die Bäcker- und Konditoren-Grossisten sich durch diese steuerlich begünstigten Grossunternehmungen in ihrer Konkurrenzfähigkeit bedroht fühlen und eine Beseitigung der
störenden Ungleichheiten in der Belastung der Umsätze von Grossisten und Nichtgrossisten verlangen. Diese Folgen waren weder vom Parlament vorausgesehen noch vom Bundesrat, dem Departement oder der Steuerverwaltung gewollt. Der Bundesrat anerkennt, dass möglichst rasch Abhilfe geschaffen werden muss.

4. Mittel und Wege zur Beseitigung der Belastungsungleichheiten Für die Wiederherstellung der Belastungsparität zwischen steuerpflichtigen und nichtsteuerpflichtigen Bäckerei- und Konditoreibetrieben bestehen grundsätzlich folgende drei Möglichkeiten: a. Entlassung der Bäcker und Konditoren aus der Steuerpflicht, die ihnen nach geltendem Eecht als Grossisten obliegt;

957 fe. Ausdehnung der Freiliste auf alle Erzeugnisse der Bäckerei und Konditorei, verbunden mit der Aufhebung der Steuerpflicht der solche Erzeugnisse herstellenden Betriebe; c. Unterstellung der Backerei- und Konditoreibetriebe der Grossunternehmungen unter die Steuerpflicht der Grossisten.

a. Der Schweizerische Bäcker- und Konditorenmeisterverband und der Schweizerische Gewerbeverband haben anlässlich verschiedener Konferenzen mit dem Finanz- und Zolldepartement und mit der Steuerverwaltung beantragt, die Bäcker und Konditoren seien auf Grund von Artikel 54, Absatz 2, ht. d, des Warenumsatzsteuerbeschlusses durch Verfügung des Departementes aus der Steuerpflicht zu entlassen *).

Diese Lösung hätte den Vorzug, dass kein Be'schluss der Bundesversammlung erforderlich wäre und dass deshalb die beanstandete Ungleichheit ohne weiteren Verzug hätte beseitigt werden können. Sie hätte den weiteren Vorteil, dass sich die Zahl der Steuerpflichtigen um rund 5000 bis 6000 Grossisten vermindern liesse, was für die in Frage kommenden Gewerbetreibenden und für die Steuerverwaltung eine beachtliche Entlastung mit sich bringen würde. Es müsste aber anderseits ein Steuerausfall in Kauf genommen werden, welcher brutto mindestens 6 Millionen Franken betrüge ; dieser würde freilich durch die Einsparung von Verwaltungskosten und durch die Steuer auf den Werkstoffen, die die Bäcker und Konditoren beim Wegfallen ihrer Grossisteneigenschaft nicht mehr steuerfrei beziehen könnten (Konditoreihilfsstoffe, gewisse Verpackungsmaterialien und Brennstoffe), etwas vermindert, jedoch kaum auf weniger als netto 5 Millionen Franken.

Diese Lösung scheitert aber schon an der Kompetenzordnung; denn Artikel 54, Absatz 2, lit. d, des Warenumsatzsteuerbeschlusses ermächtigt das Finanz- und Zolldepartement nur dann zu einer Massnahme der vorgeschlagenen Art, sofern dadurch die Steuererhebung ohne beachtenswerte Schmälerung des Steuerertrages wesentlich vereinfacht werden kann. Der vorerwähnte, vorsichtig berechnete Steuerausfall wäre aber gewiss eine beachtenswerte Schmälerung des Steuerertrages; darum erachtet sich das Finanz- und Zolldepartement zum Erlass der beantragten Verfügung nicht als zuständig.

Der Schweizerische Gewerbeverband hat allerdings vorgeschlagen, den Steuerausfall durch die Streichung von Kaffee aus der Freiliste
auszugleichen.

Das Finanz- und Zolldepartement kann diese Änderung jedoch nicht verfügen.

Kaffee ist nach schweizerischen Lebensgewohnheiten besonders im Hinblick auf die Verwendung für Milchkaffee notwendiges Lebensmittel. Er wird in dieser Form allgemein als weniger entbehrlich betrachtet als feines Backwerk, Patisserie *) Artikel 54, lit. d, WUB lautet: «Das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement ist zustandig...

d. das Verzeichnis der Hersteller von Waren, die nicht als Grossisten gelten (Art. 11), zu ergänzen, sofern dadurch die Steuererhebung ohne beachtenswerte Schmälerung des Steuerertrages wesentlich vereinfacht werden kann.» Bundesblatt. 102. Jahrg. I. Bd.

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und Zuckerwaren, die mit der Aufhebung der Steuerpflicht von Bäckern und Konditoren praktisch von der Steuer befreit würden.

Die Entlassung aller Bäckerei- und Konditoreibetriebe aus der Steuerpflicht hätte zudem zur Folge, dass die Back- und Zuckerwaren generell in die Freiliste aufgenommen werden müssten. Andernfalls entstünden neue unhaltbare Belastungsungleichheiten. Der Umsatz der Bäcker und der Konditoren bliebe frei im Gegensatz zum Umsatz der steuerpflichtig bleibenden andern Unternehmen, welche gleichartige Waren herstellen. Die Benachteiligten wären die gemischten Unternehmen mit Bäckerei oder Konditorei, die wegen ihrer übrigen Umsätze nicht aus der Steuerpflicht entlassen werden könnten (z. B.

Bäckereien mit Engros- und Detailhandel von Waren anderer Art), ferner alle Betriebe, in denen Backwaren (Biskuits, Waffeln, Bretzeln, Konfekt usw.), Schokolade- und Konfiseriewaren fabrikmässig hergestellt werden. Es wäre daher unvermeidlich, entweder diese Fabrikanten ebenfalls aus der Steuerpflicht zu entlassen oder ihre Produkte in die Freiliste aufzunehmen.

b. Die Freistellung aller Bäckerei- und Konditoreiwaren hätte den Nachteil, dass damit auch der Umsatz von Waren, für die -- wie für Patisserie, Pralinés und andere feine Konfiseriewaren -- schon die Unterstellung unter die Luxussteuer gefordert worden ist, von der Steuer ausgenommen würde. Als Folge davon wären Begehren um Steuerbefreiung anderer Lebensmittel, wie Milch-, Gemüse-, Obst-, Fleisch- und Fischkonserven, Konfitüre und ähnliche Waren, zu erwarten, deren Entlastung (im Vergleich zu Feingebäck und Konfiseriewaren) gewiss nicht minder begründet wäre und für die geltend gemacht werden könnte, dass sie ebenfalls aus steuerfreien Waren (Milch, Gemüse, Obst, Fleisch, Fische) hergestellt werden. Einer weiteren Ausdehnung der Freiliste könnte nicht Einhalt geboten werden, bis sämtliche Lebensmittel von der Steuer befreit wären. Die Folge wäre ein neuer Steuerausfall von jährlich 12 Millionen Franken.

Die Freistellung des Umsatzes aller Lebensmittel hätte den an sich gewiss beachtenswerten Vorteil, dass mehr als 10 000 Grossisten aus der Steuerpflicht entlassen werden könnten; aber die Einsparungen der Verwaltung und die Steuern auf den nicht befreiten Werkstoffen für die Herstellung der Lebensmittel (Brennstoffe, Umschliessungsmaterialien
usw.) vermöchten den Steuerausfall nur zu einem kleinen Teil (kaum zu wesentlich mehr als 10 Prozent) auszugleichen. Der Bundesrat hält dafür, dass die Finanzlage des Bundes eine derartige Steuereinbusse nicht erträgt. Eine solche liesse sich um so weniger rechtfertigen, als die Belastungsungleichheiten im Bäcker- und Konditorengewerbe nach der dritten Lösung ohne Steuerausfall und ohne Schaffung neuer Ungleichheiten beseitigt werden können.

c. Die Ursache der Disparität der Belastungen, die im Bäcker- und Konditorengewerbe zutage getreten ist, kann mit einer Unterstellung der Grossunternehmungen des Detailhandels und der gemischten Unternehmungen mit Umsätzen an selbst hergestellten Bäckerei- und Konditoreiwaren von über 85 000 Franken unter die Steuerpflicht behoben werden. Die heutige Ordnung

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ist nämlich nicht darum unzulänglich, weil die Bäcker und Konditoren, die heute als Grossisten registriert sind, der Steuerpflicht unterliegen, sondern weil die Grossunternehmungen mit gleichartigen Herstellerbetrieben Backwaren und Konfiserieerzeugnisse unbelastet liefern können. Es erscheint daher richtig, diese Unternehmen zu den gleichen Leistungen heranzuziehen wie die Grossistenbetriebe.

Das gleiche Problem stellt sich übrigens auch in andern Gewerben, in denen die Grossisten durch die Herstellerbetriebe der nichtsteuerpflichtigen Grossunternehmungen konkurrenziert werden. So sind beispielsweise steuerpflichtige Schneider, Schneiderinnen, Modistinnen gegenüber den Ateliers von nichtsteuerpflichtigen Konfektionsgeschäften und Warenhäusern benachteiligt. Wird bei der Warenherstellung wenig oder nur vom Auftraggeber zur Verfügung gesteiles Material aufgewendet, so kann die steuerliche Begünstigung des Nichtgrossisten erheblich sein.

Solche Ungleichheiten können nicht durch Entlassung aller dieser Gewerbe aus der Steuerpflicht oder durch Steuerbefreiung ihrer Produkte beseitigt werden, wenn die Warenumsatzsteuer überhaupt noch bestehen bleiben soll. Der einzige gangbare Ausweg ist die Unterstellung der Herstellerbetriebe der Grossunternehmungen unter die Steuerpflicht. Die Ausdehnung der Steuerpflicht auf die Bäckerei- und Konditoreibetriebe von nichtsteuerpflichtigen Detailhandels- und gemischten Unternehmungen geht daher in einer Eichtung, die vermutlich ohnehin einmal zur Behebung der Ungleichheiten in anderen Gewerben wird eingeschlagen werden müssen.

Der einzige, praktisch jedoch nicht stark ins Gewicht fallende Nachteil dieser Lösung besteht darin, dass die Ungleichheit zwischen den Grossisten und den nichtsteuerpflichtigen Kleinbetrieben des Bäckerei- und Konditoreigewerbes bestehen bleibt. Die steuerliche Begünstigung dieser Kleinbetriebe mit einem Umsatz von weniger als 35 000 Franken jährlich stellt jedoch keine ernste Gefährdung der als Grossisten steuerpflichtigen Bäckereien und Konditoreien dar. Bei diesen Kleinbäckereien machen die Lieferungen von Waren, deren Umsatz im Grossistenbetrieb zu versteuern ist, im Durchschnitt kaum die Hälfte des gesamten Umsatzes aus. Der steuerliche Vorteil, den der Kleinbäcker gegenüber dem Grossisten geniesst, beträgt darum höchstens 350 Franken
im Jahr. Derartige Ungleichheiten sind bei der Einführung der Warenumsatzsteuer bewusst in Kauf genommen worden, um die Steuererhebung nicht durch Unterstellung von Zwergbetrieben unter die Steuerpflicht unwirtschaftlich zu gestalten. Eine so bescheidene Steuerbegünstigung dieser Betriebe dürfte auch gewerbepolitisch zu verantworten sein. Jedenfalls wäre in dieser Hinsicht eine Ausnahmeregelung für das Bäckerei- und Konditoreigewerbe nicht gerechtfertigt.

Um die Ungleichheit im Bäcker- und Konditorengewerbe möglichst rasch zu beseitigen, versuchte das Finanz- und Zolldepartement, die Konsumgenossenschaften und Warenhäuser zur freiwilligen Unterstellung ihrer Bäckereiund Konditoreibetriebe unter die Steuerpflicht zu veranlassen. Die Leitung des

960 Verbandes Schweizerischer Konsumvereine und des Verbandes der Waren- und Kaufhäuser empfahlen den Mitgliedern eine solche Lösung. Die Bäckereigenossenschaften glaubten jedoch, ihren Mitgliedern gegenüber die freiwillige Unterwerfung unter die Steuerpflicht nicht verantworten zu können. Eine gesetzliche Begelung der Frage ist daher unumgänglich.

5. Die Abänderungen des Warenumsatzsteuerbeschlusses a. Die Ausdehnung der Steuerpflicht auf Bäckerei- und Konditoreibetriebe bisher nicht steuerpflichtiger Unternehmungen mit einem Umsatz von selbst hergestellten Bäckerei- und Konditoreiwaren von über 35 000 Franken jährlich erfordert eine Änderung des Warenumsatzsteuerbeschlusses. Da die angestrebte Ordnung vorläufig nur ein Gewerbe betreffen soll, ist es zweckmässig, sie vorläufig nicht im Warenumsatzsteuerbeschluss, sondern in einem besonderen Beschluss zu treffen.

Bisher galt im Wareiiumsatzsteuerrecht der Grundsatz, dass die Steuerpflicht die gesamte Geschäftstätigkeit eines Unternehmens in allen Betrieben und Betriebsteilen umfasst. Für die Wiederherstellung der steuerlichen Gleichheit im Bäcker- und Konditorengewerbe genügt jedoch die Erfassung der Umsätze von selbsthergestellten Bäckerei- und Konditoreiwaren. Mit Bezug auf alle übrigen Umsätze soll das Unternehmen weiterhin wie andere Nichtgrossisten gestellt sein, d. h. es soll in diesem Bereich die Waren steuerbelastet beziehen und von der Steuer- und Abrechnungspflicht hinsichtlich seiner Lieferungen befreit bleiben.

Es ist nicht vorauszusehen, wie bald es notwendig sein wird, die Ungleichheiten in anderen Gewerben zu beseitigen. Die Beunruhigung, die in den letzten Monaten im Bäcker- und Konditorengewerbe wegen der Ungleichheit eintrat, zeigt, dass in solchen Fällen rasche Abhilfe wünschbar ist. Wird sie durch Ihren Beschluss für das Bäckergewerbe herbeigeführt, so erweisen sich möglicherweise bald analoge Massnahmen für andere Gewerbe als notwendig. Da diese Frage indessen noch nicht spruchreif ist, empfehlen wir eine Lösung, welche die allfällige Ausdehnung der für die Bäcker und Konditoren vorgeschlagenen Eegelung auf andere Gewerbe dem Bundesrat überträgt. Artikel l, Abschnitt B, Ziffer 4, der Übergangsordnung vom 21. Dezember 1949 sieht die Möglichkeit einer solchen Kompetenzübertragung vor.

Die Bundesversammlung kann nach der oben
erwähnten Bestimmung der Übergangsordnung den Warenumsatzsteuerbeschluss nur insoweit ändern, als dadurch keine Erhöhung der Steuerbelastung bewirkt wird. Die Einschränkung wegen der Steuerbelastung ist jedoch nicht so zu verstehen, dass bei keinem einzigen Steuerpflichtigen eine Erhöhung der Steuerbelastung eintreten darf. Ein in dieser Richtung gehender Antrag Deonna wurde vom Nationalrat abgelehnt (Sten. Bulletin, Nationalrat, Oktober 1949, S. 838/884).

Das Steuererhebungsverfahren soll beispielsweise in dem Sinne abgeändert werden können, dass die Steuer statt beim Lieferanten beim Bezüger der Ware

961 erhoben wird. Unser Vorschlag bezweckt keine Erhöhung des Steuerertrages, sondern die Beseitigung von Ungleichheiten im Rahmen der im Warenumsatzsteuerbeschluss vorgesehenen Steuerbelastung. Wenn die vorgeschlagene Änderung dazu führt, dass die Erzeugnisse der neu unter die Steuerpflicht fallenden Unternehmungen gleich belastet werden wie die der bereits steuerpflichtigen Betriebe, so kann nicht von einer Erhöhung der Steuerbelastung im Sinne der erwähnten Vorschrift gesprochen werden. Die Bundesversammlung ist deshalb zur vorgesehenen Regelung für das Bäcker- und Konditorengewerbe sowie zur Ermächtigung an den Bundesrat, die Eegelung auf andere Gewerbe auszudehnen, befugt.

b. Der Warenumsatzsteuerbeschluss ist noch in anderen Punkten verbesserungsfähig. Wegen der kurzen für die Beratung zur Verfugung stehenden Zeit beschränken wir uns jedoch darauf, die Gelegenheit einer Eevision des Warenumsatzsteuerbeschlusses dazu zu benützen, zwei besonders dringliche Änderungen vorzuschlagen, die für die Steuerpflichtigen steuertechnisch beachtenswerte Erleichterungen herbeiführen.

aa. Nach der geltenden Ordnung hat der Grossist Warenumschliessungen, die er weder als Wiederverkaufsware noch als Werkstoff für die Warenherstellung verwendet, versteuert zu beziehen. Dies führt in vielen Fällen beim Bezug solcher Materialien sowie bei deren Verwendung für die Warenlieferungen zu Ausscheidungsschwierigkeiten und Umtrieben für die Steuerpflichtigen und die Verwaltung, die in keinem vernünftigen Verhältnis zur fiskalischen Bedeutung der Unterscheidung stehen. Eine Gleichbehandlung aller Warenumschliessungen in dem Sinne, dass sie steuerlich immer das Schicksal der in ihnen gelieferten Ware teilen, drängt sich daher auf und wird von den Spitzenverbänden der Wirtschaft als äusserst wunschbar betrachtet.

bb. Bei der Wareneinfuhr wird gegenwärtig die Steuer ohne Rücksicht darauf, ob der Importeur Grossist ist oder nicht, erhoben. Der Grossist kann die an der Grenze entrichtete Steuer auf Waren, die er für den Wiederverkauf oder als Werkstoffe für die gewerbsmässige Herstellung von Waren oder Bauwerken verwendet, an den für seine Inlandumsätze geschuldeten Steuern abziehen (Art. 28 des Warenumsatzsteuerbeschlusses). Diese Regelung verursacht den Grossisten Umtriebe und Zinsverluste. Den Grossisten soll daher die
steuerfreie Einfuhr der Wiederverkaufswaren und Werkstoffe ermöglicht werden.

Diese Änderung bewirkt auch eine Verminderung der Verwaltungskosten. Die Steuerverwaltung wird für zusätzliche Kontrollaufgaben bedeutend weniger Personal benötigen, als die Zollverwaltung dank der Vereinfachung der Wareneinfuhr einspart. Auch die Zollverwaltung begrüsst darum die vorgeschlagene Änderung.

6. Die einzelnen Bestimmungen des Beschlussentwurfes Artikel l regelt die Steuerpflicht der Unternehmen, die für mehr als 35 000 Franken jährlich selbsthergestellte Bäckerei- und Konditoreiwaren liefern, ohne dass sie nach den Vorschriften des Warenumsatzsteuerbeschlusses

962 als Grossisten gelten. Ihre Steuerpflicht wird auf die Umsätze (Lieferungen und Eigenverbrauch) der selbsthergestellten Bäckerei- und Konditoreiwaren beschränkt, und entsprechend treten diese Unternehmen auch nur für den Bezug der Werkstoffe für die Herstellung dieser Waren in den Genuas der Steuerfreiheit. Für die Umsätze aller übrigen Waren gilt das Unternehmen weiterhin als Nichtgrossist; es darf beim Bezug dieser sonstigen Waren seine Grossisteneigenschaft nicht geltend machen, muss aber auch die Weiterlieferung dieser Waren nicht versteuern und darüber nicht mit der Steuerverwaltung abrechnen.

Artikel 2 ermächtigt den Bundesrat, die in Artikel l für das Bäcker- und Konditorengewerbe vorgesehene Regelung bei Bedarf auf andere Gewerbe auszudehnen.

Artikel 3, Absatz l, beauftragt den Bundesrat mit dem Brlass der erforderlichen Ausführungsbestimmungen.

Artikel 3, Absatz 2, ermächtigt den Bundesrat, am Warenumsatzsteuerbeschluss die vorgenannten beiden Vereinfachungen durch Steuerbefreiung der Einfuhr von für den Wiederverkauf oder als Werkstoffe für die gewerbsmässige Herstellung von Waren oder Bauwerken bestimmten Waren durch Grossisten und durch Erlass von Sondervorschriften für die steuerliche Behandlung der Warenumschliessungen einzuführen.

Gestützt auf diese Erwägungen beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Entwurf zum Beschluss der Bundesversammlung betreffend die Abänderung des Warenumsatzsteuerbeschlusses zur Annahme zu empfehlen.

Wir benützen den Anlass. Sie. Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 21. April 1950.

Im tarnen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Leimgruber

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(Entwurf)

Beschluss der Bundesversammlung über

die Abänderung des Bundesratsbeschhisses vom 29. Juli 1941/27. November 1945 betreffend die Warenumsatzsteuer

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel l, Abschnitt B. Ziffer 4, des Bundesbeschlusses vom 21. Dezember 1949 betreffend die Übergangsordnung des Finanzhaushaltes des Bundes (Finanzordnung 1950 und 1951), nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 21. April 1950, beschliesst :

Art. l Wer jährlich im Inland für mehr als 35 000 Franken selbsthergestellte Erzeugnisse der Bäckerei und Konditorei (Brot und andere Backwaren sowie Zuckerbäcker-. Zucker- und andere Konfiseriewaren) liefert oder im Eigenverbrauch verwendet, gilt, auch wenn die Voraussetzungen von Artikel 9, Absatz l, des Warenumsatzsteuerbeschlusses auf ihn nicht zutreffen, für seine Umsätze von selbsthergestellten Erzeugnissen der Bäckerei und Konditorei sowie für den Bezug der Werkstoffe für die Herstellung dieser Erzeugnisse als Grossist.

Art. 2 Ergeben sich in einem anderen als dem Bäckereigewerbe beträchtliche Belastungsungleichheiten zwischen Unternehmungen, die nach Artikel 9 des Warenumsatzsteuerbeschlusses als Grossisten steuerpflichtig sind, und solchen, die sich mit der Herstellung von Waren befassen, auf welche aber die Voraussetzungen von Artikel 9 des Warenumsatzsteuerbeschlusses nicht zutreffen, so können die letzteren durch den Bundesrat im Sinne von Artikel l für ihren Herstellerbetrieb als Grossisten der Steuerpfh'cht unterstellt werden, wenn ihr Umsatz an selbsthergestellten Waren 35 000 Franken jährlich übersteigt.

964 Art. 3 1

Der Bundesrat erlâsst die zur Ausführung dieses Beschlusses erforder liehen Bestimmungen.

2 Er ist überdies ermächtigt, in Abänderung des Warenumsatzsteuerbeschlusses: a. die Einfuhr von für den Wiederverkauf oder als Werkstoffe für die gewerbsmässige Herstellung von Waren oder Bauwerken bestimmten Waren durch Grossisten von der Steuer zu befreien; b. über die steuerliche Behandlung von Warenumschliessungen Sondervorschriften zu erlassen.

Art. 4 Dieser Beschluss tritt am 1. Juli 1950 in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Abänderung des Bundesratsbeschlusses über die Warenumsatzsteuer (Vom 21. April 1950)

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